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Auswirkungen einer Gemeindefusion auf die Ausgaben und die Leistungen einer Gemeinde : empirische Untersuchungen am Beispiel der Gemeinde Stammheim Cover

Auswirkungen einer Gemeindefusion auf die Ausgaben und die Leistungen einer Gemeinde : empirische Untersuchungen am Beispiel der Gemeinde Stammheim

By: Christian Noth  
Open Access
|Nov 2024

Full Article

1 Einleitung

1.1 Einführung in die Thematik

In der Schweiz sind in den letzten zehn Jahren 272 Gemeinden durch Gemeindefusionen verschwunden (Bundesamt für Statistik, 2023). Im selben Zeitraum fanden im Kanton Zürich acht Fusionen von politischen Gemeinden statt (Gemeindeamt Kanton Zürich, 2023), wobei sich die Anzahl Gemeinden um zehn reduziert hat. Die meisten dieser Fusionen waren Absorptionsfusionen. Das bedeutet, dass eine kleinere Gemeinde sich einer grösseren Stadt oder Gemeinde angeschlossen hat, wie zum Beispiel Kyburg/Illnau-Effretikon, Hirzel/Horgen, Hofstetten/Elgg. Die Fusion der Gemeinden Oberstammheim, Unterstammheim und Waltalingen zur Gemeinde Stammheim im Zürcher Weinland war die einzige Kombinationsfusion der letzten zehn Jahre im Kanton Zürich, was bedeutet, dass gleichberechtigte Partner miteinander fusionierten und eine neue Gemeinde bildeten.

Die Beweggründe für Gemeindefusionen sind sehr verschieden. Es kann sein, dass sich die Gemeinde in einer finanziellen Notlage befindet, die Fusion von Seiten der Bevölkerung initiiert wird oder die Ämter in der Gemeinde nicht mehr besetzt werden können. Oft ist es das Ziel einer Fusion, dass die Effizienz und die Professionalität gesteigert, aber auch Synergien genutzt werden können.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Auswirkungen auf die Kosten und Leistungen der im Jahr 2019 erfolgten Gemeindefusion der Gemeinden Oberstammheim, Unterstammheim und Waltalingen zur Gemeinde Stammheim. Es wird analysiert, wie sich die Kosten und die Leistungen in jeder Gemeinde vor der Fusion im Vergleich zur aktuellen Situation in der neu gebildeten Gemeinde Stammheim entwickelt haben.

1.2 Relevanz für die Praxis

Fusionen können erhebliche Veränderungen in einer Gemeinde mit sich bringen. Dabei handelt es sich um wirtschaftliche, politische, gesellschaftliche, aber auch soziologische Veränderungen. Um besser darauf vorbereitet zu sein, benötigen die Gemeindeverantwortlichen mehr Informationen um fundierte Entscheidungen treffen zu können und die Bevölkerung vorgängig korrekt zu informieren. Die Gewährleistung der finanziellen Stabilität ist dabei eine der grundlegenden Verpflichtungen einer Gemeinde.

Bisher gibt es zu diesem Thema diverse Studien, jedoch werden die finanziellen Veränderungen, aber auch die Qualität der Leistungen oft nur oberflächlich und nicht allzu detailliert analysiert. Im Gegensatz dazu bringt die vorliegende Arbeit einen innovativen Ansatz in die Forschung ein, indem sie eine umfassende Kostenanalyse auf Konto-Ebene vornimmt. Diese detaillierte Analyse ermöglicht eine tiefere Einsicht in die finanziellen Strukturen und deren Einfluss auf die Leistungserbringung, wodurch sie sich signifikant von bisherigen Arbeiten abhebt und neue Perspektiven eröffnet.

1.3 Definition, Konzepte und Abgrenzung

Wie in der Einleitung erwähnt, wird bei Gemeindefusionen zwischen Kombinationsfusion und Absorptionsfusion unterschieden. Da die Fusion der Gemeinden im Stammertal eine Kombinationsfusion war, sind die Ergebnisse aus dieser Arbeit auch auf eine Kombinationsfusion ausgelegt.

Als Funktionen mit fusionsbedingen Auswirkungen wurden die Exekutive, die Legislative, die allgemeinen Dienste, der steuerfinanzierte Bereich der Werke, die Zweckverbände sowie die eigenwirtschaftlichen Betrieben ausgewählt. Die geprüften Kosten beinhalten finanzielle Aufwendungen, die im Kontext der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen und der Verwaltung der Gemeinde entstehen. Nicht berücksichtigt wurden ausserordentliche beziehungsweise einmalige Aufwendungen, wenn dies zu grossen Abweichungen mit der Vergleichsperiode führte sowie Abschreibungen und Kapitalzinsen, da diese aufgrund früherer Investitionen entstanden sind. Die Entwicklung der Steuer- und Gebühreneinnahmen der Gemeinde wurde bewusst nicht untersucht, da diese aufgrund ihrer Abhängigkeit von der Wirtschaftslage oder der Höhe der festgesetzten Gebühren nicht ausschliesslich mit der Fusion erklärt werden kann. Ebenfalls wurde der ganze Bereich der Bildung nicht analysiert, da die Schulgemeinde Stammheim bereits vor der Fusion zur Einheitsgemeinde eine fusionierte Schulgemeinde war. Da sowohl das Alters- und Pflegeheim Stammertal als auch die Spitex Wyland AG finanziell eigenständig sind und die Funktion Gesundheit grösstenteils von der demografischen Struktur einer Gemeinde abhängt und somit durch die Fusion nicht wesentlich beeinflusst wird, wurde dieser Bereich in der Untersuchung ebenfalls nicht berücksichtigt. Gleiches gilt für den Bereich der Sozialen Sicherheit, da weder in der Funktion Ergänzungsleistungen noch in der Funktion der wirtschaftlichen Hilfe fusionsbedingte Auswirkungen festgestellt werden konnten.

Bei den analysierten Leistungen handelt es sich um eine Vielzahl von Dienstleistungen, Aktivitäten und Massnahmen, die von der Gemeinde erbracht werden, um die Bedürfnisse und Anforderungen verschiedenster Anspruchsgruppen zu erfüllen.

Die Kostenträger wurden in verschiedene Kategorien unterteilt, da nicht alle Aufgaben in jeder Gemeinde ehemaligen wahrgenommen wurden, oder in einigen Bereichen bereits gemeinsame Zweckverbände bestanden, die durch die Fusion aufgelöst wurden. Die Kostenanalyse basiert auf den getätigten Ausgaben oder den erzielten Einnahmen.

Gleichzeitig wird die Bewertung der Leistungen hinsichtlich ihrer Quantität durchgeführt. Im Zuge der Fusion ergeben sich zudem neue Möglichkeiten für zusätzliche Leistungen, die bislang nicht verfügbar waren. Darüber hinaus kann die Professionalisierung der Mitarbeitenden in einzelnen Bereichen zu einer signifikant schnelleren Reaktionszeit führen, da zuvor einzelne Mitarbeitende für verschiedene Abteilungen zuständig waren. Diese Veränderung ermöglicht es, auf Anfragen und Bedürfnisse effizienter zu reagieren, was einen deutlichen Fortschritt im Vergleich zur vorherigen Situation darstellt.

Eine Gemeindefusion hat nebst den finanziellen Auswirkungen auch Auswirkungen auf die Politik, die Demokratie sowie auf die Soziologie. Die gesellschaftlichen Effekte einer Fusion beschreiben dabei die sichtbaren und erlebbaren Veränderungen in der Bevölkerung nach einer Gemeindefusion, während die soziologischen Effekte die wissenschaftliche Analyse und Erklärung dieser Veränderungen und ihrer zugrundeliegenden sozialen Prozesse darstellen. Diese Arbeit hat ausschliesslich die finanziellen Auswirkungen und die Leistungen der Gemeinde untersucht.

2 Kontext der Fusion im Stammertal

Auslöser für die Fusionsbemühungen der Gemeinden im Stammertal (Oberstammheim, Unterstammheim und Waltalingen) waren im Jahr 2012 die Auswirkungen des neuen Finanzausgleiches im Kanton Zürich auf den Steuerfuss welche wie folgt aussahen:

  • Politische Gemeinde Oberstammheim + 7 %

  • Politische Gemeinde Unterstammheim +/– 0 %

  • Politische Gemeinde Waltalingen + 12 %

Mit dem Wissen der drohenden Steuerfusserhöhungen lancierten die Gemeindeverantwortlichen eine Grundsatzabstimmung über die Prüfung eines Zusammenschlusses, welche am 6. September 2015 durchgeführt wurde. Die drei Gemeinderäte sowie die Schulpflege empfahlen die Zustimmung zur Vorlage. Dies mit der Begründung, dass die Chancen und Risiken sowie die Vor- und Nachteile einer Fusion der Gemeinden des Stammertals sorgfältig geprüft werden und die Abklärungen und die Aufnahme von Fusionsverhandlungen in Angriff genommen werden sollten.

Am 6. September 2015 entschieden die Stimmberechtigten der politischen Gemeinden sowie der Schulgemeinde im Stammertal über die Aufnahme von Zusammenschlussverhandlungen. Die Vorlage wurde sowohl in allen politischen Gemeinden als auch in der Schulgemeinde angenommen (vgl. Abbildung 1). Die Ergebnisse aus der Urnenabstimmung vom 6. September 2015 präsentierten sich wie folgt:

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Abbildung 1

Resultate der Abstimmung vom 6. September 2015 (eigene Darstellung).

Nach der Abstimmung vom 6. September 2015 wurden durch die Gemeinderäte sowie die Schulpflege fünf Projektgruppen gebildet. Die Steuerungsgruppe war dabei diejenige, die für die gesamte Projektsteuerung zuständig war. Daneben wurden die Teilprojektgruppen Finanzen, Organisation, Infrastruktur/Liegenschaften und Gesellschaft ins Leben gerufen. Begleitet wurde der Prozess von der Federas Beratung AG, Zürich (Koordination), der swissplan.ch, Zürich (Finanzen) und dem Gemeindeamt des Kantons Zürich (Rechtliches).

Am 31. Mai 2017 beschloss der Regierungsrat des Kantons Zürich, den Politischen Gemeinden Oberstammheim, Unterstammheim und Waltalingen sowie der Schulgemeinde Stammertal für den Zusammenschluss eine gebundene Subvention von Fr. 7.5 Mio. unter der Bedingung zuzusichern, dass die Stimmberechtigten der beteiligten Gemeinden dem Zusammenschluss zustimmen.

Am 24. September 2017 entschieden die Stimmberechtigten der politischen Gemeinden sowie der Schulgemeinde im Stammertal über den Zusammenschlussvertrag. Die Vorlage wurde sowohl in allen politischen Gemeinden als auch in der Schulgemeinde angenommen (vgl. Abbildung 2). Die Ergebnisse aus der Urnenabstimmung vom 24. September 2017 präsentierten sich wie folgt:

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Abbildung 2

Resultate der Abstimmung vom 24. September 2017 (eigene Darstellung).

Nach der Abstimmung wurden die Arbeiten in der Steuerungsgruppe sowie den Teilprojektgruppen intensiviert, um die neuen Verordnungen, Reglemente, die Infrastruktur, die Finanzen, aber auch das Personal der neuen Gemeinde bis am 31. Dezember 2018 bereitstellen zu können.

Seit dem 1. Januar 2019 sind die Gemeinden Oberstammheim, Unterstammheim und Waltalingen sowie die Schulgemeinde Stammertal als Gemeinde Stammheim vereint. Mittlerweile sind seit der Fusion über 4 Jahre vergangen und es können erste Schlüsse über die Veränderungen der Kosten und der Leistungen gezogen werden.

3 Forschungsfrage und Erkenntnisziele / Methodisches Vorgehen

3.1 Forschungsfrage und Erkenntnisziele

Forschungsfrage

Die Forschungsfrage dieser Arbeit befasst sich mit dem Einfluss einer Gemeindefusion auf die Kosten und die Leistungen einer Gemeinde, exemplarisch dargestellt am Beispiel der Gemeinde Stammheim.

Erkenntnisziele

Ziel ist es, die Forschungsfrage durch verschiedene Massnahmen zu beantworten. Dazu gehören die Festlegung quantifizierbarer Leistungsbereiche, die Analyse des Sachaufwands vor und nach der Fusion sowie die Untersuchung der Auswirkungen auf Personal- und Lohnkosten. Ausserdem soll untersucht werden, inwiefern potenzielle Einsparungen durch Synergien im Rahmen einer Fusion realisiert werden können.

3.2 Methodisches Vorgehen

Literaturrecherche

Analyse relevanter wissenschaftlicher Arbeiten, Fallstudien und Berichte zu Gemeindefusionen und ihren Kostenwirkungen. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf Fachzeitschriften für Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zunächst wurde nach Literatur zu Gemeindefusionen und Gebietsreformen recherchiert, anschliessend erfolgte eine Eingrenzung auf Arbeiten, die explizit Aussagen zu Kosten oder Leistungen im Zusammenhang mit Fusionen treffen. Der Zeitraum der betrachteten Literatur reicht von 1930 bis 2023, wobei der Grossteil der Arbeiten aus den letzten 15 bis 20 Jahren (2000–2023) stammt.

Datenanalyse

Die Gemeinden Oberstammheim, Unterstammheim und Waltalingen waren bis zum 31.12.2018 autonome Gemeinden, die mittels einer Kombinationsfusion per 1. Januar 2019 zur Gemeinde Stammheim fusionierten. Die fünf gemeinsamen Zweckverbände wurden aufgelöst und in die Gesamtrechnung eingepflegt. Für die empirischen Untersuchungen werden nun die Jahresrechnung 2018 der Gemeinden Oberstammheim, Unterstammheim und Waltalingen oder der Zweckverbände mit der Jahresrechnung 2022 der Gemeinde Stammheim verglichen. Wo dies aus erklärbaren Gründen nicht möglich ist, werden die Jahresrechnungen 2017 oder die Jahresrechnung 2021 als Grundlage genommen. In den verschiedenen Funktionen wurden die Kostenträger identifiziert. Durch die Anwendung der Kostenallokation als Parameter können die Kosten effektiv auf diese Kostenträger verteilt werden, was einen Vergleich der finanziellen Auswirkungen ermöglicht. Um im Bereich der Löhne aussagekräftige Ergebnisse erzielen zu können, wird die Teuerung der Jahre 2018–2022 in Höhe von 1% abgezogen (Kanton Zürich, 2023). Im Rahmen der Analyse des Sachaufwands soll zudem geprüft werden, ob und in welchem Umfang zusätzliche Leistungen erbracht oder ein Leistungsausbau erfolgt ist.

4 Theorie und Literatur

4.1 Begriff, Arten und Beweggründe von Fusionen

Gemeindefusion

Der Begriff Gemeindefusion beschreibt den Vorgang, wenn zwei oder mehrere Gemeinden sich zusammenschliessen, um eine grössere Gemeinde zu bilden. Das Wort Fusion stammt aus dem lateinischen und bedeutet “Verschmelzung”. Dabei werden die Selbständigkeit bzw. die Existenz einer oder mehrerer Gemeinden vollständig aufgegeben.

Heute wird oft von einem Gemeindezusammenschluss (Steiner, 2002, S. 117f.) gesprochen. So heisst das Vertragsdokument bei Fusionen zwischen fusionierenden Gemeinden im Kanton Zürich entsprechend auch “Zusammenschlussvertrag”.

Absorptionsfusion

Von einer Absorptionsfusion, auch “Eingemeindung” genannt, spricht man, wenn eine grössere Gemeinde eine oder mehrere kleinere Gemeinden vollständig übernimmt und in ihre Verwaltungsstruktur integriert. In diesem Kontext wird die grössere Gemeinde als “absorbierende Gemeinde” bezeichnet, während die kleineren Gemeinden als “übertragende Gemeinden” gelten.

Beispiele für eine Absorptionsfusion im Kanton Zürich sind:

Kombinationsfusion

Im Kontext von Gemeindefusionen bezieht sich der Begriff “Kombinationsfusion” auf eine Form der Fusion, bei der zwei oder mehrere eigenständige Gemeinden zusammengeführt werden, um eine neue, gemeinsame Gemeinde zu bilden. Anders als bei der Absorptionsfusion, bei der eine grössere Einheit eine kleinere vollständig übernimmt, sind bei der Kombinationsfusion alle beteiligten Gemeinden gleichberechtigte Partner bei der Bildung der neuen Einheit.

Beispiel für eine Kombinationsfusion im Kanton Zürich ist:

Zwangsfusion

In der Schweiz bezieht sich der Begriff “Zwangsfusion” auf den Prozess, bei dem Gemeinden gegen ihren Willen zu einer grösseren Gemeinde oder Verwaltungseinheit zusammengelegt werden. Dies geschieht auf behördliche Anordnung von Kantonen. Massgebend dafür ist eine kantonale gesetzliche Grundlage. Zwangsfusionen werden meist dann angeordnet, wenn bei Fusionsabstimmungen nur eine Gemeinde die Fusion ablehnt (von Rohr, 2018, S. 51f.).

Beispiele für eine Zwangsfusion im Kanton Zürich gibt es keine.

In der Schweiz wurden aber bisher im Tessin die Gemeinden Sala Capriasca, Dongio, Bignasco und Aquila sowie die Walliser Gemeinde Ausserbinn zwangsfusioniert (Fetz, 2009, S. 153f.).

4.2 Gesetzliche Grundlagen für eine Fusion im Kanton Zürich

Ein Zusammenschluss von Gemeinden erfordert einen Vertrag gemäss § 152 Abs. 1 des Gemeindegesetzes (GG), der das zentrale rechtliche Element einer Gemeindefusion bildet (Kanton Zürich, 2022). Vertragsparteien sind die fusionierenden Gemeinden, und der Vertrag regelt die Organisation und Umsetzung des Fusionsprozesses. Die Mindestanforderungen an den Vertragsinhalt sind in § 152 Abs. 2 GG festgelegt und bieten Raum für flexible Lösungen. Wesentliche Bestandteile sind die Entscheidung, ob eine neue Gemeinde gebildet wird oder eine bestehende Gemeinde andere aufnimmt, Regelungen zum Übergang der Rechtsverhältnisse und die Schaffung einer Übergangsbehörde. Der Vertrag muss von den Stimmberechtigten der beteiligten Gemeinden beschlossen und vom Regierungsrat auf Rechtmässigkeit geprüft werden, bevor er in Kraft tritt.

4.3 Beweggründe und Argumente von Fusionen

Beweggründe für eine Fusion

Beweggründe für eine Fusion sind oft, dass sich die Gemeinde in einer finanziellen Notlage befindet, oder die Ämter in der Gemeinde nicht mehr besetzt werden können (Steiner, 2004, S. 359). Vor einer Fusion gibt es verschiedene Argumente, die berücksichtigt werden sollten (Gliederung in Anlehnung an Fetz, 2009, S. 62).

Ökonomische Argumente

Bei einer Fusion zählen für die Befürworter oft ökonomische Argumente. So fällt bei einer Fusion der Koordinationsaufwand zwischen den betreffenden Gemeinden weg. Zudem sollen Gemeindeaufgaben effizienter und qualitativ besser ausgeführt werden. Ausserdem können durch eine Fusion Skaleneffekte erzielt werden (Fetz, 2009, S. 62). Des Weiteren besteht unter Umständen die Möglichkeit, durch eine Fusion extern vergebene Leistungen wieder intern zu erledigen (Fetz, 2009, S. 63).

Demokratische und politische Argumente

Durch die Fusion können Gemeindeverbände beziehungsweise Zweckverbände aufgelöst werden. Diese werden oft durch Delegierte der Gemeinden in eigener Kompetenz geleitet, was ein Mitspracherecht der Bevölkerung ausschliesst. Durch die Auflösung dieser Gemeinde- oder Zweckverbände erhalten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger entsprechend wieder mehr demokratische Mitwirkungsrechte (Fetz, 2015, S. 159). Eine Fusion erhöht aufgrund der grösseren Bevölkerungszahl die Auswahlmöglichkeit an Kandidatinnen und Kandidaten für ein politisches Amt. Auch erhöht sich die Attraktivität der politischen Ämter mit zunehmender Gemeindegrösse (Steiner, 2002, S. 123).

Soziologische Argumente

Für Gegner einer Fusion sind die soziologischen Argumente meist ausschlaggebend für ihre ablehnende Haltung (Fetz, 2009, S. 62). So besteht oft die Angst, dass durch eine Fusion die Bürgernähe oder auch die Identifikation einer Gemeinde verloren geht (Steiner, 2004, S. 348).

4.4 Bisherige Studien und Ergebnisse

Die bisherigen Studien zu Gemeindefusionen in Europa zeigen eine Vielzahl von finanziellen Auswirkungen und Trends, die je nach Land und spezifischen Umständen variieren. Ein allgemeiner Trend ist, dass Gemeindefusionen häufig zu einem Ausbau der Dienstleistungen führen. Die finanziellen Ergebnisse sind jedoch uneinheitlich.

In Israel, Portugal und Schweden konnten durch Gemeindefusionen Kostensenkungen erzielt werden. Yaniv Reingewertz kam im Jahr 2012 für die Gemeindefusionen in Israel zum Ergebnis, dass die kommunalen Ausgaben um durchschnittlich 9% gesenkt werden konnten. Dies, ohne dass der Umfang der Dienstleistungen zurückgegangen wäre (2012, S. 240). Begründet wird dies damit, dass in Israel eher kleinere Gemeinden miteinander fusionierten und darum positive Skaleneffekte erzielt werden konnten. Aus der Reform der Gemeindezusammenlegung in Portugal resultierte, dass Gemeindezusammenschlüsse Einsparungen bringen können, in erster Linie aber die Verwaltungen effizienter werden (Tavares und Rodriguez, 2015, S. 970f.). Die anlässlich der Gemeindereform 1952 in Schweden gewonnenen Resultate zeigten, dass vor allem bei kleineren Gemeinden die Ausgaben gesenkt werden konnten. Sobald diese aber eine kritische Grösse, gemäss Autor eine Zahl von 12‘800 Einwohnenden, überschreiten würden, ergäben sich jedoch keine Skaleneffekte mehr (Hanes, 2003, S. 72f.).

Deutschland, Dänemark und Finnland weisen gemischte Ergebnisse auf. Jens Blom-Hansen untersuchte 2016 die Wirkungen der Gemeindezusammenschlüsse in Dänemark. Die Gemeindefusionen in Dänemark führten in einigen Bereichen wie zum Beispiel der Verwaltung oder bei den Ausgaben für Strassen zu Einsparungen. Im Bereich Arbeitsmarkt wurden sogar höhere Ausgaben verzeichnet. Bei den Kindertagesstätten, der Bildung und der Altenpflege ergaben sich keine Veränderungen. (2016, S. 827). Dies führte zum Resultat, dass in Dänemark positive, negative aber auch neutrale finanzielle Auswirkungen zu verzeichnen waren. Die von Felix Rösel und Sebastian Blesse im Jahr 2017 in Deutschland gemachten Untersuchungen von Kreisgebietsreformen im Bundesland Sachsen, ergaben weder eine Kostensteigerung, noch eine Kostensenkung nach der Kreisgebietsreform (2017, S. 32). Antti Moisio und Roope Uusitalo untersuchten die Auswirkungen von Gemeindezusammenschlüssen in Finnland zwischen 1970 und 1981 und kamen dabei zum Schluss, dass die Pro-Kopf-Ausgaben in den meisten Ausgabenkategorien aber vor allem in den Bereichen Bildung und Gesundheit, nach dem Gemeindezusammenschluss gestiegen waren. Einzig in der allgemeinen Verwaltung gingen die Pro-Kopf-Ausgaben zurück (2013, S. 148). Allerdings wird in der Studie auch festgehalten, dass die Zunahme der Aufgaben der Kommunalverwaltungen zu einem Anstieg der Pro-Kopf-Ausgaben führte, unabhängig davon, ob eine Gemeindefusion stattgefunden hat oder nicht (2013, S. 149).

In der Schweiz, Island und den Niederlanden wurden keine signifikanten finanziellen Auswirkungen durch Gemeindefusionen festgestellt. Der Dissertation von Janine Studerus ist zu entnehmen, dass es bei den Gesamtausgaben unmittelbar nach der Fusion zu einem Anstieg kommt, welcher höher ist, als er bei Gemeinden ohne Fusion zu beobachten ist. Nach ca. 3–4 Jahren fallen die Ausgaben dann jedoch unter das Niveau ähnlicher Gemeinden ohne Zusammenschluss (2018, S. 25). Geprüft wurden in diesem Fall 140 Fusionen die zwischen 2001 und 2014 stattgefunden haben. Interessant ist, dass zwar im Durchschnitt ein Rückgang der Verwaltungsausgaben beobachtet, jedoch keine signifikanten Veränderungen auf die Gesamtausgaben festgestellt werden konnten (2018, S. 46). Grétar Thór Eythórsson kommt in seiner Studie aus dem Jahr 2009 nach den Gemeindezusammenschlüssen in Island jedoch auch zum Schluss, dass die Haushaltssituation mittels einer Fusion nicht verbessert werden könne, da die Einsparungen für zusätzliche Ausgaben verwendet werden müssten (2009, S. 176). Über die Auswirkungen der Ausgaben und Dienstleistungen nach Zusammenschlüssen in den Niederlanden forschten Maarten A. Allers und J. Bieuwe Geertsema im Jahr 2016. Dabei wurde, wie bereits in Finnland, festgestellt, dass die Verwaltungskosten reduziert werden konnten, jedoch nicht so stark, dass es auf die Gesamtausgaben einen Einfluss hatte (2016, S. 659). Ob die Zusammenschlüsse zu besseren öffentlichen Dienstleistungen führten, konnte in der Studie nicht nachgewiesen werden (2016, S. 678). Im Jahrbuch der Schweizerischen Verwaltungswissenschaften präsentierten Curdin Derungs und Ursin Fetz die Methodik sowie die Ergebnisse des “Fusions-Check”, welcher von der Fachhochschule Chur als Messinstrument zur Erfolgsmessung von Gemeindefusionen entwickelt wurde. Er enthält 47 Indikatoren und ist in folgende Dimensionen und Kriterien aufgeteilt (vgl. Abbildung 3).

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Abbildung 3

Aufbau Fusions-Check (“Fusions-Check” Stammheim, 2018, S. 3).

Bei den bisherigen Resultaten aus dem Fusions-Check zeigt die Analyse der wirtschaftlichen, demokratischen und gesellschaftlichen Effekte von Gemeindefusionen, dass sieben von zehn untersuchten Kriterien nach den Fusionen positive Veränderungen aufweisen, insbesondere in den Bereichen der finanziellen Leistungsfähigkeit, der Professionalität und der Aussenwirkung. Überraschend stiegen auch die Standortattraktivität und soziale Integration. Negativ entwickelten sich das politische Engagement und die Bürgernähe. Eine detailliertere Analyse zeigt, dass diese Entwicklungen je nach Gemeindegrösse, Fusionstyp und Fusionsdauer variieren. So ist festzustellen, dass sich in Gemeinden, die sich einer grossen Gemeinde angeschlossen haben sowie bei Partnerfusionen die Professionalität am stärksten erhöhte, während das politische Engagement in Partnerfusionen sank (2020, S 108–121).

Die Resultate aus dem Fusions-Check, welcher mit der Gemeinde Stammheim im November 2022 durchgeführt wurde, lagen zum Zeitpunkt der Erarbeitung dieser Arbeit noch nicht vor.

5 Resultate aus den empirischen Untersuchungen

Für eine bessere Verständlichkeit und Transparenz werden die empirischen Untersuchungen in drei Kategorien gegliedert. Zunächst werden die Kosten und Leistungen betrachtet, die jede Gemeinde bisher eigenständig erbracht hat. Dies in den Funktionen Legislative/Exekutive, Allgemeine Dienste sowie der steuerfinanzierte Bereich der Werke. Anschliessend folgt eine Analyse der Kosten und Leistungen, die im Rahmen von Zweckverbänden oder durch Leistungsvereinbarungen entstanden sind, etwa in den Funktionen Forst, Kläranlage, Jugendtreff oder Schwimmbad. Abschliessend werden die Kosten und Leistungen eigenwirtschaftlicher Betriebe untersucht, darunter die Wasserversorgung sowie die Abwasser- und Abfallentsorgung. Jede dieser Kategorien wird im Hinblick auf ihre spezifischen Funktionen und Kostenträger detailliert durchleuchtet.

5.1 Kosten und Leistungen die jede Gemeinde bisher selbst erbracht hat

Funktionen Legislative/Exekutive

Rechnungsprüfungskommission

Gemeinderat

Im Bereich der Legislative und der Exekutive (vgl. Tabelle 1, 2 und 3) zeigt sich, dass die meisten Kosten gesunken sind. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die Tatsache, dass weniger Behörden- und Wahlbüromitglieder für die Gemeinde tätig sein müssen. So waren vor der Fusion in Gemeinderat, Rechnungsprüfungskommission und Wahlbüro insgesamt 53 Personen im Einsatz, in der Gemeinde Stammheim sind es nun noch deren 23. Bei der Rechnungsprüfungskommission (vgl. Tabelle 2) wurde zwar durch die Reduzierung von drei auf eine Behörde gesamthaft Kosten gespart, jedoch gleichzeitig mit der Fusion die Entschädigung erhöht. Dies, obwohl die Leistungen der Rechnungsprüfungskommission denjenigen vor der Fusion entsprechen. Die Kosten für die Weibeldienste sind gestiegen, da die Entschädigung pro Umgang im Vergleich zum Gemeindestundenlohn von Fr. 35.00 eine erhebliche Differenz von Fr. 15.00 – Fr. 20.00 aufwies. Um diese Diskrepanz auszugleichen, hat der Gemeinderat im Jahr 2019 eine entsprechende Anpassung vorgenommen.

Tabelle 1

Gesamtüberblick Legislative/Exekutive (eigene Darstellung).

KOSTENTRÄGERVERÄNDERUNG KOSTENVERÄNDERUNG LEISTUNGEN
Rechnungsprüfungskommissionssas-15-1-221-g6.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Weibeldienstessas-15-1-221-g6.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Wahlbürossas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Gemeindeversammlungssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Finanzielle Revisionsdienstessas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Gemeinderatssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
Anlässessas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg

[i] Legende:

ssas-15-1-221-g6.jpg höhere Kostenssas-15-1-221-g10.jpg schlechtere Leistungen

ssas-15-1-221-g7.jpg tiefere Kostenssas-15-1-221-g9.jpg bessere Leistungenssas-15-1-221-g8.jpg gleichbleibende Kostenssas-15-1-221-g8.jpg gleichbleibende Leistungen.

Tabelle 2

Kosten Rechnungsprüfungskommission (eigene Darstellung).

OBERSTAMMHEIMUNTERSTAMMHEIMWALTALINGENSTAMMHEIM
EntschädigungFr. 17’937.25Fr. 14’819.00
Anzahl geprüfte Geschäfte Gemeindeversammlung186
Kosten pro Geschäft GemeindeversammlungFr. 996.51Fr. 2’469.83
Tabelle 3

Kosten Gemeinderat (eigene Darstellung).

OBERSTAMMHEIMUNTERSTAMMHEIMWALTALINGENSTAMMHEIM
EntschädigungFr. 252’273.60Fr. 112’018.85
Anzahl Sitzungen602367
Kosten pro SitzungFr. 419.06Fr. 305.23

Die meisten Leistungen sind nach der Fusion gleichgeblieben. Allerdings ergeben sich für die Bevölkerung Vorteile aus der Zusammenlegung, da nun im gesamten Stammertal nicht mehr drei verschiedene Exekutivbehörden, sondern nur noch eine einzige für Entscheidungen zuständig ist (vgl. Tabelle 1). Dies trägt dazu bei, potenzielle Ungleichheiten in der Leistungsgewährung zu reduzieren. Vor der Fusion waren beispielsweise bei den Elternbeiträgen an Kindertagesstätten Unterschiede festzustellen, da die Einwohnenden der Gemeinden Oberstammheim und Unterstammheim höhere Gemeindebeiträge als diejenigen aus der Gemeinde Waltalingen erhielten. Während unterschiedliche Regelungen in den drei selbständigen Gemeinden Ausdruck einer gelebten Gemeindeautonomie waren, führt die Fusion nun zu einer Harmonisierung, die dieselben Rahmenbedingungen für alle Einwohnenden schafft. Die Vereinheitlichung zeigt sich auch bei den Anlässen, die nun gemeinsam organisiert und unterstützt werden. Vor der Fusion wurden Beiträge zu Ereignissen wie zum Beispiel Jubiläen von Einwohnenden, Verabschiedungen von Behördenmitgliedern oder Jungbürgerfeiern von jeder Gemeinde unterschiedlich organisiert und unterstützt (vgl. Tabelle 1).

Funktion Allgemeine Dienste

Verwaltung

Baubewilligungen

Im Bereich der Allgemeinen Dienste (vgl. Tabelle 4, 5 und 6) ist festzustellen, dass sämtliche Kosten gesunken sind. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass nur noch eine zentralisierte Gemeindeverwaltung im Stammertal geführt werden muss. Entsprechend hat dies auch Auswirkungen auf das Betriebs- und Verbrauchsmaterial, die IT-Kosten sowie die Baubewilligungen (vgl. Tabelle 6). Bei den Mitgliederbeiträgen an Fachverbände konnten Beiträge eingespart, oder ein günstigerer Beitragsansatz aufgrund der fusionierten Einwohnerzahl und der Reduzierung auf eine Gemeinde notiert werden. Da der Gemeindeingenieur nun ebenfalls nur noch eine Gemeinde betreut, sind auch hier positive Auswirkungen auf die Kosten zu verzeichnen. Die Zusammenlegung der Friedensrichterämter, mit der Tatsache, dass anstatt drei Grundpauschalen, nur noch eine zu entrichten ist, wirkt sich ebenfalls vorteilhaft auf den Aufwand aus.

Tabelle 4

Gesamtüberblick Allgemeine Dienste (eigene Darstellung).

KOSTENTRÄGERVERÄNDERUNG KOSTENVERÄNDERUNG LEISTUNGEN
Verwaltungssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
Betriebs- und Verbrauchsmaterialssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Mitglieder- und Vereinsbeiträgessas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
IT-Kostenssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
Baubewilligungenssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
Vermessungswerkssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Friedensrichteramtssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg

[i] Legende:

ssas-15-1-221-g6.jpg höhere Kostenssas-15-1-221-g10.jpg schlechtere Leistungenssas-15-1-221-g7.jpg tiefere Kostenssas-15-1-221-g9.jpg bessere Leistungenssas-15-1-221-g8.jpg gleichbleibende Kostenssas-15-1-221-g8.jpg gleichbleibende Leistungen.

Tabelle 5

Kosten Verwaltung (eigene Darstellung).

OBERSTAMMHEIMUNTERSTAMMHEIMWALTALINGENSTAMMHEIM
Bruttolöhne VerwaltungFr. 933’203.30Fr. 804’893.99
Anzahl Stellen850%740%
Kosten pro StellenprozentFr. 1’097.89Fr. 1’087.69
Tabelle 6

Kosten Baubewilligungen (eigene Darstellung).

OBERSTAMMHEIMUNTERSTAMMHEIMWALTALINGENSTAMMHEIM
PublikationskostenFr. 4’688.30Fr. 10’691.30
Externe KostenFr. 67’222.05Fr. 3’570.55
LohnkostenFr. 101’506.25Fr. 79’793.53
Einnahmen BaugebührenFr. 84’801.95Fr. 95’041.20
Nettokosten BaubewilligungFr. 88’614.65Fr. 985.82 (–)
Anzahl Baubewilligungen7640
Kosten pro BewilligungFr. 1’165.98Fr. 24.65 (–)

Positive Auswirkungen auf die Leistungen der Verwaltung (vgl. Tabelle 4) hat deren Professionalisierung in den verschiedenen Abteilungen. Dies bedeutet, dass alle Mitarbeitenden nun ihren Fachbereich haben und nicht mehr gleichzeitig für zwei bis drei Fachbereiche zuständig sind. Dadurch ergeben sich verbesserte Fachkenntnisse und klare Verantwortlichkeiten, aber auch eine bessere Stellvertretungsabdeckung. Dass die Aufgaben des Bauamtes nun nicht mehr mit externer Unterstützung bewältigt werden müssen, kann zudem als zusätzliche Leistung vermerkt werden, wie auch die Fortschritte im Bereich der Digitalisierung. Ebenfalls bei den Mitglieder- und Vereinsbeiträgen hat die Fusion Vorteile ergeben, da nun mehr Institutionen unterstützt werden können. Bei den Leistungen wird zusätzlich hervorgehoben, dass die Vereinheitlichung der Verwaltung dazu beiträgt, potenzielle Ungleichheiten in der Leistungsgewährung zu reduzieren.

Funktionen Werke (steuerfinanzierter Bereich)

Gemeindestelle für Landwirtschaft (Ackerbaustelle)

Die steuerfinanzierten Bereiche der Werke (vgl. Tabelle 7) konnten mit der Fusion ebenfalls von Einsparungen profitieren. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die bessere Koordination und Planung von Unterhaltsarbeiten. Die Vereinheitlichung der Gemeindestellen für Landwirtschaft (vgl. Tabelle 8), mit der Tatsache, dass anstatt drei Grundpauschalen, nur noch eine zu entrichten ist, wirkt sich zudem positiv auf die Kosten aus.

Tabelle 7

Gesamtüberblick Werke (steuerfinanzierter Bereich) (eigene Darstellung).

KOSTENTRÄGERVERÄNDERUNG KOSTENVERÄNDERUNG LEISTUNGEN
Strassenssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
Brunnenssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Gewässerunterhaltssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Naturschutzssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Gemeindestelle für Landwirtschaftssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg

[i] Legende:

ssas-15-1-221-g6.jpg höhere Kostenssas-15-1-221-g10.jpg schlechtere Leistungenssas-15-1-221-g7.jpg tiefere Kostenssas-15-1-221-g9.jpg bessere Leistungenssas-15-1-221-g8.jpg gleichbleibende Kostenssas-15-1-221-g8.jpg gleichbleibende Leistungen.

Tabelle 8

Kosten Gemeindestelle für Landwirtschaft (eigene Darstellung) (Quelle: Kanton Zürich, 2023).

OBERSTAMMHEIMUNTERSTAMMHEIMWALTALINGENSTAMMHEIM
BesoldungFr. 14’867.25Fr. 4’014.00
Landwirtschaftsfläche1’324.44 ha1’324.44 ha
Kosten pro Hektare LandwirtschaftsflächeFr. 11.22Fr. 3.03

Wie bereits in der Verwaltung konnte in einigen Bereichen der Werke (vgl. Tabelle 7), mit der Zuteilung der Mitarbeitenden in spezifische Fachbereiche, eine gewisse Professionalisierung erzielt werden. Die Stellvertretung im Strassenwesen wurde verbessert und wird nun fachkundiger wahrgenommen, was für die Bevölkerung bei Notfällen durchaus spürbar ist. Bei den Leistungen der Gemeindestelle für Landwirtschaft wird aus Sicht der Landwirte zusätzlich betont, dass die Vereinheitlichung dazu beiträgt, potenzielle Ungleichheiten zu vermeiden, da nun eine zentrale Ansprechperson für alle Landwirte zuständig ist. Der Unterhaltsrhythmus der zahlreichen Gemeindebrunnen wurde durch die neue Gemeinde übernommen und adäquat fortgeführt. In den Bereichen Gewässerunterhalt und Naturschutz sind die Leistungen ebenfalls gleichgeblieben, da diese für alle drei Gemeinden vor sowie nach der Fusion durch die Forstverwaltung (ehemals Forstrevierverband), koordiniert und ausgeführt wurden und werden.

6.2 Kosten und Leistungen aus Zweckverbänden oder Leistungsvereinbarungen

Funktionen Zweckverbände/Leistungsvereinbarungen

Kläranlage

Zweckverbände

Bei den Zweckverbänden Friedhof und Forst sind die Kosten gesunken (vgl. Tabelle 9). Dies, da mit der Fusion die Kommissionen aber auch die Sekretariate aufgelöst werden konnten. Die Einführung der First-Responder-Gruppe mit zusätzlichem Personal und regelmässigen Übungen aber auch die Erhöhung der Entschädigungen für Übungen und Einsätze hat zu einer Kostensteigerung im Bereich der Feuerwehr (vgl. Tabelle 9) geführt. In der Kläranlage sind die Kosten seit der Fusion ebenfalls gestiegen, bedingt durch eine Anpassung der Löhne auf das Niveau der übrigen Werkmitarbeitenden sowie die Anstellung eines, vom Amt für Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich verlangten, 3. Stellvertreters (vgl. Tabelle 10).

Tabelle 9

Gesamtüberblick Zweckverbände/Leistungsvereinbarungen (eigene Darstellung).

KOSTENTRÄGERVERÄNDERUNG KOSTENVERÄNDERUNG LEISTUNGEN
Kläranlagessas-15-1-221-g6.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
Friedhofssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Feuerwehrssas-15-1-221-g6.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
Forstssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
Jugendtreffssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Schwimmbadssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g8.jpg
Mitteilungsblattssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg

[i] Legende:

ssas-15-1-221-g6.jpg höhere Kostenssas-15-1-221-g10.jpg schlechtere Leistungenssas-15-1-221-g7.jpg tiefere Kostenssas-15-1-221-g9.jpg bessere Leistungenssas-15-1-221-g8.jpg gleichbleibende Kostenssas-15-1-221-g8.jpg gleichbleibende Leistungen.

Tabelle 10

Kosten Kläranlage (eigene Darstellung).

OBERSTAMMHEIMUNTERSTAMMHEIMWALTALINGENSTAMMHEIM
AufwandüberschussFr. 228’053.50Fr. 254’436.56
Gereinigtes Abwasser306’502 m3287’873 m3
Kosten pro m3 gereinigtes AbwasserFr. 0.74Fr. 0.88

Während im Friedhof die Leistungen dieselben geblieben sind, konnte mit der Stellvertreterlösung in der Kläranlage die Leistung erhöht werden (vgl. Tabelle 9). Im Forstbereich für die Kostensenkung und Leistungssteigerung die Tatsache zu erwähnen, dass seit dem Jahr 2021 auch die Beförsterung der Gemeinde Truttikon durch den Forst Stammheim erfolgt, wobei die anfallenden Kosten weiterverrechnet werden. Mit der Schaffung einer First-Responder-Gruppe für lebensrettende Massnahmen konnte auch die Feuerwehr ihr Leistungsvermögen steigern.

6.3 Kosten und Leistungen eigenwirtschaftliche Betriebe

In den eigenwirtschaftlichen Bereichen sind die Kosten der Wasserversorgung gestiegen (vgl. Tabelle 12), da nach der Fusion die Stellvertretung des Brunnenmeisters durch eine externe Sanitärfirma abgedeckt werden musste. Beim Abwasser (vgl. Tabelle 13) sind tiefere Kosten zu verzeichnen, da die allgemeinen Arbeiten sowie der Unterhalt der Abwasserpumpen koordiniert geplant und ausgeführt werden. Bei der Abfallbeseitigung (vgl. Tabelle 14) erklärt sich die Kostenersparnis mit der Einführung der verursachergerechten Grüngutentsorgung, welche finanziell entlastet.

Tabelle 11

Gesamtüberblick eigenwirtschaftliche Betriebe (eigene Darstellung).

KOSTENTRÄGERVERÄNDERUNG KOSTENVERÄNDERUNG LEISTUNGEN
Wasserversorgungssas-15-1-221-g6.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
Abwasserentsorgungssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg
Abfallentsorgungssas-15-1-221-g7.jpgssas-15-1-221-g9.jpg

[i] Legende:

ssas-15-1-221-g6.jpg höhere Kostenssas-15-1-221-g10.jpg schlechtere Leistungenssas-15-1-221-g7.jpg tiefere Kostenssas-15-1-221-g9.jpg bessere Leistungenssas-15-1-221-g8.jpg gleichbleibende Kostenssas-15-1-221-g8.jpg gleichbleibende Leistungen.

Wasserversorgung

Tabelle 12

Kosten Wasserversorgung (eigene Darstellung).

OBERSTAMMHEIMUNTERSTAMMHEIMWALTALINGENSTAMMHEIM
AufwandFr. 316’067.51Fr. 339’449.18
Verbrauchsmenge237’411m3216’163m3
Aufwand pro m3Fr. 1.33Fr. 1.57

Abwasserentsorgung (ohne Kläranlage)

Tabelle 13

Kosten Abwasserentsorgung (eigene Darstellung).

OBERSTAMMHEIMUNTERSTAMMHEIMWALTALINGENSTAMMHEIM
AufwandFr. 148’174.91Fr. 114’489.82
Verbrauchsmenge156’193m3216’163m3
Aufwand pro m3Fr. 0.95Fr. 0.53

Abfallentsorgung

Tabelle 14

Kosten Abfallentsorgung (eigene Darstellung).

OBERSTAMMHEIMUNTERSTAMMHEIMWALTALINGENSTAMMHEIM
AufwandFr. 124’513.40Fr. 102’573.50
Anzahl Haushalte1’1251’193
Aufwand pro HaushaltFr. 110.68Fr. 85.98

Wie bereits im steuerfinanzierten Bereich der Werkdienste, konnte auch in den eigenwirtschaftlichen Bereichen der Werke, mit der Zuteilung der Mitarbeitenden in spezifische Fachbereiche, eine gewisse Professionalisierung erzielt werden. (vgl. Tabelle 11) Die Stellvertretungen in der Wasserversorgung sowie der Abwasserentsorgung wurden verbessert und werden nun fachkundiger wahrgenommen, was für die Bevölkerung bei Notfällen durchaus spürbar ist. Mit der Möglichkeit, das Grüngut vor der Haustüre abholen zu lassen, konnten auch die Leistungen der Abfallentsorgung ausgebaut werden.

6.4 Gesamtüberblick aller Ergebnisse

Kosten

Die Ergebnisse der durchgeführten Kostenanalyse zeigen erfreulicherweise (vgl. Abbildung 4), dass bei über 80% der Kostenträger die Kosten gesenkt werden konnten. Diese Einsparungen werden durch die Berechnungen der swissplan.ch, der Finanzplanerin der Gemeinde Stammheim bestätigt. Demnach konnten über sämtliche Funktionen (ohne Bildung, Gesundheit und Finanzen/Steuern) im Vergleich der Jahre 2018 und 2022 gesamthaft Einsparungen von Fr. 94.00 pro Einwohnenden erzielt werden, was einem Betrag von ca. Fr. 270‘000.00 entspricht (2024). Dies hat vor allem mit der geringeren Anzahl von Behördenmitgliedern, der Konsolidierung der Verwaltungsstrukturen von Gemeindekanzlei, Hausdienst, Forst- und Werkbetrieb sowie der Professionalisierung der Mitarbeitenden zu tun. In den Bereichen, in denen es zu Kostensteigerung gekommen ist, ist die Ursache dafür meist im Personalaufwand zu finden. In verschiedenen Bereichen wie den Weibeldiensten, der Kläranlage, der Wasserversorgung oder der Feuerwehr wurden die Aufwandsteigerungen infolge der Lohngleichbehandlung der Mitarbeitenden verursacht, oder zur Verbesserung der Stellvertreterlösungen benötigt. Erstaunlich ist, dass die Pauschale der Rechnungsprüfungskommission (vgl. Tabelle 2) im Vergleich zur bisherigen Entschädigung fast verdoppelt wurde, während sämtliche anderen Behördenentschädigungen bei der Fusion moderat oder gar nicht erhöht wurden. Dies, obwohl der Aufwand der Rechnungsprüfungskommission durch den Wegfall der Zweckverbandshaushalte sowie der Schulgemeinde durch die Fusion offensichtlich abgenommen hat.

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Abbildung 4

Kostenvergleich nach der Fusion (eigene Darstellung).

Leistungen

Bei den ausgewerteten Leistungen zeigt sich (vgl. Abbildung 5), dass sich mehr als die Hälfte spürbar verbessert hat oder zusätzliche Leistungen angeboten werden können. So profitieren die Einwohnenden der Gemeinde Stammheim davon, dass diverse Leistungen von Behörden, Verwaltung, Forst- und Werkbetrieb nun durch die Zuteilung der Mitarbeitenden in Fachbereiche sowie die besseren Stellvertretungslösungen zu einer signifikanten Professionalisierung geführt haben. Im Bauamt, wie auch bei der Erstellung des Mitteilungsblattes, können nun Dienstleistungen, welche vor der Fusion extern erledigt wurden, wieder in-house angeboten werden. Durch die Einführung einer First-Responder-Gruppe konnte auch die Feuerwehr ihr Leistungsangebot ausbauen (vgl. Tabelle 9). Durch die Fusion werden nun alle Leistungen einheitlich angeboten, was dazu führt, dass für alle Bewohnenden im Stammertal dieselben Leistungen in derselben Qualität vorhanden sind. Die restlichen Leistungen werden im selben Umfang wie vor der Fusion angeboten. Eine Verschlechterung der Leistungen für die Einwohnenden der Gemeinde Stammheim konnte in keinem der untersuchten Kostenträger festgestellt werden.

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Abbildung 5

Leistungsvergleich nach der Fusion (eigene Darstellung).

6 Diskussion der Ergebnisse

In der vorliegenden Untersuchung wurden die finanziellen und leistungsbezogenen Auswirkungen der Fusion der Gemeinden Oberstammheim, Unterstammheim und Waltalingen zur neuen Gemeinde Stammheim analysiert. Die Ergebnisse liefern wertvolle Einblicke in die Effizienzsteigerungen und Veränderungen, die aus solchen Fusionen resultieren können. Im Folgenden wird erörtert, wie diese Ergebnisse im Kontext der bestehenden Forschungsergebnisse und Studien zu bewerten sind und was dies für zukünftige Forschungsthemen bedeuten kann.

7.1 Kosten

Die vorliegenden Ergebnisse decken sich teilweise mit den Ergebnissen aus der bisherigen Forschung. So wird in vielen Studien europaweit bestätigt, dass der Verwaltungsaufwand gesenkt werden kann, was auch in der Gemeinde Stammheim entsprechend eingetreten ist.

Dass jedoch auch in den übrigen Bereichen Einsparungen möglich sind überrascht, konnte dies doch bisher nur in den Studien aus Israel (Reingewertz, 2012), aus Portugal (Tavares & Rodrigues, 2015) sowie in Schweden (Hanes, 2003), nachgewiesen werden. Die Studie aus Irland (O’Riordan & Boyle, 2015) kann nicht als Vergleich dienen, da die Kostensenkungen aufgrund der Sparvorgaben der Europäischen Union erzielt werden mussten.

Die Tatsache, dass in vorliegendem Fall nur ein spezifischer Gemeindezusammenschluss überprüft wurde, begründet mit grosser Wahrscheinlichkeit die Differenz zu den Resultaten aus der Studie Steiner & Kaiser (2017) sowie der Dissertation von Janine Studerus (2018) die im Durchschnitt mehrerer Zusammenschlüsse keine Veränderungen der Gesamtausgaben beobachteten. Auch das Brecht’sche Gesetz (Brecht, 1932), wonach die Pro-Kopf-Ausgaben einer Gemeinde mit zunehmender Einwohnerzahl steigen, konnte mit den vorliegenden Ergebnissen nicht bestätigt werden.

Während Gerd Brockmann in seinem Buch (Brockmann, 1984) die Meinung vertritt, dass sich bei Zweckverbänden, an denen die fusionierten Gemeinden bereits vor der Fusion beteiligt waren, keine Änderungen in der Kosten- und Leistungsstruktur festzustellen sind, konnte in der Gemeinde Stammheim mit der Einsparung von Kommissionen und Sekretariaten teilweise das Gegenteil nachgewiesen werden.

Wie vergleichbar sind die Kosten?

Die Tatsache, dass die verwendeten Jahresrechnungen sehr detailliert untersucht wurden, macht die Kosten durchaus vergleichbar. Dabei wurden einmalige oder ausserordentliche Aufwendungen in den Berechnungen mehrheitlich nicht berücksichtigt. Bei den Unterhaltskosten können jedoch bestimmte Aufwendungen abweichen, was im Gesamtkontext der Ergebnisse jedoch nur geringfügige Abweichungen bedeutet. Erstaunlicherweise wurden die Kostensenkungen, ausser bei den Löhnen, ohne Berücksichtigung des Inflations- und Teuerungsausgleich der Vergleichsjahre erzielt.

7.2 Leistungen

Bei den Leistungen konnten die bisherigen Annahmen aus der Literatur bestätigt werden. Auch in der Gemeinde Stammheim wurde eine Leistungssteigerung festgestellt. Die Aussage von Reto Steiner, dass ein gemeinsamer Nenner der Gemeindezusammenschlüsse eine durchgehend gesteigerte Servicequalität und –quantität sei, bei welchem die Leistungsnorm dabei dem vormaligen höchsten beziehungsweise leistungsstärksten Gemeindelevel angepasst wurde, (2002, S. 51) konnte verifiziert werden.

Auch die Resultate aus Island (Eythórsson, 2009), aus Israel (Reingewertz, 2012) sowie aus Portugal (Tavares & Rodrigues, 2015), welche die Tatsache bestätigen, dass die Leistungen nach einer Fusion sich verbessern oder gleichbleiben, konnten durch die vorliegenden Ergebnisse untermauert werden.

Die Erkenntnisse aus dem Gutachten zur Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte in Thüringen, dass die Gemeinden durch einen Zusammenschluss leistungsfähiger werden, dies aber in dem Sinne, dass sie Leistungen anbieten können, zu denen sie vorher nicht in der Lage waren (Bogumil, 2016, S. 21) trifft in der Gemeinde Stammheim zum Beispiel beim Bauamt ebenfalls zu.

Diese obenstehenden Parallelitäten stärken die Glaubwürdigkeit der vorliegenden Arbeit.

Wie vergleichbar sind die Leistungen?

Die Fusion eröffnet neue Möglichkeiten zur Erweiterung des Leistungsangebots, das zuvor in dieser Form nicht verfügbar war. Durch die Spezialisierung der Mitarbeitenden auf bestimmte Bereiche konnten zudem signifikante Effizienzsteigerungen erzielt werden. Wo zuvor einzelne Mitarbeitende für verschiedene Abteilungen zuständig waren, ermöglicht die neue Struktur eine schnellere und gezieltere Bearbeitung von Anfragen, was zu einer deutlich verbesserten Reaktionszeit führt. Diese Professionalisierung stellt einen spürbaren Fortschritt im Vergleich zur vorherigen Situation dar und stärkt die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit.

Die Unterscheidung zwischen Qualität und Quantität der erbrachten Leistungen bleibt jedoch eine besondere Herausforderung. So kann die gestiegene Einwohnerzahl nicht allein als Indikator für eine erhöhte Leistungskapazität herangezogen werden, da dieser Zuwachs unabhängig von der Fusion stattgefunden hätte. Zudem konnte die Bewertung der Qualität von Leistungen nicht explizit bewertet werden, da diese stark von den individuellen Anforderungen und der Komplexität der Aufgaben abhängen.

Ausblick auf zukünftige Forschungsthemen

Die vorliegende Untersuchung wirft interessante Fragen für die zukünftige Forschung auf, insbesondere im Hinblick auf den sich abzeichnenden Fachkräftemangel und dessen Auswirkungen auf Gemeindestrukturen und Kosteneffizienz. Die Fusion der Gemeinde Stammheim hat jedoch gezeigt, dass durch die Professionalisierung in allen Arbeitsbereichen höhere Arbeitspensen angeboten werden können, was im Vergleich zu kleineren Gemeinden einen deutlichen Wettbewerbsvorteil darstellt. Sämtliche Arbeitsstellen, die seit der Fusion zu besetzen waren, konnten bisher problemlos besetzt werden, während kleinere Gemeinden im Bezirk oft Schwierigkeiten haben, Vakanzen zu besetzen. Zukünftige Forschungen sollten untersuchen, ob und wie der Fachkräftemangel in verschiedenen Sektoren die Effizienzgewinne von Gemeindefusionen langfristig beeinflusst.

Ein weiteres interessantes Forschungsfeld ist die Frage, inwieweit Fusionen die Innovationskraft von Gemeinden fördern können. Durch Einsparungen bei den Verwaltungskosten könnte mehr Spielraum für Investitionen in Digitalisierung und moderne Verwaltungsprozesse geschaffen werden. Dies ist insbesondere in Zeiten wachsender Anforderungen an die öffentliche Verwaltung von Bedeutung. Die Gemeinde Stammheim hat sich daher zum Ziel gesetzt, wo es sinnvoll ist, in Digitalisierungsprojekte zu investieren und diese professionell umzusetzen. Letztlich bleibt jedoch die Frage offen, ob fusionierte Gemeinden durch Investitionen in Digitalisierung und gesteigerte Effizienz in der Lage sind, die Qualität ihrer öffentlichen Dienstleistungen langfristig zu sichern oder sogar zu verbessern.

7 Fazit

Mit der vorliegenden Arbeit wurde das Ziel, die Untersuchungsfrage umfassend zu beantworten, erreicht. Die empirischen Ergebnisse zeigen auf, dass die Fusion der Gemeinden im Stammertal nicht nur ökonomische Vorteile mit sich bringt, sondern auch positive Auswirkungen auf die angebotenen Dienstleistungen hat, die auf Synergieeffekte und Skaleneffekte zurückzuführen sind. Besonders erwähnenswert ist die detaillierte Kostenanalyse auf Konto-Ebene, die einen neuen und praxisnahen Ansatz in der Fusionsforschung darstellt. Diese Methodik könnte für zukünftige Gemeindefusionen von entscheidender Bedeutung sein.

Die Erkenntnisse aus der bestehenden Literatur und den bereits veröffentlichten Studien waren für das Verständnis der Fusion und ihrer Auswirkungen von grossem Nutzen. Dennoch weisen die Ergebnisse der Gemeinde Stammheim auf Besonderheiten hin, die nicht in allen Fällen verallgemeinert werden können. Die vorliegende Arbeit verdeutlicht, dass Fusionen im kommunalen Bereich individuell zu bewerten sind und dass die Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle spielen.

Hätte die Steuerungsgruppe im Stammertal vor der Gemeindefusion Zugang zu den Ergebnissen dieser Studie gehabt, hätte die Stimmbürgerschaft möglicherweise fundierter und transparenter informiert werden können. Die detaillierte Kostenanalyse und die identifizierten Vorteile der Fusion hätten im Entscheidungsprozess für mehr Klarheit gesorgt.

Spannend wird die Frage bleiben, welche Auswirkungen zukünftige Fusionen auf die Forschung und Praxis haben werden, insbesondere angesichts des Fachkräftemangels, der Gemeinden zunehmend vor Herausforderungen stellt. Auch die Frage, ob fusionierte Gemeinden langfristig in der Lage sind, durch höhere Effizienz die Qualität öffentlicher Dienstleistungen zu sichern oder gar zu steigern, wird zukünftig weiter erforscht werden müssen.

Im Sinne einer persönlichen Einschätzung kann festgehalten werden, dass diese Arbeit lediglich als Zwischenfazit zur Fusion der Gemeinden Oberstammheim, Unterstammheim und Waltalingen zu betrachten ist. Trotz der erreichten Fortschritte bleiben Herausforderungen bestehen, die es im Interesse der gesamten Bevölkerung des Stammertals zu bewältigen gilt.

Die Arbeit unterstreicht zudem die Bedeutung fortlaufender Forschung und Evaluation, um langfristig nachhaltige und effiziente Gemeindestrukturen zu gewährleisten.

Interessenkonflikte

Der Autor hat keine widerstreitenden Interessen darzulegen.

DOI: https://doi.org/10.5334/ssas.221 | Journal eISSN: 2632-9255
Language: German
Submitted on: Aug 22, 2024
Accepted on: Oct 25, 2024
Published on: Nov 12, 2024
Published by: Ubiquity Press
In partnership with: Paradigm Publishing Services
Publication frequency: 1 issue per year

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