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Digital competencies in the bachelor‘s degree in physiotherapy — a mixed methods study in Austria / Digitale Kompetenzen im Bachelor-Studium der Physiotherapie — eine Mixed-Methods-Studie in Österreich Cover

Digital competencies in the bachelor‘s degree in physiotherapy — a mixed methods study in Austria / Digitale Kompetenzen im Bachelor-Studium der Physiotherapie — eine Mixed-Methods-Studie in Österreich

Open Access
|Nov 2025

Full Article

EINLEITUNG

Die fortschreitende Digitalisierung führt zu Veränderungen im Gesundheitswesen. Technologischer Fortschritt und digitale Formen der Information und Kommunikation beeinflussen nicht nur das bestehende Versorgungssystem, sondern auch die Ausbildung von Gesundheitsberufen. Dadurch eröffnen sich Herausforderungen und neue Möglichkeiten im Bereich der Physiotherapie. Für evidenzbasierte Praxis, individuelle Patient*innenbetreuung und digitale Anforderungen wird digitale Gesundheitskompetenz eine essenzielle Voraussetzung für die Berufsausübung (Mi & Halalau, 2016).

Die digitale Gesundheitskompetenz von Gesundheitsdiensteanbieter*innen (GDA) umfasst laut Definition der Gesundheit Österreich GmbH die Fähigkeit, gesundheitsbezogene Informationen und Dienstleistungen im digitalen Raum zu identifizieren, zu verstehen, zu bewerten und zu nutzen. Dies schließt sowohl technische Fertigkeiten im Umgang mit digitalen Endgeräten und Anwendungen als auch kritische Reflexionsfähigkeit bei der Nutzung digitaler Informationsquellen im Rahmen der professionellen Tätigkeit ein (Griebler et al., 2021). Ergänzend dazu gliedert das überarbeitete „V-Modell“, welches in technologische Basis- und tiefergehende Kompetenzen strukturiert, ethische Reflexion als Grundlage für alle dieser GDA-Kompetenzen (den Ouden et al., ca. 2023).

Die strukturierte Förderung digitaler Kompetenzen ist nicht nur für GDA, sondern auch für Patient*innen relevant. Das DigComp-Modell 2.3 AT definiert acht Kompetenzstufen in sechs Bereichen der Digitalisierung und dient der österreichischen Bevölkerung u. a. zur Beschreibung persönlicher Stärken und förderbarer Bereiche (Nárosy et al., 2022). Aus Patient*innensicht bedeutet digitale Gesundheitskompetenz, im Einklang mit der eHealth-Strategie Österreich, den souveränen Umgang mit digitalen Gesundheitsinformationen und -technologien. Dies umfasst die Fähigkeit, Online-Informationen zu finden, kritisch zu bewerten und für fundierte gesundheitliche Entscheidungen zu nutzen. Gleichzeitig beinhaltet sie die praktische Kompetenz, eHealth-Anwendungen wie die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) oder das e-Rezept sicher und effektiv anwenden zu können. Ziel ist die Stärkung der Eigenverantwortung und die Gewährleistung eines chancengerechten Zugangs zur digitalen Gesundheitsversorgung für alle Bürger*innen (Bogendorfer et al., 2024).

Die hohe Dynamik digitaler Entwicklungen, etwa durch Telehealth, Online-Konsultationen, Gesundheits-Apps oder durch künstliche Intelligenz (KI) gestützte Systeme, erfordert eine kontinuierliche Anpassung und Integration digitaler Kompetenzen in die Aus- und Weiterbildung. Die eHealth Strategie Österreich sieht im operativen Ziel O8.1 vor, dass digitale Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung der GDA bis 2030 etabliert sind (Bogendorfer et al., 2024). Derzeit besteht aber keine klare Übersicht, inwieweit professionelle, digitale Gesundheitskompetenzen bereits in den Curricula der Bachelor-Studiengänge Physiotherapie abgebildet werden. Es gibt zwar ein quantitatives Mapping zu digitalen Elementen in den Ausbildungsplänen der Gesundheitsberufe seitens Prochaska (2022), dieses geht jedoch nicht im Detail auf Lehrinhalte ein und baut keine Verbindung zum allgemeinen Kompetenzprofil Physiotherapie von Eckler et al. (2017) auf.

Einblicke in bestehende Lehrpläne und Fachbereiche zeigen, dass digitale Elemente punktuell bereits Eingang gefunden haben. 2017 thematisierten Eckler et al. (2017) die Entwicklung von eHealth und neuen Technologien sowie die Anwendung elektronischer Kommunikationstechniken als Learning Outcome auf Bachelor-Niveau. Darauf aufbauend entstanden Kompetenzprofile für Physiotherapeut*innen mit Spezialisierung in klinischen Fachbereichen. Das Österreichische Hochschulnetzwerk Neurologie definierte auf Bachelor-Niveau bereits zusätzliche Learning Outcomes zur Kenntnis und Anwendung neuer technischer Entwicklungen (Lotter et al., 2020), welche im Kompetenzprofil Neurologie berücksichtigt wurden (Greisberger et al., 2025). Wie digitale Kompetenzen derzeit inhaltlich in österreichischen Physiotherapie-Studiengängen umgesetzt werden, bleibt offen.

Auch international ist die Entwicklung digitaler Kompetenzstufen in vielen berufsspezifischen Kompetenzprofilen und Ausbildungsstandards verankert (World Health Organization, 2020, 2022). Neben einem Fokus auf grundlegende IT- oder Datenmanagementkenntnisse werden ethische, kommunikative oder patient*innenzentrierte Aspekte vernachlässigt (Merolli et al., 2024; Røe et al., 2024). Qualitative Daten zeigen auf, dass in den Bereichen Erstellung digitaler Inhalte und Sicherheit ein vergleichsweise niedriges Kenntnisniveau vorhanden ist (Røe et al., 2024). Anforderungen hinsichtlich digitaler Gesundheitskompetenzen von GDA beschreiben Frameworks wie jene aus dem Vereinigten Königreich (NHS England, 2019) oder aus Australien (Victorian Government, 2021). Anhaltspunkte für die curriculare Gestaltung der Ausbildung liefert das Digital Health Competencies in Medical Education Framework (Car et al., 2025).

Ziel und Fragestellungen

Diese Studie zielt darauf ab, den Status quo der Integration digitaler Kompetenzen in die österreichische Physiotherapie-Ausbildung zu erfassen. Die Erkenntnisse sollen die Gestaltung zukünftiger Entwicklungen informieren. Quantitative und qualitative Daten integrierend wurde folgenden Fragestellungen nachgegangen:

  • (1)

    Welche digitalen Kompetenzen sind Voraussetzung für Absolvierende eines österreichischen Bachelor-Studiums Physiotherapie, damit diese alle Formen der Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitswesen nutzen können?

  • (2)

    Welche dieser digitalen Kompetenzen werden in den österreichischen Curricula im Bachelor-Studium Physiotherapie derzeit vermittelt?

METHODEN

Eine Mixed Methods verbindende Querschnittstudie wurde im Frühjahr 2025 in Österreich durchgeführt. Wir nutzten die Mixed Methods Reporting in Rehabilitation & Health Sciences Checkliste (Tovin & Wormley, 2023) um über die Studie zu berichten.

Teilnehmende

Von März bis Mai 2025 rekrutierten wir über die österreichischen Fachhochschulen in persönlichem Kontakt, via E-Mail und Newsletter, unterstützt durch den Berufsverband „Physio Austria”, Proband*innen als Convenience Sample. Wir inkludierten Studiengangsleitungen österreichischer Bachelor-Studiengänge Physiotherapie, berufserfahrene Physiotherapeut*innen und Studierende im Bachelor-Studium.

Leitfadeninstrument

Die Autor*innen entwickelten, pilotierten und finalisierten einen Interview-Leitfaden. Dieser erhob demografische Daten, zehn offene und sieben geschlossene Fragen, bei Bedarf waren Ergänzungsfragen verfügbar. Für eine Fokusgruppe wurden die offenen Fragen auf fünf reduziert und sprachlich adaptiert. Die Fragen und einführende Erklärungen der Begrifflichkeiten basierten auf der Definition digitaler Gesundheitskompetenz (Griebler et al., 2021) und dem Digital Health Competencies in Medical Education Framework (Car et al., 2025). Die geschlossenen Fragen wurden mit einer fünfstufigen Likert-Skala von eins (sehr irrelevant) bis fünf (sehr relevant) beantwortet (vgl. Tabelle 2).

Datenerhebung

In einem ersten Schritt wurden die Perspektiven und Erfahrungen von österreichischen Studiengangsleitungen/-vertretungen eingeholt, da diese maßgeblich an der curricularen Entwicklung beteiligt sind. Im April 2025 führten mehrere Autor*innen (LM, KM, BG, AK, Physiotherapeut*innen mit MSc-Abschluss oder höher, erfahren in der Durchführung von Interviews) semi-strukturierte, leitfadengestützte Online-Interviews im 1:1-Setting durch.

In einem zweiten Schritt folgte im Juni 2025 eine Online-Fokusgruppe mit Physiotherapeut*innen und Studierenden, um ergänzende Sichtweisen zu gewinnen. Die Online-Fokusgruppe folgte einem zweistufigen Prozess. Initial wurden die Teilnehmenden aufgefordert eine kurze, anonyme Online-Umfrage zu demografischen Daten, einer offenen Einstiegsfrage und den sieben geschlossenen Fragen zu beantworten, die auch in den 1:1-Interviews gestellt worden waren (vgl. Tabelle 2). Die Ergebnisse der Online-Umfrage dienten als inhaltliches Gerüst für die Fokusgruppendiskussion. Schrittweise, unterstützt durch eine Präsentation, wurden den Teilnehmenden die kumulierten Ergebnisse der Fokusgruppen-Umfrage vorgestellt. Die Teilnehmenden waren eingeladen, die Antworten und unterschiedlichen Sichtweisen auf die Fragen zu diskutieren. Zwei methodisch erfahrene Autor*innen (LM und KM) moderierten die Fokusgruppe. Ein besonderer Fokus der Moderierenden lag darauf, durch offene Ergänzungsfragen eine wertfreie und interaktive Gesprächsatmosphäre zu etablieren, in der sich alle Teilnehmenden in ausgeglichenem Ausmaß an der Diskussion beteiligten.

Die 1:1-Interviews dauerten durchschnittlich 35 Minuten, die Fokusgruppe dauerte 95 Minuten. Eingangs erklärten die Interviewenden jeweils Studienziel und Ablauf der Befragung und wiesen dabei auf die Vertraulichkeit hin sowie die Möglichkeit jederzeit, ohne Angabe von Gründen, die Teilnahme zu beenden. Nach schriftlichem Einverständnis sammelten wir sozio-demografische Daten (Geschlecht, Alter, höchster Ausbildungsgrad). Sowohl die Interviews als auch die Fokusgruppe wurden mit einem digitalen Audiogerät zur rein lokalen Speicherung aufgezeichnet.

Analyse

Für die demografischen Daten und die Likert-Skalenwerte wurden – für Interview- und Fokusgruppendaten gesammelt – Mittelwerte und Standardabweichungen berechnet.

Für die qualitativen Daten erfolgte die Transkription der anonymisierten Audiodateien unter Nutzung einer lokalen Transkriptions-KI. Diese Anwendung ermöglicht eine KI-gestützte, aber vollständig lokale Transkription und somit inhaltliche Kontrolle der Audiodaten (Haberl et al., 2024). Die Autor*innen, welche die Aufnahmen erstellt und gespeichert hatten, kontrollierten und überarbeiteten die Transkripte auf wortwörtliche Korrektheit und Anonymität.

Die Transkripte wurden thematisch analysiert, basierend auf dem Guided-AI-Thematic-Analysis-Verfahren von Nguyen-Trung (2025). Als Assistent für die ersten beiden Analyseschritte (Datenfamiliarisierung und vorläufiges Codieren) dienten KI-Sprachmodelle. Die anderen beiden Analyseschritte (Vorlagenentstehung/-verfeinerung und Themenentwicklung) führten die Autor*innen ohne KI-Einsatz durch.

Für ein Familiarisieren mit den Daten wurde KI-gestützt für jedes Transkript eine allgemeine Zusammenfassung im Umfang von 200 Wörtern erstellt (Prompt 1.1 bis 1.9, jeweils in einem neuen Fenster, Tabelle 1). Die menschliche Rolle lag im wechselseitigen Lesen der generierten Inhalte und der Originaltranskripte zur Überprüfung des Verständnisses.

Tabelle 1:

Prompts für das vorläufige Codieren der Transkripte

VerlaufTexteingaben
Jeweils in einem neuen Fenster: Prompt 2.1 (Fokusgruppe) und 2.2 (Interview 1)Du bist ein:e Mitarbeiter:in in der qualitativen Forschung. Du hilfst mir die relevanten Codes vom folgenden Transkript zu identifizieren in Anlehnung an diese Forschungsfrage: Welche digitalen Kompetenzen sind Voraussetzung für Absolvierende eines österreichischen Bachelor-Studiums Physiotherapie, damit diese alle Formen der Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitswesen nutzen können? Codes sind begriffliche Etiketten oder Bezeichnungen, die Forschende helfen, ihre Daten systematisch zu analysieren und zu strukturieren. Sie werden verwendet, um Datenabschnitte mit einer bestimmten Bedeutung zu kennzeichnen, die sich aus den Daten ergibt, und um so verschiedene Themen, Konzepte oder Muster zu identifizieren. Kompetenz ist ein beobachtbares Verhalten. Der finale Output der Anfrage sollte eine Tabelle sein: Spalte 1: Code als Kompetenz formuliert; Spalte 2: Beschreibung der Bedeutung des Codes; Spalte 3: Zitat des Codes aus dem Transkript. Hier ist das Transkript
Jeweils in einem neuen Fenster: Prompt 2.3 bis 2.9 (Interview 2 bis 8)Du bist ein:e Mitarbeiter:in in der qualitativen Forschung. Du hilfst mir die relevanten Codes vom folgenden Transkript zu identifizieren. Gehe durch die folgende Liste der ersten Codes, die auf Grundlage eines zuvor hochgeladenen Interviews entwickelt wurde. Wende nun die Liste an Codes auf das folgende Interview an, als Antwort auf die Frage: Welche digitalen Kompetenzen sind Voraussetzung für Absolvierende eines österreichischen Bachelor-Studiums Physiotherapie, damit diese alle Formen der Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitswesen nutzen können? Codes sind begriffliche Etiketten oder Bezeichnungen, die Forschende helfen, ihre Daten systematisch zu analysieren und zu strukturieren. Sie werden verwendet, um Datenabschnitte mit einer bestimmten Bedeutung zu kennzeichnen, die sich aus den Daten ergibt, und um so verschiedene Themen, Konzepte oder Muster zu identifizieren. Kompetenz ist ein beobachtbares Verhalten. Die endgültige Ausgabe muss eine Tabelle mit den folgenden Spalten sein: Spalte 1: Beigefügter Code der identifizierten Kompetenz, Spalte 2: Beschreibung der Bedeutung des Codes; Spalte 3: Zitat des Codes aus dem Transkript. Dabei sollten a) die Reihenfolge der Codes im aktuellen Kodierungsrahmen beibehalten werden, b) neue Codes am Ende der Tabelle hinzugefügt werden, bitte durch ein * kennzeichnen. Hier sind die bisherigen Codes und das neue Interview
Jeweils in einem neuen Fenster: Prompt 3.1 (Fokusgruppe) und 3.10 (Interview 1)Du bist ein:e Mitarbeiter:in in der qualitativen Forschung. Du findest beigefügt relevante Codes zu Kompetenzen. Bitte bereite sie dir so auf, dass du diese Tabelle ergänzen kannst. Codes sind begriffliche Etiketten oder Bezeichnungen, die Forschende helfen, ihre Daten systematisch zu analysieren und zu strukturieren. Sie werden verwendet, um Datenabschnitte mit einer bestimmten Bedeutung zu kennzeichnen, die sich aus den Daten ergibt, und um so verschiedene Themen, Konzepte oder Muster zu identifizieren. Bitte verwende die beigefügten Codes und ihre Beschreibungen, ohne sie zu verändern. Kompetenz ist ein beobachtbares Verhalten. Du hilfst mir aus dem beigefügten Transkript in Anlehnung an diese Forschungsfrage zu identifizieren: Welche der beigefügten digitalen Kompetenzen werden in den österreichischen Curricula im Bachelor-Studium Physiotherapie (derzeit) vermittelt? Der finale Output der Anfrage sollte eine Tabelle sein, aufbereitet in Excel: Spalte 1: Thema (Nummer wie in der Vorlage eingepflegt); Spalte 2: Beigefügter Code der identifizierten Kompetenz (Nummer wie in der Vorlage eingepflegt); Spalte 3: Beschreibung der Bedeutung des Codes; Spalte 4: Art der curricularen Integration (explizit, implizit, nicht vermittelt, nicht thematisiert); Spalte 5: Zitat des Codes aus dem Transkript (Codes die nicht thematisiert wurden, bitte durch ein * kennzeichnen). Behalte bitte alle Codes und exakt die Reihenfolge wie in der beigefügten Vorlage bei. Angefügt sind das Transkript und die Vorlage mit nummerierten Themen, Codes und deren Beschreibung
Jeweils im gleichen Fenster: Prompt 3.2 bis 3.9 bzw. 3.11 bis 3.18Danke, du findest anbei ein weiteres Transkript. Bitte analysiere dieses genauso, codiere vollständig Zeile für Zeile, indem du bitte die Gesamttabelle um weitere Spalten für die Art der curricularen Integration und Zitate des neuen Transkripts ergänzt. Bitte ändere keine der bereits existierenden Zellen, sondern füge neue dazu.

In einem zweiten Schritt wurden KI-gestützt Codes für ein Interview und die Fokusgruppe definiert (Prompt 2.1 und 2.2, Tabelle 1). Die vorläufigen Codes kontrollierten drei Mitglieder des Forschungsteams (BJ, AK und KM, mit Erfahrung in qualitativer Forschung) manuell. In gemeinsamer Diskussion formulierten sie jeden Code als Kompetenz und adaptierten deren Beschreibungen bei Bedarf. Sie kontrollierten in Abgleich mit den Originaltranskripten, ob die Wahl der Verben dem jeweiligen Level der revidierten Bloom-Taxonomie (Anderson & Krathwohl, 2001) entsprach.

Die revidierte Vorlage aus dem ersten Interview wurde auf jedes weitere Interview angewendet und neu identifizierte Codes laufend ergänzt. Nach sechs Interviews war eine Datensättigung erreicht; KI-gestützt wurden in zwei Interviews keine zusätzlichen Informationen gefunden, um neue Codes zu generieren. Vier der identifizierten Codes generierten sich ausschließlich aus den Daten der Fokusgruppe. In einer abschließenden Diskussion kondensierten BJ, AK und KM alle zur ersten Forschungsfrage identifizierten Code-Vorschläge aus der Fokusgruppe und den Interviews.

Für die Beantwortung der zweiten Forschungsfrage wurden die kondensierten Kompetenzen und deren Beschreibungen erneut KI-gestützt für ein Interview und getrennt für die Fokusgruppe unter Einsatz deduktiver Kategorien (explizit, implizit, nicht vermittelt, nicht thematisiert) angewendet (Prompt 3.1 und 3.10, Tabelle 1). Daraufhin erfolgte eine wiederholte Analyse für alle anderen Interviews (vgl. Tabelle 1). Über alle Befragungen gesamt fasste BJ nach manueller Kontrolle die Aussagen pro Code zusammen.

Für den dritten Analyseschritt kategorisierten BJ, AK und KM unabhängig voneinander die triangulierten Daten beider Forschungsfragen durch Gruppierung der Codes. Für die Entwicklung übergreifender Themen wählten sie Begriffe unter Berücksichtigung existierender Frameworks (Car et al., 2025; den Ouden et al., ca. 2023; Nárosy et al., 2022; World Health Organization, 2020). Nach abschließender Diskussion mit allen Autor*innen finalisierte AK einen Code-Baum aus den identifizierten Themen, ihren Kategorien, zugrundeliegenden Codes (Kompetenzen) und deren Bedeutungen.

Ethische Überlegungen

Die Studie wurde in Übereinstimmung mit den ethischen Prinzipien der Deklaration von Helsinki (World Medical Association, 2025) geplant und durchgeführt. Nach sorgfältiger Prüfung des Studiendesigns, welches sich ausschließlich auf die Befragung von Expert*innen als nicht-vulnerable Gruppe konzentrierte, wurde unter Beachtung institutioneller Informationen von einem formalen Ethikvotum abgesehen (Ethikkommission der Hochschule Campus Wien, 2025).

Teilnehmende wurden über ein Informationsschreiben zur Studie aufgeklärt und konnten Rückfragen stellen, die von der Studienleitung vollständig beantwortet wurden. Von allen Teilnehmenden wurde eine schriftliche Einverständniserklärung (Informed Consent) zur Studienteilnahme eingeholt. Für die Teilnahme an der Studie wurde keinerlei finanzielle oder materielle Aufwandsentschädigung geleistet. Die Mitwirkung erfolgte freiwillig.

Software und Datenschutz

Die Interviews und die Fokusgruppendiskussion erfolgten per Videokonferenz über die Software Microsoft Teams (Microsoft 365, Version 2502) und Zoom (Zoom Communications, Version 6.4.12). Alle Aufzeichnungen erfolgten zur Datensicherung ausschließlich lokal mittels der Open-Source-Software OBS Studio (OBS Project LLC, Version 31.0.4). Die initiale Fokusgruppenumfrage wurde mit LimeSurvey (LimeSurvey Community Edition, Version 5.6.60) erstellt und anonymisiert durchgeführt. Die quantitative Datenauswertung erfolgte mit Microsoft Excel (Version 2505).

Um dem Grundsatz der Datenminimierung zu entsprechen, wurden die Teilnehmenden vorab instruiert, auf die Nennung direkt identifizierender Informationen (z. B. Namen von Personen oder Institutionen) zu verzichten. Sollten im Gesprächsverlauf dennoch solche Details genannt worden sein, wurden diese aus den Audiodaten entfernt. Die KI-gestützte Erst-Transkription wurde lokal mit der Open-Source-Anwendung aTrain (Business Analytics and Data Science-Center, Version 1.3.0) durchgeführt (Haberl et al., 2024). Jedes Transkript wurde anschließend manuell geprüft und final anonymisiert.

Die vollständig anonymisierten Textdateien wurden mittels Pseudonym benannt. Die 4-stelligen Pseudonyme wurden randomisiert mittels eines Code-Generators in Microsoft Excel (Version 2505) erstellt. Die Zuordnung der dabei erstellten Pseudonym-Codes zu den jeweiligen Teilnehmenden ist in einer separaten, passwortgeschützten Datei hinterlegt, auf die ausschließlich die Studienleitung Zugriff hat, wie auch auf die Einverständniserklärungen. Die Analyse der anonymisierten Textdaten erfolgte KI-gestützt unter assistiver Nutzung von ChatGPT (OpenAI, Version 4o) und punktuell Gemini (Google, Version 2.5 Pro) nach Nguyen-Trung (2025), siehe Analyse.

ERGEBNISSE

Insgesamt befragten wir in den Interviews acht Studiengangsleitungen bzw. stellvertretend nominierte Personen und in den Fokusgruppen sechs Studierende bzw. berufserfahrene Physiotherapeut*innen, die freiberuflich und angestellt, teilweise auch lehrend und forschend tätig waren. Eine kontaktierte Studiengangsleitung musste nach anfänglicher Zusage aus Zeitmangel die Teilnahme widerrufen. Sechs der Teilnehmenden waren Männer und acht waren Frauen, im Durchschnitt waren sie 41,9 ± 7,9 Jahre alt. Die Teilnehmenden (n = 14) gaben einen Maturaabschluss bis zu einem PhD als höchsten Ausbildungsgrad an (Matura n = 1, Bachelor n = 4, Master/Magister n = 5, PhD/Doktor n = 4).

Die Antworten auf die geschlossenen Fragen zur Relevanz unterschiedlicher Digitalisierungsaspekte in der Ausbildung von Physiotherapeut*innen sind in Tabelle 2 dargestellt.

Tabelle 2:

Relevanz digitaler Aspekte: Ergebnisse zu den geschlossenen Fragen (n = 14)

LeitfragenMSD
Wie relevant schätzen Sie angemessenes professionelles Verhalten von Gesundheitsdienst-Anbietenden bei der Nutzung von digitalen Technologien für die berufliche Qualifikation von Absolvierenden ein?4,40,7
Wie relevant schätzen Sie die Fähigkeit digital verfügbare Gesundheitsinformationen zu suchen, finden, verstehen, bewerten und anzuwenden für die berufliche Qualifikation von Absolvierenden ein?4,70,4
Wie relevant schätzen Sie ethische und rechtliche Aspekte sowie regulatorische Standards für die berufliche Qualifikation von Absolvierenden ein?4,60,6
Wie relevant schätzen Sie die Fähigkeit, digitale Gesundheitskompetenz von Patientinnen und Patienten beurteilen zu können für die berufliche Qualifikation von Absolvierenden ein?3,90,6
Wie relevant schätzen Sie Wissen über Technologien und deren Anwendungsbereiche für Patientinnen und Patienten für die berufliche Qualifikation von Absolvierenden ein?4,10,7
Wie relevant schätzen Sie Kenntnisse zu Datenverwaltung, Datenmanagement, Datenaustausch, Gesundheitsinformatik für die berufliche Qualifikation von Absolvierenden ein?4,00,5
Wie relevant schätzen Sie Kenntnisse zu künstlicher Intelligenz in der Gesundheitsversorgung für die berufliche Qualifikation von Absolvierenden ein?4,40,6

Anmerkung. 1 = Sehr irrelevant, 2 = Eher irrelevant, 3 = Neutral, 4 = Eher relevant, 5 = Sehr relevant

Hinsichtlich der Frage, welche digitalen Kompetenzen Voraussetzung für Absolvierende eines österreichischen Bachelor-Studiums Physiotherapie sind, damit diese alle Formen der Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitswesen nutzen können, ergab die thematische Analyse drei Themen:

  • 1)

    Professionalität im Umgang mit digitalen Gesundheitsdaten und Informationssystemen,

  • 2)

    Einschätzung und Befähigung digitaler Gesundheitskompetenz von Patientinnen und Patienten,

  • 3)

    Weiterentwicklung professioneller digitaler Gesundheitskompetenz.

In den folgenden drei Unterkapiteln werden die identifizierten und kategorisierten digitalen Kompetenzen sowie deren Bedeutungen dargestellt. Zu jedem Thema werden jeweils die Ergebnisse der zweiten Frage ergänzt, welche dieser digitalen Kompetenzen in den österreichischen Curricula im Bachelor-Studium Physiotherapie derzeit vermittelt werden.

Professionalität im Umgang mit digitalen Gesundheitsdaten und Informationssystemen

Zu Thema 1 ergaben sich aus den Daten der Teilnehmenden folgende Kategorien: rechtliche und ethische Rahmenbedingungen, Datenmanagement und Datensicherheit sowie digitale Kommunikation und Kollaboration. In Tabelle 3 sind die identifizierten digitalen Kompetenzen und deren Bedeutung pro Kategorie dargestellt.

Tabelle 3:

Professionalität im Umgang mit digitalen Gesundheitsdaten und Informationssystemen (Thema 1)

KategorieKompetenz (Code)Bedeutung
Rechtliche und ethische RahmenbedingungenRechtliche und ethische Rahmenbedingungen digitaler Technologien kennenKenntnis aktueller rechtlicher, ethischer und regulatorischer Rahmenbedingungen im Umgang mit digitalen Technologien
Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen digitaler Technologien einhalten könnenAnwendung aktueller rechtlicher, ethischer und regulatorischer Rahmenbedingungen im Umgang mit digitalen Technologien
Berufsrechtliche Rahmenbedingungen digitaler Technologien reflektieren könneneHealth-Lösungen im Kontext berufsrechtlicher Rahmenbedingungen reflektiert anwenden
Datenmanagement und DatensicherheitGrundlagen des Gesundheitsdatenmanagements verstehenGrundlegendes Wissen zur Anwendung von Datenverwaltung, -austausch und -sicherheit im digitalen Gesundheitswesen
Sensible Gesundheitsdaten sicher handhaben könnenFähigkeit, Patientinnen- und Patientendaten zu schützen, sichere Übertragungs-/Speicherwege zu wählen und Datensicherheit im Arbeitsalltag zu beachten
Sicherheitsmerkmale und Datenschutzkonformität digitaler Technologien beurteilen könnenSoftware-Anbieter von eHealth-Lösungen auf Gütesiegel, Serverstandorte etc. prüfen können
Digitale Kommunikation und KollaborationProfessionelles Verhalten im Umgang mit digitalen Technologien zeigenVertrauen in Nützlichkeit und Wert digitaler Technologien, vorbildliche und verantwortungsbewusste Nutzung dieser
Unterstützt durch digitale Prozesse empathisch und zwischenmenschlich kommunizieren könnenFähigkeit sicherzustellen, dass persönliche Interaktion und Empathie im Rahmen digitaler Prozesse erhalten bleiben
Interprofessionell digital kommunizieren und zusammenarbeiten könnenFähigkeit, digitale Kommunikationsplattformen für die rechts- und datenschutzkonforme Weitergabe von Befunden, Berichten und Informationen an Kolleginnen und Kollegen sowie für eine kollaborative Entscheidungsfindung im interprofessionellen Setting einzusetzen

Die Teilnehmenden betonten die Bedeutung der Wertehaltung und Reflexion zur Qualitätssicherung im physiotherapeutischen Prozess. Wissen über Datenschutz wird als Voraussetzung gesehen. Beispielsweise war eine Aussage im Interview mit Person 6988:

„Es gibt, bevor Sie ins Praktikum gehen, eine Datenschutzschulung, die Sie machen müssen.“

Datenschutz erfordert eine Beurteilung der Konformität digitaler Technologien. Zum Beispiel

„…nicht alles, was man jetzt sieht oder findet, oder halt zur Verfügung gestellt wird, was ja immer mehr wird, als gesichert nimmt, sondern … schaut: …wer ist der Anbieter, wer hat das entwickelt? Gibt es da Sachen, wo personenbezogene Daten eingegeben werden, wo sind dann irgendwelche Server gelagert?“

(Person 5129).

Hinsichtlich der Frage, welche digitalen Kompetenzen aus Thema 1 in den österreichischen Curricula im Bachelor-Studium Physiotherapie derzeit vermittelt werden, bestätigten alle Teilnehmenden eine explizite Integration von Inhalten zu rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen. Bereits ab dem ersten Semester werden Grundlagen zu rechtlichen Aspekten vermittelt, wobei insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) thematisiert wird. Praktische Anwendungshinweise sind zum Teil explizit im Curriculum verankert, wie zum Beispiel eine eigenständige Lehrveranstaltung zu Ethik und Recht, die berufsrechtliche Rahmenbedingungen behandelt. Neben den Grundlagen ab dem ersten Semester sieht die curriculare Struktur bei einigen Fachhochschulen eine kontinuierliche Vertiefung vor, die in höheren Semestern durch Wahllehrveranstaltungen ergänzt wird.

In der Fokusgruppe wurde betont, dass

„…wirklich wichtig ist, dass ich weiß, welche unterschiedlichen Arten von Daten existieren … was ist besonders schützenswert. Was kann man … teilen? Mit wem …? Darf ich einfach mit jemandem im Krankenhaus über den Patienten sprechen? Darf ich das mit jedem? Brauche ich dazu ein Einverständnis?“

(Person 7792).

In der Praxis empfinden die Teilnehmenden die Einschätzung von Daten als herausfordernd. Aus der Sicht von Person 5460

„…wird uns vielleicht ein bisschen zu wenig bewusst gemacht, was für Konsequenzen es haben kann. Ein Daten-Leak beispielsweise oder auch der Unterschied zwischen amerikanischem Datenschutz und europäischem Datenschutz.“

Die Analyse zeigte, dass Datenmanagement im Gesundheitswesen in den untersuchten Curricula der Fachhochschulen als wichtiges Querschnittsthema direkt oder implizit behandelt wird, mit unterschiedlicher Tiefe und Systematik. Die Implementierung erfolgt integriert in verschiedene Lehrveranstaltungen, wobei praktische Anwendungen in Praktika eine zentrale Rolle spielen (z. B. Krankenhausinformationssysteme und ELGA). Beispielsweise wird Kompetenz zur Bewertung konkreter Software-Lösungen nicht in einer Lehrveranstaltung, sondern im Praktikum erworben.

Im Berufsleben wird laut Fokusgruppe die Wahl neuer Dokumentationssysteme bedeutsam. Person 9063 ergänzte:

„… die technische Entwicklung im digitalen Bereich ist ja rasant, aber was im europäischen Raum zumindest dann im medizinischen oder im Gesundheitsbereich oft eine Schwierigkeit darstellt, sind die regulatorischen Anforderungen jetzt vom Medizinproduktgesetz zum Beispiel … oder AI-Act um diese Cutting-Edge-Innovationen dann … an die Patientinnen zu bringen.“

Aus Sicht der Studienteilnehmenden passen nicht alle Themen in ein Bachelor-Studium, wenngleich Physiotherapeut*innen in diesen Bereichen tätig sind, beispielsweise der Entwicklung von digitalen Technologien.

Die Curricula zeigen eine Integration digitaler Kommunikation und Kollaboration, wobei einige Bereiche explizit gelehrt werden, während andere implizit in bestehende Lehrveranstaltungen eingebettet sind. Hierzu wurden von den Teilnehmenden Themen wie eHealth, Telemedizin, digitale Gesundheitsinterventionen, Beratung bei der Wahl von Gesundheits-Apps, professioneller Umgang mit Technologien, Datenschutz und interprofessionelle Kommunikation genannt. Der Umgang mit Cyber-Risiken wird nicht in die Tiefe vermittelt. Auch die Fokusgruppe sah Bedarf an tiefergehender Auseinandersetzung mit der Handhabung von Datensicherheit, beispielsweise im Umgang mit Befunden und im Einsatz von KI.

Einschätzung und Befähigung digitaler Gesundheitskompetenz von Patientinnen und Patienten

Thema 2 inkludiert die beiden Kategorien patient*innenzentrierte Anwendung digitaler Technologien und Förderung digitaler Gesundheitskompetenz von Patient*innen. Als digitale Technologien definierten wir sämtliche Lösungen im Bereich eHealth (z. B. Gesundheits-Apps, Übersetzungs-und Sprachassistenz, Wearables, Sensoren, Extended Reality, Telemedizin/Telehealth-Formate, remote Monitoring, etc.). Vorausgesetzte digitale Kompetenzen und ihre Bedeutung sind in Tabelle 4 dargestellt.

Tabelle 4:

Einschätzung und Befähigung digitaler Gesundheitskompetenz von Patientinnen und Patienten (Thema 2)

KategorieKompetenz (Code)Bedeutung
Patientinnen- und patientenzentrierte Anwendung digitaler TechnologieneHealth-Lösungen für Patientinnen und Patienten kennenVerständnis für Technologien, die von Patientinnen und Patienten im jeweiligen Gesundheitsbereich angewendet werden könnten
Digitale Technologien im Praxisalltag einsetzen könnenFähigkeit der Planung und Nutzung von eHealth-Lösungen für Gesundheitsinformation und -promotion, Abbau von Barrieren im Patientinnen- und Patientenkontakt
Effektivität digitaler Technologien bewerten könnenFähigkeit, geeignete eHealth-Lösungen auszuwählen, die auf die Bedürfnisse und Kompetenzen der Patientinnen und Patienten sowie deren Kontext zugeschnitten sind
Förderung digitaler Gesundheitskompetenz von Patientinnen und PatientenPatientinnen und Patienten bei digitalen Technologien individualisiert beraten könnenFähigkeit, ausgewählte eHealth-Lösungen zu empfehlen und zu erklären
Patientinnen und Patienten in der Nutzung digitaler Technologien unterstützen könnenFähigkeit, Patientinnen und Patienten und ihr Umfeld abgestimmt auf den Kontext in der Anwendung und Nützlichkeit digitaler Technologien zu unterweisen (eHealth-Lösungen erklärend einschulen, und im Gebrauch unterstützen)
Digitale Gesundheitskompetenz von Patientinnen und Patienten differenzierend einschätzen könnenTechnikaffinität und Anwendungskompetenz von Patientinnen und Patienten erkennen und einbeziehen

Hinsichtlich der patient*innenzentrierten Anwendung digitaler Technologien wurden als Voraussetzung grundsätzliche digitale Fähigkeiten anstelle der Kenntnis spezifischer Tools angesprochen. Diese Fähigkeiten sollen Absolvierenden in der Berufseinstiegsphase bei unvorhersehbaren Marktentwicklungen in der Differenzierung zwischen Angeboten helfen:

„… die Tools, mit denen wir arbeiten, ändern sich sehr rasch. ... vielleicht brauche ich das dann gar nicht mehr, sondern eher vielleicht so grundsätzliche Fähigkeiten, also allgemeine Ansätze.“

(Person 3280).

Das Verstehen, kritisches Bewerten und Anwenden digitaler Technologien sind aus Sicht der Fokusgruppe Fähigkeiten, die sowohl für das eigene professionelle Handeln als auch für die Beratung und Unterstützung von Patient*innen zentral sind:

„…das ist für mich deswegen sehr relevant, weil wenn man es selber gut kann, kann man es auch den Patienten nahebringen und die Patienten sich dann darin unterstützen“

(Person 9063).

Alle Teilnehmenden der Fokusgruppe betonten, dass digitale Gesundheitskompetenz weit über die reine Nutzung von Technologien hinausgehe und im Praxisalltag und als Privatperson nicht mehr wegzudenken sei.

In einer Welt, die zunehmend von einer Flut an Informationen geprägt ist, wurde die Rolle von Physiotherapeut*innen als Filter und Übersetzer digitaler Informationen thematisiert. In Zusammenhang mit der Förderung digitaler Gesundheitskompetenz von Patient*innen sagte Person 5460:

„... früher war es über Google, dass man seine Befunde gegoogelt hat, mittlerweile ist es doch so, dass es ja sehr häufig über Large Language Models genauer betrachtet wird und dass man da einfach wirklich sagt, … dass auch Large Language Models halluzinieren können”.

Hinsichtlich der Vermittlung dieser digitalen Kompetenzen in den österreichischen Curricula im Bachelor-Studium Physiotherapie erfolgt die Implementierung von Inhalten zu patient*innenzentrierter Anwendung digitaler Technologien sowohl über explizite Lehrveranstaltungen als auch integriert in bestehende Fächer. Als Lehrinhalte nannten die Teilnehmenden Telemedizin/-health, Gesundheits-Apps, Wearables, Virtual Reality Brillen, Elektromyografie-Geräte und Bewegungsanalyse. eHealth und KI-Anwendungen werden als Querschnittsthemen behandelt. Es herrschte Einigkeit unter den Teilnehmenden, dass bei der systematischen Implementierung von Inhalten noch Entwicklungspotenzial besteht.

Die Förderung digitaler Gesundheitskompetenz von Patient*innen ist im Curriculum durchaus präsent, wird jedoch hauptsächlich implizit behandelt. Die Einschätzung des digitalen Gesundheitskompetenzniveaus von Patient*innen durch GDA ist im Curriculum nicht explizit abgebildet, sondern erfolgt indirekt z. B. im Rahmen des Anamnesegesprächs. Die Fokusgruppe betont die hohe Relevanz dieses Themas, insbesondere für die Individualisierung von Therapien.

Weiterentwicklung professioneller digitaler Gesundheitskompetenz

Als Unterkategorien des dritten Themas ergaben sich Wissenserwerb und lebenslanges Lernen, Reflexionsfähigkeit und Innovation über Multiplikator*innen. Vorausgesetzte digitale Kompetenzen für Physiotherapie-Absolvierende zeigt Tabelle 5.

Tabelle 5:

Weiterentwicklung professioneller digitaler Gesundheitskompetenz (Thema 3)

KategorieKompetenz (Code)Bedeutung
Wissenserwerb und lebenslanges LernenLebenslang im digitalen Gesundheitswesen Lernen könnenBereitschaft, sich mit möglichen Auswirkungen neuer Technologien auf die Arbeits- und Gesundheitsprozesse auseinanderzusetzen
Digitale Lernplattformen für selbstgesteuertes Lernen nutzen könnenFähigkeit, E-Learning-Plattformen (z. B. Moodle) und interaktive Medien zu verwenden, um asynchron und eigenständig Wissen zu erwerben
ReflexionsfähigkeitDigitale Gesundheitsinformationen analysieren und kritisch nutzenFähigkeit, digitale Gesundheitsinformationen zu suchen, verstehen, bewerten und anwenden zu können
Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen reflektiert einsetzen könnenKünstliche Intelligenz dann zu nutzen, wenn sie hilfreich ist, Risiken zu erkennen und eigenverantwortlich abzuwägen, wo menschliche Kompetenz nötig bleibt
Durch kritischen Einsatz von Online-Quellen und/oder künstlicher Intelligenz Wissen erwerben könnenFähigkeit, Evidenz digital zu recherchieren, verstehen und anzuwenden, Lösungen künstlicher Intelligenz kritisch zu prüfen und deren Informationsgehalt zu bewerten
Innovation über Multiplikatorinnen und MultiplikatorenVerbesserung digitaler Praktiken anstoßen könnenFähigkeit, im bestehenden Arbeitsalltag auf veraltete oder unsichere digitale Praktiken hinzuweisen und die Umsetzung adäquater digitaler Prozesse zu fördern
Digitale Lehrkompetenz entwickeln könnenFähigkeit, digitale Tools für die Weitergabe von Gesundheitsinformation vorbereitet und zielgerichtet einzusetzen

Wissenserwerb und lebenslanges Lernen im digitalen Gesundheitswesen wurden als professionelle Grundhaltung verstanden, die bereits im Studium angelegt werden sollte. Die Fähigkeit, eigenständig digitale Lernplattformen oder hybride Fortbildungen zu nutzen, wurde mehrfach als notwendige Voraussetzung für die persönliche Weiterentwicklung genannt. Dies ermöglicht flexibles, asynchrones Lernen – eine Fähigkeit, die auch im späteren Berufsalltag zur fortlaufenden Qualifikation genutzt werden kann.

Reflexionsfähigkeit ist für Person 2821:

„…das kritische Denken, was jetzt vielleicht nicht per se schon die digitale Komponente hat, aber für mich die Voraussetzung ist, dass ich das einfach umlegen kann.“

Sie beinhaltet die Analyse digitaler Gesundheitsinformationen, einschließlich der Nutzung künstlicher Intelligenz:

„Ich glaube, dass Verstehen und Bewerten immer wichtiger wird, weil wir werden durch KI-produzierte Inhalte, egal ob das jetzt Texte, Videos oder sonst was sind, das wird immer mehr werden.“

(Person 3280).

Bedeutsam für die Suche digitaler Gesundheitsinformation sind der gewählte Ort und die Prüfung der Quelle auf Vertrauenswürdigkeit:

„… dass ich mir halt einfach die Originalstudie trotzdem durchlese und dann halt einfach eine KI nutze mir das zusammenzufassen aber nicht die KI gleich als einzige Informationsquelle hernehme ist finde ich ganz wichtig.“

(Person 7792).

Die Fähigkeit zu prüfen, ob und welche Information über digitale Tools an Studierende oder Patient*innen weitergegeben werden kann, wurde im Sinne von Lehrkompetenz thematisiert:

„…zu recherchieren, zu beurteilen, zu reflektieren und auch den Patienten oder halt je nachdem in welchem Setting man tätig ist den Studierenden vorzustellen”

(Person 5129).

Im Arbeitsalltag sollten Physiotherapeut*innen die Verbesserung digitaler Praktiken anstoßen können, beispielsweise Schutz und Weitergabe sensibler Daten betreffend.

Die Vermittlung der Kategorie Wissenserwerb und lebenslanges Lernen erfolgt implizit in unterschiedlichen Lehrveranstaltungen, über grundlegende Nutzung digitaler Lernplattformen. Expliziter Wissenserwerb zu neuen Technologien im Gesundheitswesen erfolgt laut Interview 2821 punktuell:

„… diverseste Tools in der Bewegungsanalyse […] Robotikthemen, Ganganalyse-Apps, Smartphone-Lösungen – das ist etwas, das bei uns ausprobiert wird“.

Lebenslanges Lernen im digitalen Kontext wurde zum Zeitpunkt der Befragung nicht als zentrales Lernziel strukturiert, auch weil

„... Digitalisierung mit KI-Tools aktuell gerade einfach wirklich rasant schneller wird“

(Person 4263) und Lern- und Informationsgewohnheiten sich wandeln:

„Die Vorerfahrung der Studierenden wird sich auch ändern, weil die Studierenden, die jetzt beginnen werden im Herbst, haben alle schon mal oder wahrscheinlich alle schon mal KI verwendet.“

(Person 3280).

Die Förderung der Reflexionsfähigkeit ist laut den Befragten mit konkreten Lehrveranstaltungen und Übungen im Curriculum verankert, zum Beispiel über Lehrveranstaltungen wie wissenschaftliches Arbeiten. Hinsichtlich digitaler Evidenz wird laut Person 2821 beispielsweise vermittelt

„… wie gehe ich mit Social-Media-Beiträgen, Blog-Beiträgen, Podcasts um, wie kann ich da draufkommen, was fundierte Information ist“.

Betont wurde, dass Analysefähigkeit und das Einholen von Informationen für Qualitätssicherung und professionelles Entscheidungsverhalten relevant sind, sowohl im Studium als auch im beruflichen Alltag:

„Wenn ich mir über ein Krankheitsbild nicht sicher bin und ich nutze jetzt ein digitales Tool, das mir die aktuelle Evidenzlage schnell zur Verfügung stellt, ... das beeinflusst mein Clinical Reasoning.”

(Person 9063).

Kritischer Umgang mit künstlicher Intelligenz wird zunehmend an den unterschiedlichen Fachhochschulen integriert, befindet sich aber mit geplanten Erweiterungen noch im Aufbau. Die Studierenden werden dazu angeregt, die KI nicht nur zu nutzen, sondern auch zu hinterfragen und richtig einzusetzen, beispielsweise laut Person 7792 über Versuche mit Large-Language-Modellen:

„ich meine ja jeder bekommt halt einfach eine unterschiedliche Antwort und eine unterschiedliche Antwort zur selben Frage hat halt einfach nichts mit evidenzbasiert zu tun, sondern das ist halt einfach der Weg den das Large Language Model jetzt gerade nimmt ... und dass es halt jetzt einfach kein Google ist oder kein PubMed ist wo ich halt sage ich kann nachvollziehen wie ist es zu dieser Antwort gekommen, warum kommen diese Studien raus weil ich die und die Search String halt einfach eingegeben habe, sondern da kommt halt einfach tagesabhängig immer wieder was unterschiedliches.”

Die Fähigkeit, als Multiplikator*in digitale Veränderungen im Arbeitsalltag anzustoßen und umzusetzen, ist laut den Teilnehmenden nicht im Curriculum verankert. Implizit thematisiert wird die Fähigkeit, digitale Tools (z. B. technische Applikationen, Programme, Plattformen oder andere digitale Systeme) zur zielgerichteten Weitergabe von Gesundheitsinformationen einzusetzen.

DISKUSSION

Ziel dieser Studie war es zu untersuchen, welche digitalen Kompetenzen für den Berufseinstieg in der Physiotherapie benötigt werden und wie diese derzeit in den Curricula verankert sind. Dabei zeigen die Ergebnisse, dass digitale Kompetenzen generell als relevant angesehen werden, deren Vermittlung derzeit jedoch unterschiedlich tief etabliert ist und es inhaltlich noch Lücken gibt.

Generell wurden die geschlossen erfragten digitalen Kompetenzen (vgl. Tabelle 2) im Mittel als eher bis sehr relevant eingeschätzt. Das spricht dafür, dass dem Thema digitale Kompetenz in der Physiotherapie sowohl von den Studiengangsleitungen als auch den Befragten in der Fokusgruppe Bedeutung zugesprochen wird. Als besonders relevant für die berufliche Qualifikation von Absolvierenden sahen die Teilnehmenden einerseits die Fähigkeit, digital verfügbare Gesundheitsinformationen zu suchen, finden, verstehen, bewerten und anzuwenden, andererseits ethische und rechtliche Aspekte sowie regulatorische Standards zu kennen. Zusätzlich betont wurde bei Beantwortung der offenen Fragen die Wichtigkeit von Kenntnissen zum Einsatz künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen.

Im Kontext der Professionalität im Umgang mit digitalen Gesundheitsdaten und Informationssystemen (Thema 1) liegt der Fokus in der Ausbildung von Physiotherapeut*innen auf Datenschutz und Qualitätssicherung im Datenmanagement. Der Transfer in den Praxisalltag erfordert Know-how in der Anwendung ethischer und rechtlicher Rahmenbedingungen, der Auswahl von Software oder anderen digitalen Technologien, und der digitalen Kommunikation und Kollaboration. Diese Punkte decken sich mit internationalen Standards physiotherapeutischer Kompetenzen (Merolli et al., 2024) und einem generellen Fokus der Bachelor-Ausbildung auf Basiskompetenzen (den Ouden, ca. 2023; Nárosy et al., 2022).

Hinsichtlich Thema 2, der Einschätzung und Befähigung digitaler Gesundheitskompetenz von Patient*innen, zeigte sich in den Interviews und der Fokusgruppe, dass derzeit generell implizit die patient*innenzentrierte Anwendung digitaler Technologien durch Studierende gefördert wird, indem die Curricula Basiswissen über unterschiedliche Technologien vermitteln. Diese Punkte werden auch in Kompetenzprofilen der Weltgesundheitsorganisation als relevant angesehen (World Health Organization, 2020, 2022). Die Ergebnisse verdeutlichen Entwicklungspotentiale und Herausforderungen bei der Behandlung unterschiedlicher Technologien in den Lehrveranstaltungen und deren Einsatz im Praxisalltag. Die rasche Weiterentwicklung digitaler Technologien erschwert dabei eine eindeutige Effektivitätsbewertung, die stets im Kontext verfügbarer Evidenz und individueller Zielsetzungen erfolgen muss (Mi & Halalau, 2016).

Die Förderung digitaler Gesundheitskompetenz von Patient*innen wird in der eHealth Strategie Österreich (Bogendorfer et al., 2024) hervorgehoben. Deren Einschätzung, individualisierte Beratung zu und Unterstützung bei der Nutzung digitaler Technologien sind essenziell, könnten daher in der Physiotherapie-Ausbildung verstärkt mitgedacht werden. Auch existierende Ressourcen zur Gesundheitsförderung und Befähigung zur Selbstwirksamkeit berücksichtigen den digitalen Raum als Informationsquelle und Tool (Schmotzer et al., 2023).

In der Weiterentwicklung professioneller digitaler Gesundheitskompetenz ergab sich induktiv ein dritter Themenkomplex. Lebenslanges Lernen und Fortbilden ist wichtig, um qualitativ hochwertige Versorgung durch Gesundheitsprofessionen zu gewährleisten (Mi & Halalau, 2016). Hervorgehoben wurde die Bedeutung des digitalen Zugangs zu Fortbildungen und Informationen. Weiters wurde erörtert, auf welche Art und Weise Physiotherapeut*innen mit Informationsflut umgehen. Digitale Technologien bilden somit eine Erweiterung zu Wissenserwerb über Bücher oder Kurse.

Für lebenslanges Lernen benötigen Absolvierende u. a. Grundlagen zu digitalen Plattformen und Reflexionsfähigkeit. Diese werden in Lehrveranstaltungen implizit abgebildet. Entwicklungspotenzial liegt in einer expliziten Beschäftigung mit den Auswirkungen neuer Technologien auf das Gesundheitswesen und der Fähigkeit zur Analyse dieser. Technologien wie KI bieten vielversprechende Ansätze zur Bewältigung aktueller Herausforderungen im Gesundheitswesen (Moser-Nussbaumer, 2025). Auch wenn diese Entwicklung schwer abschätzbar erscheint, wird Kompetenz im Teilbereich KI gewünscht.

In Bezug auf die derzeitigen Curricula zeigt sich, dass die Mehrheit der Kategorien digitaler Kompetenzen implizit in bestehende Lehrveranstaltungen integriert werden. Ausnahmen bilden eigene Lehrveranstaltungen zu Ethik und Recht. Die implizite Integration digitaler Kompetenzen in verschiedene klinische Bereiche und fallbasiertes Lernen bietet den Vorteil einer patient*innenzentrierten Vermittlung und fördert den Transfer von Theorie in die Praxis (Mi & Halalau, 2016). Die Thematisierung digitaler Technologien im Kompetenzprofil Physiotherapie und darauf aufbauende Berücksichtigung in klinischen Fachbereichen zeigt, dass digitale Kompetenzen nicht nur isoliert betrachtet werden sollten, sondern in unterschiedlichsten Bereichen und Rollen der Physiotherapie relevant sind (Eckler et al., 2017; Greisberger et al., 2025).

Die Ergebnisse der Studie zeigen Divergenzen zwischen den erforderlichen und derzeit in den Curricula vermittelten Kompetenzen auf. Betroffen sind, Røe et al. (2024) bekräftigend, die Bereiche Datenschutz, Cybersecurity, Unterstützung der digitalen Gesundheitskompetenzen von Patient*innen und eine Auseinandersetzung mit dem Einfluss neuer Technologien auf das Gesundheitssystem. Als Grundlage hierfür wäre eine curriculare Verankerung durch Integration in bestehende Lehrveranstaltungen oder durch Schaffung neuer Fächer erforderlich. Dabei kann nur ein Teil im Bachelor-Studium Physiotherapie abgedeckt werden. Die Teilnehmenden sahen die zeitlichen und strukturellen Begrenzungen des Curriculums als Herausforderung: „... kann ich nicht noch mehr hineinpacken“ (Person 6376).

Die Breite an digitalen Technologien und Tätigkeiten von Physiotherapeut*innen lässt erkennen, dass sich professionelle, digitale Gesundheitskompetenzen über das Bachelor-Studium hinaus und in tiefergehenden Kompetenzstufen entwickeln (den Ouden, ca. 2023). Das DigComp-Modell 2.3 AT unterteilt die Kompetenzstufen in „grundlegend”, „selbständig”, „fortgeschritten” und „hoch spezialisiert” (Nárosy et al., 2022). In den identifizierten digitalen Kompetenzen entsprechen die Verben „beurteilen“, „bewerten“ und „entwickeln“ den beiden höchsten Levels der revidierten Bloom-Taxonomie (Anderson & Krathwohl, 2001). Solche Kompetenzen könnten nicht nur in Praktika vermittelt, sondern auch im Rahmen der Fort- und Weiterbildung, beispielsweise in Master-Studien, vertieft werden. Es könnten sich Programme entwickeln, die Basiswissen vertiefen und die Rolle von Physiotherapeut*innen als Multiplikator*innen in diesem Thema stärken.

Neue Technologien und künstliche Intelligenz werden zukünftig das Spektrum der verfügbaren beruflichen Methoden und individuellen Fertigkeiten erweitern (Moser-Nussbaumer, 2025). Die Ergebnisse unserer Studie zeigten eine zunehmende Wahrnehmung und Relevanz digitalisierter Methoden in der Berufsgruppe, die sich in zukünftigen Programmen durch vermehrte Einbindung digitaler Kompetenzen widerspiegeln wird und auf existierenden Kompetenzbeschreibungen aufbauen kann (Car et al., 2025; Merolli et al., 2024; Nárosy et al., 2022; NHS England, 2019; Victorian Government, 2021; World Health Organization, 2020, 2022).

Limitationen

Durch Anwendung der Gütekriterien qualitativer Forschung nach Ritschl et al. (2024), insbesondere durch Forschertriangulierung, Peer Review und Reflexion wurde versucht, Limitationen zu minimieren. Folgende Limitationen können jedoch nicht ausgeschlossen werden. Erstens könnte in den Ergebnissen der Fokusgruppe ein Bias dadurch entstanden sein, dass sich vor allem technikaffine bzw. -interessierte Personen meldeten. Zweitens könnten die Ergebnisse durch soziale Erwünschtheit beeinflusst worden sein, beispielsweise im Zuge der Interviews durch potentiellen gesellschaftlichen Erwartungsdruck. Drittens könnte es zu einem Bias durch den Hintergrund der Autor*innen gekommen sein, der sich generell auf Methodik und Berichtlegung auswirken könnte. Alle Autor*innen sind an Hochschulen tätig und setzen sich in ihrer Tätigkeit vertieft mit dem Thema „Digitalisierung im Gesundheitswesen“ auseinander. Alle Autor*innen sind Mitglieder des Fachlichen Netzwerks Digitalisierung und Technologie, einem Fachlichen Netzwerk von Physio Austria, Bundesverband der Physiotherapeut*innen Österreichs. Idee und Konzept zu dieser Studie sind aus dem Netzwerk entstanden. Viertens könnten die Ergebnisse auch durch den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Auswertung beeinflusst worden sein. Abschließend könnten durch die Anzahl und Formulierung der Leitfragen Verzerrungen entstanden sein. Das dritte, induktiv entstandene Thema war lediglich durch zwei geschlossene Fragen repräsentiert, direkt offene Fragen hätten potenziell noch explizitere Zuordnung ermöglichen können.

Schlussfolgerung und Ausblick

Diese Studie untersuchte die Sichtweise von Studiengangsleitungen, Studierenden und berufserfahrenen Physiotherapeut*innen hinsichtlich der Fragen, welche digitale Kompetenzen Physiotherapie-Absolvierende benötigen und wie weit diese im österreichischen Bachelor-Studium bereits vermittelt werden. Generell wurde digitalen Kompetenzen eine hohe Wichtigkeit zugesprochen. In den derzeitigen Curricula werden einzelne Themen wie Ethik und Recht in eigenen Lehrveranstaltungen abgedeckt. Andere wiederum werden implizit in unterschiedliche Lehrveranstaltungen integriert. Lücken zeigten sich vor allem bei Inhalten zur digitalen Gesundheitskompetenz von Patient*innen sowie der Auswirkung von neuen, digitalen Anwendungen auf das Gesundheitswesen. Neben deren Integration in die Curricula wurde auch die lebenslange Kompetenzentwicklung thematisiert und aufgezeigt, dass die Integration digitaler Kompetenzen in Fort- und Weiterbildungen wichtig für alle Physiotherapeut*innen ist, auch jene, die ihre Ausbildung bereits abgeschlossen haben. Zudem wurde deutlich, dass Absolvierende Innovationsimpulse in der Berufspraxis setzen und zur Digitalisierung im Gesundheitswesen beitragen können. Professionelle, digitale Gesundheitskompetenz ist somit eine Schlüsselkompetenz für eine zukunftsorientierte, evidenzbasierte und verantwortungsvolle Physiotherapie. Zukünftige Entwicklungen könnten durch Best Practices im Umgang mit Datenschutz, Cybersecurity und neuen Technologien einschließlich KI sowie in der Unterstützung der digitalen Gesundheitskompetenz von Patient*innen informiert werden.

Language: English, German
Page range: 104 - 117
Submitted on: Jul 30, 2025
Accepted on: Sep 22, 2025
Published on: Nov 10, 2025
Published by: ZHAW Zurich University of Applied Sciences
In partnership with: Paradigm Publishing Services
Publication frequency: 1 issue per year

© 2025 Anita Kidritsch, Birgit Jocham, Katharina Meller, Andreas Jocham, Bernhard Guggenberger, Lukas Maul, published by ZHAW Zurich University of Applied Sciences
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