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Vernetzt versorgen. Primärversorgungszentren, Praxisnetzwerke und interprofessionelle Zusammenarbeit. Abstracts zur VFWG-Dreiländertagung 2024 an der FH Gesundheitsberufe Oberösterreich in Linz Cover

Vernetzt versorgen. Primärversorgungszentren, Praxisnetzwerke und interprofessionelle Zusammenarbeit. Abstracts zur VFWG-Dreiländertagung 2024 an der FH Gesundheitsberufe Oberösterreich in Linz

By: Thomas Bucher  
Open Access
|Dec 2024

Full Article

Am 26. / 27. September 2024 richtete die Fachhochschule Gesundheitsberufe Oberösterreich die vierte Dreiländertagung des Vereins zur Förderung der Wissenschaften in den Gesundheitsberufen VFWG aus. «Vernetzt versorgen. Primärversorgungszentren, Praxisnetzwerke und interprofessionelle Zusammenarbeit» war das Motto der Tagung.

Zu folgenden Schwerpunkten konnten Abstracts eingereicht werden:

  • Gelingensfaktoren und Herausforderungen einer vernetzten Versorgung

  • Bedürfnisse und Anforderungen von Patienten/-innen und Klienten/-innen an eine vernetzte Versorgung

  • Kompetenzen, Perspektiven, Rollenwahrnehmung und Erwartungen von Gesundheitsprofessionen in Bezug auf eine vernetzte Versorgung

  • Kommunikation und Dialog zwischen den Akteuren/-innen einer vernetzten Versorgung

  • Machbarkeit, Evaluation und Qualitätssicherung von vernetzter Versorgung

  • Wissenstransfer durch vernetzte Versorgung (Theorie-Praxis-Transfer und Praxis-Theorie-Transfer)

  • Digitale Transformation in der vernetzten Versorgung

  • Beitrag der Lehre zu einer vernetzten Versorgung

Die Tagung hat eindrucksvoll gezeigt, dass interprofessionelle und länderübergreifende Vernetzung unverzichtbar ist, um die komplexen Herausforderungen im Gesundheitswesen zu bewältigen. Ob es um die Digitalisierung, den demografischen Wandel oder neue Konzepte in der Ausbildung der Gesundheitsberufe geht – der Dialog zwischen Wissenschaft, Praxis und Politik ist essenziell, um innovative Lösungen zu entwickeln und Synergien zu schaffen.

Wie dies gelingen kann, zeigten die Keynotes sowie die Vorträge und Poster der Teilnehmer/-innen an der Tagung. Die Verantwortlichen der Tagung, der VFWG und die Editoren des International Journal of Health Professions IJHP haben deshalb entschieden, die Abstracts der Beiträge im IJHP zu dokumentieren.

Wir dürfen gespannt sein, welche thematischen Schwerpunkte die nächste VFWG-Dreiländertagung hervorbringen wird. Sie findet vom 23.–25. September 2026 an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst HAWK in Hildesheim statt. Wie wird die KI die Ausbildung und die Arbeit der Health Professionals verändern? Nur schon diese Frage macht den interprofessionellen Austausch noch dringlicher.

Das IJHP hat deshalb ein Preisausschreiben lanciert, das die besten Beiträge zur digitalen Transformation in Ausbildung und Praxis der Gesundheitsberufe prämiert, die 2025 im IJHP erscheinen. Teilnahmebedingungen finden Sie auf der Webseite des VFWG und des IJHP.

KEYNOTES
Keynote 1: Interprofessional Education: A Pilgrimage of Joint Change

The keynote presentation at the congress “Networked Care: Primary Care Centers, Practice Networks, and Interprofessional Collaboration” will explore interprofessional education (IPE) as a pilgrimage - a journey that goes beyond planning to address the complexities of collaborative healthcare. Titled “Interprofessional Education: A Pilgrimage of Joint Change,” this session will demonstrate how IPE can tackle societal challenges through effective development and implementation. Just as a pilgrimage demands more than practical steps, achieving effective IPE requires strong commitment represented by strong interprofessional identities among students and healthcare professionals. This dedication is crucial for overcoming obstacles and adapting to the evolving healthcare landscape.

The presentation will show how IPE promotes genuine collaboration by breaking down barriers between fields and pursuing common goals to improve patient care. It will discuss how navigating today’s healthcare system needs determination and creative strategies to jointly solve problems and boost team performance. Key aspects of advancing IPE will be examined, including curriculum design, gaining institutional support, and integrating practical experiences that mirror real-world situations. The journey towards IPE needs careful planning, including thoughtful selection of topics, learning activities, and context to foster a supportive learning environment.

The Meta-Model of Interprofessional Development will be introduced as a guide for integrating evidence-based IPE and teamwork. This model will help build strong interprofessional teams, emphasizing social, content, and operational unity to enhance team dynamics and patient care. The pilgrimage metaphor highlights the importance of these guiding principles in navigating the journey toward effective collaboration. The broader impacts of IPE will also be discussed, showing how well-designed programs can improve healthcare outcomes and benefit communities. As with any pilgrimage, the journey of IPE continues to evolve. Future directions in interprofessional education, research, and implementation will be considered, encouraging continuous improvement to meet the changing needs of healthcare systems.

This keynote aims to provide practical insights for enhancing primary care networks through interprofessional learning by creating synergy among students. Even the best have neglected potential that becomes manifest through mutual commitment.

Jan-Jaap Reinders1,2

1 University of Groningen (NL); 2 Hanze University of Applied Sciences (NL)

Keynote 2: Medizin im digitalen Zeitalter – Transformation durch Bildung

Die Digitale Transformation bezeichnet einen fortlaufenden, in digitalen Technologien begründeten Veränderungsprozess, der das Gesundheitssystem, die beteiligten Kliniken, Universitäten und Professionen verändert. Hierbei wird eine zunehmende „Superkonvergenz“ der klassischen Medizin mit Informationstechnologien beschrieben, die das bisherige Gesundheitssystem in ein neues, digitales Gesundheitssystem verwandeln. Die digitale Transformation der Medizin bietet eine große Chance für eine bessere Gesundheitsversorgung. Dies setzt jedoch sowohl die Entwicklung und Evaluation digitaler Technologien, die Schaffung innovativer, digital unterstützter intersektoraler Behandlungsabläufe als auch die adäquate Qualifizierung der beteiligten Ärzt*innen und medizinischen Fachkräfte voraus.

Bei der Anamnese erleichtern digitale Systeme die strukturierte Datenerfassung und führen oft zu einer Erleichterung beim Zugang zu medizinischen Versorgungsprozessen. Bei der digitalen „Untersuchung“ kommen Sensoren, Wearables und Fernüberwachungsgeräte zum Einsatz, die kontinuierlich Daten liefern und eine präzisere Überwachung ermöglichen. Die Diagnosestellung profitiert von KI-Algorithmen, die in der Lage sind, Gesundheitsdaten aus elektronischen Akten und Bilddaten schneller und oft genauer zu analysieren als Menschen. In der Therapie erlauben digitale Lösungen eine individuellere Behandlungsplanung, die auf der Analyse von Patientendaten beruht. KI-gestützte Therapieempfehlungen und KI-assistierte Physiound Psychotherapie sind nur einige Beispiele für die Möglichkeiten der digitalen Medizin.

Ärzt*innen, aber auch Angehörige weiterer Gesundheitsfachberufe und Patient*innen interagieren mit digitalen Anwendungen, die neuartige Informationen allen Beteiligten zur Verfügung stellen und dazu führen, dass Daten und darauf basierende intelligente Systeme im Behandlungsablauf immer mehr an Bedeutung gewinnen. Diesen Veränderungsprozess in den medizinischen Behandlungsabläufen zu etablieren und mit neuen Forschungsansätzen zu ergründen, stellt eine der derzeit bedeutendsten Herausforderungen des Gesundheitssystems dar. Neben einer versierten Technologiestrategie wird die Qualifizierung bei der erfolgreichen Gestaltung dieses Prozesses eine Schlüsselfunktion einnehmen. Dieser Veränderungsprozess wird die Rollen, Kompetenzen und Kooperationen von Ärzt*innen und Gesundheitsberufen grundliegend verändern und eine intensive interdisziplinäre, interprofessionelle und intersektorale Kooperation erfordern. Hierzu müssen Curricula zur Vermittlung digitaler Handlungskompetenzen in Aus-, Fort- und Weiterbildung etabliert werden.

Sebastian Kuhn

Universitätsklinikum Gießen und Marburg (DE)

Keynote 3: „Der Maschinerie vertrauen?!» – zur Wahrnehmung der interprofessionellen Versorgung aus Sicht von Patientinnen mit einer Brustkrebserkrankung

In dieser Keynote wird die zentrale Rolle des Vertrauens im komplexen interprofessionellen Behandlungspfad am Beispiel von Patientinnen mit Brustkrebs beleuchtet. Vertrauen ist ein entscheidender Faktor, der die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten verbessern und die klinischen Ergebnisse positiv beeinflussen kann. Basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen und konkreten Patientenbeispielen versuchen wir uns der Lebenswelt Betroffener anzunähern und uns unter anderem mit folgenden Fragen auseinanderzusetzen: Inwiefern können oder müssen Patientinnen und Patienten der «Maschinerie» des Gesundheitswesen vertrauen? Welche Rolle spielt der Mensch als Fachperson und Teil des interprofessionellen Teams dabei?

Hinweise auf diese Fragen ergeben sich aus einer Mixed Methods Studie, in der die Erfahrungen von zwölf Frauen mit Brustkrebs von der Diagnose bis zur Nachsorge untersucht wurden. Dabei zeigte sich, dass Vertrauen ein dynamisches und kontextabhängiges Phänomen ist, das stark von der Expertise der Gesundheitsfachpersonen und deren personenzentriertem Ansatz beeinflusst wird. Insbesondere in Zeiten hoher Unsicherheit, die im Kontext einer potenziell lebensbedrohlichen Erkrankung zweifelsohne gegeben ist, ist Vertrauen für die Patientinnen von entscheidender Bedeutung.

Diese Keynote bietet Einblicke in die Faktoren, die das Vertrauen der Patientinnen stärken oder schwächen können, und diskutiert praktische Maßnahmen, die Gesundheitsfachpersonen ergreifen können, um das Vertrauen zu fördern. Ziel ist es, die interprofessionelle Versorgung so zu gestalten, dass sie näher an den Erfahrungen und Bedürfnissen der Patientinnen orientiert ist, um deren Versorgungserfahrung zu optimieren und ihr Vertrauen in die Behandlung zu stärken.

Eleonore Baum1,2,3; Daniela Bernhardsgrütter1 Ramona Engst1; Carola Maurer1 Jessica Ebneter1; Adrienne Zenklusen4; Barbara Wartlsteiner5; Lotti Barandun6; Andrea Neher1; Antje Koller1; Andrea Kobleder1

1 University of Applied Sciences St. Gallen (CH); 2 Swiss Tropical and Public Health Institute (CH); 3 University of Basel (CH); 4 Valais Hospital (CH); 5 Breast Clinic, Valais Hospital (CH); 6 Gynaecological clinic, Cantonal Hospital Lucerne (CH)

Keynote 4: Kann eine starke Primärversorgung das Gesundheitssystem unterstützen?

Eine robuste Primärversorgung spielt eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung und Stärkung des Gesundheitssystems. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass ein hohes Maß an Zugang, Umfassendheit und Kontinuität der Primärversorgung erforderlich ist, um die Qualität der Gesundheitsversorgung zu maximieren. Länder mit gut etablierter Primärversorgung weisen tendenziell bessere Gesundheitsergebnisse auf. Insbesondere zeigen Studien aus Industrieländern wie den OECD-Mitgliedsstaaten, dass starke Primärversorgungssysteme mit niedrigeren Sterblichkeitsraten, reduzierten Krankenhausaufenthalten aufgrund von ambulant behandelbaren Erkrankungen, höherem Geburtsgewicht von Kindern, höherer Lebenserwartung und größerer Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem verbunden sind. Eine umfassende Primärversorgung bietet eine breite Palette von Dienstleistungen, einschließlich Prävention, Diagnostik und Behandlung, was zu einer verbesserten Gesundheit der Bevölkerung führt. Regelmäßige Hausarztbesuche sind mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für die Inanspruchnahme evidenzbasierter Präventionsmaßnahmen verbunden, die langfristig die Gesundheit verbessern und die Kosten senken können. Gesundheitssysteme sollten daher die Anzahl der Hausarztbesuche verfolgen und erhöhen, um die Einhaltung präventiver Maßnahmen durch die Patienten zu verbessern. Internationale Beispiele weltweit belegen überzeugend, dass eine robuste Primärversorgung einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des Gesundheitssystems leisten kann. Eine starke Primärversorgung reduziert die Belastung von Notaufnahmen und Fachärzten, indem sie eine effiziente Erstbehandlung für weniger schwerwiegende Erkrankungen bietet. Dies entlastet das Gesundheitssystem und ermöglicht eine gezieltere Ressourcenallokation. Die Kontinuität und Koordination der Versorgung umfasst die Gesundheitsversorgung der Familie über den gesamten Lebensverlauf hinweg. Dies gewährleistet eine umfassende Bereitstellung von Dienstleistungen und verbessert die Verwaltung von Gesundheitsproblemen. Langfristige Beziehungen zwischen Patienten und Hausärzten ermöglichen eine frühzeitige Erkennung und bessere Verwaltung von Gesundheitsproblemen, was die Patientenzufriedenheit erhöht und die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen reduziert. Eine starke Primärversorgung ist auch kosteneffektiv, wie eine in The Lancet veröffentlichte Studie es zeigt. Diese Studie betont die Bedeutung der Zusammenarbeit der Gesundheitssysteme mit den Menschen, um sowohl gesundheitliche als auch nicht-gesundheitsbezogene Werte wie Vertrauen und wirtschaftlichen Nutzen zu schaffen. Qualitativ hochwertige Versorgung sollte das zentrale Ziel der Gesundheitssysteme sein und nicht nur eine Randaktivität der Gesundheitsministerien. Gesundheitssysteme sind komplexe, anpassungsfähige Systeme, die sich dem Wandel widersetzen und auf isolierte Interventionen nicht reagieren können. Die Qualität der Versorgung erfordert gemeinsame Ziele aller Akteure und kontinuierliche Bemühungen zur Verbesserung. Zu einer schlechten Versorgungsqualität gehören sowohl die Unterversorgung mit wirksamen Leistungen als auch die Überversorgung mit unnötigen Leistungen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine starke Primärversorgung entscheidend für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung, die Patientenergebnisse und die Kosteneffizienz ist. Durch präventive Maßnahmen, frühzeitige Behandlung und die Förderung langfristiger Beziehungen zwischen Patienten und Hausärzten trägt sie wesentlich zur Entlastung und Optimierung des Gesundheitssystems bei.

Erika Zelko

Johannes Kepler Universität Linz (AT)

Keynote 5: Interprofessionelle Zusammenarbeit in der Primärversorgung - Status Quo und Blick in die Zukunft

In Österreich wurde 2013 die Reform der Primärversorgung eingeleitet. Ziel der Reform ist es die Primärversorgung teambasierter und multiprofessioneller zu gestalten. Ein wesentliches Element ist die Etablierung von Primärversorgungseinheiten (PVE), was ein neues Betätigungsfeld für Gesundheits- und Sozialberufe eröffnet hat. Im Rahmen des Vortrags soll ein kurzer Abriss der Reform gegeben werden und ein Fazit über die letzten Jahre gezogen werden. Mitte 2024 wurde der neue Reformvertrag für die nächsten 4 Jahre festgelegt. In einem Blick in die Zukunft wird auf die weiteren Entwicklungen eingegangen und welche Rolle die teambasierte Primärversorgung der Zukunft hat.

David Wacherbauer

Gesundheit Österreich GmbH (AT)

VORTRÄGE
Vortragssession 1: Perspektiven Gesundheitsprofessionen
Health Professionals’ Preferences on New Primary Care Models – a Discrete Choice Experiment

Background: New care models play a key role to deliver coordinated and effective primary care. If these models are aligned with health professionals’ preferences, working in primary care becomes increasingly attractive, which improves delivered care even more. New care models can include changes regarding responsibility for first contact and treatment, the way in which decision-making is designed and the organisational setting in which care is provided. Evidence on health professionals’ preferences in this regard is scarce.

Objectives: This study examined the preferences of health professionals regarding the design of new primary care models.

Methods: An online cross-sectional survey was conducted targeting pharmacists, physicians, medical practice assistants, nurses, and physiotherapists in Swiss primary care (January – July 2022, n = 4’113). The questionnaire was based on a patient case study and included a discrete choice experiment. Conditional logit models were used to estimate the health professional’s preferences.

Results: Considering the patient case study, the professional groups preferred a care model in which a professional from their own professional group takes responsibility for the first contact and for the treatment plan. All professional groups preferred a care model in which collective decision-making takes place involving all professionals involved instead of decision-making by a single professional. For all groups, the individual practice appeared to be the least interesting model for the future. The pharmacists surveyed were the only professional group to prefer a health centre compared to a health network. In contrast, all other professionals preferred the health network as organisational setting for primary care.

Conclusion: Based on a strong data base, the study shows that pharmacists, nurses, and physiotherapists preferred new models of care that deviate from the status quo of physician-centred care. As non-medical professionals they were in favour of taking on more responsibility for patient care. The study also shows that collective decision-making with all professionals involved and working in health centres and networks should be politically promoted to strengthen coordinated and effective primary care and increase its attractiveness for the workforce.

Sophie K. Brandt1; Stefan Essig2; Andreas Balthasar2

1 University of Lucerne, Bern University of Applied Sciences (CH); 2 University of Lucerne, Interface Policy Studies Consulting (CH)

Primary Care Professionals’ Willingness to Share Responsibility and Strengthen Interprofessional Collaboration: Insights from a Cross-Sectional Survey

Background: Physicians’ unwillingness to share responsibility acts as a major barrier to interprofessional collaboration (IPC). Educating both physicians and non-physician professionals in taking on or relinquishing responsibility could enhance IPC. Yet there is no evidence that these educational efforts increase IPC willingness.

Objectives: First, this study aimed to compare the willingness to take on or relinquish responsibility for decision-making in patient care and the willingness to strengthen IPC between members of five main primary care professions. Second, this study investigated associations between the professionals’ willingness to take on or relinquish responsibility and their willingness to strengthen IPC.

Methods: We conducted a cross-sectional survey targeting pharmacists, physicians, medical practice assistants, nurses, and physiotherapists in Switzerland. Group differences were assessed, and associations were examined using multivariable logistic regression analyses.

Results: Overall, 3670 primary care professionals participated. Members of all non-physician professions were highly willing to take on more responsibility for decision-making for patient care. Medical practice assistants and nurses were highly willing to relinquish responsibility, less so pharmacists and physiotherapists; physicians were torn between high and neither high nor low willingness. Members of all professions were highly willing to strengthen IPC. We found a strong, statistically significant relationship between willingness to take on more responsibility and willingness to strengthen IPC. The relationship between willingness to relinquish responsibility and willingness to strengthen IPC was smaller.

Conclusion: Educational efforts increasing primary care professionals’ willingness to take on responsibility can strengthen IPC. Increasing the willingness to relinquish responsibility would likely be less effective. Actions required include educational and political efforts to transfer responsibility to non-physician professionals and relevant training. Given the willingness of many primary care professionals to strengthen IPC, substantial potential in practice is evident.

Sophie K. Brandt1; Stefan Essig2; Andreas Balthasar2

1 University of Lucerne, Bern University of Applied Sciences (CH); 2 University of Lucerne, Interface Policy Studies Consulting (CH)

Generation Z - im Mittelpunkt der Professionalitäten

Hintergrund: Die Generation Z ist die Zukunft in den Gesundheitsberufen. Daraus ergibt sich diese Forschungsarbeit, welche die Zusammenarbeit von Diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger_innen der Generation Z im Kontext mit ihren interprofessionellen Kolleg_innen untersucht. Für eine gute Zusammenarbeit müssen verschiedene Berufsgruppen ihre Kompetenzen und Fähigkeiten der jeweiligen anderen Profession kennen. Durch Kommunikationsdefizite, vielfältiges Patient_innenklientel mit chronischen Erkrankungen und stark ausgeprägten Unternehmenshierarchien wird diese geforderte Teamarbeit negativ beeinflusst. Generationsunterschiede machen sich in der Arbeitswelt bemerkbar, die Generation Z ist jedoch kaum erforscht.

Zielsetzung: Ziel dieser empirischen Erhebung ist es, die Sichtweise der Generation Z in Bezug auf die interprofessionelle Zusammenarbeit, wie sie diese in oberösterreichischen Krankenhäusern erlebt, zu erörtern und darzustellen.

Methode: Für diese wissenschaftliche Arbeit wurde ein qualitativer Forschungsansatz, mit deskriptivem Design gewählt, um das subjektive Erleben der Generation Z zu interpretieren und deskriptiv darzustellen. Nach abgeschlossener Literaturrecherche wurden zehn problemzentrierte Interviews mit diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger_innen der Generation Z durchgeführt. Die Datenauswertung erfolgte durch eine strukturierte Inhaltsanalyse nach Kuckartz, mittels Codierung des Datenmaterials und einer inhaltlichen Ergebnisdarstellung.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen auf, wie die Generation Z die interprofessionelle Zusammenarbeit in oberösterreichischen Krankenhäusern erlebt und in welchen Bereichen Defizite wahrgenommen werden. Die interprofessionelle Zusammenarbeit fällt ihnen leicht und sie wünschen einen intensiveren Austausch zwischen den Professionen, um Patient_innen besser und ganzheitlich betreuen zu können. Die Motivation der Generation Z wird durch einen wertschätzenden Umgang und Weiterbildungsmöglichkeiten intrinsisch erhöht.

Schlussfolgerung: Interprofessionelle Lehrveranstaltungen bieten die Möglichkeit, Defizite auszugleichen und den Berufsgruppen der zukünftigen diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger_innen Mediziner_innen sowie den Therapieberufen von Anfang an die Gelegenheit zu geben, die Rollen ihrer interprofessionellen Studienkolleg_innen besser kennenzulernen.

Keywords: Interprofessionelle Zusammenarbeit, Pflegefachkräfte, Generation Z

Romana Kulischek

FH Gesundheitsberufe OÖ (AT)

Vortragssession 2: Digitales Lehren & Lernen
Interdisziplinäre Telehealth-Lehrveranstaltung: Theorie, Praxis und innovative Konzepte

Hintergrund: Die zunehmende Integration von Telehealth in die Gesundheitsversorgung verlangt eine Einbindung des Themas bereits in das Studium, um Wissen und Anwendungskenntnisse zu vermitteln. Vor diesem Hintergrund wurde eine Lehrveranstaltung konzipiert, die eine Plattform zur interdisziplinären Auseinandersetzung mit Telehealth, von theoretischen Grundlagen bis hin zur praktischen Anwendung und Reflexion bietet.

Zielsetzung: Studierenden unterschiedlicher gesundheitsbezogener Studiengänge wird das breite Spektrum von Telehealth nähergebracht, um sie auf die Herausforderungen und Möglichkeiten der Implementierung in der Praxis vorzubereiten. Hierfür sollte eine interdisziplinäre Lehrveranstaltung konzipiert und durchgeführt werden.

Methoden/Konzept: Die Lehrveranstaltung basiert auf einer zuvor durchgeführten Analyse des Bedarfs und der Bedürfnisse der Studierenden. Sie gliedert sich in fünf Phasen. In Phase 1 findet eine asynchrone Online-Lehrphase zur Einführung in Telehealth statt, in welcher Anwendungsformen, technische und rechtliche Grundlagen sowie praktische Umsetzungstipps vermittelt werden. In Phase 2 wählen die Studierenden aus einem Angebot an Workshops zu spezifischen Anwendungen. Phase 3 umfasst das Selbststudium in Kleingruppen zur Vertiefung ausgewählter Technologien, die im Kontext von Telehealth zu Anwendung kommen können. In Phase 4 werden die getesteten Technologien in einem Marketplace-Setting untereinander sowie mit Besucher*innen Hands-on demonstriert und Poster mit kritischen Bewertungen präsentiert. Ein abschließender Feedback- und Reflexionsprozess in Phase 5 komplettiert die Lehrveranstaltung.

Evaluation und Ergebnisse: Die Studierenden konnten ein tiefgreifendes Verständnis für die Vielfalt und Komplexität von Telehealth entwickeln. Besonders hervorzuheben ist der abschließende Marketplace, den die Studierenden und weitere Besucher*innen der FH Campus Wien sowie Praxis-Kolleg*innen als Bereicherung für die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Telehealth-Anwendungen empfunden haben.

Reflexion zu Umsetzung: Die Lehrveranstaltung unterstreicht die Bedeutung interdisziplinärer Bildung für die Entwicklung und Anwendung zukunftsfähiger Gesundheitstechnologien. Die Zusammenarbeit über verschiedene Professionen hinweg fördert nicht nur die Kompetenzentwicklung der Studierenden, sondern auch die Innovation und Vernetzung in der Gesundheitsversorgung. Das Angebot wird im kommenden Semester auf weitere Studiengänge ausgeweitet.

Lena Rettinger; Lukas Maul; Martina Fischl; Peter Putz; Susanne Maria Javorszky; Veronika Ertelt-Bach; Klaus Widhalm; Andreas Huber; Sevan Sargis; Franz Werner

FH Campus Wien (AT)

ICF-basierte Interviewpodcasts: Möglichkeiten einer interprofessionellen Vermittlung biomedizinischer Grundlagen in den Gesundheitswissenschaften

An der Hochschule für Gesundheit in Bochum entstehen im Projekt BASTI - Basisstudium Gesundheitswissenschaften, gefördert durch die Stiftung Innovation in der Hochschullehre, Blended-Learning-Module für ein gesundheitswissenschaftliches Grundlagenstudium, welches Studierenden der Bachelorstudiengänge (z.B. Pflege-, Hebammenund Therapiewissenschaften) ein einheitliches Grundlagenwissen vermitteln soll.

Das Modul „Biomedizinische Grundlagen“ widmet sich Basiswissen der Humanmedizin und angrenzenden Gebieten. Dabei wird Studierenden, als zukünftig interprofessionell agierenden Akteur*innen im Gesundheitswesen, ein bio-psycho-soziales und patient*innenzentriertes Verständnis von ausgewählten gesellschaftlich relevanten Erkrankungen vermittelt. Anhand praxisnaher digitaler Lernpakete soll das Niveau der dafür erforderlichen Kompetenzen gesteigert werden. Dazu wurden, basierend auf der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF), Interviews mit Betroffenen der Erkrankungen Diabetes mellitus Typ 1, Morbus Parkinson und Schlaganfall geführt (weitere sind in Planung). Die ICF ist ein Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (WHO), welches die Auswirkungen eines Gesundheitsproblems in den Domänen Körperfunktionen/-strukturen, Aktivitäten sowie Partizipation (Teilhabe) unter der Berücksichtigung von Umwelt- und personenbezogenen Faktoren beschreibt. Dadurch ist sie für alle Gesundheitsberufe grundlegend und bildet eine ausgezeichnete Voraussetzung für die interprofessionelle Lehre und Zusammenarbeit.

Die semi-strukturierten Leitfadeninterviews, wurden, basierend auf den ICF-Domänen, anhand von fünf Leitfragen und weiterführenden Fragen relativ offen geführt. Die Audiodateien der Interviews wurden editiert und in transkribierter sowie auditiver Form als Podcastfolgen zur Verfügung gestellt. Die didaktische Aufbereitung hebt die in den Interviews berichteten relevanten biomedizinischen Aspekte hervor. So wurden digitale Aufgabenpakete entwickelt, die sich auf die Themenbereiche Allgemeine (Neuro)Anatomie und Physiologie, Allgemeine Krankheitslehre sowie Medizinische Terminologie konzentrieren. Die Interviewpodcasts haben darüber hinaus ein hohes interprofessionelles Potential in Bezug auf die Lern- und Kompetenzziele anderer Module des Basisstudiums, wo sie zur Konzeption weiterer Lehr- und Lernmaterialien genutzt werden können.

Elisabeth Meyer; Lisa Wallbaum; Sascha Sommer

Gesundheit Bochum (DE)

Virtuelle interprofessionelle Patient:innenfälle: Besonderheiten bei der Konzeption und Lehre

Interprofessionelle Ausbildung wird als Voraussetzung für eine gute berufsübergreifende Zusammenarbeit in der Praxis angesehen und ist mittlerweile Bestandteil vieler Curricula von Gesundheitsstudiengängen in den DACHLändern. In der Versorgung sind viele Gesundheitsprobleme komplex, sodass professionsübergreifende Entscheidungsfindungsprozesse stattfinden müssen, um Versorgungsprobleme gemeinsam zu lösen. Die Nutzung virtueller interprofessioneller Patient:innenfälle bietet eine Möglichkeit, praxisnahe Fallszenarien mit konkreten Aufgabenstellungen zu verknüpfen und die Bedeutung der interprofessionellen Zusammenarbeit und Kommunikation Studierenden zu verdeutlichen.

Im Forschungsprojekt HEDS (Handlungs- und Entscheidungsfindung digital stärken) an der Charité – Universitätsmedizin Berlin werden interprofessionelle virtuelle Patient:innenfälle entwickelt. Ziel ist es, die Reflexion der Rolle der eigenen Profession in interprofessionellen Fallszenarien zu fördern, die klinische Entscheidungskompetenz zu trainieren und die Fähigkeit zur interprofessionellen Zusammenarbeit zu verbessern. Im Vortrag werden mediendidaktische Grundlagen, Hürden und Chancen bei der interprofessionellen Fallkonzeption beschrieben und verschiedene digitale Tools zur Umsetzung beispielhaft vorgestellt. Zudem werden aktuelle Forschungsergebnisse zu interprofessionellem fallorientierten Lernen vorgestellt und Potentiale digitaler Lehr- und Lernformate für das interprofessionelle Lernen sowie die Notwendigkeit curricularer Rahmenbedingungen diskutiert.

Der Vortrag bietet Lehrenden wissenschaftlich fundierte Anregungen für die didaktische Analyse, curriculare Planung und Konzeption praxisnaher interprofessioneller virtueller Fälle und gibt einen Ausblick auf Forschungsbedarfe in der interprofessionellen Ausbildungsforschung.

Wibke Hollweg; Ronja Behrend

Charité - Universitätsmedizin Berlin (DE)

Vortragssession 3: (Digitale) Transformation durch vernetzte Versorgung
Klimawandel und Gesundheit: Gemeinsame Lösungsansätze durch lokale Vernetzung

Die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels stellen eine Bedrohung für die Menschen dar (WHO 2023), daher gilt es Gesundheitssysteme darauf vorzubereiten. Regionale Unterschiede in Österreich machen Anpassungsmaßnahmen auf lokaler Ebene unverzichtbar. Die Umsetzung erfordert die Zusammenarbeit regionaler Stakeholder im Bereich Klimawandelanpassung sowie Gesundheitsförderung, und -versorgung. Das Instrument Klimaresilienz-Check (KLIC) Gesundheit 2050 bietet die Möglichkeit, auf Basis einer quantitativen Auswertung im Rahmen eines Beteiligungsprozesses mit lokalen Experts by Experience Anpassungsmaßnahmen für eine gesundheitsförderliche und resiliente Umwelt zu entwickeln. Ziel des KLIC Gesundheit 2050 ist es, die Resilienz des Gesundheitssystems und somit die Gesundheit der Bevölkerung gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu stärken. Der integrierte Beteiligungsprozess hat u. a. das Ziel, den Dialog zwischen der regionalen Bevölkerung und Entscheidungsträger:innen zu fördern und regionale Expert:innen aus der Klimawandelanpassung sowie dem Bereich Gesundheit zu vernetzen. Damit sollen entsprechend den lokalen Bedarfen Klimawandelanpassungsmaßnahmen für das regionale Gesundheitssystem entwickelt werden. Im Rahmen des Beteiligungsprozess wurde ein Workshop mit der Foresight-Methode durchgeführt. In diesem erarbeiteten regionale Experts by Experience (z. B. Bürgermeister:innen, Community Nurses) u. a. aus der Klimawandelanpassung bzw. Gesundheitsversorgung und -förderung Maßnahmen, um eine gesundheitsförderliche Umwelt für die lokale Bevölkerung auch in Zukunft sicherzustellen. Der antizipierende Ansatz ermöglicht, sich in prognostizierte Klimawandelszenarien in der Region einzudenken und daraus Handlungsoptionen für die Gegenwart abzuleiten. Im Foresightprozess wurde insbesondere die Bedeutung der Revitalisierung von Dorfkernen zur Stärkung des sozialen Miteinanders deutlich. Die Ergebnisse verdeutlichen die Komplexität der gesundheitlichen Herausforderungen des Klimawandels. Der KLIC Gesundheit 2050 ermöglicht den Dialog zwischen der lokalen Bevölkerung und Entscheidungsträger:innen und bietet eine Möglichkeit, regionale Netzwerke aus den Bereichen Klimawandelanpassung und Gesundheitsförderung bzw. -versorgung aufzubauen, aus denen in weitere Folge Projekte zur Sicherstellung einer gesundheitsförderlichen Region unter Anbetracht des Klimawandels entstehen können.

Sophia Spagl1; Ilonka Horváth1; Andrea Schmidt1 2

1 Gesundheit Österreich GmbH (AT); 2 Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit (AT)

Nutzen eines Netzwerks zur Integration des Handlungsfelds „Nachhaltigkeit“ in die therapeutische Praxis

Die Integration des Handlungsfeldes Nachhaltigkeit in die therapeutische Praxis ist von großer Bedeutung, da sie nicht nur eine umweltfreundliche Herangehensweise fördert, sondern vor allem das Wohlbefinden der Patient:innen stärkt und langfristig positive Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung hat. Der Vortrag bietet einen Überblick, wie die Einführung und Etablierung des Handlungsfelds „Nachhaltigkeit“ in die therapeutische Praxis, durch ein therapeutisches Netzwerk der Bildung und Versorgung, gestaltet werden kann. Dabei wird die Bedeutung der Vernetzung und des Wissensaustauschs zwischen Akteur:innen im Gesundheitswesen betont, welche großes Potenzial für die Weiterentwicklung und Innovation in der Therapie bieten.

Vorgestellt wird, wie das Jahresthema 2024 „Nachhaltigkeit in der/von Therapie“, im seit 2019 bestehenden SRH Therapie-Netzwerk (TNW), umgesetzt wird. Das TNW ist ein Netzwerk von Therapeut:innen für Therapeut:innen, welches ca. 750 Arbeits-, Ergo-, Kunst-, Musik-, Physio-, Sporttherapeut:innen und Logopäden und ca.1200 Lernende der Therapie in allen SRH Unternehmen umfasst.

Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick über das TNW und stellt die gezielten Aktionen, die zur Sensibilisierung, den Wissensaufbau, -austausch und -transfer bezüglich der Nachhaltigkeit in der Therapie, seit Januar 2024 im TNW umsetzt werden, vor. Zudem werden Erfahrungen mit den durchgeführten Aktionen vorgestellt und bewertet. Diese umfassen Austauschmöglichkeiten in Online- und Präsenzformaten, Informationsvermittlung im direkten Kontakt, per E-Mail, Intranet und Social-Media-Präsenz sowie die Anbahnung und Durchführung von Kooperationsprojekten. Konkrete Beispiele zu den einzelnen Aktionen, wie z.B. das 4. SRH Therapie-Netzwerk Treffen, Online-Stammtische und das Verbundprojekt AssessMobility@SRH, werden präsentiert und diskutiert.

Die bestehende Vernetzung bietet, für das aktuelle Handlungsfeld „Nachhaltigkeit“, Unterstützung zur Integration in den therapeutischen Alltag in unterschiedlichen Settings. Die interprofessionelle Relevanz des Themas profitiert von einem Netzwerk mit Akteur:innen aus sehr heterogenen Versorgungs- und Lehrkontexten. Die Vernetzung ermöglicht den aktiven Dialog, den Austausch von Wissen und Erfahrungen sowie den Übertrag bestehender bzw. die Entwicklung neuer Konzepte für eine nachhaltige Therapie.

Mieke Wasner; Maria Stadel

SRH Hochschule Heidelberg, SRH Therapie-Netzwerk (DE)

Vortragssession 4: Klient*innen-Perspektive und ambulante Vernetzung
Daheim statt Heim – Evaluation eines personenzentrierten, ressourcenorientierten Programms für ältere Menschen mit Kurzzeitpflegebedarf

Hintergrund: Die Versorgung gebrechlicher älterer Erwachsener, die nach einem Spitalaufenthalt Kurzzeitpflege benötigen, um ihre funktionalen Fähigkeiten wiederzuerlangen, ist nicht optimal. Im Projekt «Daheim statt Heim» wurde ein Programm zur Förderung einer personenzentrierten und ressourcenorientierten Pflege für Personen, die Kurzzeitpflege in Pflegeheimen in Anspruch nehmen, entwickelt und evaluiert.

Zielsetzung: Ziel war es den Nutzen des Programms auf Ebene der Kurzzeitpflegebewohnenden hinsichtlich funktionalem Status, Lebensqualität und Wiedereintritte in eine Gesundheitsinstitution und auf Ebene der Gesundheitsfachpersonen (GFP) hinsichtlich personenzentrierter Versorgung und interprofessioneller Zusammenarbeit zu untersuchen.

Methode: Das Programm wurde in drei Pflegeheimen in der Deutschschweiz umgesetzt. Bei den Kurzzeitpflegebewohnenden gab es drei Messzeitpunkte: bei Eintritt, bei Austritt und drei Monate nach Austritt als Follow-up. Bei den GFP gab es zwei Messzeitpunkte: vor und nach Einführung des Programms.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 27 Kurzzeitpflegebewohnende in die Evaluation eingeschlossen. Die Funktionalität gemessen mit dem Barthel-Index verbesserte sich bis zum Austritt (T0: 68.15; T1: 84.58, p< 0.001). Die Lebensqualität (EQ-5D-3L) verbesserte sich bis zum Austritt bzw. Follow-up (T0: 67.62; T1: 72.22; T2: 77.41, p= 0.039). Von 18 Personen gab es Follow-up Daten: sieben Personen (39%) wurden innerhalb von drei Monaten neuerlich in einer Gesundheitsinstitution aufgenommen.

Von 82 angefragten GFP nahmen bei der T0-Erhebung 65 Personen (Rücklauf 79.3%) und bei der T1-Erhebung 42 Personen (Rücklauf 51.2%) an der Befragung teil. Die Teilnehmenden bewerteten ihr personenzentriertes Handeln sowie die interprofessionelle Zusammenarbeit generell sehr gut. Nach der Einführung des Programms verbesserte sich der Einbezug der Angehörigen in die Pflegeplanung, der Einbezug der Bedürfnisse der Bewohnenden sowie die Machtverteilung unter den GFP.

Schlussfolgerung: Insgesamt resultierte das Programm bei den Kurzzeitpflegebewohnenden in einer Verbesserung ihrer Funktionalität sowie ihrer Lebensqualität während des Aufenthalts und drei Monate nach dem Austritt. Bei den GFP wurde die Initiierung und Aufrechterhaltung einer wertschätzenden und partnerschaftlichen Beziehung zwischen den Betroffenen und deren Angehörigen gefördert. Um Wiedereintritte zu vermindern, bedarf es einer gezielteren Unterstützung nach einem Kurzzeitpflegeaufenthalt zuhause.

Heidrun Gattinger; Rouven Brenner; Stefan Ott; Myrta Kohler

OST - Ostschweizer Fachhochschule (CH)

«Health2040»: Innovative Angebote ambulanter Grundversorgung in der Schweiz – Bestandesaufnahme und Perspektive

Hintergrund: Das Projekt «Health2040» widmet sich der Zukunft der ambulanten Grundversorgung in der Schweiz. Es wird von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Medizin der Universität Luzern sowie Interface Politikstudien in Luzern getragen. Health2040 untersuchte die Präferenzen der Schweizer Bevölkerung sowie der Medizinal- und Gesundheitsfachpersonen zur zukünftigen ambulanten Grundversorgung.

Zielsetzung

  • 1. Die Analyse bestehender, innovativer ambulanter Versorgungsangebote in der Schweiz.

  • 2. Die Ko-Kreation zukunftsfähiger ambulanter Versorgungsmodelle für die Schweiz.

Konzept: Die systematische Zusammenstellung und Analyse innovativer ambulanter Versorgungsangebote in der Schweiz folgte einem explorativen, literaturbasierten Vorgehen. Innovative Angebote sowie ihre Bausteine wurden identifiziert und anhand von konkreten Beispielen illustriert. Aufbauend finden zwei ko-kreative Workshops mit relevanten Stakeholdern statt. Unter Beizug der Bausteine werden gemeinsam zukunftsfähige ambulante Versorgungsmodelle entwickelt und notwendige Schritte für deren Implementation festgelegt.

Ergebnisse: Die Analyse identifizierte 114 innovative ambulante Versorgungsangebote in der Schweiz. Diese bieten neue Wege der Zusammenarbeit und Leistungserbringung, die das Potenzial für eine qualitativ hochwertigere und effizientere Versorgung als herkömmliche Angebote haben. Innovationen zeigen sich vor allem durch den Einbezug des Sozialwesens, das Verschmelzen des ambulanten und stationären Bereichs und den Einsatz digitaler Technologien. Die identifizierten Bausteine innovativer Versorgungsangebote betreffen: Standort, Radius der Leistungserbringung, Zielgruppe, beteiligte Leistungserbringende, Erstkontakt, Öffnungszeiten, Koordination der Leistungserbringung, Behandlung und Unterstützung, angebotsintern erbrachte Leistungen, Organisationsform und Integration digitaler Technologien. Die Workshops finden im April und Juni 2024 statt. Das Produkt des ersten Workshops sind kokreierte Versorgungsmodelle. Der zweite Workshop mündet in einem Aktionsplan.

Reflexion zur Umsetzung: Die Workshops stehen bei Einreichung des Abstracts noch aus. Wir erachten das Umsetzungspotenzial der ko-kreierten Versorgungsmodelle als gross, da deren basale Bausteine in bestehenden innovativen Versorgungsangeboten gründen; relevante Stakeholder am Ko-Kreationsprozess beteiligt sind und sie die notwendigen Rahmenbedingungen sowie Schritte für die Implementation der Modelle festlegen.

Gestaltung der interdisziplinären Zusammenarbeit in der ambulanten Therapie: Resultate eines Fokusgruppeninterviews mit Physio-, Ergotherapeut*innen und Logopäd*innen

Hintergrund: Die zunehmende Komplexität und Diversität der Gesundheitsanforderungen sowie die finanziellen und personellen Herausforderungen verlangen nach einer adäquaten Gesundheitsversorgung, in der die Gesundheitsberufe fachübergreifend zusammenarbeiten (Robert Bosch Stiftung, 2011; Robert Koch Institut, 2015). Während die interdisziplinäre Zusammenarbeit (IDZ) zunehmend erfolgreich in das stationäre Setting implementiert wurde, konnte sich diese im außerklinischen Versorgungskontext bislang nicht etablieren. Es mangelt an konkreten Lösungen, die veranschaulichen, wie die IDZ in die ambulante Praxis umgesetzt werden kann (Schmitz, Atzeni & Berchtold, 2020).

Zielsetzung: Ziel der Studie ist es, Umsetzungsmöglichkeiten der IDZ zwischen den Berufsgruppen Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie in der ambulanten Neurorehabilitation anhand von Praxisbeispielen aufzeigen. Notwendige Rahmenbedingungen und Förderfaktoren sollen dabei aus bereits erfolgreichen Anwendungen identifiziert werden.

Methode: Im Rahmen einer online Fokusgruppe erfolgte ein Austausch zwischen fünf Therapeut*innen der Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie aus drei ambulanten Therapiezentren statt.

Ergebnisse: Aus Therapeut*innensicht wird die IDZ in Form von fachübergreifenden Teamsitzungen, einer gemeinsamen Zielformulierung und Therapieplanung sowie der Durchführung von Co-Therapien in den ambulanten Therapiealltag integriert. Digitale Kommunikationswege und der Einsatz von Praxissoftware stellen Fördermaßnahmen dar, die eine orts- und zeitunabhängige Kommunikation ermöglichen. Bildungspolitische Veränderungen werden gefordert, um die entsprechenden Einstellungen, Kenntnisse und Fähigkeiten der Akteure bereits in den Berufsausbildungen/im Studium zu vermitteln.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass die IDZ unter den entsprechenden Voraussetzungen auch im ambulanten Setting umgesetzt werden kann. Es bedarf gesetzlicher Vorgaben, die die Anwendung interdisziplinärer Maßnahmen durch adäquate Vergütungssysteme und verfügbare Zeitfenster ermöglichen. Weitere Aufrufe richten sich an Inhalte in Studium und Ausbildung, um eine Grundlage für die individuelle Bereitschaft und Kompetenzen zur IDZ zu schaffen.

Maischa Malmendier; Teresa May; Christiane Lücking

FH Fresenius (DE)

Partizipation an der Entwicklung eines Parkinson-Netzwerkes (ParkNetz): Perspektiven von Menschen mit der Parkinson-Krankheit und An-/Zugehörigen

Hintergrund: Die Versorgung von Menschen mit der Parkinson-Krankheit (MmP) erfordert eine sektorenübergreifende, koordinierte, interprofessionelle Zusammenarbeit verschiedener Stakeholder des Gesundheitswesens – einschließlich der Betroffenen und ihrer An-/Zugehörigen. Zunehmend entstehen regionale Parkinson-Netzwerke auch in Deutschland. Über die Perspektiven der MmP und ihrer An-/Zugehörigen auf diese Versorgungsform und die Zusammenarbeit innerhalb des Netzwerkes ist bisher wenig bekannt. Das Projekt ParkNetz, gefördert vom Land Niedersachsen (9/2023 – 8/2026), analysiert die Perspektiven der Stakeholder in Südniedersachsen, als Grundlage für den Aufbau eines Parkinson-Netzwerks in dieser Region.

Zielstellung: Ziel des vorgestellten Teilprojektes ist es, die Sichtweisen der MmP und ihrer An-/Zugehörigen auf die aktuelle Versorgungssituation in der Region und ihre Wünsche an eine zukünftige Beteiligung in und Versorgung durch ein Parkinson-Netzwerk partizipativ zu erfassen und sichtbar zu machen. Damit sollen die Angebote im Netzwerk auf diese Bedürfnisse zugeschnitten werden.

Methodik: ParkNetz verfolgt mittels eines Mixed Method-Ansatzes die Analyse der regionalen gesundheitsbezogenen Versorgung. Das Teilprojekt inkludiert in einem iterativen, zyklischen Prozess von Datenerhebung und -auswertung die partizipativen Methoden Community Mapping (CM) und Photovoice (PV) in mehreren Treffen, um die Erfahrungen in Bezug auf die eigene Gesundheitsversorgung mit den MmP und An-/Zugehörigen zu erheben und zu analysieren. In den Treffen (je n= 4–8 Mitforschende) werden in einem diskursiven Gruppenprozess die Anliegen gemeinsam kartografiert (CM) bzw. individuell angefertigte Fotos diskutiert und ausgewertet (PV) sowie gemeinsame Empfehlungen für das zukünftige Netzwerk formuliert.

Ergebnisse: Es werden erste Resultate der Treffen (4 – 7/2024) präsentiert. Ebenso wird ein Einblick in die Herausforderungen und Mehrwerte der partizipativen Zusammenarbeit in einem Forschungsprojekt gegeben.

Schlussfolgerungen: Versorgungsnetzwerke bieten das Potenzial, die Gesundheitsversorgung von MmP nachhaltig zu verbessern und ihren An-/Zugehörigen Unterstützung zu geben.

Um dieses Ziel zu erreichen, sollten die betroffenen Menschen in den Entstehungsprozess eines regionalen Versorgungsnetzwerkes partizipativ eingebunden werden.

Tabea Böttger1; Nora Schmit1; Maria Barthel1; Eva Hummers2; Juliane Leinweber1; Christiane Müller2; Lea Roddewig2; Hendrike Frieg1

1 HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen (DE); 2 Universitätsmedizin Göttingen (DE)

Vortragssession 5: Internationale Perspektive und Terminologie
Interprofessionelle Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung – eine Analyse verwandter Begrifflichkeiten

Hintergrund: Die heterogene Verwendung von Begriffen mit Bezug zur interprofessionellen Zusammenarbeit im Gesundheitswesen ist ein wiederkehrendes Thema und damit Anlass für eine vertiefte Begriffsanalyse. Eine Klarheit von Terminologien ist gerade für die Gestaltung von Versorgungs- und Bildungsprozessen anzustreben, da die interprofessionelle Zusammenarbeit wesentliches Merkmal des beruflichen Handelns in der Gesundheitsversorgung ist.

Ziel: Ziel ist es, die definitorischen Merkmale und Charakteristika der Begriffe Kollaboration, Kooperation, Koordination, Netzwerk- und Teamarbeit in einem interprofessionellen Kontext zu analysieren sowie Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen zwischen den Begriffen zu identifizieren.

Methode: Es wurde eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken Pubmed, CINAHL, Livivo, Psyndex, PsycINFO für den Zeitraum von 2000 bis 2020 durchgeführt. Danach erfolgte eine thematische Analyse, um definitorische Merkmale und Charakteristika aus den eingeschlossenen Artikeln herauszuarbeiten und in regelmäßigen Analysesitzungen zu diskutieren. Anschließend wurden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Begrifflichkeiten anhand des Input-Prozess-Output-Modells (IPO) zugeordnet.

Ergebnisse: Nach der Recherche und Prüfung der Volltexte auf Eignung wurden 118 Artikel in die Analyse eingeschlossen. Für einige der Begriffe wurden nur wenige konkrete Definitionen gefunden. Die Analyse nach Charakteristika zeigt eine Vielzahl an Merkmalen. Die Ergebnisse zum IPO-Modell zeigen, dass teilweise auch eine andere Zuordnung der Charakteristika zu den Modellebenen vorstellbar ist. Im Gegensatz zu den Begriffen Koordination und Netzwerkarbeit werden die Begriffe Kollaboration, Kooperation und Teamarbeit in den eingeschlossenen Artikeln fast inflationär verwendet. Sie sind dadurch kaum trennscharf und eine Unterscheidung zwischen den Begriffen ist kaum möglich.

Fazit: Einheitliche Formulierungen und Definitionen sind jedoch zentral in der interprofessionellen Ausbildung der Gesundheitsberufe, wie auf der Ebene der Kompetenzbeschreibungen. In der Patientenversorgung kann möglicherweise die Wirksamkeit der interprofessionellen Zusammenarbeit nicht eindeutig nachgewiesen werden. Im Rahmen weiterer Forschungsarbeiten ist eine Operationalisierung der Begrifflichkeiten anzustreben, um eine trennscharfe Darstellung der Begriffe zu ermöglichen.

Anita Hausen1; Marietta Handgraaf2; Martina Schlüter-Cruse2

1 Katholische Stiftungshochschule München (DE); 2 Hochschule für Gesundheit Bochum (DE)

IP-ID: Förderung der interprofessionellen Zusammenarbeit im hochschulischen Kontext – eine qualitative Erhebung

Hintergrund: Durch zunehmende Komplexität in der Gesundheitsversorgung gewinnt die interprofessionelle Zusammenarbeit weiter an Bedeutung. Es ist daher wichtig, die zukünftigen Akteure angemessen darauf vorzubereiten, wobei ein Faktor dafür die Entwicklung einer gemeinsamen Identität ist. Durch monoprofessionelle Ausbildungsstrukturen wird jedoch vorrangig die fachliche Identität gestärkt, was dann die interprofessionelle Versorgung in der Praxis erschwert.

Zielsetzung: Ziel der Studie IP-ID (InterProfessional Identity Development) ist es, Einflussfaktoren hinsichtlich der interprofessionellen Zusammenarbeit in den DACH-Ländern (Deutschland, Österreich und Schweiz) zu identifizieren. Zudem sollen Erkenntnisse gewonnen werden, wie ausgeprägt die interprofessionelle Identität der Gesundheitsberufe in den DACH-Ländern ist, inwiefern sich diese unterscheiden und wie die Herausbildung gefördert werden kann.

Methoden: In die Studie eingeschlossen wurden sieben hochschulische Einrichtungen aus den DACH-Ländern, an denen interprofessionelle Lehre stattfindet. Im Rahmen einer qualitativen Erhebung, die in ein Mixed-Methods-Design eingebettet ist, wurden interprofessionelle Fokusgruppen mit Lehrenden aus verschiedenen Gesundheitsberufen durchgeführt. Die Daten wurden transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet. Zur Sicherung der inhaltsanalytischen Reliabilität wurden die Daten von zwei Personen unabhängig voneinander ausgewertet, die Ergebnisse verglichen, Abweichungen im Projektteam diskutiert und anschließend der Kodierleitfaden überarbeitet.

Ergebnisse: Bisher wurden jeweils vier Fokusgruppen in Deutschland und Österreich durchgeführt. Die Daten lassen vermuten, dass neben uneinheitlichen Strukturen, Kommunikationsproblemen und Hierarchien auch die fehlende interprofessionelle Identität eine Barriere für die Zusammenarbeit darstellt. Eine gemeinsame Sprache, informeller Austausch, gemeinsame Zeiten/Räume hingegen sind Förderfaktoren. Insbesondere der Aspekt, dass die Zusammenarbeit gestärkt wird, wenn die erste berufliche Erfahrung in einem interprofessionellen Setting erfolgte, lässt begründet annehmen, dass es wichtig ist die Ausbildung der interprofessionellen Identität frühzeitig zu stärken.

Fazit: Um die interprofessionelle Zusammenarbeit in der Gesundheitsversorgung zu verbessern, sollte diese bereits im Studium angebahnt werden. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Ausbildung einer interprofessionellen Identität.

Marietta Handgraaf; Emily Urban; André Posenau; Christina Groll

Hochschule für Gesundheit Bochum (DE)

Standardisierte Kommunikation im interprofessionellen Setting: SBAR und ITRF

Hintergrund: In der klinischen Praxis treten häufig Kommunikationsdefizite auf, die zu Missverständnissen in der Zusammenarbeit und potenziell zu Fehlern in der Gesundheitsversorgung führen können.

Patient: innenübergaben und Fallbesprechungen sind zentrale Momente für den Informationsaustausch über Patient:innen, jedoch variiert die Art und Weise der Informationsweitergabe erheblich. Standardisierte Kommunikationsstrukturen können dabei helfen, eine gezielte und effektive Informationsweitergabe zu gewährleisten. Folglich ist es unerlässlich, bereits in den Ausbildungen der Gesundheitsberufe eine strukturierte Kommunikation für eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung zu üben.

Zielsetzung: Ziel dieses Vortrags ist es, durch die Vorstellung zweier Kommunikationsstrukturen – SBAR (Situation, Background, Assessment, Recommendation) für Patient:innenübergaben und ITRF (Interprofessional Team Reasoning Framework) für Fallbesprechungen – Impulse zu setzen, wie durch deren Anwendung der gezielten Austausch in interprofessionellen Settings erleichtert und die Patient:innensicherheit erhöht werden kann.

Konzept: Der Vortrag beginnt mit Definitionen und den derzeitigen curricularen Anforderungen verschiedener Gesundheitsberufe an interprofessionelle Kommunikation und Zusammenarbeit. Es wird auf den Bedarf an standardisierten Abläufen und den gezielten Austausch von berufsspezifischem Wissen und Perspektiven hingewiesen. Anhand eines didaktischen Konzepts werden beispielhaft verschiedene Lernszenarien zur Vermittlung von SBAR und ITRF präsentiert, sowohl für simulierte Lernumgebungen als auch für die klinische Praxis. Für die Umsetzung eines Lehrkonzepts werden Herausforderungen sowie Chancen beleuchtet und methodische Empfehlungen gegeben.

Reflexion zur Umsetzung: Um eine einheitliche Sprachbasis in einem vernetzten Versorgungsumfeld zu etablieren, spielen Lehrende und Praxisanleiter:innen im klinischen Setting eine entscheidende Rolle bei der nachhaltigen Implementierung klarer Kommunikationsstrukturen. SBAR und ITRF werden als unterstützende Handreichung in Praxis und Lehre zur Verfügung gestellt.

Birgit Wershofen1; Marion Huber2; Doreen Herinek3; Heidi Oberhauser4; Ulrike Katzfey5; Mirjam Körner6; Matthias Witti1

1 LMU Klinikum München (DE); 2 ZHAW Gesundheit (CH); 3 Charité – Universitätsmedizin Berlin (DE); 4 fh gesundheit (AT); 5 Frings Apotheke Thaliastraße (DE); 6 Berner Fachhochschule (CH)

Synergien für die Zukunft: Nachhaltige Fachkräfteentwicklung in Thermen- und Gesundheitsdestinationen - Ein INTERREG-Projekt für Bayern und Österreich

Hintergrund: Die Thermen- und Gesundheitsdestinationen im bayerisch-österreichischen Programmraum proklamieren einen Fachkräftemangel für die gesundheitstouristische Branche. Eine Abwanderung vieler Fachkräfte aus Betrieben, der Region oder gar der Branche ist messbar. Einzelne Destinationen können diese Herausforderungen nicht mehr lösen. Das initiierte INTERREG-Projekt versucht Fluktuation mit nachhaltigen Strategien und Maßnahmen entgegenzuwirken, um dringend benötigte Fachkräfte zu gewinnen und langfristig in den Betrieben zu binden, aktuelle Aus- und Weiterbildungsangebote dahingehend bedarfsorientiert zu verbessern, sowie grundsätzlich Arbeits- und Lebensbedingungen in den Destinationen zu attraktivieren.

Zielsetzung: Das Projektkonsortium aus 4 Projektbeteiligten (THD, Bezirk Niederbayern, Gasteiner Kur-Reha und Heilstollen, FH Gesundheitsberufe OÖ) arbeitet grenzübergreifend und setzt Arbeitsaktivitäten in gemeinsamer Abstimmung um. Dafür werden Kompetenzen interprofessionell und kooperativ zusammengeführt. Ziel ist die Entwicklung von bedarfsorientierten Strategien und Aktionsplänen, die den Anforderungen über die Regionen hinaus gerecht werden.

Methoden: Um die Datengrundlage für die weitere Bearbeitung der Arbeitspakete zu schaffen, wurde im ersten Schritt eine umfassende Stakeholderakquise durchgeführt, um Bedürfnisse und Anforderungen beteiligter Interessensgruppen einzuholen. Konsekutiv wurden quantitative Befragungen in den Betrieben der teilnehmenden Partner*innen, unter Auszubildenden mit touristischem oder gesundheitsberuflichem Schwerpunkt und unter Berufsaussteiger*innen der Branche ausgerollt. Problemzentrierte Interviews mit Führungskräften aus den Betrieben werden geführt. Analysen zu Kommunikations- und Rekrutierungsmaßnahmen und individueller Arbeits- und Lebensbedingungen in den Destinationen schließen an.

Ergebnisse: In einer umfassenden Stakeholderakquise konnten insgesamt 70 Partner*innen aus Thermen und Gesundheitsdestinationen sowie Kliniken, Bildungsinstitutionen und Dachorganisationen zur Teilnahme am Projekt motiviert werden. Erste Ergebnisse aus den Befragungen werden für Juni 2024 erwartet.

Reflexion zur Umsetzung: Aufbauend auf die Erkenntnisse dieser Analysen werden Strategien zur Fachkräftegewinnung und-bindung für den Programmraum entwickelt. In weiterer Folge werden die erhobenen Daten für strategische Neuorientierungen zur Attraktivierung der Arbeits- und Lebensbedingungen in den Destinationen herangezogen.

Michaela Tauber1; Anita Mauerhofer1; Sebastian Markov2; Corinna Pippirs2; Nadja Lill3; Christina Brüning4

1 FH Gesundheitsberufe OÖ (AT); 2 Technische Hochschule Deggendorf (DE); 3 Bezirk Niederbayern (DE); 4 Gasteiner Kur-, Reha- und Heilstollenbetriebsges. mbH (AT)

Vortragssession 6: Beitrag der Lehre zu vernetzter Versorgung
Interprofessionelle Bildung: Eine Herausforderung für die interprofessionelle Praxis?

Wachsende Komplexität im Gesundheitswesen, bedingt durch Fachkräftemangel, Digitalisierung und Demografie, betont die Notwendigkeit interprofessioneller Zusammenarbeit (IPZ). Die Forschung unterstreicht die Bedeutung interprofessioneller Lehre für kompetente, patientenorientierte Versorgung. In Deutschland mangelt es aber an interprofessionellen Studiengängen, wobei u.a. der Studiengang „Interprofessionelle Gesundheitsversorgung – online“ der Alice Salomon Hochschule Berlin eine Ausnahme bildet. Unsere Studie (doi:10.3936/0044) untersucht, ob interprofessionelle Kompetenzen (IPK) durch solche Studiengänge verbessert werden und wie sich dies auf IPZ auswirkt.

Die Mixed-Methods-Studie kombiniert quantitative und qualitative Ansätze, um den Einfluss interprofessioneller Lehre auf IPZ zu evaluieren. Die Methode umfasst eine quantitative Erhebung mittels Fragebogens sowie eine qualitative Inhaltsanalyse. Die Untersuchung fokussiert auf die Entwicklung von IPK, die Bewertung der IPZ vor und nach dem Studium sowie auf Erschwernisse bei der Implementierung von IPZ.

Wir zeigen eine leichte Zunahme der IPZ sowie positive Entwicklung von IPK, können jedoch keinen direkten Einfluss auf verbesserte IPZ in der Praxis nachweisen. Als Hindernisse für effektive IPZ erweisen sich unzureichende Kenntnisse über das Fachwissen der Kooperationspartner, mangelnde Motivation zur Kooperation und unterschiedliche Professionalisierungsgrade.

Trotz positiver Effekte interprofessioneller Studiengänge auf individuelle Kompetenzen zeigt sich, dass deren Übertragung in die Praxis durch systemische Barrieren begrenzt wird. Die Diskrepanz bzw. Barriere zwischen individueller Kompetenzentwicklung und praktischer Umsetzung unterstreicht die Notwendigkeit gesundheitsund bildungspolitischer Maßnahmen, um eine Kultur der Interprofessionalität zu fördern.

Die Verantwortung für die Verbesserung der IPZ liegt nicht allein bei den Lernenden. Erforderlich sind gesundheitspolitische Anpassungen und Verbesserungen der Rahmenbedingungen auf allen Ebenen. Der Studiengang IGo der ASH Berlin leistet einen wichtigen Beitrag zur Anhebung des Niveaus der interprofessionellen Bildung in Deutschland, erfordert jedoch flankierende Maßnahmen im Bildungs- und Gesundheitssystem.

Die Einrichtung weiterer interprofessioneller Studiengänge ist notwendig, um IPZ zu fördern und die Patientenversorgung zu verbessern. Die Studie verdeutlicht, dass der Erwerb von IPK nicht automatisch eine verbesserte IPZ zur Folge hat.

Jana Druskat; Christine Blümke; Sandra Kintscher

Alice Salomon Hochschule Berlin (DE)

Interprofessionelle Lehre

Im Rahmen des internationalen EU+ Wissensallianzen Projektes «INPRO-Interprofessionalism in Action» (Laufzeit 2021 bis 2023 https://www.inproproject.eu/) wurden in den Jahren 2021–2022 mehrere interprofessionelle Lehrformate erprobt. Besonders vielversprechend war dabei ein internationales, interprofessionelles Onlineformat, dass 2021 mit 48 Studierenden und 14 Lehrenden aus 5 Gesundheitsprofessionen durchgeführt wurde und nach Evaluation, 2022 mit 116 Studierenden aus 7 Professionen und 24 Lehrenden durchgeführt wurde. Beide Lehrveranstaltungen wurden in enger Zusammenarbeit mit Lehrenden aus verschiedenen Gesundheitsprofessionen der Partnerhochschulen Hanze University (NL), AP University (BE) und JAMK University (FI) konzipiert und durchgeführt. Um personenzentrierte Versorgung (person-centered care) zu vermitteln, arbeiteten die Studierenden im Ausmaß von drei Tagen intensiv in interprofessionellen Kleingruppen an Fallbeispielen. Während die Studierenden im ersten Durchlauf der Veranstaltung (2021) mit schriftlichen und videounterstützten Fallbeschreibungen arbeiteten (healthtalk.org), wurden im zweiten Durchlauf (2022) Lehrende gebeten, als Schauspieler*innen in die Rolle der Patient*innen zu schlüpfen. Auf diese Weise hatten die Studierenden die Möglichkeit mit ihren „Fällen“ zu interagieren und ihre therapeutischen Ansätze im Sinne eines Shared-Desicion-Making mit den Personen zu diskutieren. Als strukturierendes Element im Sinne der Nutzung einer „gemeinsamen Sprache“ für den interprofessionellen Behandlungsprozess waren die Studierenden dazu angehalten ICF (International Classification of Functioning der WHO) für ihre Arbeitsprozess zu nutzen. Zudem wurden im Rahmen des INPRO Projektes auch ein Kompetenzrahmenwerk und Beurteilungsmethoden für interprofessionelle Lehre entwickelt, welche in der Lehrveranstaltung angewendet wurden. Die Erfahrungen und Lernergebnisse aus der Durchführung und Evaluation der Lehrveranstaltungen wurden in einem Process Guide aufbereitet und sollen andere Lehrende bei der Implementierung von Interprofessionellen Lehrformaten unterstützen. Im Vortrag soll das Lehrveranstaltungsformat der internationalen, interprofessionellen Onlinelehre vorgestellt werden und – mit Verweis auf den Process Guide – wichtige Aspekte bei der Konzipierung solcher Formate - z.B. Größe und Zusammensetzung der Kleingruppen, Vorbereitung der Lehrenden - vermittelt werden.

Ursula Hemetek; Anita Kidritsch

FH St.Pölten (AT)

Brücken bauen: Interprofessionelle Lehre als Weg zum Erfolg

Die WHO betont die Bedeutung interprofessioneller Zusammenarbeit im Gesundheitswesen, um optimale Versorgung sicherzustellen (WHO, 2010). Frühzeitige interprofessionelle Bildungsangebote sind entscheidend, um die steigende Anzahl komplexer Patient*innenfälle zu bewältigen. Forschung zeigt, dass diese Maßnahmen zu höherer Patient*innenzufriedenheit und weniger Behandlungsfehlern führen (Reeves et al., 2013). Angesichts der vielfältigen Aufgaben im Gesundheitswesen wird interprofessionelle Zusammenarbeit als unverzichtbar angesehen. An der FH St. Pölten wurde das Lehrkonzept «Interprofessionelles Lernen» entwickelt, das auf einem belgischen Modell basiert. Der erste Pilotkurs fand 2019 statt und wurde erfolgreich erweitert, um mehr Studierende und Studiengänge einzubeziehen. 2023 wurde neben den Studierenden der FH St. Pölten aus den Studiengängen Diätologie, Gesundheits- und Krankenpflege, Physiotherapie und Soziale Arbeit auch Medizinstudierende der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems mit einbezogen. Zirka 400 Studierende nahmen an der LV teil.

Die verpflichtende Lehrveranstaltung hat unter anderem folgende Ziele: Studierende erkennen Schnittstellen zu anderen Berufsgruppen, nehmen ihre Rolle im Team bewusst ein und fördern die Entscheidungsfindung im interprofessionellen Team.

Die Lehrveranstaltung ist im 5. Semester angesetzt. Die Studierenden arbeiten an 3 Tagen intensiv in interprofessionellen Kleingruppen zusammen und werden von Mentor*innen begleitet. Nach einem Kennenlernen der unterschiedlichen Professionen werden von den Studierenden zwei Patient*innenfälle aus verschiedenen Settings der Gesundheitsversorgung diskutiert, bearbeitet und verschriftlicht. Am Ende der LV präsentieren die Gruppen in kreativer Weise eine Abschlussfrage, welche die interprofessionelle Zusammenarbeit betreffen und ihnen zufällig zugeteilt wird.

Evaluiert wurde die LV mittels des EPIS (Professionellen Identität) und einem weiteren Fragebogen zu den gewonnenen Eindrücken, Erfahrungen und Erkenntnissen der LV.

Trotz überwiegend positivem Feedback gab es auch kritische Anmerkungen, vor allem zu Patient*innenfällen und der Moderation der Kennenlernphase. Diese Rückmeldungen führen zu Anpassungen dieser Fallberichte und einer intensiveren und strukturierteren Begleitung durch die Mentor*innen, welche passende Schulungen erhalten werden. Der EPIS-Fragebogen zeigt insgesamt eine signifikante Steigerung der professionellen Identität über alle Studiengänge hinweg.

Michaela Neubauer1; Julia Glösmann1; Lisa Brunhuber1; Ursula Hemetek1; Michaela Huber1; Simone Nemeth2

1 FH St. Pölten (AT); 2 Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (AT)

Erstellung eines Assessmentpools für die Bachelorausbildung Physiotherapie in Österreich

Hintergrund: Die Verwendung standardisierter Assessments ist ein wesentlicher Bestandteil des physiotherapeutischen Prozesses. Sie ermöglichen eine zielgerichtete Therapie und Kommunikation mit Patient*innen und anderen Berufsgruppen und trägt zur Professionalisierung der Gesundheitsberufe bei. Die Anwendung von standardisierten Assessments ist allerdings mit zahlreichen Barrieren verbunden und sollte daher im Rahmen der Ausbildung adäquat adressiert werden. Eine der häufigsten genannten Barrieren sind mangelnde zeitliche Ressourcen, um das eigene Wissen über alle zur Verfügung stehenden Assessments aktuell zu halten und passende Assessments auszuwählen. Zusätzlich stellt die adäquate Interpretation der Ergebnisse eine Herausforderung dar. Aus diesem Grund setzten sich die beiden bestehenden Lehrenden Netzwerke aus den Fachbereichen der Neurologie und der muskuloskelettalen Physiotherapie zum Ziel, einen Pool an Assessments, inklusive der Informationen zu deren Interpretation, zu definieren.

Zielsetzung: Das Ziel des noch laufenden Projektes (unter Einbindung aller Bachelorstudiengänge Österreichs) ist es, einen Assessementpool für die Bereiche der muskuloskelettalen und neurologischen Physiotherapie zu definieren und diesen in der Lehre an allen Studiengängen umzusetzen. Zusätzlich sollen praxisrelevante Kennwerte zur Validität, Reliabilität und Veränderungssensitivität für jedes Assessment zusammengefasst werden, um die Anwendung in der klinischen Praxis zu erleichtern.

Konzept: Initial definierten beide Fachbereiche den erforderlichen Anwendungsbereich der Assessments, um in weiteren Schritten im Rahmen einer mehrstufigen Delphi Methode Abstimmungen durchzuführen. In beiden Fachbereichen wurde eine Suchstrategie für die weitere Literaturrecherche und die darauffolgende Aufarbeitung der Informationen hinsichtlich der Interpretation der standardisierten Assessments festgelegt.

Ergebnisse: Im Bereich der Neurologie konnte der Assessmentpool für die insgesamt sechs ausgewählten Krankheitsbilder und Symptome erstellt werden. Der Assessmentpool für die muskuloskelettale Physiotherapie für den Bereich der Schulter und des Knies wurde definiert.

Reflexion: Die Einigung auf einen gemeinsamen Assessmentpool wurde als bereichernder, wertvoller und intensiver Prozess wahrgenommen. Dabei konnte nicht nur das Verständnis für Assessments vertieft, sondern auch die Festlegung des Bachelorniveaus für den Unterricht präzisiert werden.

Andrea Greisberger1; Meike Klinger1; Veronika Seidl2; Agnes Wilhelm3; Barbara Brottrager4; Georg Pflügler1; Manuela Riegler5; Barbara Seebacher6

1 FH Campus Wien (AT); 2 FH Gesundheitsberufe OÖ (AT); 3 IMC Fachhochschule Krems (AT); 4 FH Joanneum Graz (AT); 5 FH Kärnten (AT); 6 Medizinische Universität Innsbruck (AT)

POSTER
Postersession 1: Beitrag der Lehre zu vernetzter Versorgung
Gesundheitskompetente Kommune - eine interprofessionelle, internationale Winter School

Hintergrund: Die Förderung der Gesundheitskompetenz wird als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrgenommen. Menschen mit hoher Gesundheitskompetenz sind in der Lage, sich selbständig gesundheitsfördernd zu verhalten. Um diese zu fördern, müssen Gesundheitsexpert:innen zukünftig fähig sein, diese zu vermitteln. Gesundheitskompetenz wird häufig nur innerhalb eines Landes und einzelner Professionen betrachtet. Im Sinne eines bio-psycho-sozialen Ansatzes müssen jedoch unterschiedliche Perspektiven angesprochen werden. Eine Auflösung dieser Grenzen sollte bereits in der Ausbildung von Gesundheitsexpert:innen stattfinden.

Zielsetzung: Das Ziel war die Konzeption und Durchführung einer Winter School zum Thema Gesundheitsförderung in ländlichen Kommunen. Der Fokus lag dabei auf praxisnaher, interprofessioneller Projektarbeit. Zusätzlich war die Vernetzung zwischen den beteiligten Ländern Deutschland, Österreich und Tschechien zentral.

Methoden/Konzept: Die Lernziele wurden nach dem Ansatz des Constructive Alignment erarbeitet. Zudem wurde die Taxonomie des nachhaltigen Lernens angewandt. Die Fähigkeit zur Umsetzung und Anwendung der Förderung von Gesundheitskompetenz wurde auf Grundlage aktueller wissenschaftsbasierter Modelle entwickelt.

Umsetzung/Ergebnisse: Auf Grundlage der Lernziele wurde eine fünftägige Winter School mit theoretischen Inputs und praktischen Umsetzungs-Inhalten durchgeführt. Der inhaltliche Fokus lag insbesondere auf den Themen Gesundheitsförderung, Gesundheitskompetenz und Präsentationstechniken. In vier Gruppen wurden auf Basis von Projektaufträgen durch umliegende Gemeinden, Projektideen zu gesundheitskompetenten Kommunen entwickelt und schließlich in Form von Pitches vor eben diesen kommunalen Entscheidungsträger:innen präsentiert.

Reflexion zur Umsetzung: Unterschiede im Vorwissen bzgl. den Themen Gesundheitskompetenz und Gesundheitsförderung zu Beginn der Winter School waren deutlich ersichtlich. Die gewählte Veranstaltungssprache Deutsch stellte die tschechischen Studierenden vor Herausforderungen. Deshalb wird in zukünftigen Umsetzungen eine gezieltere Mischung innerhalb der Gruppen hinsichtlich Native-Speaker:innen, sowie der anwesenden Professionen, aufgegriffen.

Die Winter School wurde durch die Europaregion Donau-Moldau über den Bezirk Oberpfalz gefördert.

Milena Fels1; Lukas Schmidbauer1; Stephanie Hecht1; Alena Lochmannová2; Barbara Kern3; Stefan Kollmann3

1 Technische Hochschule Deggendorf (DE); 2 Westböhmische Universität in Pilsen (CZ); 3 FH Gesundheitsberufe OÖ (AT)

Kompetenzentwicklung durch trans- und interdisziplinäres Lernen im Basisstudium Gesundheitswissenschaften

Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt Basisstudium Gesundheitswissenschaften: digital – individuell – interprofessionell (BASTI), gefördert von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre, hat zum Ziel, Studierende der Bachelorstudiengänge aufgrund der Bedeutung transdisziplinärer Arbeitskontexte und der zunehmenden Digitalisierung im Gesundheitswesen in ihrem dahingehenden Kompetenzerwerb zu unterstützen und zu begleiten. Die Entwicklung der Lehr- und Lerninhalte des übergreifenden Basisstudiums wird im Rahmen von fünf fachspezifischen Teilprojekten (TP) und einem mediendidaktischen Querschnittbereich organisiert.

Die zunehmende Vielfalt der studentischen Lebensentwürfe soll durch erweiterte Möglichkeiten des zeit- und ortsunabhängigen Lernens ebenfalls berücksichtigt werden.

Grundlagen werden erarbeitet in:

  • Public Health,

  • Biomedizin,

  • Sozial- und Verhaltenswissenschaften,

  • wissenschaftliche Methoden und

  • Kommunikation und Interprofessionelle Kooperation.

Der sechste Bereich wird durch das Querschnittsprojekt (QP) Mediendesign- und didaktik abgedeckt.

Zu Beginn erfolgten Analysen der Modulhandbücher, Literaturrecherche sowie Fokusgruppen- und Expert*inneninterviews. Anhand der Ergebnisse aus den TP/QP sind, orientiert an den studentischen Bedürfnissen, Möglichkeiten für die Gestaltung der Lern-Lehrinhalte entwickelt worden. Unabhängig der fachspezifischen Themen wurde durch die Studierenden mehrfach beschrieben, dass sie die Arbeit mit Fällen in Kombination mit diskursiven (Präsenz-)Formaten für ihr Lernen bevorzugen. Die Aufbereitung der Blendend-Learning-Materialen berücksichtigt dies z.B. in Inverted Classroom Angeboten. Weitere Formen sind Kombinationen von online Lernaufgaben, die u.a. und z.B. mit fallbezogenen Transferaufgaben (Podcastformate mit Betroffeneninterviews) ergänzt werden. In der Erarbeitung der Inhalte wird der projektspezifische Kompetenzrahmen berücksichtigt, welcher an das Future Skills Framework des Stifterverbands angelehnt ist und zukunftsfähige Kompetenzen für Studium und Praxis der Gesundheitsberufe aufgreift. Der Kompetenzrahmen ist ebenso handlungsleitend für die Kompetenzbeschreibungen der Modulhandbücher.

In iterativen Prozessen werden die erarbeiteten Lernund Lehrangebote regelmäßig mit Lehrenden und Studierenden der HS diskutiert und angepasst. Die in der Lehre bereits erprobten Inhalte wurden durch Studierende positiv evaluiert und kritisch-konstruktiv analysiert und für kommende Semester adaptiert.

Melanie Schellhoff; Sven Dieterich

Hochschule für Gesundheit Bochum (DE)

Interdisziplinäre Zusammenarbeit und vernetzte Patientenversorgung anhand eines komplexen Anwendungsfalls (Use Case) im Studium

Hintergrund: Die Studierenden der Bachelorstudiengänge Physiotherapie, Geburtshilfe, Pflege sowie Ernährung und Diätetik der Berner Fachhochschule entwickeln im Modul «Interprofessionelle Zusammenarbeit und eHealth» in interdisziplinären Teams einen komplexen Anwendungsfall (Use Case) entlang eines Behandlungspfades und wenden anhand des Use Cases zentrale Elemente einer vernetzten Gesundheitsversorgung wie Patientenzentrierung, interdisziplinäre Zusammenarbeit, Entscheidungsfindung, Kommunikation und eHealth aufgabenbezogen an.

Zielsetzung: Das Ziel der Gruppenarbeit ist es, eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Verständnis der Fallsituation sowie eine Vision einer vernetzten Patientenversorgung zu entwickeln und Kompetenzen für eine gewinnbringende interdisziplinäre Kooperation zu stärken.

Konzept: Mit dem Use Case wurde eine interdisziplinärere Gruppenarbeit entwickelt, der zentrale Elemente einer vernetzten Gesundheitsversorgung und interdisziplinäre Lernziele adressiert. Das Ergebnis ist ein digitales Produkt bestehend aus einem Screencast und Videos. Im Screencast wird die Fallsituation und die beteiligten stationären und ambulanten Akteur*innen vorgestellt und den Informationsfluss zwischen den Leistungserbringenden mit dem elektronischen Patientendossier visualisiert. Die Videos simulieren eine interdisziplinäre Patientenübergabe mittels strukturierter Kommunikation und eine interdisziplinäre Entscheidungsfindung.

Ergebnisse: In der Modulevaluation bewerten die Studierenden die interdisziplinäre Arbeit am Use Case grundsätzlich positiv. Sie empfinden die Gruppenarbeit jedoch als arbeitsintensiv und wünschen sich vermehrt Einblick in die anderen Disziplinen, um diese besser kennen zu lernen.

Reflexion: Eine Herausforderung bei interdisziplinären Gruppenarbeiten kann die unterschiedlichen Sozialisierungen der Studierenden aufgrund ihrer Disziplinzugehörigkeit sein. Da sie oft ausschliesslich monodisziplinäre Gruppenarbeiten erlebt haben, werden interdisziplinäre Arbeiten als aufwendig und anstrengend empfunden. Die Förderung von ziel- und teamorientierter Zusammenarbeit im Studium erfordert jedoch ein breites Angebot an Lehr- und Lernformaten, um den Studierenden regelmäßige interdisziplinäre Zusammenarbeit zu ermöglichen, andere Disziplinen kennenzulernen, zu verstehen und das eigene Verhalten zu reflektieren. Der Use Case kann dazu beitragen die Studierenden auf die Herausforderungen einer vernetzten Gesundheitsversorgung vorzubereiten.

Iris Sterkele; Mirjam Körner

Berner Fachhochschule (CH)

Begleitforschung zur studiengangsübergreifenden Lehrveranstaltung Beckenbodengesundheit aus multiprofessioneller Perspektive (Hebamme/Physiotherapie)

Hintergrund: Die kollaborative Natur des beruflichen Alltags im Gesundheitswesen erfordert eine wirksame Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Berufsgruppen. Dafür ist die Kenntnis über den Verantwortungsbereich sowie die Bedeutung anderer Berufsgruppen entscheidend (Goodwin, 2014). Um diesem interprofessionellen Ansatz bereits in der Ausbildung zukünftiger Professionist*innen gerecht zu werden, wurde in die Curricula der Bachelorstudiengänge Hebammen und Physiotherapie der FH Campus Wien eine interprofessionelle Lehrveranstaltung zur weiblichen Beckenbodengesundheit aufgenommen.

Dies stellt einen innovativen Ansatz zur Förderung interprofessioneller Zusammenarbeit im Gesundheitswesen dar. Diese Zusammenarbeit setzt nicht nur Offenheit für interprofessionelle Interaktionen voraus, sondern fördert und entwickelt, neben einer Vertiefung der jeweiligen Fachkompetenzen, auch spezifische Sozialkompetenzen, wie Kommunikationsund Teamfähigkeit.

Zielsetzung ist die Evaluation der neu konzipierten interdisziplinären Lehrveranstaltung durch die Studierenden der beiden Berufsgruppen, welche auch in der späteren Berufsausübung eine Überschneidung von Klientel und Zuständigkeit aufweisen. Im Fokus steht die Erfassung der allgemeinen Bewertung der Lehrveranstaltung, Fragen zur Interprofessionalität, sowie die Einschätzung der Studierenden zu möglichen zukünftigen interprofessionellen Lehrveranstaltungen. Der Nutzen des Projekts liegt in der Förderung des interprofessionellen Verständnisses der beteiligten Studierenden bzw. Professionen, der Förderung, Verbesserung und Weiterentwicklung der studiengangsübergreifenden Lehre an den beiden Studiengängen, sowie der Gewinnung von Hinweisen zur Überarbeitung des Lehrveranstaltungskonzepts.

Methodik: Nach Sichtung vorhandener Fragebögen in ähnlichen Studien (z.B. MacDonald et al., 2010; Mahler et al., 2017) wurde ein eigener strukturierter Fragebogen mit quantitativen und qualitativen Items entwickelt und die Zustimmung der Ethikkommission eingeholt. Die Datensammlung wird über eine digitale Version dieses Fragebogens bei den Teilnehmenden der Lehrveranstaltung im Sommersemester 2025 erfolgen. Die Datenauswertung ist mittels deskriptiver Statistik und qualitativer Inhaltsanalyse geplant.

Auf der Tagung werden die Konzeption der Lehrveranstaltung, ihr bisheriger Verlauf und die geplante Befragung vorgestellt sowie die Gelegenheit zur interprofessionellen Diskussion und Reflexion wahrgenommen.

Katharina Meller1; Sevan Sargis1; Heike Polleit 1; Agnes Sturma1; Claudia Oblasser2

1 FH Campus Wien (AT); 2 IMC Krems University of Applied Sciences (AT)

Partizipative interprofessionelle Pilot-Lehrveranstaltung für innovative Ansätze – gemeinsam Lernen unter einem D-A-CH

Aus den Erasmus+ Projekten COPILOT (www.fh-joanneum.at/projekt/copilot/) und INPRO (www.inproproject.eu) zeigten sich Potentiale für COIL (Collaborative Online International Lecture) und Human-Centered Design. COIL dient als Zugang, um regionale, personenzentrierte, interprofessionelle Versorgung zu lehren und das Verständnis für kulturelle und strukturelle Besonderheiten zu fördern.

Ziel: Studierende erleben und reflektieren interkulturelle, interprofessionelle Ansätze und entwickeln innovative und patientenzentrierte Lösungsansätze für ihre Region. Das Pilotangebot vernetzt Bachelor- und Masterstudierende aus Gesundheit und Technik im D-A-CH Raum. Die Studierenden erarbeiten in interprofessionellen und internationalen Kleingruppen Unterschiede und Gemeinsamkeiten, identifizieren innovative Lösungsansätze für den Praxistransfer. Das Lernen im digitalen Raum wird angereichert durch die Liveschaltung eines Betroffenen, der seine aktuelle Lebenssituation nach ICF schildert und im Lernprozess für Fragen zu Lösungsansätzen zur Verfügung steht. Die Studierenden erarbeiten Lösungsansätze nach dem Design-Thinking-Prinzip (Diamond Ansatz) und schließen das Lernangebot mit einer Reflexion ab.

Ergebnisse: Zehn Studierende entwickelten in zwei Kleingruppen kreative Lösungsansätze. Die Design Thinking-Methode erwies sich als effektiv, und die Integration eines Patienten bot einen realen Zugang zu einem Betroffenen und ermöglichte einen Einblick in dessen Aktivitäten und Partizipation. Die Studierenden nutzten die Diversität innerhalb ihrer Kleingruppen für den Entscheidungsfindungsprozess. Durch den Einbezug unterschiedlicher Perspektiven konnten vielfältige Entscheidungen getroffen werden. Die Studierenden haben zudem analysiert, welche strukturellen Anpassungen in ihrem eigenen Setting erforderlich wären, um ihr Versorgungskonzept erfolgreich in die Praxis umzusetzen.

Effektive Mediennutzung, insbesondere die Kollaborationsplattform „Miro“, unterstützte die Zusammenarbeit. Die Vielfalt der Professionen und die Internationalität wurde von den Studierenden als gewinnbringend bewertet. Sie entwickelten alltagsrelevante, praxisbezogene und innovative Lösungsansätze für den Patienten. Der Patient agierte als Co-Lehrer und bereicherte durch seine Erfahrungsexpertise die Aufgabenstellung. Diese Pilotveranstaltung zeigt das Potenzial interprofessioneller und internationaler Zusammenarbeit im Gesundheitswesen und fördert innovative Ansätze für die regionale Versorgung.

Theresa Draxler1; Marietta Handgraaf2; Ursula Hemetek; Claus Hofmann3; Frank Clasemann; Anita Kidritsch3; Andrea Glässel4

1 FH Joanneum (AT); 2 Hochschule für Gesundheit Bochum (DE); 3 FH St. Pölten (AT); 4 Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CH)

OSCE-Prüfung am Studiengang Gesundheits- und Krankenpflege der FH Gesundheitsberufe OÖ

Hintergrund: Die weltweite demografische und epidemiologische Entwicklung bedarf zukünftig einer vernetzten und professionellen Pflegeexpertise. Hohe Ansprüche an eine Lösungsorientierung, die Fähigkeit zur Kognition, Kommunikation und Kollaboration zählen zu den 21st century skills. Durch das kompetenzorientierte Prüfungsformat Objektive Structured Clinical Examination (OSCE) werden berufliche Handlungskompetenzen sowie Future Skills valide, objektiv und reliabel überprüft.

Zielsetzung: Ziel des Bachelor-Studiengangs Gesundheits- und Krankenpflege der FH Gesundheitsberufe OÖ war die Implementation einer, auf das kompetenzorientierte Curriculum abgestimmten, handlungsorientierten Prüfung. Die berufliche Handlungskompetenz als oberstes Ziel vereint klinische Fähigkeiten und Fertigkeiten, evidenzbasiertes Wissen, Erfahrung sowie motivationale Aspekte und Wertehaltungen.

Best Practice: Im Studiengang Gesundheits- und Krankenpflege der FH Gesundheitsberufe OÖ wird derzeit im dritten und sechsten Semester ein OSCE abgehalten. Die Studierenden absolvieren einen Stationenbetrieb mit pflegerisch relevanten Situationen. Die Stationen werden von Expert*innen anhand von globalen Beurteilungskriterien bewertet. Unterstützt wird die FH Gesundheitsberufe von Standardisierten Patient*innen, die jede Situation für alle Studierenden ident simulieren. Die Studierenden profitieren von den vorausgegangenen Skills-Labs, Simulationen und Berufspraktika.

Ergebnisse: Seit 2022 wird die Practice Readiness mittels OSCE überprüft. Der Lern- und Prüfungserfolg ist hoch, da die Studierenden ihr Gelerntes adhibieren und sich sehr rasch auf neue Situationen einstellen können. Durch ein strukturiertes Feedback wird der persönliche Lernprozess reflektiert und der Theorie-Praxis-Transfer gezielt gefördert.

Reflexion: Die Entwicklung dieses Prüfungsformats bedarf umfassender Überlegungen mit ausreichenden Zeit- und Personalressourcen. Die Vorteile überwiegen, weltweit zählen OSCE-Prüfungen zu den beliebtesten Prüfungsformaten. In Zukunft werden interprofessionelle Stationen angedacht, um komplexe Pflegesettings vernetzend abzubilden. Inwieweit Studierende, die eine OSCE-Prüfung ablegen, eine höhere berufliche Handlungskompetenz aufweisen, bedarf weiterer Forschung.

Angelika Wöntner

FH Gesundheitsberufe OÖ (AT)

Postersession 2: Kommunikation, Dialog und Wissenstransfer
Von Einzelkämpfer*innen zum Netzwerk: Entwicklung des Fachlichen Netzwerks Forschung in der Physiotherapie

Fachgesellschaften von Wissenschaftler*innen sind im nationalen und internationalen Setting durchaus üblich. Im Gesundheitsbereich deutschsprachiger Länder sind vor allem wissenschaftliche Fachgesellschaften von Mediziner*innen oder Psycholog*innen etabliert; also von Berufsgruppen mit langjähriger akademischer und wissenschaftlicher Tradition. Solche Netzwerke fördern Aktivitäten und Austausch in der Forschung, Standards in Lehre und Praxis (z.B. Entwicklung von Leitlinien), vertreten Interessen und unterstützen Professionalisierung.

Mit der Akademisierung der nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe werden seit einigen Jahren im deutschsprachigen Raum auch therapiebezogene Forschungsergebnisse von wissenschaftlich ausgebildeten Therapeut*innen generiert. Während wissenschaftliche Aktivitäten von Therapeut*innen in den ersten Jahren vor allem durch „Einzelkämpfertum“, nicht-vorhandene Forschungsstrukturen und großen persönlichen Einsatz charakterisiert waren, etablieren sich nun auch erste wissenschaftliche Netzwerke (z.B. Deutsche Gesellschaft für Physiotherapiewissenschaften, Austrian Association of Occupational Science).

Im Frühjahr 2022 startete eine Initiative zur Gründung eines Netzwerks für wissenschaftlichtätige Physiotherapeut*innen in Österreich. Nach einem einjährigen Prozess mit informellen Treffen und intensivem kollegialen Austausch fand im November 2023 das offizielle Gründungstreffen als Österreichisches Netzwerk Forschung in der Physiotherapie (ÖNFP) bei Physio Austria statt. Aktuell sind 57 Physiotherapeut*innen Mitglied im Netzwerk.

Ziele des Netzwerks sind die Etablierung einer Forschungs-Community in der österreichischen Physiotherapie, das Sichtbarmachen physiotherapeutischer Forschung aus und in Österreich, die Generierung und Implementierung wissenschaftlicher Erkenntnisse im Sinne einer Optimierung der physiotherapeutischen Versorgung, und der Auf- und Ausbau von Forschungskompetenzen und Forschungsstrukturen für Physiotherapeut*innen in Österreich.

Ziel dieses Beitrags für die Dreiländertagung ist es, den einjährigen Gründungsprozess des Netzwerks und die aktuellen Strukturen darzustellen sowie das Mission Statement und erste Aktivitäten des Netzwerks zu präsentieren. Das Bekanntmachen des Netzwerks soll zu einem Austausch und zur Vernetzung mit anderen Therapieberufen führen, aber auch als Inspiration für andere Therapieberufe oder Gruppen dienen.

Gudrun Diermayr1; Andrea Sturm2; Alexander Müller3; Barbara Wondrasch Barbara Wondrasch4; Agnes Sturma3; Tino Stefan Kulnik5

1 FH Gesundheitsberufe OÖ (AT); 2 Physiotherapie Sturm (AT); 3 FH Campus Wien (AT); 4 FH St. Pölten (AT); 5 Ludwig Boltzmann Institut für digitale Gesundheit und Prävention (AT)

Nursing knowledge network

Hintergrund: Die integrierte Gesundheitsversorgung erfordert die Vernetzung und Koordinierung im Gesundheitssystem, um die Qualität der Pflege, die Sicherheit und die Effizienz zu gewährleisten. Obwohl es bestimmte Möglichkeiten für den Austausch zwischen Pflegefachkräften gibt, stehen diese nicht allen zur Verfügung und sind manchmal unbekannt [1]. Eine Studie zur integrierten Versorgung weist auf den Bedarf an innovativen Lösungen hin, wie z.B. die Bereitstellung digitaler Technologien [2].

Zielsetzung: Ziel unseres Projekts ist es, eine Plattform für Pflegefachpersonen zu konzipieren, zu realisieren und zu evaluieren, die den fachlichen, institutionsübergreifenden Austausch zur Unterstützung einer integrierten evidenzbasierten Pflege fördert.

Methode: Das Projekt wird iterativ durch regelmässigen Austausch mit Pflegefachpersonen als Nutzende umgesetzt. Aus den Ergebnissen einer Literaturrecherche und halbstrukturierten Interviews mit Pflegeexpertinnen wurde ein Anforderungskatalog für eine Austauschplattform erstellt. Ein Prototyp der Plattform wurde von Pflegeexpertinnen getestet, bevor die Plattform öffentlich gemacht wird. In einem letzten Schritt wird die Plattform öffentlich zugänglich und die Nutzung der Austauschplattform evaluiert.

Ergebnisse: Eine logische und selbsterklärende Struktur der Plattform ist wichtig für die Akzeptanz der Nutzenden. Als Funktion ist neben der Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu beantworten, auch das Teilen von Dateien wie Leitfäden etc. erwünscht. Die Inhalte sollten thematisch geordnet und über eine Suchfunktion leicht auffindbar sein. Dafür wurde das Verwenden von Schlagworten vorgeschlagen. Ein Benachrichtigungssystem für neue Beiträge oder Antworten auf Fragen wurde ebenfalls vorgeschlagen. Die Moderation hat unter anderem die Aufgabe, die Plattform zu verwalten und anonyme Fragen entgegenzunehmen. Der getestete Prototyp erfüllte diese Anforderungen mehrheitlich und wird entsprechend weiterentwickelt.

Schlussfolgerungen: Digitale Plattformen unterstützen den fachlichen Austausch und damit die Zirkulation von Wissen, da sie einen schnelleren und institutionsübergreifenden Informationsaustausch zwischen Pflegefachpersonen ermöglichen. Die Transparenz des Austausches ermöglicht auch anderen Pflegefachpersonen von der Kommunikation zu profitieren und Beiträge durch wissenschaftliche Ergebnisse zu ergänzen.

Magdalena Vogt; Sebastian Müller; Uwe Riss; Janine Vetsch

OST - Ostschweizer Fachhochschule (CH)

Theorie-Praxis Transfer am Beispiel „Bakabu auf der verrückten Bewegungsinsel“ – Zusammenschluss von Lehre, Praxis und interprofessioneller Versorgung

Hintergrund: Regelmäßige körperliche Aktivität im Kindesalter bildet die Basis für den Erwerb von motorischen Fähigkeiten und trägt positiv zur allgemeinen physischen und psychischen Entwicklung bei. Mit dem Ziel Kinder zu Bewegung zu animieren und ihr Körperbewusstsein zu fördern, wurde in einer Kooperation von Physio Austria und der Vermes-Verlag Ges.m.b.H das Projekt „Bakabu auf der verrückten Bewegungsinsel“ initiiert.

Ziel: Bereits in einer frühen Phase wurden auch Student*innen des Studiengangs Physiotherapie der Fachhochschule St. Pölten in die Weiterentwicklung von „Bakabu auf der verrückten Bewegungsinsel“ eingebunden. Ziel dieser Zusammenarbeit war die Evaluierung der Umsetzbarkeit, sowie der Zufriedenheit der Teilnehmer*innen in den verschiedenen Phasen des Projekts.

Methode: In einem ersten Kooperationsprojekt wurden im Jahr 2022 beispielsweise die Verständlichkeit und Vollständigkeit der vorhandenen Materialien evaluiert. Dazu wurde unter anderem ein Workshoptag mit Schüler*innen der BAfeP St. Pölten organisiert und durchgeführt. Um die Implementierung des Bewegungsförderungsprogramms zu unterstützen entwickelte Physio Austria basierend auf dem Train the Trainer Prinzip ein Schulungskonzept für Physiotherapeut*innen und Elementarpädagog*innen. Im Oktober startete dazu eine Pilotphase in zehn Kindergartengruppen, die wiederum von drei Bachelorarbeiten begleitet wurde. Dabei lag der Fokus auf der Erhebung der Zufriedenheit der Teilnehmer*innen mit dem Schulungs- und Bewegungsförderungskonzept und der interprofessionellen Zusammenarbeit. Parallel wurde im Rahmen eines studentischen Projekts ein Feedback-Tool für die teilnehmenden Kinder entwickelt.

Ergebnis: Das Feedback der Elementarpädagog*innen in Ausbildung, sowie die Ergebnisse der ersten Bachelorarbeiten flossen direkt in die Erstveröffentlichung von „Bakabu auf der verrückten Bewegungsinsel“ ein. Die Ergebnisse der Umfrage der an der Pilotphase teilnehmenden Elementarpädagog*innen und Physiotherapeut*innen zeigten eine hohe Zufriedenheit mit dem Schulungskonzept, sowie der Umsetzung des Bewegungsförderungsprogrammes im interprofessionellen Setting. Auch das von den Student*innen entwickelte Feedback-Tool wurde erfolgreich in die Pilotphase implementiert. Die Möglichkeit bereits im Rahmen der Ausbildung auf verschiedenen Ebenen mit den unterschiedlichsten Partner*innen zusammenzuarbeiten wurde von allen Teilnehmenden als wertvolle Erfahrung und Bereicherung für die eigene Tätigkeit gewertet.

Miriam Wagner

FH St. Pölten (AT)

Theorie-Praxis-Transfer am Beispiel des Projekts PATh@Positive im Kontext von Community Health

Am Department of Community Health (DoCH) der Hochschule für Gesundheit wird zu gesundheitsrelevanten Bedarfen unterschiedlicher vulnerabler Gruppen geforscht, um Lebensqualität, Teilhabe, Chancengleichheit und adäquate gesundheitliche Versorgung zu fördern. Lebenswelt- und Diversity-Orientierung, Empowerment, Partizipation und Transdisziplinarität stellen dabei zentrale Leitkonzepte von Community Health dar [1, 2], die einen starken Bezug zu sogenannten Campus-Community-Partnerschaften (CCP) aufweisen. Letztere nehmen in den Lehrveranstaltungen des DoCH im Sinne der Stärkung des Theorie-Praxis-Transfers eine bedeutende Rolle ein. Hierbei steht insbesondere das Ziel im Fokus, die Lebensqualität von Betroffenen in bestimmten Sozialräumen durch eine fundierte wissenschaftliche Berücksichtigung community-health-relevanter Herausforderungen zu stärken [2, 3].

Mit dem Projekt „PATh: Praxis-Austausch-Theorie“ ist es gelungen eine zentrale und koordinierte Netzwerkstruktur mit community-health-relevanten Praxispartner*innen aufzubauen. PATh versteht sich dabei als Lern- und Forschungsnetzwerk, das in Anlehnung an das Service Learning gemeinsam mit Studierenden verschiedene Projekte und Aktivitäten realisiert [4]. Ein Schwerpunktbereich ist PATh@Positive, welcher Wissenschaft und Praxis rund um positiv-psychologische Herangehensweisen zusammenbringt - mit Blick auf die Gestaltung einer positiven Lebensumwelt sowie Förderung von psychischer Gesundheit, Motivation, Kreativität und Lebensfreude von Menschen in allen Lebenslagen. Während die Studierenden einen Mehrwert durch erfahrungsorientierte, angewandte und transdisziplinäre Lehre erhalten, profitieren die Praxispartner*innen und Betroffene von ressourcenorientierten Interventionen, sodass eine Win-Win-Situation entsteht.

PATh hat sich erfolgreich entwickelt und umfasst mittlerweile über 60 Praxispartner*innen. Bei den Studierenden wird durch den Zugang zu verschiedenen Communities und Praxispartner*innen eine partizipative und transdisziplinäre Grundhaltung gefördert. Durch die praxis- und anwendungsorientierte Lehre konnten eine Verbesserung der Studienbedingungen sowie zugleich vielversprechende Perspektiven für den Berufseinstieg verzeichnet werden [3]. Mittlerweile wurden zahlreiche Lehrforschungsprojekte, Exkursionen, Praktika und kooperative Abschlussarbeiten durchgeführt. Der Ausbau des PATh@Positive-Schwerpunktbereichs findet weiterhin statt.

Anna Mikhof; Thomas Müller

Hochschule für Gesundheit Bochum (DE)

Academic practise partnership mit Primärversorgungseinrichtungen

Körperliche Aktivität ist ein wichtiger Faktor in der Prävention von nichtübertragbaren Krankheiten. Die WHO empfiehlt daher allen Erwachsenen jede Woche mindestens 150 bis 300 Minuten moderate aerobe Aktivität oder 75 bis 150 Minuten aerober Aktivität von hoher Intensität. Nur 50% der österreichischen Bevölkerung erreichen das empfohlene Aktivitätsniveau. Initiativen sind notwendig, um die Umsetzung der WHO-Empfehlungen zu fördern. Prävention und Gesundheitsförderung sind im österreichischen Gesundheitssystem unter anderem in Primärversorgungseinrichtungen (PVEs) verortet.

Im Rahmen einer „Academic-Practice-Partnership“ zwischen dem Studiengang Physiotherapie der FH Gesundheitsberufe Oberösterreich und zwei Primärversorgungszentren soll eine bewegungsfördernde Gruppenintervention entwickelt und pilotgetestet werden. Beteiligte Personen sind Lehrende und Studierende der FH, sowie Vertreter*innen der PVE Grüne Mitte und des PVZ Traun.

Die Kooperation umfasst die Durchführung eines Praktikums von 6 Physiotherapie-Studierenden im 2. bzw.3. Ausbildungsjahr in den beiden PVEs, sowie die Vereinbarung zur Entwicklung und Durchführung einer bewegungsfördernden Gruppenintervention. Die Planung und Durchführung wird in das Praktikum integriert.

Die Studierenden entwickeln unter Anleitung von Lehrenden der FH eine Intervention zur Bewegungsförderung für körperlich inaktive Erwachsene. Diese Intervention orientiert sich an dem WHO toolkit “Promoting physical activity through primary health care” und wird in Kooperation mit den Mitarbeiter*innen der PVEs an die Gegebenheiten vor Ort angepasst. Das Training wird in Form einer Gruppenintervention durchgeführt und besteht aus wöchentlichen Trainingseinheiten (10x 50 min) und einem Heimprogramm.

Studierende erleben im Rahmen des Projektes die Vernetzung theoretisch-wissenschaftlicher Inhalte mit den Anforderungen eines praktischen Settings und lernen eine Primärversorgungseinrichtung als multidisziplinäres Arbeitsumfeld für Physiotherapeut*innen kennen. Sie dokumentieren ihre Lernerfahrungen in einem Praktikumstagebuch. Die praktische Umsetzung des Trainingsprogrammes läuft im Frühjahr/Sommer 2024. Wir präsentieren im Rahmen eines Best Practise Beispiels die gesammelten Erfahrungen zum Aufbau der Kooperation, zur Praktikumsanbahnung und zur inhaltlichen Zusammenarbeit mit den Primärversorgungseinrichtungen, sowie erste Daten aus der Umsetzung (z.B.: Teilnehmer*innenfeedback, Auswertung der Praktikumstagebücher).

Silvia Nowotny; Ute Kiesl

FH Gesundheitsberufe OÖ (AT)

Digitale Gesundheitskompetenz chronisch Kranker fördern - Workshops im Primärversorgungsbereich

Hintergrund: Der Zugang zu Gesundheitsinformationen wird immer einfacher, allerdings fällt vielen die kritische Bewertung von Informationen und das Verständnis medizinischer Begriffe nicht leicht. Besonders Menschen mit chronischen Erkrankungen benötigen Informationen und Fertigkeiten, um mit ihrer Erkrankung zurecht zu kommen. Leider weisen viele von ihnen aber eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz auf.

Zielsetzung: Diese Personen sollen befähigt werden, digital Informationen zu finden und deren Qualität abzuschätzen, gute Entscheidungen zu treffen, ihr Gesundheitsverhalten entsprechend anzupassen sowie aktiv etwas zur eigenen Gesundheit beizutragen.

Best Practice: Es wurde ein Workshop entwickelt, um die digitale Gesundheitskompetenz chronisch Erkrankter durch das Kennenlernen hilfreicher Tipps für die Internetrecherche und Anwendung eines Tools zur kritischen Bewertung von Websites und Gesundheitsinformation, zu stärken.

Workshop-Inhalte sind:

  • Beschaffen von Informationen: Gestaltung des Suchprozesses (Browser, Suchmaschine, Websites, Suchbegriffe)

  • Verstehen der Information: Übersetzungsprogramme (medizinische Begriffe, Englisch), Nachschlagwerke

  • Beurteilen der Information: Checkliste zur Überprüfung der Qualität von Websites/Gesundheitsinformation

Diese Inhalte werden auch praktisch erprobt.

Ergebnisse: Die Rekrutierung der Teilnehmer*innen erfolgte über Selbsthilfegruppen in Oberösterreich, denen das Angebot kurz vorgestellt wurde. Bislang wurden Online-Workshops, welche zwei Stunden dauerten, durchgeführt.

Die Workshopinhalte zur Steigerung von Kenntnissen und Fertigkeiten wurden für den Einsatz im Alltag als nützlich und hilfreich empfunden. Das Online-Format war passend, es gab zu Beginn aber Benutzungsschwierigkeiten (bzgl. Chatfunktion...).

Reflexion zur Umsetzung: Bei einem Präsenztermin könnten die Teilnehmer*innen mit geringen digitalen Kenntnissen gezielter unterstützt werden. Bei Onlineterminen wäre eine Benutzungsanleitung für das Videokonferenzsystem hilfreich.

Eine Zweiteilung der Schulung erscheint sinnvoll: der erster Workshop-Termin erfolgt in Präsenz, darauffolgend gibt es Zeit zur Vertiefung des Gelernten, der Folgetermin findet online statt. Ideal wäre die interprofessionelle Durchführung im Primärversorgungsbereich.

So kann die digitale Gesundheitskompetenz gesteigert und chronisch Kranke zu mehr Autonomie empowert werden.

Renate Ruckser-Scherb; Sabine Dielacher

FH Gesundheitsberufe OÖ (AT)

Postersession 3: Herausforderungen, Kompetenzen und Rollen in der vernetzten Versorgung
Interprofessional collaboration in primary health care in Austria: a quantitative analysis

Background: Primary health care (PHC) is oriented on the 5 core functions; first contact accessibility, continuity, comprehensiveness, coordination and people centeredness. Austria’s health reform, initiated in 2013, addresses these challenges by transitioning towards team-based care within primary health care units (PHCUs), aiming to enhance the delivery of primary care through a multiprofessional approach.

Aim: The aim of the study was to provide initial, evidence-based insights into the perceptions and experi-ences of interprofessional collaboration (IPC) of professionals in PHC in Austria.

Methods: Between March and October 2023, an online questionnaire was sent to all ordinations of PHCUs in Austria, national professional associations, network partners in the educational setting and to all newsletter subscribers of the Austrian PHC platform. It was also promoted via social media plat-forms. A cross-sectional questionnaire study was carried out for professionals who were active in the past 5 years in the context of a PHCU, in the extramural sector with a strong connection to primary care, at an educational institution or in professional association on the topic of PHC. The questionnaire focused on (i) 11 different types of interprofessional activities carried out as part of IPC, which include, among others, structured and unstructured meetings, as well as joint care planning and referrals and (ii) the perception of IPC using the PINCOM-Q.

Results: 128 health care and social professionals completed the questionnaire. Among these participants, those working at a PHCU reported significantly better perceived interprofessionality. Regarding the activities in IPC, only professionals with patient contact were included. Analysis revealed significant differences between participants working at a PHCU and those in the extramural sector. Participants at the PHCU displayed greater relative frequencies in 9 activities. Furthermore, 5 activities were significantly more prevalent among participants in team positions compared to management positions. 6 activities were performed by more than half of the participants across all groups.

Conclusion: We have succeeded in providing insights into the perceptions and experiences of IPC in Austria for the first time. The results shed light on the current state of IPC within Austrian PHC and paves the way for further research and targeted interventions to strengthen collaboration and optimize interprofessional patient care delivery

Marlene Brunner1; Gertie Janneke Oostingh1; Johanna Pilwarsch2; Sarah Burgmann2; Melanie Roth1

1 FH Salzburg (AT); 2 Gesundheit Österreich GmbH (AT)

Berufsfeld Community Health: Aufgaben, Kompetenzen und (interprofessionelle) Zusammenarbeit

Community Health entwickelt sich zunehmend als junge Disziplin und Berufsfeld in Deutschland und greift Herausforderungen der Gesundheitsversorgung und gesundheitlicher Ungleichheit auf und fokussiert dabei die spezifischen Bedarfe von Communities. Verschiedene Aktivitäten und Ansätze nehmen sich dieser Herausforderung an. So werden Berufsbilder (weiter-)entwickelt, wie bspw. Community Health Nursing, oder Primärversorgungszentren aufgebaut. Auch auf Hochschulebene entstehen erste Fachbereiche oder Fachtagungen. Eine zentrale Rolle spielen darüber hinaus Absolvent*innen bzw. Studiengänge, die Studierende für Aufgaben und Tätigkeiten in Community Health qualifizieren. Absolvent*innen treten in den Arbeitsmarkt ein und erschließen berufliche Tätigkeitsfelder. Sie sind interdisziplinär ausgebildet, arbeiten interprofessionell und nehmen wichtige und neue Rollen in der gesundheitlichen Versorgung, Prävention und Gesundheitsförderung ein.

Der Forschungsstand zum Berufsfeld Community Health ist jedoch noch gering und v.a. von Konzeptpapieren und Literaturarbeiten gekennzeichnet, die (antizipierte) berufliche Tätigkeitsfelder und Aufgaben beschreiben. Empirische Forschungsarbeiten befinden sich erst in den Anfängen.

Es ergeben sich Fragen, wie: Welche Aufgaben und Tätigkeiten führen Absolvent*innen praktisch aus? Mit welchen Professionen und Akteur*innen arbeiten sie zusammen und vernetzen sich? Inwiefern gelingt ein Transfer von Studium in die Praxis? Wie können Absolvent*innen ihre Kompetenzen anwenden?

Die Absolvent*innenstudie Community Health greift diese Fragen auf. Mittels eines Mixed-Method-Studiendesigns sollen erste empirische Erkenntnisse zum Berufsfeld Community Health, beispielhaft für Deutschland, gewonnen werden. Eine quantitative (Vor-)Studie wird als Absolvent*innenbefragung aktuell durchgeführt. Zielgrupe sind Absolvent*innen Community Health relevanter Studiengänge in Deutschland. Erfasst werden Qualifikationswege, berufliche Tätigkeitsfelder, Aufgaben und Tätigkeiten, die Zusammenarbeit von Professionen und Akteur*innen, sowie die Kompetenzanwendung. Eine anschließende qualitative Studie soll die Erkenntnisse vertiefen.

Das Poster, welches im Rahmen der Dreiländertagung 2024 Vernetzt versorgt vorgestellt werden soll, wird erste Ergebnisse der Absolvent*innenstudie mit besonderem Fokus auf Aufgaben, Kompetenzanwendung und die (interprofessionelle) Zusammenarbeit, vorstellen.

Jennifer Becker

Hochschule für Gesundheit Bochum (DE)

Koordinierte, partizipative Zielfindung und Zielsetzung zur Stärkung der Adhärenz im Kontext chronischer Erkrankung mithilfe der ICF

Angehörige von Gesundheitsberufen tragen wesentlich zur Gesundheitssituation von Menschen bei. Ausschlaggebend für effektive und nachhaltige Stärkung biopsychosozialer Gesundheit ist dabei das Eingehen auf die Betreffenden selbst, und damit u.a. auch auf deren Lebenswelt, Ressourcen, Problemstellungen und Anliegen.

Ziele für gesundheitsbezogene Interventionen so zu setzen, dass sie für die Betroffenen relevant, sinnvoll und erstrebenswert sind, fördert deren Adhärenz im Versorgungsprozess. Dabei braucht der Prozess partizipativer, personzentrierter und kontextsensibler Zielfindung und Zielsetzung Zeit, die vermeintlich in der Gesundheitsversorgung nicht verfügbar ist.

Im Rahmen mehrerer Forschungs- und Entwicklungsprojekte haben wir in einem interprofessionellen Versorgungskontext (Medizin, Gesundheits- und Krankenpflege, Ergotherapie, Physiotherapie, Case & Care-Management, Medizinische Informatik) die internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) (WHO 2007) als Basis für systemisches professionelles Reasoning, für systematisches, interprofessionell abgestimmtes und partizipatives Vorgehen, sowie für transparente, IT-unterstütze Prozesskommunikation, -dokumentation und -evaluation mit Klient:innen unterschiedlicher Lebensalter und (insbesondere postakuter und chronischer) Gesundheitssituationen eingesetzt.

Die in die Prozessschritte Zielfindung und Zielsetzung investierte Zeit erwies sich als vielversprechend im Hinblick auf die Adhärenz der jungen wie älteren Patient:innen/Klient:innen, die Effektivität der Interventionen, den Alltagstransfer und die Nachhaltigkeit. Praktikable, EDV-gestützte Dokumentationsmöglichkeiten unterstützen Professionelles Reasoning und qualitätssichernde Kommunikation und Abstimmung aller involvierten Berufsgruppen in der personzentrierten, integrierten Versorgung. Die Struktur der ICF kann bei der Umsetzung und Synthese eines top-down mit einem bottom-up Ansatz im interprofessionellen Team sehr hilfreich sein. Koordinierte, partizipative Zielfindung und Zielsetzung mithilfe der ICF stärken Adhärenz und Effektivität im Kontext chronischer Gesundheitsprobleme.

Ursula M. Costa1; Bernhard Pfeifer2

1 fh gesundheit Tirol (AT); 2 UMIT TIROL - Private University for Health Sciences and Health Technology (AT)

Potenziale der ambulanten Gesundheitsversorgung bei Menschen mit chronischen Schmerzen in der Schweiz: Ein Perspektivenvergleich

Hintergrund: Chronische Schmerzen stellen eine komplexe Herausforderung dar, da sie oft eine lebensverändernde Belastung darstellen. Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden (MmcS) und Gesundheitsfachpersonen (HPs) stossen in der ambulanten Gesundheitsversorgung auf Herausforderungen, da klare Strukturen und Handlungsrichtlinien für die interprofessionelle Zusammenarbeit teilweise noch fehlen.

Zielsetzung: Ziel dieser Arbeit ist es, die Bedürfnisse die MmcS an die ambulante schweizerische Gesundheitsversorgung stellen, aufzuzeigen, um erste Lösungen und Perspektiven in der Betreuung von MmcS auszuarbeiten.

Methodik: Basierend auf einem zweiphasigen qualitativen Forschungsdesign wurde in Phase I eine Sekundäranalyse zu sieben narrativen semistrukturierten Einzelinterviews mit MmcS inhaltsanalytisch ausgewertet. In Phase II wurden drei Einzelinterviews und drei Fokusgruppengespräche mit Gesundheitsfachpersonen durchgeführt, transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet.

Ergebnisse: Hemmende und fördernde Faktoren wurden auf individueller, gesellschaftlicher und politischer Ebene aus beiden Perspektiven zu fünf Themen identifiziert. Die interprofessionelle Zusammenarbeit konnte als zentrale fördernde Komponente aus Sicht der Gesundheitsfachpersonen identifiziert werden, wobei MmcS für eine gelungene Behandlung zwischenmenschliche Aspekte ins Zentrum rückten.

Schlussfolgerungen: Neben verbesserten kommunikativen Skills, dem Vermögen die Individualität der betroffenen Person gerecht zu werden und der Verbesserung der Gesundheitskompetenz der MmcS, sollten erste Konzepte für die ambulante interprofessionelle Versorgung in der Schweiz ausgearbeitet und evaluiert werden, wobei die Finanzierung solcher Systeme besonders in Bezug auf die Physiotherapie zu überarbeiten sind.

Shayne Patricia Kaiser1; Bettina Schwind2; Nikola Biller-Andorno2; Andrea Glässel3

1 Berner Fachhochschule (CH); 2 Universität Zürich (CH); 3 Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CH)

Professional Identity Development in Austrian Physiotherapy, Occupational Therapy and Speech-Language Pathologists – a mixed-method investigation

Introduction: Professional Identity (PI) is the adoption of beliefs, attributes, values, and experiences to become a profession’s member. Lacking PI clarity can attenuate a professional’s perceived values. Well-developed PI leads to enhanced professional confidence and pursuit. The question was, how PI develops in Physio-, Occupational- and Speech-Language-Pathology students and what factors are driving PI in different Austrian universities.

Method: A sequential mixed-methods design was adopted. First, an online survey based on PIFFS questionnaire explored the PI development for PT/OT/SLP students. The PIFFS questionnaire was translated into German in a cross-cultural adaptation. SPSS (descriptive statistics, Kruskall-Wallis test) was used to process the data. Guided group discussions were performed in the second, qualitative phase. The verbatim transcripts were coded independently by two researchers. Qualitative data were analyzed according to Mayring’s content analysis by using MAXQDA.

Results: We received 328 (11%) questionnaires. Due to missing data, 75 questionnaires had to be excluded, leaving 253 for analysis. Mean age was 23.6 years, 82.2% respondents were female. 65.2% studied PT, 28.9% OT, 4.7% SLP. 34.3% were in their first, 39.4% in their second, 26.3% in their third year of studies.

10 PIFFS questions showed a statistically significant improvement in PI when comparing study years (1-2;2-3;1-3), whereas 13 did not. The most evident evolution was between years 1 to 3. For example, students are confident to “think and reason like a professional in a company or organization” (p = 0.049; 0.001; 0.000; year comparison), respectively.

Results from the qualitative analysis showed that interprofessional working, practice learning and transferring theory into practice had influence on PI development.

Discussion: This study confirms PI development during bachelor studies in PT/OT/SLP in Austria. Students are aware of their future roles and their importance. Internships, interprofessional experiences, lively organized lessons and positive role models are important parameters for building PI and professional comprehension. Interprofessional education takes already place in our university. There is nevertheless room for improvement in this sector.

Conclusion: PI development takes already place in Austrian PT/OT/SLP students. Formal and informal curricula must be reflected critically to identify adjustments needed to strengthen PI.

Margit Eidenberger; Renate Ruckser-Scherb; Silvia Nowotny; Ulrike Haslinger

FH Gesundheitsberufe OÖ (AT)

International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) und Blended Learning für Gesundheitsberufe in der beruflichen Weiterbildung - Die ICF im Arbeitsalltag anwenden lernen

Hintergrund: Die internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) wird immer mehr im Gesundheitswesen eingesetzt, um Bildungsprozesse zu erleichtern und Gesundheitszustände objektiver zu erfassen. Der Wiener Gesundheitsverbund bot einen zweitägigen Workshop für Mitarbeiter*innen an, um ICF-Basiskompetenzen für Therapieberufe zu erwerben.

Ziel: Fachkräfte des Gesundheitswesens sollten mit den Kernkonzepten der ICF vertraut werden, den ICFRahmen zur Beurteilung von Gesundheitszuständen nutzen können sowie durch Fallstudien ihre Kompetenzen demonstrieren. Ziel war es, einen ganzheitlichen, praktisch anwendbaren Ansatz zu vermitteln, wie die individuelle Funktionsfähigkeit und Teilhabe erhoben und dokumentiert werden kann.

Methode: Ein Blended Learning Format war in eine Präsenz-, eine Selbststudien- und eine Online-Live-Phase strukturiert. Während der ersten, ganztägigen Präsenzphase wurden von drei, seitens WHO als ‚ICF Facilitator qualifizierten Vortragenden die Kernkonzepte, die Struktur und die Philosophie der ICF anhand von Präsentationen, Fallbeispielen, Gruppendiskussionen und einem Escape-Room-Spiel erläutert. In der anschließenden Selbststudienzeit arbeiteten die Teilnehmer*innen zwei Wochen lang an ihrer eigenen Fallstudie. Sie verwendeten ein ICF-Dokumentationsformular und wurden über eine Online-Lernplattform angeleitet. Ein zweites Treffen fand in einem Online-Live-Modus statt und diente dem Austausch, der Diskussion ethischer Aspekte, Feedback zur Aufgabe, sowie digital und anonym zum Format.

Ergebnisse: Der Kurs wurde mit neun Teilnehmer*innen erfolgreich durchgeführt und erhielt insgesamt positives Feedback. Die Fortbildung und die Vortragenden wurden überwiegend mit den höchsten Punkten bewertet.

Acht von neun Teilnehmer*innen konnten nach dem Präsenztag eine selbst gewählte Fallstudie mittels ICFFormular dokumentieren. In der Diskussion wurden Beispiele für interprofessionelle Zielformulierungen und differenzierte Ziele pro Berufsgruppe erarbeitet.

Krankheitsbedingt setzten eine teilnehmende Person und eine Vortragende anstelle der Selbstlern- und der Live-Online-Phase eine zeitverzögerte Ersatzlösung um. Zudem wurde ein Onlinevideo zu ethischen Aspekten der ICF angeboten.

Karin Lotter1; Larisa Baciu1; Anita Kidritsch2

1 IMC University of Applied Sciences Krems (AT); 2 FH St. Pölten (AT)

Postersession 4: Digitale Transformation und Lehre
Alles anders in Teletherapie und Telepflege? -Handlungsempfehlungen von Expert:innen aus Pflege und Therapie zur Interaktion

Ziel: Das Ziel der Studie war es einen empirisch basierten Handlungsleitfaden für die Kommunikation und Interaktion während einer Teletherapie / Telepflege Einheit zu erstellen. Dazu wurde untersucht, wie die Behandlung per synchroner Videokommunikation aus dem Bereich Teletherapie (Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie) und Telepflege von Expert:innen und Patient:innen subjektiv erlebt wurde.

Methodik: In einem Mixed Methods Ansatz wurden Aspekte von hoher Bedeutung, Besonderheiten von Interaktion und Kommunikation, das professionelle Setting sowie Vor- und Nachteile erfasst. Zu Beginn der Untersuchung wurden Interviews (n=20) im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) erhoben und anschließend eine Fragebogenerhebung durchgeführt (n=58).

Ergebnisse: Nach einer strukturierenden Inhaltsanalyse der Interviews konnten sieben Hauptkategorien und 22 Subkategorien identifiziert werden. Die Hauptkategorien umschlossen Erlebensaspekte, Personelle Faktoren, Prozedurale Faktoren, Kommunikationsaspekte, Interaktionsaspekte, Gesprächstechniken und -strategien sowie Umgebungsfaktoren. Gemeinsam mit den Ergebnissen der quantitativen Fragebogenerhebung wurde ein empirisch basierter Handlungsleitfaden zur Durchführung der Videokommunikation erarbeitet.

Schlussfolgerungen: Das Format von Videokonsultationen kann Barrieren im Gesundheitssystem reduzieren, die Partizipation erhöhen und genießt auf allen Seiten eine hohe Akzeptanz. In der Teletherapie und Telepflege empfiehlt sich ein besonderer Fokus auf Kommunikation, Interaktion und Gesprächsregeln, welcher in Aus- und Weiterbildung integriert werden sollte.

Norbert Lichtenauer

Technische Hochschule Deggendorf (DE)

Simulationstraining zur interprofessionellen Zusammenarbeit in der Neurorehabilitation (SIRN)

Hintergrund: Simulationsbasiertes Lernen bzw. Skills-Lab-Konzepte gelten als geeignete, wenn auch umfassende Ansätze, um auf die verschiedensten Herausforderungen im stationären sowie ambulanten Gesundheitswesen zu reagieren. Im Bereich der Neurorehabilitation stellt die interprofessionelle Zusammenarbeit in den jeweiligen Rehabilitationsphasen eine dieser Herausforderungen dar. Um dabei klient:innenzentrierte, effektive und effiziente Behandlungen gewähren zu können, bedarf es eines gut abgestimmten Teams. Zur Verbesserung dieser Zusammenarbeit und der Kommunikation unter den Professionen bedarf es Trainings in Aus- und Weiterbildung.

Zielsetzung: Mit dem Projekt „SIRN“ verfolgten die Institute Ergotherapie, Gesundheits- und Krankenpflege und Physiotherapie der FH JOANNEUM einen interprofessionellen, innovativen Ansatz zur Weiterentwicklung des Simulationstrainings im Bereich der Neurorehabilitation. Dabei liegt der Fokus bei den Themen, interprofessionelle Kommunikation sowie Kollaboration.

Methode/Ergebnisse/Best Practice: Basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen und unter Einbeziehung der Expertise der genannten Institute wurden mehrere Round-Table-Diskussionen abgehalten. Diese Diskussionen konzentrierten sich auf Themen wie die Entwicklung einer gemeinsamen interdisziplinären Sprache, den Austausch über spezifische berufliche Tätigkeitsbereiche sowie die Identifizierung und Optimierung der Schnittstellen in der Neurorehabilitation. Daraus resultierend wurde ein exemplarisches Simulationsszenario zum Thema klient:innenzentrierte Zielfindung entwickelt, welches als „Best Practice“ Beispiel dienen kann. Zum anderen gibt das Projekt auch einen Einblick in die Themenbereiche, die im Rahmen der Entwicklung eines Simulationstrainings für die angeführten Professionen in der Neurorehabilitation wesentlich sind. Zudem liegen Vorschläge zur Vorbereitung, Ablauf und Reflexion eines solchen Trainings vor.

Umsetzung: Die gewonnenen Erkenntnisse und Trainingsvorschläge des Projektes beziehen sich primär auf die Kollaboration der Bereiche Pflege, Ergo- und Physiotherapie. In weiterer Folge kann das vorliegende Szenario aber auch auf die anderen Akteure im Bereich der Neurorehabilitation ausgeweitet werden. Primär wird im Rahmen des Projektes die postgraduale Ausbildung adressiert, Adaptierungen für die Nutzung der Projektergebnisse in der Bachelorausbildung sind aber möglich. Evaluierungsmodelle sind noch in Ausarbeitung.

Hannes Aftenberger; Elisabeth Schwab; Sandra Mack

FH Joanneum (AT)

REALISE - Kollaborative, digitale und nachhaltige Skills stärken: Evidenzbasiertes, interprofessionelles Simulationstraining in der Primärversorgung

Hintergrund: Das Gesundheitswesen befindet sich im Wandel, wobei die Zunahme nichtübertragbarer Krankheiten (NCD) eine zentrale Herausforderung darstellt. NCDs erfordern eine interprofessionelle Zusammenarbeit, die schwerpunktmäßig im Bereich der Primärversorgung stattfindet. Dieser Bereich gewinnt in Österreich zunehmend an Bedeutung. Darüber hinaus beeinflussen die Digitalisierung und Nachhaltigkeit das Gesundheitswesen stark. Um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden und eine optimale Patient*innenversorgung zu gewährleisten, müssen Hochschulen diese Trends in ihrer Aus-bildung berücksichtigen und diese an die aktuellen Gegebenheiten anpassen.

Zielsetzung: REALISE reagiert auf diese Anforderungen mit der Vision die Fachhochschule Salzburg (FHS) national und international als Schwerpunkt für evidenzbasiertes Training von „future skills“ (kollaborativ, interprofessionell, digital, nachhaltig) im Gesundheitsbereich zu implementieren. In weiterer Folge soll daraus ein entsprechender Forschungsschwerpunkt etabliert werden. Eine nachhaltige Kooperation mit nationalen Primärversorgungseinheiten soll geschaffen werden.

Methoden: Fiktive Fallbeispiele, welche aus dem Bereich der Primärversorgung kommen, werden zu Trainings-module zusammengefasst und von den Teilnehmer*innen durchlaufen. Die Trainingsmodule enthalten verschiedene didaktische Elemente, u.a. Simulationen mit Schauspielpatient*innen, Simulationen mit High Fidelity Manikins oder Virtual Reality. Im Rahmen einer Studie werden diese auf ihre Handhab-barkeit und Wirksamkeit in zwei Settings evaluiert: an Personen in Ausbildung und an bereits berufstätigen Personen im Gesundheits-, Sozial- und Medizinbereich mit Fokus auf Personen im Bereich der Primärversorgung.

Die Studie läuft von September bis November 2024 an der FHS.

Nach einer Adaptierung der Trainingsmodule auf Basis der Evaluation werden die Trainingsmodule in den Regelbetrieb der FHS überführt.

Marlene Brunner; Johanna Bodenhofer; Christine Kern; Melanie Roth; Gertie Janneke Oostingh

FH Salzburg (AT)

Im Studium angeeignete und im Berufsleben geforderte Kompetenzen von Bachelorabsolvent:innen der Gesundheitsberufe: Ergebnisse einer Fragebogenstudie aus der Schweiz

Hintergrund: Das Gesundheitsberufe-Gesetz GesBG definiert, welche Berufe in der Schweiz auf Stufe Fachhochschule auszubilden sind, und welche Kompetenzen das Bachelorstudium vermitteln muss. Ziele sind die Sicherheit der Patient:innen sowie deren Versorgung nach den WZW-Kriterien: wirksam, zweckmässig, wirtschaftlich. Eine Kompetenz besteht darin, das Zusammenspiel der verschiedenen Gesundheitsberufe und anderer Akteure des Versorgungssystems zu kennen und fähig zu sein, ihre Massnahmen optimal darauf abzustimmen.

Die nationale Absolvent:innen-Befragung Nat-ABBE war ein Projekt sämtlicher Schweizer Fachhochschulen, die Gesundheitsberufe ausbilden. Die Studie untersuchte die Kompetenzen und Erwartungen von Absolvent:innen sowie weitere Fragen zum Übergang vom Studium ins Berufsleben.

Dieser Beitrag fokussiert auf die Kompetenzen: In welchem Ausmass hatten sich die Bachelor-Absolvent:innen Kompetenzen im Studium angeeignet und inwiefern waren diese ein Jahr nach Berufseintritt durch ihre berufliche Tätigkeit gefordert? Wie stehen die erhobenen Kompetenzen inhaltlich zueinander?

Methode: Studierende der FH-Gesundheitsberufe wurden am Endes Studiums (t1) und ein Jahr nach Berufseintritt (t2) mittels Online-Umfrage befragt. N=1146 Absolvent:innen beantworteten den Fragebogen zu beiden Messzeitpunkten. Auf einer Skala von 1 (überhaupt nicht) bis 7 (in sehr hohem Masse) schätzten sie 23 angeeignete und geforderte Kompetenzen ein. Deskriptive Statistiken zeigen die Differenzen, Faktoranalysen die Struktur der erhobenen Kompetenzen auf.

Ergebnisse: Die Absolvent:innen schätzten die angeeigneten Kompetenzen relativ hoch ein mit wenig Varianzen: M= 5.11; SD= .52; M min= 4.01; M max= 6.00. Die geforderten Kompetenzen waren im Mittel noch höher und variieren stärker: M=5.32; SD= 1.06, M min= 3.06; M max= 6.48. Für Hochschulen typische Kompetenzen (wissenschaftsbasiertes Arbeiten, Präsentieren) eigneten sich die Absolvent:innen mehr an, als es die Berufstätigkeit erforderte. Die Faktoranalysen für angeeignete und geforderte Kompetenzen zeigten unterschiedliche Strukturen.

Diskussion: Die Ergebnisse deuten teilweise auf einen Gap zwischen hochschulisch angeeigneten und in der Praxis geforderten Kompetenzen hin. Die Frage ist: besteht Handlungsbedarf für die Hochschule oder für die Praxis?

Thomas Bucher

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CH)

Entscheidungsfindung mittels clinical reasoning im Rahmen von Health Pathways - Ein innovatives Konzept zur Lehrentwicklung in der Pflege

Hintergrund: Der demografische Wandel führt zu einer Veränderung der Gesundheitsversorgung und der Fallkomplexität. Für eine nachhaltige Versorgung und die Verbesserung gesundheitsbezogener Outcomes der Bevölkerung, sollen akademisch ausgebildete Pflegefachpersonen mit erweiterten heilkundlichen Kompetenzen ausgestattet werden. In Ländern, in welchen Pflegekräfte bereits eine heilkundliche Tätigkeit übernehmen, zeigt die Studienlage, dass hierdurch die Qualität der Versorgung nachhaltig gesteigert werden kann [1].

Zielsetzung: Zur Bewältigung dieser Herausforderungen wurden Pflegediagnosen entwickelt [2]. Damit wissenschaftliche Erkenntnis in die Pflegepraxis überführt werden kann ist es erforderlich, klinische Informationen in einem diagnostischen Prozess zu sammeln und zu bewerten [3]. Dieser Prozess des „clinical reasoning“ stellt ein Kern der pflegerischen Fallarbeit dar. Dafür notwendige Fähigkeiten müssen ausgebaut werden, um Pflegekräfte zu befähigen erweiterte Rollenprofile in der pflegerischen Praxis wahrzunehmen [4].

Konzept: Studierende werden in Praxisprojekten in verschiedenen Settings der Versorgung in der Umsetzung des „clinical reasoning“-Prozesses gefördert. Die Reflexion erfolgt in Form von Fallarbeiten. Eine anschließende Integration evidenzbasierter Maßnahmen in die Versorgung wird so angeregt.

Reflexion zur Umsetzung: Ein Zugang in die Praxis ist derzeit nur über Einzelprojekte umsetzbar. Ein geregelter Zugang, wie im universitären Kontext, ist an Hochschulen für angewandte Wissenschaft in Form von akademischen Lehreinrichtungen derzeit nicht vorgesehen. Die Projekte zeigen jedoch, dass clinician reported outcomes durch entsprechende Projekte positiv beeinflusst werden können.

Daniel Schuemann; Stefan Schoenstein

Technische Hochschule Deggendorf (DE)

[1] American Association of Colleges of Nursing (AACN) (2023): The Impact of Education on Nursing Practice Online verfügbar unter https://www.aacnnursing.org/news-data/fact-sheets/impact-of-education-on-nursing-practice, zuletzt aktualisiert am 15.03.2024, zuletzt geprüft am 15.03.2024.
American Association of Colleges of Nursing (AACN) 2023 The Impact of Education on Nursing Practice Online verfügbar unter https://www.aacnnursing.org/news-data/fact-sheets/impact-of-education-on-nursing-practice, zuletzt aktualisiert am 15.03.2024, zuletzt geprüft am 15.03.2024.
[2] Carpenito, LJ (2014): Handbook of nursing diagnosis. 15th edition. Philadelphia: Wolters Kluwer.
CarpenitoLJ 2014 Handbook of nursing diagnosis 15th edition Philadelphia Wolters Kluwer
[3] Ackley, BJ et al. (Hg.) (2016): Nursing Diagnosis Handbook. An Evidence-Based Guide to Planning Care. 11th ed. St Louis: Elsevier Health Sciences.
AckleyBJ (Hg.) 2016 Nursing Diagnosis Handbook. An Evidence-Based Guide to Planning Care 11th ed. St Louis Elsevier Health Sciences
[4] Lee, J et al. (2016). Registered nurses’ clinical reasoning skills and reasoning process: A think-aloud study. Nurse education today, 46, 75–80.
LeeJ 2016 Registered nurses’ clinical reasoning skills and reasoning process: A think-aloud study Nurse education today 46 75 80
Evaluation von hochschulisch und online vermittelten interprofessionellen Kompetenzen

Hintergrund: Die Bedeutung interprofessioneller Zusammenarbeit im Gesundheitswesen wird immer wieder betont, um vielfältigen Herausforderungen des Gesundheitssystems effektiv zu begegnen. Angehörige der Gesundheitsfachberufe benötigen spezifische Kompetenzen zur erfolgreichen Zusammenarbeit und interprofessionellen Vernetzung. Zentrale Forderung ist die Einführung interprofessioneller Ausbildungen, um frühzeitig Erfahrungen im kooperativen Arbeiten zu sammeln und notwendige Fähigkeiten für die Versorgungspraxis zu entwickeln. Angebote an Hochschulen ermöglichen bereits berufstätigen Angehörigen der Gesundheitsfachberufe, ihre Kompetenzen weiterzuentwickeln. Der Fokus auf versorgungswissenschaftlichen Inhalten gewährleistet die praxisnahe Qualifizierung. Die Nutzung digitaler Angebote ermöglicht eine akademische, berufsbegleitende Weiterentwicklung, um den Strukturwandel im Gesundheitswesen mitzugestalten. Im Wintersemester 2023/2024 schlossen 24 Studierende einen Bachelorstudiengang für Interprofessionelle Gesundheitsversorgung erfolgreich ab und lieferten damit den Beweis der gelungenen Implementierung in den Regelbetrieb. Der Studiengang richtet sich an bereits berufserfahrene Fachkräfte verschiedener Gesundheitsberufe und wird berufsbegleitend im Format blended learning angeboten.

Methodik: Ziel der geplanten Onlinebefragung zum Studienende ist die Untersuchung, inwieweit onlinebasiert die Entwicklung notwendiger Kompetenzen gelungen ist. Anschließende leitfadengestützte Interviews ergründen die Antworten genauer, um tiefergehende Einblicke zu erhalten. Die Kombination aus Onlinebefragung und Interviews bietet eine umfassende Methode, um die Wirksamkeit des Studiengangs zur Förderung der interprofessionellen Kompetenzen zu beurteilen und wertvolle Erkenntnisse für zukünftige Studiengänge zu gewinnen.

Ergebnisse: Bisherige studiengangbegleitende Evaluationen wiesen positive Effekte auf die interprofessionelle Zusammenarbeit und Vernetzung nach. Erwartbar ist eine Bestätigung vorheriger Ergebnisse und Generierung weiterer Erkenntnisse, die zur Verbesserung berufsbegleitender hochschulischer Qualifizierungsprogramme genutzt werden können.

Fazit: Durch die gezielte Förderung der interprofessionellen Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen den verschiedenen Gesundheitsfachberufen können Hochschulen einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Versorgungsqualität und Fachkräftesicherung zur Bewältigung künftiger Herausforderungen im Gesundheitswesen leisten.

Christine Blümke; Sandra Kintscher

Alice Salomon Hochschule Berlin (DE)

Postersession 5: Machbarkeit, Evaluation und Qualitätssicherung
Daheim statt Heim – Verbesserung der Versorgungsqualität für ältere Menschen, die Kurzzeitpflege erhalten: Entwicklung eines personenzentrierten, ressourcenorientierten Programms

Hintergrund und Ziel: Die demografische Entwicklung in der Schweiz führt zu einer alternden Bevölkerung mit komplexen Gesundheitsbedürfnissen, was das Gesundheitswesen vor Herausforderungen stellt. Insbesondere die Versorgung älterer Menschen nach Krankenhausaufenthalten ist suboptimal. Ziel dieser Studie war es, ein Programm zur Förderung einer personenzentrierten und ressourcenorientierten Pflege für ältere Menschen in Kurzzeitpflege zu entwickeln.

Methode: Der Entwicklungsprozess umfasste vier Schritte: interprofessionelle Workshops mit Gesundheitsfachpersonen, Interviews mit Kurzzeitpflegebewohnenden und ihren Angehörigen, Datensynthese und Programmentwicklung. Teilnehmende (N = 38) waren Gesundheitsfachpersonen, Bewohnende und Angehörige aus drei Pflegeheimen. Zur Identifikation von Schlüsselthemen aus den Workshops und Interviews wurde eine thematische Analyse durchgeführt.

Ergebnisse: Das Programm für eine personenzentrierte und ressourcenorientierte Pflege und Betreuung (PCC &ROC) besteht aus vier Pfeilern: PCC&ROC-Betreuungskultur, PCC&ROC-Pflegeplanung, Bewegungskompetenz und Coaching & Consulting. Das Programm wurde auf die individuellen Gegebenheiten der drei Pflegeheime adaptiert.

Schlussfolgerung: Das Programm integriert internationale Best Practices mit einer salutogenetischen Perspektive und der Einbeziehung von Kurzzeitpflegebewohnenden und ihren Angehörigen. Es adressiert den kritischen Bedarf an personenzentrierter und ressourcenorientierter Pflege im Rahmen der Kurzzeitpflege älterer Menschen im Pflegeheim, um deren Autonomie zu fördern und ihre Lebensqualität zu verbessern. Dieser Forschungsarbeit unterstreicht die Bedeutung der Einbeziehung relevanter Stakeholder in die evidenzbasierte Programmentwicklung, um ein Programm zu entwickeln, das auf die Bedürfnisse und Herausforderungen der vorgesehenen Population zugeschnitten ist.

Rouven Brenner; Myrta Kohler; Shauna Rohner; Heidrun Gattinger

OST - Ostschweizer Fachhochschule (CH)

Web-based application for informal caregivers: Study protocol for a randomised controlled trial investigating the effect on activities of daily living in older adults

In Austria, approximately 10% of the population are informal carers, almost half of whom feel heavily burdened and report having limited time to receive advice and support. Given their around-the-clock availability, web-based solutions can provide timely assistance, potentially alleviating this burden and enhance the quality of care. This study aims to investigate the potential benefits of a web-based application for informal caregivers (app) for both the caregiver and the older adult.

In this randomized controlled trial, pairs of digitally competent caregivers and community-dwelling adults aged 55+ who require assistance with daily activities are assigned to either an app-using group (intervention) or a standard care group (control) for 12 weeks. In the intervention group, caregivers use the app for daily updates, task management, occasional reporting, and self-monitoring. The app aims to improve the older adult’s Activities of Daily Living (ADLs) performance by focusing on ADLs, which is the primary outcome measured by the Barthel Index. Additionally, the older adults’ function and disability, health-related quality of life, mobility, and self-efficacy will be assessed. For caregivers, their quality of life, user experience, and daily status will be evaluated.

The trial aims to recruit 66 caregiver-older adult pairs, totalling 132 participants. The study consists of one in-person screening visit, two in-person study visits (baseline and week 12) and telephone follow-up visits for up to two years.

This study protocol outlines a randomized controlled trial investigating an app for informal caregivers. The protocol is designed to assess the potential benefits of such eHealth solutions on the ADLs of the older adult and quality of life of both caregivers and older adult. If effective, this app could represent a significant advancement in eHealth solutions for home care settings. The findings from this study will provide valuable insights into the potential of such apps to support caregivers and improve the quality of care for older adults who require assistance. The results of this study are expected to contribute to the growing body of evidence supporting the use of eHealth solutions in home care settings.

Trial Registration: The study protocol has been approved by the local ethics committee (1259/2023) and registered on clinicaltrials.gov (NCT06199648).

Sebastian Rosendahl Huber1; Janine Julia Brunner1; Rudolf Raschhofer2; Christian Mittermaier2; Bernhard Schwartz1

1 FH Gesundheitsberufe OÖ (AT); 2 Kepler Universitätsklinikum (AT)

User Needs von Patient*innen, Angehörigen und Akteur*innen im Gesundheitsbereich an digitale Applikationen zur interprofessionellen Zusammenarbeit

Hintergrund: Nicht alle Gesundheitsprofessionen haben Zugriff auf relevante Diagnose-, Therapie- und Pflegeinformationen der Patient*innen im extramuralen Setting oder können sie an andere Professionen, Patient*innen und Angehörige weitergeben. Dies führt zu Informationslücken und einer verminderten Versorgungsqualität. Eine Software könnte die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch verbessern.

Zielsetzung: Ziel war, die Anforderungen und Bedürfnisse (User Needs) von Gesundheitsprofessionen, Patient*innen und Angehörigen an digitale Applikationen (Apps) zur interprofessionellen Zusammenarbeit und Kommunikation im extramuralen Setting in Österreich zu erheben.

Methoden: Die User Needs wurden nach Erhalt des Ethikvotums von Oktober bis Dezember 2022 mittels sequenziellem Mixed-Methods-Design und einem Online-Survey mit Physiotherapeut*innen, Ergotherapeut*innen und Gesundheits- und Krankenpfleger*innen erhoben. Die im Jänner bis März 2023 durchgeführten leitfadengestützten Fokusgruppen- und Einzelinterviews mit diesen Berufsgruppen, Patient*innen und Angehörigen wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.

Ergebnisse: Es nahmen 114 Gesundheitsfachpersonen am Survey und 14 an den Fokusgruppeninterviews teil. Hinzu kamen fünf Einzelinterviews mit Patient*innen und Angehörigen. Die Förderung der Kommunikation und des Informationsaustausches konnten als zentrale Anforderungen an Apps identifiziert werden. Die Teilnehmer*innen erachteten neben der Einsicht und Übermittlung von Befunden, ärztlichen Verordnungen und gesundheitsrelevanten Informationen, die gemeinsame Dokumentation als wichtig. Apps sollten benutzerfreundlich und sicher sein, sowie die Organisation und Verwaltung erleichtern. Die systemgestützte Identifikation von Risikofaktoren wurde von allen Professionen als Potential eingestuft.

Schlussfolgerungen: Für Gesundheitsprofessionen, Patient*innen und Angehörige können Apps eine geeignete Schnittstelle für den Informationsaustausch sein. Damit sie zur Zusammenarbeit eingesetzt werden, benötigt es eine flächendeckende Nutzung und Akzeptanz. Für die Anwender*innen sind prozessrelevante und ökonomische Faktoren von hoher Relevanz. Eine niederschwellige Kommunikation zwischen den Gesundheitsprofessionen, den Patient*innen und Angehörigen wurde von der untersuchten Kohorte als unabdingbar angesehen, um eine vernetzte Versorgung zu erreichen. Die Ergebnisse sollen in einer weiteren Umfrage verifiziert bzw. bestätigt werden.

Vera Karner; Sebastian Rosendahl-Huber; Renate Ruckser-Scherb; Stefan Hagauer; Wolfgang Kuttner; Bernhard Schwartz; Melanie Karrer

FH Gesundheitsberufe OÖ (AT)

Evaluation des innovativen Versorgungsmodells «Seh-Lotsen-Sprechstunde (SLS)»

Als innovatives Beratungsangebot für Familien mit Kindern mit (bislang unentdeckten) Sehbeeinträchtigungen ist die Seh-Lotsen-Sprechstunde (SLS) seit 2017 in der Entwicklungsneuropsychologischen Ambulanz (ENPA) des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) der Klinikum Dortmund gGmbH etabliert.

Das Ziel ist die Gesundheit von Kindern mit (bislang unentdeckten) Sehbeeinträchtigungen zu verbessern und die Chancen auf Teilhabe zur erhöhen (Kerkmann, Gawehn & Schneider, 2021). Durch institutionelle und professionelle Differenzierung in den Versorgungsund Beschulungsstrukturen des Gesundheits- bzw. Bildungswesens können Lücken in der Überleitung entstehen. Solche „Schnittstellenprobleme“ (Lübke, 2017) gelten als eines der zentralen „Handlungs- und Forschungsfelder“ rehabilitativer Versorgung (ebd.; Spyra, Müller-Fahrnow, 2006). Die Mitarbeitenden der SLS vermitteln zwischen den beteiligten Berufsgruppen und den Familien, sodass Versorgungslücken überbrückt werden und medizinisch anschlussfähige, individuelle und alltagstaugliche Unterstützungsstrategien entstehen können.

Im Rahmen einer Evaluation wird untersucht, inwiefern es mit diesem innovativen Versorgungsmodell tatsächlich gelingt, Versorgungslücken zu schließen, die Lebensqualität der Kinder zu erhöhen und Teilhabechancen zu verbessern. Die Zufriedenheit und der Nutzen für Familien und Fachpersonen wird ermittelt. Weiterhin werden Hinweise zu Verbesserungsmöglichkeiten des Angebots der SLS gesammelt.

In drei Studienphasen bezieht die Evaluation Erziehungssorgeberechtigte, die Sehlots:innen, die Mitarbeitenden des SPZ und Netzwerkpartner:innen ein. Die Datensammlung erfolgt mithilfe eines Mixed-Method-Designs in Kombination von Fragebögen, leitfadengestützten Interviews und Fokusgruppendiskussionen.

Die Evaluation hat summative und formative Anteile (Stockmann, 2016). Dadurch lässt sich überprüfen, wie das Management der SLS erfolgt, wie die generelle Wirkweise der SLS ist und inwieweit die Ziele erreicht werden. Der Einbezug von verschiedenen Stakeholdern kann dazu führen, dass unterschiedliche Sichtweisen in die Evaluation der Durchführungsprozesse und der Beurteilung der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der SLS einfließen (DeGVal, 2017). Es lassen sich daraus Indikatoren ableiten, welche bei Einrichtung weiterer SLS bundesweit berücksichtigt werden können.

Juliane Rips1,2,3; Daniela Schmitz 1,2,3; Verena Kerkmann 1,3; Nina Gawehn 1,3; Dominik Schneider3; Ulrike Mause3

1Hochschule für Gesundheit Bochum (DE); 2 Universität Witten/Herdecke (DE); 3 Klinikum Dortmund (DE)

Pflegelots*innen zur Koordination von Pflegenotfällen: Ein innovatives Pilotprojekt

Hintergrund: Wenn im häuslichen Umfeld akut mehr Pflege und Betreuung benötigt werden oder von Angehörigen nicht länger geleistet werden können, entstehen Krisen. Diese als «Pflegenotfälle» definierten Situationen gehen mit ungedeckter pflegerischer und betreuerischer Versorgung einher. Daraus resultieren oft nicht-medizinisch indizierte Hospitalisationen. Die Stadt Zug hat deshalb entschieden, zur Koordination von Pflegenotfällen die Rolle von «PflegelotsInnen» zu entwickeln, sie in einem Pilotprojekt einzusetzen und dieses evaluieren zu lassen.

Zielsetzung: Das Pilotprojekt will die koordinierte Organisation einer bedarfsgerechten, pflegerischen Versorgung von Pflegenotfällen durch PflegelotsInnen aufbauen und die Situation von Betroffenen und Angehörigen verbessern. Die Evaluation soll analysieren, inwiefern sich das geplante Konzept umsetzen lässt: Welche Aktivitäten führen Pflegelotsinnen während ihres Einsatzes aus? Welche positiven und negativen Erfahrungen werden gesammelt? Welche Faktoren rund um Pflegenotfälle erschweren eine klare Beurteilung und Koordination? Welche Kosten und möglicherweise Kostenersparnisse entstehen? Welcher Nutzen resultiert für die Betroffenen und Angehörigen sowie weitere Stakeholder im Sinne einer bedarfsgerechten Versorgung? Inwiefern akzeptieren die Stakeholder die neue Rolle der «PflegelotsIn»? Welche Erkenntnisse sind möglicherweise für andere Regionen lehrreich?

Konzept: Das Pilotprojekts sieht vor, PflegelotsInnen an der Schnittstelle von Spitälern, ambulanten Pflegedienstleistern, Pflegeheimen und Hausärzteschaft anzusiedeln. Die PflegelotsInnen sollen über einen Masterabschluss in Pflege verfügen. Sie sollen die Pflegenotfälle zu Leistungserbringern von ambulanten und stationären Pflege- und Betreuungsdienstleistung triagieren. Wir sehen vor, das Projekt mittels leitfadengestützten Interviews, Dokumentenanalyse, Auswertungen einer schriftlichen Dokumentation der Tätigkeiten der PflegelotsInnen und Einschätzungen der Projektbegleitgruppe wissenschaftlich zu begleiten.

Reflexion zur Umsetzung: Ab Januar 2025 soll eine erste PflegelotsIn im Einsatz stehen. Das Projekt befindet sich aktuell in der Vorbereitungsphase. Wenn das Pilotprojekt erfolgreich ist, soll die Rolle der Pflegelotsinnen in die Regelversorgung des Kantons Zug aufgenommen werden, mit dem Potential der späteren überregionalen Verbreitung.

Stefan Essig1; Rebecca Tomaschek1; Charlotte Müller1; Stefan Neuner-Jehle1; Patrick Beeler1; Chiara Treute2; Miriam Rittmann2

1 Universität Luzern (CH); 2 Stadt Zug (CH)

Das Potential einer digitalen Intervention mit Blick auf psychische Gesundheit: Die App Food4Mood

Vor dem Hintergrund der voranschreitenden Digitalisierung und der hohen Affinität bestimmter Bevölkerungsgruppen gegenüber Technologien kristallisieren sich digitale (asychrone und alokale) Interventionen als zielführende, effektive und niedrigschwellige Ansätze zur Förderung der psychischen Gesundheit heraus (z.B. Ghammachi et al., 2022; Mikhof & Wieners, 2022, 2023). Im Kontext psychischer Beeinträchtigungen stellen junge Erwachsene eine besonders vulnerable Kohorte dar (Mensinket al. 2017). Bisherige Experimental- und Längsschnittstudien zeigen auf, dass Ernährungsinterventionen durchaus zur Stärkung des psychischen Wohlbefindens beitragen können, z.B. hinsichtlich der Reduktion von Depressionen, Stress und negativer Stimmung (z.B. Mikhof & Wieners, 2022, 2023).

Unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer Bedarfsanalyse (N = 679) wurde in Partizipation mit der Zielgruppe sowie basierend auf dem aktuellen interdisziplinären Forschungsstand die mobile App „Food4Mood“ entwickelt - mit dem Ziel das psychische Wohlbefinden junger Erwachsener fundiert, akzessibel und anwenderfreundlich zu unterstützen.

Nach dem Durchlaufen der Konzept-, Design- und Programmierphase erfolgten mehrere Testphasen. Die finale Version der App umfasst mehrere Komponenten, u.a. die Wissensvermittlung anhand umfassender, wissenschaftlich fundierter Informationen, die Unterstützung beim Erarbeiten und Umsetzen der Strategien zum erfolgreichen und autonomen Erreichen der selbstbestimmten Ziele, die Aufzeichnung von Fortschritten und die Selbstdokumentation (self-tracking) sowie verschiedene motivationale, selbstwirksamkeitsund planungsbezogene Elemente. Die Ergebnisse hinsichtlich der Überprüfung der Effekte der App Food4Mood auf die psychische Gesundheit deuten ein enormes Potential von digitalen Interventionen in der Gesundheitsversorgung an. Implikationen für digitale Ansätze in der Versorgung sowie zukünftige Forschungspotentiale werden diskutiert.

Anna Mikhof

Hochschule für Gesundheit Bochum (DE)

Fokus pflegerische Dienstübergabe in der Kinderonkologie - Entwicklung eines Pflegestandards

Hintergrund: Zwei von drei medizinischen Behandlungsfehlern werden auf eine inadäquate Kommunikation zurückgeführt. Besonders in der Kinderonkologie ist aufgrund der ganzheitlichen Betreuung der Patient*innen und deren Angehörigen eine strukturierte Kommunikation im interdisziplinären Team von wesentlicher Bedeutung.

Zielsetzung: Die Masterarbeit hat zum Ziel, durch die Entwicklung eines Pflegestandards für die Dienstübergabe in der Kinderonkologie eine Qualitätssteigerung in der Patient*innenversorgung herbeizuführen.

Methodik: Mittels systematischer Literaturrecherche wurde in den Datenbanken PubMed und CINAHL nach Studien zu den Herausforderungen bei der Dienstübergabe auf einer Kinderonkologie gesucht. Dabei konnten keine relevanten Treffer erzielt werden. Aufgrund dessen erfolgte eine Datenerhebung mittels 15 leitfadengestützter Expertinneninterviews. Die befragten Expertinnen waren als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen auf kinderonkologischen Abteilungen in fünf österreichischen Krankenhäusern tätig. Die erhobenen Daten wurden anschließend transkribiert und mittels Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.

Ergebnisse: Aus der Datenerhebung geht hervor, dass die Einhaltung der vorgegebenen Rahmenbedingungen - insbesondere die Einhaltung des zeitlichen Rahmens und das Schaffen einer unterbrechungsfreien Atmosphäre – herausfordernd sind. Ebenso herausfordernd sind die Dokumentationsgrundlagen, die Auswahl der zu übergebenden Informationen sowie deren Strukturierung. Die persönliche Haltung der Pflegekräfte nehmen einen wesentlichen Einfluss auf die Dienstübergabe. Im entwickelten Pflegestandard zur Dienstübergabe in der Kinderonkologie werden die Rahmenbedingungen zur Steigerung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Dienstübergabe festgelegt. Außerdem wird die Struktur des standardisierten Übergabetools I-PASS mit den fachspezifischen Übergabeinhalten der Kinderonkologie hinterlegt. Eine Besonderheit in der Kinderonkologie ist die Übergabe von Informationen zu den psychosozialen Verhältnissen der Patient*innen und deren Umfeld.

Schlussfolgerungen: Durch die Definition von Rahmenbedingungen und die Entwicklung einer Strukturvorgabe kann eine Steigerung der Qualität herbeigeführt werden. Vor der Implementierung in die Praxis bedarf es einer Validierung des Pflegestandards durch Expert*innen.

Nadja Latschbacher

Kepler Universitätsklinikum (AT)

Postersession 6: Bedürfnisse der Klient*innen und Kommunikation in der vernetzten Versorgung
Gesundheitskompetenzförderung von Menschen mit chronischer Erkrankung - die Rolle von Kontextfaktoren. Eine Mixed Methods Studie

Hintergrund: Ein hoher Grad an Gesundheitskompetenz ist für Menschen mit chronischer Erkrankung (MmcE) aufgrund der Notwendigkeit, gesundheits- und krankheitsrelevante Informationen zu bewerten und Entscheidungen im Alltag zu treffen, von zentraler Bedeutung (Schaeffer et al., 2020; Griese, 2022). Repräsentative Studien zeigen, dass MmcE ihre Fähigkeiten kritischer einschätzen als die Allgemeinbevölkerung (Schaeffer et al., 2017;2020). Außerdem ist es wichtig, Kontextfaktoren (z.B. soziokulturelle) in Organisationzprozessen zu berücksichtigen, um lebensweltnahe und nutzer:innengerechte Setting-Ansätze zu fördern.

Methode: Im Rahmen einer Mixed-Methods Studie wurden qualitative leitfadengestützte Interviews mit Patient:innen eines multiprofessionellen Gesundheitszentrums geführt, um Hinweise auf kontextspezifische Bedürfnisse hinsichtlich der Gesundheitskompetenz von MmcE zu erfahren. Die Studie ist Teil eines Projektes, dass eine pflegegeleitete Versorgung im Quartier erprobt und evaluiert hat. Das zugrundeliegende mixed-methods Studiendesign (explanatory sequential design) nach Creswell (2014) wurde gewählt, um verschiedene Perspektiven zur Gesundheitskompetenz berücksichtigen zu können. Dafür wurde die Studienkohorte als identisches Sampling in quantitativen Befragungen und in Einzelinterviews einbezogen. Komplementär werden derzeit Expert:inneninterviews mit Mitarbeitenden geführt.

Ergebnisse: Mit n=12 chronisch kranken Patient:innen wurden qualitative Gespräche geführt, die inhaltsanalytisch nach Kuckartz (2018) ausgewertet werden. Die kategorisierten organisationalen Kontextfaktoren sollen im Kongressbeitrag präsentiert werden. Diskussion: Die Studie leistet einen Beitrag zur Identifikation subjektiver Bedarfe und Anforderungen von Menschen mit chronischer Erkrankung im Setting einer Einrichtung der Primärversorgung. Die Forschung ist Teil eines Dissertationsvorhabens zur Gesundheitskompetenz von MmcE im Kontext der erweiterten Pflegerolle Community Health Nursing.

Annike Morgane Nock1; Corinna Petersen-Ewert1; Sabine Metzing2

1 Hochschule für Angewandte Wissenschaften (DE); 2 Universität Witten/Herdecke (DE)

Zerebrovaskuläres Board Evaluierung einer standortübergreifenden Besprechungsplattform am Kepler Universitätsklinikum Linz

Einleitung: Um für Patienten mit zerebrovaskulären Erkrankungen einen geeigneten Therapiepfad zu generieren, wurde am Kepler Universitätsklinikum Linz seit Beginn des Jahres 2022 eine hybride, standortübergreifende Besprechungsplattform implementiert. Ziel dieser Arbeit ist, dieses neue Board aus Sicht der Personen, die mit diesem System interagieren zu evaluieren. Die Forschungsfragen zielen auf 2 Kategorien ab: Qualität und Zufriedenheit. Es werden Nutzen und Chancen aufgezeigt, um in Zukunft wichtige Entscheidungen für die Versorgungssituation in Bezug auf das richtige und wirksame Digital Health Management zu gewinnen.

Ergebnisse: Im Median verbessert sich die Qualität der Versorgungssituation für zerebrovaskuläre Erkrankungen in OÖ im Kontext des „Zeitraums von der ersten relevanten Bildgebung bis zur Besprechung im CV-Board am Beispiel von ACI-Stenosen“ signifikant. Es konnte eine Verkürzung von 29,31 % im Vergleich von 2022 auf 2018 festgestellt werden. Ebenso konnte eine Erhöhung des Patientenguts von 2018 auf 2022 um das 2,69-fache durch die Implementierung des CV-Boards verzeichnet werden. Diese Qualitätsverbesserung wird durch die Befragung noch untermauert. 84,4 % der Mediziner*innen sind der Meinung, dass das CV-Board eine Zeitersparnis im Arbeitsalltag mit sich bringt und dass die Ergebnisse schnell vorliegen. Im Bereich der Zufriedenheit geben 79 % der Mediziner*innen und 90,96 % der Radiologietechnolog*innen an, dass sie im Bereich der Anwenderorientiertheit und des Patientenmanagements eher bis sehr zufrieden sind.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass eine hybride, standortübergreifende Besprechungsplattform eine Verbesserung in den Bereichen Zufriedenheit und Qualität bringt. Patient*innen profitieren in zeitlichen Komponenten und in der erweiterten Versorgungsmöglichkeit. Das Gesundheitspersonal verzeichnet eine Weiterentwicklung im digitalen Setting und der erweiterten Vernetzung in OÖ.

Romana Manzenreiter

Kepler Universitätsklinikum Neuromed Campus (AT)

Kardiomobil - Information und Prävention für Menschen mit Herzinsuffizienz

Zielsetzung: Zur individuellen auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmten Beratung der Patient*innen ist die Optimierung der interdisziplinären Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Patient*innen, Angehörigen, Hauskrankenpflege, 24h-Betreuung, Spitälern inkl. Care & Case-Management, Ärzt*innen und AVOS-Pflegepersonen Ziel.

Konzept: Das seit 2008 in Salzburg etablierte Programm KardioMobil ist eine Nahtstelle bei der Behandlung von Menschen mit Herzinsuffizienz zwischen intraund extramuralem Bereich. Zur Mitarbeit an diesem integrativen Disease-Management-Programm benötigen AVOS-Pflegepersonen die Weiterbildung zum/zur Herzinsuffizienzberater*in (ECS anerkannt).

Reflexion zur Umsetzung: KardioMobil ist ein etablierter Teil der Salzburger Versorgungslandschaft für Patient*innen mit Herzinsuffizienz und wird laufend evaluiert und weiterentwickelt.

Gerlinde Weiser-Sandhoff; Iris Haslinger; Sabine Stadler; Roland Reisenauer

AVOS Gesellschaft für Vorsorgemedizin GmbH (AT)

Herausforderungen im Notaufnahmemanagement

Hintergrund: Die Notaufnahmen der Krankenhäuser stehen vor einer großen Herausforderung dem sogenannten „Crowding“ – welches die Disproportionalität zwischen den bestehenden bzw. neu eintreffenden Patient*innen in der Notfallaufnahme (NFA) und dem Abschließen durch Entlassung oder stationärer Aufnahme dieser beschreibt. Einhergehende Folgen dieses Crowdings sind verlängerte Wartezeiten, gesamte Auslastung der vorhandenen Ressourcen und Einschränkungen in der Akutversorgung von Notfallpatient*innen.

Methode: Durch eine zunächst durchgeführte Literaturrecherche wurde ein Bezug zum theoretischen Wissen auf das Forschungsgebiet hergestellt. Nach Auswahl der Expert*innen wurde eine explorative Befragung dieser durchgeführt, welche zur Beantwortung der folgenden Fragestellung dienen soll: Welche unterschiedlichen Herausforderungen zeigen sich im Notfallmanagement? Durch Exploration dieser Punkte können auf fördernde und hemmende Strukturen bzw. Prozesse im Notaufnahmemanagement hingewiesen werden. Das Ergebnis gibt in folgende Dimensionen Einblick: Organisation, Struktur, Stressoren und weitere Herausforderungen. Für das Sampling wurden zwei repräsentative Expertinnen und Experten aus den österreichischen Notaufnahmen zu der erläuterten Thematik befragt. Die Transkripte wurden systematisch nach der qualitativen Inhaltsanalyse reduziert und mittels einer gemischten Kategorienbildung ausgewertet.

Ergebnis: Die Studie beleuchtet multidimensionale Herausforderungen in den österreichischen Notaufnahmen, darunter zählen die zunehmende Patientenanzahl, fehlende extramurale Versorgung und schwierige Patientenselbsteinschätzung. Räumliche Kapazitäten sind oft nicht mehr ausreichend und es wird von einer höheren Arbeitsbelastung berichtet. Erschwert wird die Situation für die Pflegekräfte durch die Distanzlosigkeit und hohe Anspruchshaltung der Patient*innen. Die Teamarbeit wird durch häufige Dienstausfälle und -übernahmen sowie Arbeiten in niedriger Personalzahl gehemmt, aber durch gute interprofessionelle Zusammenarbeit, einer starken Führungskraft und dem kollegialen Zusammenhalt gefördert. Eine adäquate Entlohnung wird gefordert, die der Verantwortung und Komplexität ihrer Aufgaben gerecht wird.

Schlussfolgerung: Aus den Resultaten der Studie werden Handlungsempfehlungen zu den Adaptierungen der Notaufnahmen geliefert, um die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen zu verbessern und die Patientenversorgung zu gewährleisten.

Daniel Schneeweis

Kepler Universitätsklinikum / FH Gesundheitsberufe OÖ (AT)

Chronisch krank hautnah - Qualifizierung von Betroffenen mit einer rheumatischen Erkrankung zur Versorgungsverbesserung durch Gesundheitsfachberufe

Hintergrund: Mehr als 20 Millionen Menschen in Deutschland sind von einer rheumatischen Erkrankung betroffen. Diese Betroffenen haben eine Erkrankungsexpertise, die in der Ausbildung und im Studium der Gesundheitsfachberufe von großer Bedeutung sind.

Um Betroffene einheitlich zu qualifizieren, startete 2020 das zweijährige Projekt „Rheuma hautnah – Auch in der Ausbildung“. Ein gemeinsames Projekt der Deutschen Rheuma-Liga Nordrhein-Westfalen e.V. und der HS Gesundheit Bochum, gefördert durch die AOKen Rheinland/Hamburg und Nordwest. In 2022 begann das dreijährige Anschlussprojekt „Chronisch krank hautnah – Auch in der Ausbildung“.

Zielsetzung: Das primäre Ziel von „Rheuma hautnah“ ist es, betroffene Ehrenamtliche als Multiplikatoren für verschiedenste Unterrichtseinheiten in Ausbildungsstätten der Gesundheitsfachberufe einheitlich zu schulen.

Weitere Ziele sind die Sensibilisierung von künftigen Gesundheitsfachkräften für die Bedürfnisse der Betroffenen, die Verbesserung der Behandlungs- und Pflegesituationen von Betroffenen sowie deren Zuführung zu Hilfen und Unterstützungsangeboten der Selbsthilfe. Mit dem Anschlussprojekt sollen die Schulung „Rheuma hautnah“ verstetigt, das Konzept in andere Selbsthilfeverbände transferiert und die Multiplikatoren in ihrer Tätigkeit vor Ort unterstützt werden.

Konzept: Zur Erreichung des primären Ziels wurde ein evidenzbasiertes Curriculum erstellt, das jährlich geschult wird und folgende Inhalte aufgreift: Erkrankungsbilder des rheumatischen Formenkreises und deren Auswirkung auf Pflege- und Behandlungssituationen, Aktivitätenund Alltagsbewältigung sowie Leistungen und Hilfen der Deutschen Rheuma-Liga.

Im Rahmen des Nachfolgeprojektes finden zusätzlich Reflexions- und Coaching- und Feedbackseminare zur Unterstützung der Multiplikatoren statt.

Evaluation: Bis Februar 2024 konnten in fünf Schulungen 37 Multiplikatoren qualifiziert werden. Sowohl die inhaltliche als auch methodische Ausgestaltung wurden mit gut bis sehr gut bewertet.

Bislang hielten die Multiplikatoren Seminare in etwa 10 Ausbildungsstätten in NRW. Die Rückmeldungen der Auszubildenden und Studierenden der Gesundheitsfachberufe zeigen, dass hierdurch der Blick auf die rheumatischen Erkrankungen verbessert wurde.

Reflexion: Aufgrund verschiedener Vorkenntnisse/Erfahrungen der Ehrenamtlichen lag die Herausforderung in der Vermittlung des komplexen Curriculums. Das Klären der Erwartungshaltung und der Ziele der Schulungen sind von größter Bedeutung.

Jens Riede; Sandra Bachmann

Hochschule für Gesundheit Bochum (DE)

Unterwegs nach «Tut mir gut»

Kinder, die aus Familien kommen, in denen Gewalt, Kriminalität oder Sucht vorherrschen, haben eine höhere Vulnerabilität bezogen auf eigenes Suchtverhalten. Suchtprävention ist daher bereits im frühen Kindesalter ausschlaggebend für das weitere Leben. Viele Unterstützungsangebote werden von den regionalen Netzwerken angeboten, dennoch bedarf es vor allem im Kindergarten an Präventionsmaßnahmen und Angeboten für Kinder und deren Eltern. Selbstwertgefühl, Kommunikationsfähigkeit, Selbstverantwortung, und das Erlernen von Lebenskompetenzen stellen wichtige Schwerpunkte in der Suchtprävention dar. Von großer Bedeutung ist es passende Angebote diesbezüglich in den Kindergartenalltag mit einzubeziehen.

Ziel der Projektarbeit ist Suchtprävention auf spielerischer, kindgerechter Ebene aufzubereiten. Die Kinder sollen im aktiven Tun Handlungskompetenzen und Resilienzfaktoren entwickeln und stärken, um auf die Herausforderungen in der heutigen Konsumund Suchtgesellschaft kompetent und gestärkt reagieren zu können. Im Fokus liegt die Stärkung der Lebenskompetenzen, die anhand von Aspekten wie bspw. „Ich Stärke“, „Umgang mit Gefühlen“, „Frustrationstoleranz“, spielerisch in Kleingruppen gefördert werden.

Als zentrale Frage fungierte: „Verfügen Kinder im Kindergartenalter über Resilienzfaktoren und inwieweit können diese präventiv gefördert bzw. entwickelt werden“.

Zur Durchführung in einem Kindergarten bereitete die Projektgruppe für acht Schulanfänger*innen, vier Stationen mit den Titeln „Körperbewusstsein“, „Sorgenfresser“, „mein unsichtbarer Gartenzaum“ sowie „Gefühle 1-2-3“ vor. Jede Station wurde von einem Projektgruppenmitglied betreut und je zwei Kinder im Rotationsprinzip eingeplant. Beginnend mit einem Treffpunkt im „Gefühleland“ wurden die Kinder von einem „Zug“ abgeholt. Im Fluss einer vorgelesenen Geschichte blieb der „Zug“ immer wieder bei unterschiedlichen Gefühlen stehen, um mit den Kindern zu reflektieren, wie sich unterschiedliche Emotionen anfühlen. Dem folgend wurde die Kindergartengruppe den Stationen zugeteilt und letztlich mit einem Bewegungsspiel verabschiedet.

Die Eltern wurden im Vorfeld informiert und zudem wurden Steckbriefe der einzelnen Projektmitglieder ausgehängt, um den Kindern das Kennenlernen zu erleichtern. Ebenso erfolgte ein Genehmigungsschreiben des Kindergartens. Zuletzt wurde das Gruppengeschehen mit den zuständigen Pädagog*innen reflektiert und nachbesprochen.

Wolfgang Weinzinger; Carina Schneider; Fiona Stabenteiner; Sarah Achleitner

FH Gesundheitsberufe OÖ (AT)

Mit Typ-1-Diabetes in der Schule. Diabetesversorgung an Vorarlberger Grundschulen aus Sicht der Eltern

Hintergrund: Das Setting Schule stellt eine wesentliche Säule in der Versorgung von Kindern mit Typ-1-Diabetes dar. Aufgrund der steigenden Inzidenz und Prävalenz von Typ-1-Diabetes im Kindesalter stehen Schulen zunehmend vor der Herausforderung, Kinder mit Diabetes zu versorgen. Die vorliegende qualitative Studie hatte zum Ziel, die Versorgung von Kindern mit Typ-1-Diabetes erstmalig in Vorarlberger Grundschulen aus Sicht der Eltern zu beschreiben und deren Wünsche für eine optimierte Versorgung darzustellen.

Methode: Mittels halbstrukturierter, leitfadengestützter Interviews wurden sechs Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes zur Diabetesversorgung ihrer Kinder in der Grundschule befragt. Die Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.

Ergebnisse: Die Eltern erlebten die Diabetesversorgung in der Grundschule nicht als strukturiert oder nach einem Plan organisiert sondern nach bestem Wissen und Gewissen aller involvierten Personen. Der Prozess der Einschulung bzw. der Rückkehr nach der Diagnose wurde als schwierig beschrieben. Mit zunehmender Routine in der Diabetesversorgung hatten die Eltern ein positives Sicherheitsgefühl während der Schulzeit, was besonders auf das Selbstmanagement der Kinder und das Engagement der Klassenlehrkräfte zurückzuführen war. Trotz guter Integration in den Schulalltag beschrieben die Eltern Einschränkungen in der Teilhabe, besonders bei Hyper- und Hypoglykämien. Die Eltern wünschten sich Unterstützung bei der Diabetesversorgung in der Schule durch Pflegefachpersonen, verpflichtende Diabetesschulungen für und Verständnis durch die Lehrpersonen, sowie Unterstützungsleistungen und eine Anlaufstelle im Land.

Schlussfolgerung: Die gesundheitliche Versorgung von Kindern mit Typ-1-Diabetes in der Schule ist aufgrund fehlender einheitlicher Regelungen und Strukturen sowie aufgrund der Abhängigkeit vom Wohlwollen der Lehrpersonen mit Herausforderungen verbunden. Zur Sicherstellung der Versorgung von Kindern mit Typ-1-Diabetes im Setting Schule kommt Pflegepersonen mit erweiterten und vertieften Kompetenzen im pflegerischen und wissenschaftlichen Bereich des Public Health Nursing eine tragende Rolle zu. Als Vorbild dient hierzu das Berufsbild der School Health Nurse, welches sich international bewährt hat. Für eine optimierte Versorgung von Kindern mit Typ-1-Diabetes in der Grundschule sind weitere Studien und Projekte mit dem Ziel einer integrativen Versorgung nötig.

Magdalena Vogt

OST - Ostschweizer Fachhochschule (CH)

Activity Pacing bei einer Person mit chronischer Erkrankung

Hintergrund: Menschen mit chronischen Erkrankungen können aufgrund ihrer Symptome (zB Schmerz) Einschränkungen bei Aktivitäten erleben. Daraus resultiert meist eine Verminderung der Lebensqualität. Das Konzept Activity Pacing versucht eine Ausgewogenheit zwischen Ruhe und Belastung herzustellen, Vermeidungsverhalten zu reduzieren und so Partizipation an bedeutungsvollen Aktivitäten wieder zu ermöglichen.

Zielsetzung: Ziel der Arbeit war ein vertiefter Einblick, wie Activity Pacing Betätigungsperformanz und Lebensqualität beeinflussen kann und wie dieses Konzept von einer Betroffenen erlebt wird.

Methoden: Dazu wurde eine Einzelfallstudie durchgeführt. Es erfolgten Erhebungen mit dem EuroQuol-5D-5L sowie dem Canadian Occupational Performance Measure (Betätigungsperformanz). Dabei wurden drei eingeschränkte Aktivitäten als Zielvariable ausgewählt und in Aktivitätsanalysen erfasst. Danach wurde ein maßgeschneidertes Beratungsprogramm in 2 Terminen durchgeführt, welches die 5 Schritte des Activity Pacings berücksichtigte. Die Umsetzung des Pacings im Alltag erfolgte selbständig durch die Person. Zuletzt wurden die Messungen wiederholt und deskriptiv analysiert sowie ein teilstrukturiertes Interview zum Erleben des Programms durchgeführt, transkribiert und die Daten mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring von 2 Forscherinnen ausgewertet (Triangulation).

Ergebnisse: Die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbesserte sich in den Domänen Beweglichkeit und Mobilität sowie alltägliche Tätigkeiten. Bezogen auf die Zielaktivitäten erreichte die Probandin eine deutlich höhere Zufriedenheit mit ihrer Betätigungsperformanz, da sie durch langsame Steigerung der Belastung und mehr Selbstvertrauen wieder aktiver sein konnte. Den Transfer von Activity Pacing in den Alltag erlebte sie in der Umsetzung als einfach und praktisch, jedoch als zeitaufwändig.

Schlussfolgerungen : Activity Pacing kann die Selbstwirksamkeit aktivieren und psychische als auch körperliche Funktionen steigern. Beratung, Übungsaufgaben sowie Reflexion können Betroffene unterstützen, Belastungsgrenzen gut wahrzunehmen und langsam zu steigern sowie ihr Vermeidungsverhalten aufzugeben und aktiver zu werden.

Ideal wäre die Umsetzung im Primärversorgungsbereich, denn hier könnte man chronisch Erkrankte mit Bedarf identifizieren sowie interprofessionell versorgen und ihnen so zu mehr Aktivität und Partizipation verhelfen.

Renate Ruckser-Scherb; Verena Rausch; Viktoria Stöcklinger

FH Gesundheitsberufe OÖ (AT)

Language: English, German
Page range: 121 - 154
Published on: Dec 21, 2024
Published by: ZHAW Zurich University of Applied Sciences
In partnership with: Paradigm Publishing Services
Publication frequency: 1 issue per year

© 2024 Thomas Bucher, published by ZHAW Zurich University of Applied Sciences
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