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Erhöhung der lokalen Handlungsfähigkeit durch Datengenossenschaften – Transformation von Gemeinden in regionalen Verbänden Cover

Erhöhung der lokalen Handlungsfähigkeit durch Datengenossenschaften – Transformation von Gemeinden in regionalen Verbänden

Open Access
|Dec 2025

Full Article

1 Hinführung zum Thema

Die digitale Transformation stellt auch Schweizer Gemeinden vor wachsende Herausforderungen, denen sie mit bisherigen Verwaltungsstrukturen nur bedingt effizient begegnen können. Ressourcenknappheit, steigende Bürgererwartungen und der Handlungsdruck im Rahmen energiepolitischer und demografischer Veränderungen verlangen nach neuen, kooperativen Ansätzen in der Datenwirtschaft (Hofmann, 2023). Insbesondere in der traditionell stark föderal organisierten Schweiz bieten regionale Verbände und intergemeindliche Kooperationen ein ideales Umfeld, um innovative Datenlösungen zu erproben und Synergien zwischen Gemeinden zu heben (Kuhlmann & Heuberger, 2022).

Vor diesem Hintergrund gewinnen Datengenossenschaften als gemeinschaftliche, genossenschaftlich organisierte Modelle für die Erhebung, Verwaltung und Nutzung von Gemeindedaten an Bedeutung (Bertelsmann Stiftung, 2021). Schweizer Gemeinden sind bereits vielfach in thematischen oder regionalen Zweckverbänden sowie Kooperationen engagiert und verfügen über eine starke Tradition der Selbstverwaltung und Bürgerbeteiligung. Hier setzen Datengenossenschaften an. Sie erweitern die Möglichkeiten, Daten gemeinsam zu speichern, zu verarbeiten und über Gemeindegrenzen hinweg nutzbar zu machen, etwa im Rahmen von regionalen Data-Lakes oder Open-Data-Plattformen. Damit können beispielsweise Mobilitäts-, Energie- und Sozialdaten rechtssicher gebündelt und für die Entwicklung neuer gemeindlicher Dienstleistungen oder für eine faktenbasierte Regionalplanung genutzt werden (Susha et al., 2020).

Eine wesentliche Herausforderung in der Schweiz ist die starke Fragmentierung der Datenbestände zwischen kleineren Gemeinden, Kantonen und Bundesstellen (BFS, 2002). Isolierte Verwaltungsdaten erschweren vernetzte, automatisierte Prozesse und verhindern eine umfassende Analytik im Sinne einer „Smart Region“. Datengenossenschaften bieten – auch im Schweizer Kontext – einen Ansatz zur Überwindung dieser Silos: Sie verleihen dem organisationsübergreifend Datenaustausch einen rechtlichen, technischen und organisatorischen Rahmen, der Datenschutz, lokale Autonomie und kooperatives Handeln verbindet (Heinrich et al., 2023). Dies ermöglicht beispielsweise die Entwicklung gemeinsamer Plattformen für Energie- oder Mobilitätsdaten, woran alle beteiligten Gemeinden partizipieren können.

Die vorliegende Studie untersucht das Potenzial von Datengenossenschaften, um die Handlungsfähigkeit und Innovationskraft von Schweizer Gemeinden zu steigern. Im Fokus stehen:

  • Die Analyse optimaler Governance- und Kooperationsmodelle für Datengenossenschaften unter besonderer Berücksichtigung des schweizerischen Datenschutzrechts und der föderalen Zuständigkeiten,

  • die Identifikation von organisatorischen und technischen Erfolgsfaktoren für standardisierte Datenaustausch- und Automatisierungsprozesse, z. B. im Rahmen von eGovernment, Raumplanung oder Energieversorgung,

  • die Bewertung von Mehrwerten und Herausforderungen bei der Schaffung nachhaltiger, evidenzbasierter Entscheidungsgrundlagen durch Data-Laking und Open Data (vgl. Susha et al., 2020),

  • die Entwicklung praxisnaher Empfehlungen für Schweizer Gemeinden und Regionen, wie sie mit Datengenossenschaften den nächsten Schritt in Richtung datengetriebener Verwaltung und smarter regionaler Entwicklung gehen können.

Damit leistet die Studie einen Beitrag, die regional differenzierten Bedürfnisse und Potenziale der Schweiz datenbasiert, kooperativ und ressourceneffizient zu adressieren – und die Gemeinden nachhaltig für die Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte zu stärken (Kuhlmann & Heuberger, 2022).

2 Theoretische Grundlagen

Die Digitalisierung öffentlicher Verwaltungen erlangt in Zeiten wachsender Datenmengen, neuer regulatorischer Vorgaben und einer stetig steigenden Erwartung der Bürgerinnen und Bürger an digitale Dienstleistungen eine immer grössere Bedeutung (Janssen et al., 2012). Die dabei entstehenden Datenbestände und deren gemeinsame Nutzung stellen einen Schlüssel für die Innovationsfähigkeit öffentlicher Einrichtungen dar, bleiben aber vielfach hinter ihren Möglichkeiten zurück, da Ansätze zur datengestützten Kooperation bislang nur zögerlich umgesetzt werden und meist von Unsicherheiten bezüglich Datenschutz, Souveränität und nachhaltiger Geschäftsmodelle begleitet sind (Zuiderwijk et al., 2021).

Ein zunehmend beachtetes Konzept zur Lösung dieser Herausforderungen stellen sogenannte Datengenossenschaften dar. Sie verknüpfen das Ziel der Datenintegration, geteilten Wertschöpfung und demokratischer Kontrolle mit einem rechtlichen und organisatorischen Rahmen, der die Interessen aller beteiligten Akteure – gerade im öffentlichen Sektor – zu sichern vermag (Johannes & Nebel, 2025).

2.1 Definition und Strukturelemente von Datengenossenschaften im öffentlichen Sektor

Datengenossenschaften sind Zusammenschlüsse von Datenproduzenten oder -haltern, die gemeinschaftlich als Genossenschaft (Art. 828 OR, A. Genossenschaft des Obligationenrechts) Daten erheben, verwalten, nutzen und/oder vermarkten (Hardjono et al., 2019; Johannes & Nebel, 2025). Diese Struktur baut auf den grundlegenden Prinzipien der Internationalen Genossenschaftsbewegung auf: demokratische Kontrolle (one person, one vote; Kopfstimmrecht), Förderung der eigenen Mitglieder anstelle externer Kapitalgeber sowie das Ziel, gemeinschaftlichen und gesellschaftlichen Mehrwert durch die Bündelung von Ressourcen zu schaffen (ICA, 2017).

Das zentrale Merkmal für die Anwendung im öffentlichen Sektor ist dabei die konsequente Ausrichtung auf das Gemeinwohl. Anders als bei kommerziellen Datenplattformen, bei denen Profitmaximierung im Vordergrund steht, sind Datengenossenschaften in erster Linie der Stärkung ihrer Mitglieder verpflichtet. „Die Mitglieder einer Genossenschaft bringen ihre jeweiligen Stärken ein, agieren untereinander auf Augenhöhe und fördern so die Zwecke der Genossenschaft“ (Johannes & Nebel, 2025). Gleichzeitig bietet die Rechtsform ein Höchstmass an Flexibilität, was die Zusammensetzung der Mitglieder sowie die (Weiter-)Entwicklung gemeinsamer Dienstleistungen betrifft (Transformations-Magazin, 2025).

Im Rahmen von gemeindlichen und regionalen Verbänden können Datengenossenschaften eine Plattform bilden, über die Gemeinden, Landesverwaltungen, gemeinnützige Organisationen und auch Unternehmen mit öffentlich-relevanten Aufgaben gemeinsam Daten erheben, austauschen und nutzen. Die gemeinsame Souveränität senkt Betriebsbarrieren und Schutzbedarfe und bietet einen verlässlichen Rahmen für geteiltes Innovationsmanagement (Hardjono et al., 2019).

Das Geschäftsmodell einer Datengenossenschaft im öffentlichen Sektor unterscheidet sich fundamental von privatwirtschaftlichen Datennetzwerken und -plattformen (Fudge & Robinson, 2020). Das Hauptziel ist stets die Förderung der Mitglieder und die Schaffung von gesellschaftlichem Mehrwert. Die typischen Wertschöpfungsmechanismen einer Datengenossenschaft werden nachfolgend vorgestellt:

2.1.1 Wertangebot („Value Proposition“)

Im Mittelpunkt steht die Bereitstellung eines sicheren Raums für die gemeinsame Nutzung und Verwertung von Daten. „Datengenossenschaften ermöglichen einen selbstbestimmten Umgang mit der Ressource Daten“ (Johannes & Nebel, 2025). Sie bieten neben Zugangs- und Austauschdiensten auch Unterstützung bei technisch-rechtlichen Rahmenbedingungen, Erstellung von Datenprodukten, Datenqualität und Standardisierung sowie Innovationsberatung, etwa rund um die Entwicklung neuer Datenanwendungen im Smart-City-Kontext (Bertino, 2020).

2.1.2 Zielsegmente und Stakeholder

Typische Mitglieder und Zielgruppen sind Gemeinden, öffentliche Verwaltungen, öffentlich-rechtliche Unternehmen, Non-Profit-Organisationen sowie – in transparenter, geregelter Form – auch wirtschaftliche Akteure, sofern sie einen Beitrag zum öffentlichen Interesse leisten (Micheli et al., 2020). Die Governance-Struktur sorgt dafür, dass gemeinschaftlich über Datenzugriff, -nutzung und -weitergabe entschieden wird; Partizipation und demokratische Kontrolle sind konstitutiv (ICA, 2017).

2.1.3 Einnahmequellen und Kostendeckung

Datengenossenschaften generieren Einnahmen über verschiedene Kanäle:

  • Mitgliedsbeiträge (beispielsweise gestaffelt nach Grösse oder Nutzung),

  • Service- und Nutzungsgebühren für spezielle Dienstleistungen,

  • anteilig Gebühren für die kontrollierte Bereitstellung von Daten(-produkten) an externe, berechtigte Dritte,

  • möglicherweise öffentliche Fördermittel, wenn gemeinwohlrelevante Projekte verwirklicht werden (Osterwalder & Pigneur, 2011; Fudge & Robinson, 2020).

Im Gegensatz zu Datenmonopolisten oder proprietären Plattformen ist dabei die Kapitalmehrung nicht Hauptzweck, sondern Mittel der Förderung der eigenen Mitglieder.

2.1.4 Governance, Transparenz und ethische Dimension

Datengenossenschaften unterliegen einem besonderen Mass an Transparenz und Rechenschaftspflicht: Alle relevanten Entscheidungsprozesse werden offen und demokratisch im Kreise der Mitglieder aus öffentlichen und privaten Trägern organisiert. Der Zugang zu Daten und Diensten erfolgt zu fairen, gemeinschaftlich vereinbarten Konditionen (Transformations-Magazin, 2025). Dies steigert das Vertrauen und reduziert Missbrauchsrisiken im Umgang mit sensiblen Daten. Da die Datengemeinschaft primär für ihre Mitglieder arbeitet und Gewinne reinvestiert, sind Gemeinwohl und Nachhaltigkeit dauerhaft strukturell verankert (ICA, 2017).

2.1.5 Beispielhafte Umsetzung: Blockchain und digitale Hubs

In der Praxis können Datengenossenschaften auf moderne Technologien wie Blockchain zurückgreifen, um Identitätsmanagement, Nachvollziehbarkeit und dezentrale Datenverarbeitung zu ermöglichen (Hardjono et al., 2019). Bildungs- und Innovationshubs als Teil der kooperativen Wertschöpfungskette sind wichtige Multiplikatoren – sie begleiten die Qualifizierung, sensibilisieren Beteiligte und liefern Anwendungsbeispiele, die weit über pilotierte Einzelfälle hinausgehen (Knoepfel & Kruck, 2022).

2.1.6 Nachteile von Datengenossenschaften

Abgeleitet von den Nachteilen der Unternehmensform Genossenschaft muss auch bei Datengenossenschaften beachtet werden, dass durch das Kopfstimmrecht, also die breite Mitbestimmung, Enscheidungsprozesse länger dauern können. Dies erschwert es, zügig auf Marktveränderungen zu reagieren. Wachstum und Skalierbarkei sind im Vergleich zu Aktiengesellschaften schwieriger umzusetzen, wenn die Interessen der Mitglieder im Vordergrund stehen. Bereits die Gründung, ebenso wie Verwaltung und Buchführung, werden als aufwendiger als bei anderen Unternehmensformen beschreieben. Verlangte Transparenz und Engagement der Mitglieder sei anspruchsvoll und zeitintensiv. Daneben gilt die Kapitalbeschaffung, anders als bei Aktiengesellschaften mit hohem Ansehen, als eingeschränkt. Genossenschaften erhalten keine staatliche Förderung oder Sicherung wie öffentlich-rechtliche Anstalten, ebenso wie Gewinnchancen für die einzelnen Mitglieder. Fehlende Transparenzpflichten und Kontrollmechanismen können zu Missmanagent führen (Arnold, 2023; Bauer, 2025).

Auch gemeinnützige Einrichtungen stehen bei Projektstart vor der Aufgabe, tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln – andernfalls droht Abhängigkeit von kurzfristigen Förderprogrammen. Instrumente wie das Business Model Canvas nach Osterwalder und Pigneur (2011) schaffen einen systematischen Rahmen, um zentrale Schlüsselfaktoren zu berücksichtigen:

  • Die Geschäftsmodellentwicklung umfasst die Prüfung der Idee, Konkurrenzanalyse, Ermittlung und Adressierung von Schwachstellen und die Balance von Wertangebot, Kundensegmenten, Kanälen, Schlüsselpartnerschaften sowie Kosten- und Einnahmenstruktur (Osterwalder & Pigneur, 2011).

  • Übergreifende Zielsetzung bleibt die Förderung flexibler, lokal adaptierbarer und zugleich skalierbarer Produkte, verbunden mit grösstmöglicher Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei Organisation und Datenströmen (Piekarski & Furuholt, 2022).

Im Kontext offener Datenmodelle für gemeindliche Verbände verdeutlicht sich der Nutzen solcher Ansätze anhand nachhaltiger Use Cases. ISO 10746-2-2003 (Open Distributed Processing Reference Model) bietet hierfür ein standardisiertes Theoriemodell, das Geschäftsmodellbezug, Informationsarchitektur und technologische Infrastruktur systematisch integriert und so die Entwicklung verteilter, offener Systeme begünstigt (ISO, 2003).

Datengenossenschaften können in diesem Kontext als “Datenbroker” agieren, die Daten aggregieren, kuratieren und zugänglich machen – sowohl für Mitglieder aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft als auch für Dritte gegen Gebühr. Die Genossenschaftsstruktur gewährleistet durch die Prinzipien der International Co-operative Alliance (2017) – unter anderem Demokratie, Transparenz und Autonomie – ein hohes Mass an Gemeinwohlorientierung (ICA, 2017).

Die Blockchain-Technologie bietet hierbei mehrwertstiftende Funktionalitäten:

  • Identitätsmanagement, Nachvollziehbarkeit von Transaktionen und dezentrale Datenautonomie können garantiert werden (Hardjono et al., 2019).

  • Gemeindliche Akteure behalten Hoheit über ihre Daten, profitieren aber zugleich durch wechselseitigen Zugang und Standardisierung (Micheli et al., 2020).

  • Kommerzielle Nutzer zahlen für spezifische, freigegebene Datensätze und finanzieren so die offene Infrastruktur mit.

Ein konkretes Beispiel ist die in Bayern angesiedelte Datengenossenschaft, die eng mit Wissenschaft und Modellregionen kooperiert, an der Entwicklung der europäischen INSPIRE-Infrastruktur partizipiert und Synergien mit Innovationszentren wie dem SDDI-Hub Garching sucht (MOSIDI Consortium, 2023).

2.2 Defizite bisheriger Ansätze und Ansätze der Datennutzung

Open-Data-Initiativen in europäischen Gemeinden verzeichnen bislang nur moderate Nutzungserfolge. Das hat mehrere Gründe:

  • Es konnten nur selten Anwendungsbeispiele geschaffen werden, die für Bürgerinnen und Bürger unmittelbar relevant und verständlich waren (Zuiderwijk et al., 2021).

  • Es herrschen fehlende technische wie konzeptionelle Standards vor, sodass Dienste weder interoperabel noch skalierbar umgesetzt werden (Ubaldi, 2013).

  • Es fehlt es zumeist an Institutionen oder Organisationen, die eigenverantwortlich und systemhaft an nachhaltigen Geschäftsmodellen für offene Daten arbeiten (Fudge & Robinson, 2020).

Kommerzielle Unternehmen im Bereich Virtual- und Augmented Reality verknüpfen Open-Data- und IoT-Innovationen zwar mit digitalen Dienstleistungen, jedoch typischerweise mit der Zielsetzung, userbasierte Monetarisierung zu betreiben. Gemeinwohlorientierte Anwendungen und demokratische Mitbestimmung nehmen in deren Strategien eine untergeordnete Rolle ein (Bertino, 2020). Zudem fokussieren viele Pilotprojekte statt auf regionale Interessengruppen auf technische Machbarkeit und Innovationspotenzial in spezifischen Domänen – etwa Mobilität oder Energie – ohne den gesellschaftlichen Mehrwert für lokale Netzwerke systematisch einzubinden (Veenstra & Kotterink, 2017).

Transnationale Beispiele wie MOSIDI (Modulare Open-Source-Infrastruktur für Dateninteraktion; Projekt InNoWest mit dem Land Brandenburg und der Fachhochschule Potsdam in Deutschland) und Digitalraum-MDM (Main-Donau_Moldau) zeigen, dass diese Rahmenbedingungen durchaus erfolgreich realisiert werden können und so auch Gemeinden mit geringer Datenkompetenz digital ermächtigt werden können (MOSIDI Consortium, 2023; Micheli et al., 2020).

Die digitale Transformation von Schweizer Gemeinden steht nicht nur vor technologischen, sondern vor allem organisatorischen und governance-bezogenen Herausforderungen. Im Kontext regionaler Verbände gewinnen Datengenossenschaften als gemeinschaftliche, demokratisch organisierte Datenverwaltungsformen an Bedeutung. Zentral für das Verständnis dieses Transformationsprozesses sind das MOSIDI-Projekt sowie der Digitalraum-MDM-Ansatz.

Das MOSIDI-Projekt ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt, das sich mit der digitalen Vernetzung von Gemeinden in regionalen Verbänden beschäftigt. Ziel ist es, eine gemeinsame Dateninfrastruktur zu schaffen, die eine interoperable, sicherheits- und datenschutzkonforme Zusammenarbeit ermöglicht. Insbesondere die zergliederte Infrastruktur-Landschaft zwischen und innerhalb der Kantone sollte hierdurch ein Vorbild finden. Das Projekt stellt insbesondere die Governance-Strukturen für den Datenaustausch in den Mittelpunkt, um Vertrauen zwischen den Gemeinden aufzubauen und Datenhoheit zu erhalten. Einheitliche Datentransferstandards können aus dem Projekt nachgenutzt werden. MOSIDI betont zugleich die Förderung von digitalen Kompetenzen und den Aufbau einer nachhaltigen Datenkultur. Hierbei orientiert es sich an Prinzipien der Datengenossenschaft, bei der die beteiligten Akteure gemeinsam über die Nutzung und die Regeln der Daten verfügen und somit die digitale Souveränität stärken.

Der Digitalraum-MDM-Ansatz (Master Data Management im Digitalraum) ergänzt MOSIDI auf technologischer Ebene: Er entwickelt ein Modell zur einheitlichen Verwaltung sogenannter Stammdaten (Master Data), die in mehreren Gemeinden und Verwaltungsstellen konsistent, aktuell und qualitativ hochwertig vorliegen müssen. Gerade auch die transnationale Kooperation, z.B. mit Deutschland und dem FIM-System (Förderales Informationsmanagement) kann hierüber als Modell abgeleitet werden. Digitalraum-MDM konzipiert dabei eine regional koordinierte Datenplattform, die Redundanzen verhindert, Datenqualität sichert und automatisierte Prozesse über Gemeindegrenzen hinweg ermöglicht. Dieser Ansatz berücksichtigt die heterogene IT-Landschaft in den Gemeinden und setzt auf standardisierte Schnittstellen, um eine nahtlose Integration in bestehende Systeme zu gewährleisten. Darüber hinaus wird die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen (z.B. DSGVO-konform) sowie die Nachvollziehbarkeit von Datenzugriffen sichergestellt.

Die Verbindung von MOSIDI und Digitalraum-MDM bildet somit eine theoretische und praktische Grundlage, um Datengenossenschaften als Lösung für die digitale Transformation in Schweizer Gemeindeverbänden zu implementieren. Datengenossenschaften ermöglichen nicht nur den sicheren, gemeinschaftlichen Umgang mit sensiblen Verwaltungsdaten, sondern fördern auch innovative Verwaltungsprozesse und partizipative Modelle, die den Anforderungen der heutigen digitalen Gesellschaft gerecht werden. Durch die Kombination dieser Ansätze können organisatorische, technische und rechtliche Hürden abgebaut werden, wodurch eine nachhaltige Digitalisierung auf regionaler Ebene gelingt.

3 Methodologie

Für die vorliegende Querschnittstudie wurde der Ansatz der qualitativen Triangulation gewählt, der verschiedene Perspektiven, Methoden und Datenquellen berücksichtigt, um ein tiefgehendes Verständnis der Potenziale und Herausforderungen von Datengenossenschaften in der Verwaltungsdigitalisierung regionaler Verbände schweizerischer Gemeinden durch Mehrperspektivität zu gewährleisten. Dies ist im Kontext der komplexen Transformationsprozesse im öffentlichen Sektor notwendig, da sowohl technische als auch organisatorische und soziale Dimensionen berücksichtigt werden müssen (Flick, 2018).

3.1 Forschungsfragen

Diese Fragestellungen ergeben sich vor dem Hintergrund der steigenden Herausforderungen, die kleinere und mittlere Gemeinden bei der Digitalisierung und der effektiven Nutzung von Daten bewältigen müssen.

Forschungsfragen:

  1. Wie können Datengenossenschaften den Erfahrungsaustausch und die gemeinsame Datennutzung in regionalen Gemeindeverbänden fördern?

    Die digitale Transformation der Schweizer Gemeinden erfordert koordinierte Anstrengungen, insbesondere um Ressourcen zu teilen, Prozesse zu harmonisieren und den Datenschutz zu gewährleisten. Datengenossenschaften könnten hier als gemeinschaftliche Organisationsformen genutzt werden, um Daten effizient, sicher und vertrauensvoll zu verwalten (Schweizerische Gemeindeverband et al., 2023; Digital Verwaltung Schweiz, 2024).

  2. Welche rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen sind für den Aufbau von Datengenossenschaften in der gemeindlichen Verwaltung notwendig?

    Datenschutz und Datensicherheit bilden zentrale Herausforderungen der digitalen Transformation, die es in regionalen Verbänden rechtlich abzusichern gilt. Zudem sind Interoperabilität und standardisierte Schnittstellen entscheidend, um den Datenaustausch zwischen Gemeindeverwaltungen zu ermöglichen (Schulthess Forum, 2025; Digitale Verwaltung Schweiz, 2024).

  3. Inwieweit steigern Datengenossenschaften die Effizienz und Innovationsfähigkeit der beteiligten Gemeinden?

    Besonders kleine und mittlere Gemeinden profitieren von gemeinsamen digitalisierten Prozessen, da sie Ressourcen und Know-how bündeln können. Über Datengenossenschaften könnten neue digitale Dienste für Bürgerinnen und Bürger entwickelt werden, die sonst nicht wirtschaftlich umzusetzen wären (Schweizerische Gemeindeverband et al., 2023).

  4. Welche Risiken und Herausforderungen sind mit Datengenossenschaften verbunden, und wie können diese adressiert werden?

    Dies umfasst potenzielle Probleme wie unterschiedliche IT-Standards, Haftungsfragen, Datenhoheit und Akzeptanz bei Mitarbeitenden und Bürgerinnen und Bürger. Zudem sind organisatorische Veränderungen und Schulungen als Teil der Transformation wesentlich (Schweizer Gemeinde, 2024).

Diese Forschungsfragen bilden die Grundlage, um im weiteren Verlauf die Machbarkeit von Datengenossenschaften und deren Potenzial für die digitale Transformation der Gemeindeverwaltungen in der Schweiz systematisch zu analysieren.

3.2 Forschungssetting und Methodologie

Im ersten Schritt diente ein Expertinnen- und Expertenworkshop mit 60 Teilnehmenden aus der D-A-CH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) als explorative Basis. Die Teilnehmenden waren Expertinnen und Experten aus Verwaltung, IT-Dienstleistern, Wissenschaft und Beratung mit einem Fokus auf Verwaltungsdigitalisierung und GovTech-Kooperationen. Durch die breite fachliche Streuung und die vergleichsweise hohe Teilnehmerzahl konnten vielfältige Perspektiven und Erfahrungen gesammelt werden, um die Bandbreite der etablierten und gewünschten Strukturen von Datengenossenschaften im öffentlichen Bereich abzubilden. Die Workshop-Diskussionen wurden moderiert und mit Audioaufnahmen dokumentiert, um eine systematische qualitative Inhaltsanalyse vornehmen zu können (Mayring, 2022).

Im Anschluss erfolgten Tiefeninterviews in ausgewählten Fachforen zu Organisation Technik und Recht, um die im Workshop gewonnenen Erkenntnisse zu vertiefen und differenzierte Einblicke in die organisatorischen, technischen und rechtlichen Aspekte der Etablierung von Datengenossenschaften zu erhalten. Die Expertinnen und Experten wurden gezielt auf ihre Erfahrungen mit kooperativen Innovationsprozessen im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung befragt. Die Interviewfragen bauten auf den Ergebnissen des Workshops auf und fokussierten insbesondere auf Hemmnisse und Erfolgsfaktoren sowie auf konkrete Gestaltungselemente von Datengenossenschaften (Kvale & Brinkmann, 2015).

Die Wahl dieses qualitativ ausgerichteten Forschungsdesigns ist angesichts der bisher noch wenig empirisch erforschten Thematik der Datengenossenschaften in regionalen Gemeindeverbänden sinnvoll, da es erlaubt, neue Handlungsansätze und Rahmenbedingungen praxisnah zu explorieren und theoretisch fundiert aufzubereiten. Darüber hinaus werden theoretische Erkenntnisse zu Changemanagement im öffentlichen Sektor sowie zur Rolle von GovTech-Kooperationen als Innovationsmotoren integriert, um die Analyse zu kontextualisieren (Kotter, 2012; Scholl & Scholl, 2014).

Als methodologische Grundlage dient insbesondere die Grounded-Theory-Methodik, die es ermöglicht, induktiv aus den erhobenen Daten Hypothesen und Handlungsempfehlungen abzuleiten (Strauss & Corbin, 1998). Zudem gewährleistet die Kombination von Workshop und Tiefeninterviews eine hohe Validität durch Triangulation der Datenquellen (Denzin, 2017). So werden sowohl kollektive Meinungsbilder als auch individuelle Erfahrungen berücksichtigt, was eine ganzheitliche Sicht auf die Chancen und Herausforderungen von Datengenossenschaften eröffnet.

Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die qualitativen Daten transkribiert, kodiert und systematisch ausgewertet. Besondere Beachtung gilt der Identifikation von Mustern und Spannungsfeldern, etwa zwischen technischen Möglichkeiten, rechtlichen Rahmenbedingungen und organisationalem Wandel. Dabei fliessen auch aktuelle Erkenntnisse aus der digitalen Transformation öffentlicher Verwaltungen mit ein, um praxisorientierte Empfehlungen zur nachhaltigen Implementierung von Datengenossenschaften abzuleiten.

3.3 Vorgehen, Datenaufbereitung und Interpretation

Die qualitative Analyse der Daten zu Datengenossenschaften in regionalen Verbänden der Gemeinden der DACH-Region, darunter regionale Verbände der schweizerischen Gemeinden, erfolgte in einem iterativen, dreistufigen Kodier- und Interpretationsprozess. Aufbauend auf einem methodischen Fundament aus Grounded Theory und autoethnographischem Zugang wurde ein rigoroser Ansatz gewählt, der sowohl die kollektiven Perspektiven aus dem Expertinnen- und Expertenworkshop als auch tiefgehende individuelle Einblicke aus den Fachforen berücksichtigt. Die Analyseebenen sind übersichtlich in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1

Übersicht der Kodier- und Analysephasen.

PHASEMETHODEZIEL/ERGEBNISDATENBASISBESONDERE MERKMALE
1. offenes Kodierenoffenes KodierenIdentifikation erster Kategorien und MusterFeldnotizen, Interviewtranskriptebreite Explorationsbasis, hohe Offenheit
2. axiales Kodierenaxiales & thematisches KodierenAufbau von Zusammenhangsstrukturen, Herausbildung von ThemenCodes aus Phase 1Fokus auf Beziehung von Kategorien
3. selektives Kodierenselektives KodierenIntegration und Triangulation, Entwicklung von Kernkategorienweitere Dokumente, KommunikationVerknüpfung multipler Datenquellen
IterationReflexion, Austausch zwischen CodierungsebenenVertiefung der Fallbeschreibung, Validierung der Ergebnissealle Datendramaturgische Struktur, Ich-Perspektive
  1. Erste Runde: Offenes Kodieren der Feldnotizen und Transkripte

    Zu Beginn erfolgte ein offenes Kodieren der Feldnotizen aus dem Expertinnen- und Expertenworkshop und den Tiefeninterviews. Diese Phase diente der explorativen Zerlegung der Daten in sinnhafte Einheiten, ohne vorgegebene Kategorien, um ein möglichst breites Spektrum an relevanten Konzepten, Aussagen und Themen zu identifizieren. Jedes Datenfragment wurde mit einem prägnanten Begriff versehen, der unmittelbar den Inhalt reflektierte (Strauss & Corbin, 1998). Dieses Vorgehen ermöglichte ein systematisches Aufspüren wiederkehrender Muster und war notwendig, um die Fallstudie in ihrer Vielschichtigkeit zu erfassen.

    Im Sinne einer autoethnographischen Reflexion (Ellis et al., 2011) wurden insbesondere die eigenen Beobachtungen und Einflüsse aus berufspraktischer und wissenschaftlicher Tätigkeit der Autoren kritisch dokumentiert, um die Subjektivität als Ressource für die Interpretation einzubeziehen und eine verstärkte Selbstreflexion herbeizuführen.

  2. Zweite Runde: Kombination aus axialer und thematischer Kodierung

    Die zweite Kodierphase kombinierte axiales und thematisches Kodieren, um Beziehungen zwischen den offenen Codes herzustellen und übergeordnete Themen zu entwickeln. Im axialen Kodieren wurden zentrale Phänomene (z. B. Datenhoheit, Governance-Strukturen) mit Kontextfaktoren (z. B. organisationsinterne Prozesse), Handlungsstrategien (z. B. Kooperationsmodelle) sowie Konsequenzen (z. B. Nachhaltigkeit) verbunden (Strauss & Corbin, 1998).

    Parallel dazu ermöglichte das thematische Kodieren eine gezielte Suche nach Schlüsselthemen, die sich durch die gesamte Datenbasis zogen, und deren semantische Verknüpfung (Braun & Clarke, 2006).

    Diese Kombination erlaubte eine klar abgegrenzte Phasierung der Untersuchung in drei chronologische und kontextuelle Dimensionen, die im vorliegenden Fallstudienmodell zusammengeführt wurden. Die Phasen reflektieren den Prozess der Einführung, Etablierung und Konsolidierung von Datengenossenschaften in den regionalen Gemeindeverbänden.

  3. Dritte Runde: Selektive Kodierung zur Integration und Triangulation

    Im letzten Schritt erfolgte eine selektive Kodierung, die den Fokus auf die Integration der komplexen Befunde legte, um die Kernkategorien herauszuarbeiten, die als Grundlage für die Theorieentwicklung und Handlungsempfehlungen dienen (Strauss & Corbin, 1998).

    Hierbei wurden Dokumentenanalysen, interne Kommunikation und strategische Steuerungsmassnahmen als unterstützende Datenquellen zur Triangulation herangezogen, um die Validität und Tiefe der Erkenntnisse zu erhöhen. Die Triangulation aus multiplen Perspektiven sicherte die umfassende Darstellung der organisationalen Dynamik.

  4. Iterativer Prozess der Kodierung und Analyse

    Die gesamte Analyse war geprägt durch eine ständige Iteration zwischen Codierung, Rückbezug auf die Daten und Interpretation, was eine sich vertiefende Beschreibung der longitudinalen Fallstudie ermöglichte. Eine besondere methodische Eigenheit war die bewusste Entscheidung, die Darstellung der Ergebnisse analog zu dramaturgischen Phasen zu strukturieren und dies aus der Ich-Perspektive zu schreiben, um die persönliche und organisationale Reflexion zu betonen (Davis, 2016).

    Dieses Vorgehen gewährleistet eine wissenschaftlich fundierte, transparente und nachvollziehbare Analyse der komplexen Datenlage zu Datengenossenschaften und ermöglicht eine praxisnahe Ableitung von Empfehlungen für die regionale Verwaltungsdigitalisierung.

4 Ergebnisse und Einschränkungen der Studie

Die folgenden Passagen sollen die Erkenntnisse und deren Weiterentwicklung zu Lösungen für weitere Schritte für die Praxis und weitere Abstraktionen in Modellen zur Weiterentwicklung des Forschungsstandes aufzeigen.

Die vorliegenden Erkenntnise folgen den Schritten der induktiven Kategorienauswertung nach Mayring (2022):

  1. Reduktion: Extraktion zentraler Textstellen/O-Töne aus den Kohorten A–D.

  2. Paraphrasierung: Verdichtung sprachlicher Inhalte auf konzeptionelle Einheiten.

  3. Generalisierung: Formulierung übergeordneter Kernaussagen pro Kategorie.

  4. Abstraktion: Ableitung theoretischer Dimensionen (Führung, Governance, Nachhaltigkeit, Innovation).

Die nachfolgende Tabelle 2 kombiniert die identifizierten inhaltlichen Segmente (Kohorten A–D), zentrale Originaltöne (O-Töne) und daraus abgeleitete Kernaussagen (Generalisationen):

Tabelle 2

Codierte Kohortenaussagen aus der Interpretationsphase.

KOHORTEO-TöNE/PARAPHRASIERTE AUSSAGENKATEGORIE (KODIERUNG)ABGELEITETE KERNAUSSAGE
A – Verwaltung im Wandel„Kompetenz wird in der Position, nicht in der Rolle gesehen“; „Dienstwege führen zu Wissensverlust“Führungs- und OrganisationskulturHierarchische Strukturen hemmen Verantwortungsübernahme und Wissensfluss; Kompetenzentwicklung muss rollenbasiert und partizipativ gestaltet werden.
A – Verwaltung im Wandel„Operatives überfrachtet Digitalisierungsthemen“; „Raum und Zeit schaffen für Themen“Arbeitsbelastung und VeränderungsfähigkeitVerwaltungsmitarbeitende benötigen strukturelle Entlastung und institutionelle Lernräume, um Digitalisierungsaufgaben sinnvoll wahrzunehmen.
A – Verwaltung im Wandel„Widerstände muss man sich widmen“; „Menschen kennenlernen lassen“Veränderungsmanagement und KulturarbeitDer Abbau von Silodenken erfordert dialogorientiertes Change-Management und interpersonellen Austausch.
B – Institutionelle Kooperation„Wirtschaftsförderung, Impactmessung, Outsourcing, mit lokalen Akteuren“Interinstitutionelle GovernanceEffektive regionale Digitalisierung erfordert abgestimmte Governance-Mechanismen zwischen Wirtschaft, und Staat.
B – Institutionelle Kooperation„Digitale öffentliche Infrastruktur, Common Goods, Vergaberecht vs. Vergabekultur“Digitale Souveränität und VergabestrukturenÖffentliche Vergabeprozesse müssen innovationsfreundlich ausgestaltet werden, um digitale Gemeingüter zu fördern.
B – Institutionelle Kooperation„Intergemeindlicher Austausch, Matching-Kriterien, Nachnutzung und Transfer“Kooperative InnovationsökosystemeNachhaltige Smarte-Region-Strategien beruhen auf lernenden Netzwerken und Re-Use-Ansätzen bereits gewonnener Projekterfahrungen.
C – Digitalisierung & Nachhaltigkeit„Nachhaltigkeit auf lokaler Ebene… blieb frei“Themenlücke und ForschungsbedarfEine systematische Integration von Nachhaltigkeit in Smart-Region-Projekte ist bisher unzureichend adressiert.
D – Intelligente Vernetzung„Politische Vorgaben transparenter machen“; „Rechtliche Vorgaben abstimmen-harmonisieren“Politische Steuerung und RechtsklarheitTransparente, abgestimmte Richtlinien sind Voraussetzung für handlungsfähige digitale Lokalstrategien.
D – Intelligente Vernetzung„Weniger werkzeugorientierter Einsatz von Digitalisierungsvorhaben“; „Weniger Denken in bestehenden Prozessen“Innovationskultur und ProzessdenkenDigitalisierung sollte als strategische Transformation statt als technologische Anwendung verstanden werden.

4.1 Empirische Erkenntnisse

Die vorliegende Untersuchung analysiert das Potenzial von Datengenossenschaften als Katalysator für die digitale Transformation von Schweizer Gemeinden, insbesondere in regionalen Kooperationen. Die Auswertung der Erkenntnisse erfolgte mittels einer SWOT-Analyse, (Abbildung 1), die zentrale Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken zusammenfasst.

Abbildung 1

SWOT-Matrix zur Analyse von Datengenossenschaften in Gemeindeverbänden.

STÄRKEN (INTERNAL)SCHWÄCHEN (INTERNAL)
- verbesserte Datenintegration für effiziente Verwaltungsprozesse- fehlende Datenkompetenzen in Verwaltung und Bevölkerung
- Förderung von Bürokratieabbau durch offene Datenplattformen- Datenschutz- und Governance-Unsicherheiten
- ermöglichen von Kooperation und Co-Kreation- begrenzte Ressourcen für technologische Implementierung
CHANCEN (EXTERNAL)RISIKEN (EXTERNAL)
- Nutzung von Automatisierung und Data-Laking zur Serviceverbesserung- Widerstände im Changemanagement
- Kooperation mit GovTech-Startups für beschleunigte Transformation- geringe Akzeptanz neuer Arbeitsweisen
- nachhaltige Wertschöpfung in regionaler Ebene- Herausforderungen bei nachhaltiger Integration in bestehende Strukturen

Stärken

Eine der wichtigsten Stärken liegt in der verbesserten Datenintegration, die effizientere Verwaltungsabläufe sowie evidenzbasierte Entscheidungen ermöglicht (Mayer-Schönberger & Cukier, 2013). Durch offene Datenplattformen wird zudem der Bürokratieabbau gefördert. Diese Plattformen agieren als Schnittstellen für Kooperationen und Co-Kreation zwischen Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft, was zu einer innovationsfördernden Vernetzung führt (Klievink et al., 2017).

Schwächen

Trotz dieser Vorteile bestehen signifikante Schwächen. In der Gemeinschaft der Akteure fehlen oft ausreichende Datenkompetenzen, was die Nutzung und das Management von Daten erschwert (Van Dijck, 2014). Zusätzlich herrscht Unsicherheit bei Datenschutzfragen und Governance-Strukturen. Dies führt zu zögerlichen Implementierungen neuer Technologien, verstärkt durch begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen auf Gemeindeebene (Scholl & Scholl, 2014).

Chancen

Die Chancen liegen vor allem in der Nutzung von Automatisierung und Data-Laking-Technologien, die neuartige und verbesserte Serviceangebote für Bürgerinnen und Bürger ermöglichen. Diese Technologien können nachhaltige Wertschöpfung innerhalb der regionalen Verbände fördern (Kambatla et al., 2014). Darüber hinaus bieten Kooperationen mit GovTech-Startups die Möglichkeit, die technologische Transformation zu beschleunigen und die Innovationskraft im öffentlichen Raum zu stärken (Desouza & Jacob, 2017).

Risiken

Nicht zu vernachlässigen sind jedoch Risiken im Bereich des Changemanagements. Widerstände gegen neue Arbeitsweisen sowie mangelnde Akzeptanz der digitalen Innovationen können die Einführung erschweren. Darüber hinaus besteht die Herausforderung, Datengenossenschaften nachhaltig in bestehende gemeindliche Strukturen zu integrieren (Kotter, 1996).

Die Ergebnisse der Analyse belegen, dass Datengenossenschaften einen niedrigschwelligen Zugang zu datenbasierten Services für Gemeinden ermöglichen, ohne dass jede einzelne Einheit eigene IT-Infrastrukturen aufbauen und finanzieren muss. Diese gemeinsame Nutzung von Dateninfrastrukturen kann somit eine zentrale Rolle in der Transformation gemeindlicher Verwaltungsstrukturen spielen.

Gleichzeitig zeigt die Studie, dass ein gezieltes Change Management und die Förderung von Datenkompe-tenzen entscheidend sind, um digitale Innovationen nachhaltig zu verankern. Die Kooperation mit öffentlichen Akteuren erweitert zudem die Möglichkeiten für GovTech-Startups, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und gleichzeitig gesellschaftliche Herausforderungen (z.B. Nachhaltigkeit, Partizipation) adressieren zu können.

Insgesamt stellt die Bündelung von Ressourcen in Datengenossenschaften einen vielversprechenden Ansatz dar, um den digitalen Wandel in Schweizer Gemeinden effektiv und regional abgestimmt voranzutreiben.

4.2 Erfolgskritische Faktoren und Potentiale

In der heutigen Verwaltungsdigitalisierung stehen Schweizer Gemeinden zunehmend vor der Herausforderung, Daten effizient, rechtskonform und gemeinwohlorientiert zu nutzen, um ihre Daseinsvorsorge und regionale Zusammenarbeit zu verbessern. Datengenossenschaften bieten hierfür ein vielversprechendes Modell, das auf kooperativer Datenverwaltung und geteilten Ressourcen basiert (Micheli et al., 2020). Im Folgenden wird erläutert, wie Datengenossenschaften als integrative Infrastruktur für die Transformation regionaler Gemeindeverbände fungieren können.

Ein zentrales Potenzial von Datengenossenschaften liegt in der Stärkung der Datensouveränität der beteiligten Gemeinden und Behörden. Anders als bei zentralisierten, gewinnorientierten Plattformen behalten die Akteure im Genossenschaftsmodell Kontrolle über ihre Daten und bestimmen deren Nutzung kollektiv (Micheli et al., 2020). Dies schafft Vertrauen und Grundlage für eine nachhaltige Kooperation. Die gemeinsame Festlegung von Qualitätsstandards und die Sicherung der Datenqualität erhöhen die Verlässlichkeit der Datenbestände signifikant (Zuiderwijk et al., 2021). Solche kollaborativen Strukturen fördern zudem Innovation, da neue Anwendungen und Dienste auf dieser belastbaren Datenbasis entstehen können.

Rechtssicherheit ist ein essenzieller Aspekt, gerade im Umgang mit personenbezogenen Daten. Datengenossenschaften können gemeinsame Handlungsgrundlagen im Sinne von nationalen Datenschutzgesetzen wie dem Schweizer Datenschutzgesetz (DSG) schaffen und somit regulatorische Unsicherheiten und isolierte Insellösungen vermeiden (ISO, 2003). Insbesondere für kleinere Gemeinden ergeben sich Effizienzgewinne und Skaleneffekte durch geteilte Infrastrukturkosten und gebündeltes Know-how, was die digitale Transformation erschwinglicher und praktikabler macht (Rohatschek, 2021).

Die Transparenz und Gemeinwohlorientierung des Genossenschaftsmodells ermöglicht offene Entscheidungsprozesse, an denen unterschiedliche Interessensgruppen partizipieren können (ICA, 2017). Dies stärkt das Vertrauen der Bevölkerung und unterstützt eine datengetriebene Gemeinwesenarbeit, die nicht nur technisch, sondern auch sozial eingebettet ist.

Zur Realisierung dieser Potenziale bedarf es kooperativer Innovations- und Bildungshubs, die als Drehscheibe zwischen Verwaltung, Wissenschaft, Start-ups und Gesellschaft fungieren (McCord et al., 2021). Solche Hubs dienen als Experimentallabore für neue Technologien, Co-Kreationsräume zur Entwicklung innovativer Datendienste und als Bildungsplattformen zur Förderung digitaler Kompetenzen im öffentlichen Sektor (Knoepfel & Kruck, 2022). Der Einsatz partizipativer Methoden wie Service Learning und Hackathons befördert die Akzeptanz und das Innovationsklima in regionalen Verbänden und ermöglicht es, digitale Kompetenzen breit zu verankern (Rohatschek, 2021).

Hinsichtlich der personellen Ressourcen verändern sich Kompetenzanforderungen grundlegend. Mitarbeitende benötigen neben technischen Fähigkeiten in Bereichen wie Data Analytics, IoT oder Blockchain auch digitale Ethik, Agilität und die Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit (European Commission, 2020). Darüber hinaus werden Fähigkeiten im Umgang mit holokratischen Organisationsformen, Multi-Stakeholder-Moderation und die konsequente Ausrichtung von Innovationen am Gemeinwohl zu Schlüsselqualifikationen (Dawes, 2020).

Abschliessend belegen transnationale Projekte wie MOSIDI und Digitalraum-MDM, dass mit partizipativen und vernetzten Datenmodellen selbst kleinere Gemeinden erfolgreich transformiert werden können, wenn Datenintegration, Governance und Geschäftsmodelle ganzheitlich betrachtet werden (Micheli et al., 2020; Rohatschek, 2021). Die Etablierung von Datengenossenschaften stellt somit eine zukunftsfähige und resiliente Infrastruktur für die Verwaltungsdigitalisierung und regionale Zusammenarbeit in der Schweiz dar.

4.3 Herausforderungen und Grenzen

Die datenbasierte Arbeit der Verwaltung kann auch Schweizer Gemeinden vor grosse Herausforderungen, die sich durch regionale Zusammenarbeit und innovative Datenmanagementansätze besser bewältigen lassen. Datengenossenschaften bieten hierbei ein vielversprechendes Modell, das eine gemeinschaftliche Datennutzung unter Wahrung von Transparenz und Datenschutz ermöglicht. Insbesondere im Kontext regionaler Verbände eröffnet dieses Modell neue Potenziale für Verwaltungsdigitalisierung und Kooperation. Dennoch gilt es, zentrale Herausforderungen bei der Implementierung von Datengenossenschaften zu adressieren, um deren nachhaltigen Erfolg sicherzustellen.

Ein wesentlicher Aspekt ist die Komplexität der Gründung und des Betriebs von Datengenossenschaften. Die formale Gründung erfordert nicht nur die juristische Einbettung in das gemeindliche und nationale Rechtssystem, sondern auch die Etablierung von Governance-Strukturen, die den Interessen aller Mitglieder gerecht werden. Die Entwicklung dieser Governance-Regeln sowie die Initialisierung gemeinsamer IT-Infrastrukturen sind ressourcenintensiv und verlangen ein hohes Mass an technischem und organisatorischem Fachwissen sowie ein starkes Commitment seitens aller Beteiligten (European Commission, 2020). Ohne klare Regeln und verlässliche technische Grundlagen drohen Ineffizienzen und Konflikte, die das genossenschaftliche Modell gefährden können.

Ein weiteres zentrales Thema sind die Interessen- und Zielkonflikte innerhalb der Mitgliedschaft. Unterschiedliche Akteursgruppen, etwa grosse und kleine Gemeinden oder öffentliche und wirtschaftliche Partner, verfolgen nicht selten divergierende Erwartungen an die Datengenossenschaft. Diese Divergenzen müssen durch transparente Verfahrensweisen und professionelle Moderation ausgeglichen werden, um eine gemeinsame Vision und Handlungsfähigkeit zu gewährleisten (Dawes, 2020). Der Erfolg regionaler Datengenossenschaften hängt massgeblich davon ab, ob es gelingt, die vielfältigen Bedürfnisse und Prioritäten der Mitglieder in einem konsensualen Rahmen zusammenzuführen.

Darüber hinaus stellt die nachhaltige Geschäftsmodellentwicklung eine Kernherausforderung dar. Der Aufbau eines selbstragenden Finanzierungskreislaufs ist notwendig, um die Abhängigkeit von zeitlich begrenzten Förderprogrammen zu minimieren und langfristige Planungssicherheit zu schaffen. Dies umfasst sowohl die Etablierung von Einnahmeströmen durch Mitgliedsbeiträge oder Dienstleistungen als auch Investitionen in kontinuierliche Innovations- und Wartungsmassnahmen (Piekarski & Furuholt, 2022). Nur durch eine robuste finanzielle Grundlage können Datengenossenschaften ihre Leistungsfähigkeit dauerhaft sicherstellen.

Nicht zuletzt ist der Kompetenzbedarf im öffentlichen Sektor zu berücksichtigen. Die Arbeit mit und in Datengenossenschaften verlangt erweiterte technologische, methodische und soziale Fähigkeiten von den Mitarbeitenden. (Jungmeister, 2023). Neben IT-Expertise sind Fähigkeiten im Bereich der organisationsübergreifenden Kooperation, des Projektmanagements und der Stakeholder-Kommunikation entscheidend, um die Potenziale des genossenschaftlichen Modells voll auszuschöpfen (Knoepfel & Kruck, 2022). Fortbildungen und gezielte Personalentwicklung sind daher integrale Bestandteile einer erfolgreichen Transformation.

Im Vergleich zu Aktiengesellschaften und öffentlich-rechtlichen Zweckverbänden bietet die Datengenossenschaft ein hybrides Organisationsmodell, das ökonomische Effizienz mit kooperativer Selbstorganisation verbindet (Blome-Drees et al., 2023). Ihr wesentlicher Vorteil liegt in der Mitgliedschaftsstruktur: Eigentum und Nutzungshoheit über Daten bleiben gemeinschaftlich verankert, wodurch asymmetrische Machtverhältnisse zwischen Kapitalgebern und Datenproduzenten abgemildert werden. Die kooperative Rechtsform stärkt die Akzeptanz unter Bürgern und Unternehmen, fördert partizipative Governance-Mechanismen und bewahrt gleichzeitig eine unternehmerische Handlungsfreiheit, die bei öffentlich-rechtlichen Anstalten oft durch Haushaltsrecht und Verwaltungsverfahrensnormen eingeschränkt ist. Gegenüber kapitalmarktorientierten Formen (z. B. AG) zeichnet sich die Datengenossenschaft durch ein geringeres Gewinnmaximierungsinteresse und eine auf situative Bedarfsdeckung ausgerichtete Wertschöpfungslogik aus, was sie besonders für datengetriebene Gemeinwohlprojekte im Rahmen smarter Regionen attraktiv macht (Aeschbacher & Lichtsteine, 2014).

Jedoch bestehen auch Limitationen. Die heterogene Interessenlage der Mitglieder kann Entscheidungsprozesse verlangsamen, während Kapitaleinwerbung und Investitionsfähigkeit strukturell begrenzt bleiben. Zudem ist die Rechtslage von Datengenossenschaften noch nicht vollends kodifiziert: Der Genossenschaftsbegriff stützt sich weiterhin auf das Genossenschaftsgesetz (GenG), das auf materielle Güter und klassische Dienstleistungen zugeschnitten ist. Rechtlich ist zu klären, inwiefern Daten als beitragspflichtige Genossenschaftsgüter gelten und wie Haftung, Datenschutz sowie Wettbewerbsrecht kollisionsfrei integriert werden können. Im Vergleich zu einem öffentlich-rechtlichen Zweckverband bietet die Datengenossenschaft zwar grössere Autonomie und Innovationsfähigkeit, erfordert aber sorgfältige Compliance-Regeln, um Transparenz, Gleichbehandlung und Datenschutzstandards sicherzustellen. Insgesamt ist die Genossenschaftsform kein Allheilmittel, aber ein adaptives Governance-Instrument, das in datenbasierten Ökosystemen den Spagat zwischen Gemeinwohlorientierung und Privatinitiative am ehesten ermöglicht (Bauer, 2025).

Zusammenfassend stellen Datengenossenschaften einen vielversprechenden Ansatz dar, um die nötige Transformation von Schweizer Gemeinden im Kontext regionaler Verbände zu unterstützen. Die adressierten Herausforderungen zeigen, dass ein ganzheitlicher Ansatz nötig ist: von fundierten Governance-Strukturen über die konstruktive Konfliktlösung bis hin zu nachhaltigen Finanzierungsmodellen und umfassendem Kompetenzaufbau (Arnold, 2023). Nur so können Datengenossenschaften als tragfähige Infrastruktur für die digitale Verwaltung der Zukunft etabliert werden.

4.4 Limitationen

Der durchgeführte Expertenworkshop und die folgenden vertiefenden Befragungen, die die Daten für die vorliegende Forschung lieferten, sind in ihrer Repräsentativität dahingehend beschränkt, als dass die Befragungen mit einzelnen Experten des gleichen Sample durchgeführt wurden. Die empirischen Daten aus beiden Formaten spiegeln lediglich die Perspektiven dieser Expertengruppe wider, was eine Generalisierbarkeit einschränkt. Auch ist die Gruppendynamik eines Workshops bei der Diskussion zu berücksichtigen, in der kontroverse Meinungen ggfs. zurückgehalten wurden. Darüber hinaus spielt der zeitliche Rahmen zur Diskussion einzelner Aspekte und Fragestellungen eine Rolle. Hinsichtlich der nachgelagerten Befragungen einzelner Experten ist eine Verzerrung durch Erinnerungseffekte anzuführen, wenn die Befragten bestimmte Aspekte und Details aus der Diskussion nicht mehr oder selektiv erinnern. Darüber hinaus beruhte die Befragung auf Freiwilligkeit, so dass nicht nur unbedingt Teilnehmende mit polarisierenden Meinungen oder interessanten Diskussionsbeiträgen teilnahmen. Auch bzgl. der Auswertung und Codierung der Daten ist anzuführen, dass diese interpretativ und subjektiv geprägt ist.

Die inhaltlichen Limitierungen der Studie zeigen sich besonders im schweizerischen Kontext, wo die föderale Struktur, die kantonalen Zuständigkeiten und die Heterogenität der Gemeindeverwaltungen spezifische Rahmenbedingungen schaffen. Der explorative Ansatz mit rund 60 Expertinnen und Experten liefert wertvolle qualitative Einsichten, erlaubt aber keine generalisierbaren Aussagen über die Wirksamkeit von Datengenossenschaften in der Schweiz. Gerade angesichts der unterschiedlichen Digitalisierungsreife der Kantone und Gemeinden bleibt unklar, inwiefern die vorgeschlagenen Modelle flächendeckend umgesetzt werden könnten. Zudem wird die rechtliche Einbettung von Datengenossenschaften im schweizerischen Genossenschaftsrecht nur ansatzweise beleuchtet, obwohl Fragen zu Datenschutz, Datenportabilität und Haftung bei der Nutzung lokaler Daten zentral wären.

Ein weiteres methodisches Defizit liegt in der fehlenden quantitativen Validierung: Effizienzgewinne, Skalierbarkeit und Kosten-Nutzen-Verhältnisse der vorgeschlagenen Datenökosysteme werden nicht empirisch belegt. Auch der Einbezug strukturell kleiner Gemeinden mit begrenzter Datenkompetenz und IT-Infrastruktur bleibt unzureichend. Für den Schweizer Kontext wäre eine vergleichende Analyse zwischen urbanen und ländlichen Räumen oder eine Einbettung in bestehende Programme wie „Smart City Schweiz“ sinnvoll. Insgesamt ist die Studie ein relevanter Beitrag zur Governance datenbasierter Regionalentwicklung, bleibt aber bezüglich Übertragbarkeit, rechtlicher Präzisierung und messbarer Wirksamkeit noch limitiert.

5 Fazit und Ausblick

Der originäre Mehrwert dieser Arbeit liegt in der systematischen Darstellung der Herausforderungen und Potenziale gemeindlicher Datengenossenschaften als zentrale Hebel für eine erfolgreiche digitale Transformation und nachhaltige Regionalentwicklung in Schweizer Gemeinden und deren regionalen Verbänden. Durch die Anwendung einer qualitativen SWOT-Analyse können künftig praxisorientierte Handlungsempfehlungen für die Gestaltung effizienter, vernetzter Datenökosysteme auf regionaler Ebene entwickelt werden.

Die Untersuchung verdeutlicht, dass Datengenossenschaften vor allem dann erfolgreich sind, wenn sie auf einer niederschwelligen Beteiligung basieren. Klare, verständliche Beitrittsregeln und eine offene Kommunikationskultur sind Grundvoraussetzungen, um eine breite Akzeptanz und aktive Mitwirkung sicherzustellen. Darüber hinaus ist eine skalierbare Infrastruktur mit interoperablen, standardisierten Schnittstellen sowie einer gemeinsamen technischen Basis unerlässlich, um den heterogenen Mitgliedern eine effiziente Zusammenarbeit zu ermöglichen. Ein weiteres zentrales Erfolgsmerkmal ist eine transparente, partizipative Governance, die demokratische Strukturen implementiert, welche alle Mitglieder einbeziehen und so die Legitimität und Verantwortlichkeit der Organisation stärken. Schliesslich müssen die Leistungsangebote klar gemeinwohlorientiert ausgerichtet sein, um die öffentlichen Interessen bei Auswahl und Umsetzung von Datenprojekten in den Vordergrund zu stellen.

Diese strategischen Erfolgsfaktoren bilden ein robustes Fundament, auf dem Datengenossenschaften zu Motoren der Verwaltungsdigitalisierung und Treibern regionaler Innovationsökosysteme werden können.

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, keine Interessenkonflikte zu haben.

DOI: https://doi.org/10.5334/ssas.230 | Journal eISSN: 2632-9255
Language: German
Submitted on: Aug 1, 2025
Accepted on: Dec 8, 2025
Published on: Dec 18, 2025
Published by: Ubiquity Press
In partnership with: Paradigm Publishing Services
Publication frequency: 1 issue per year

© 2025 Christian Schachtner, Nadine Baumann, published by Ubiquity Press
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