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Polizeiorganisation in mittelgrossen Städten und Gemeinden in der Schweiz: Chancen und Risiken der Interkommunalen Zusammenarbeit Cover

Polizeiorganisation in mittelgrossen Städten und Gemeinden in der Schweiz: Chancen und Risiken der Interkommunalen Zusammenarbeit

By: Ladina Thaler and  Yvonne Hegele  
Open Access
|Nov 2024

Full Article

1 Einleitung

Die Polizei spielt in vielen alltäglichen Belangen der Schweiz eine wichtige und präsente Rolle. Im Auftrag der Regierung leistet sie Präventionsarbeit, bekämpft Verbrechen, klärt Straftaten auf und stärkt das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Die Polizei trägt somit einen grossen Teil zur Sicherheit und Ordnung in einer funktionierenden Gesellschaft bei. Obwohl Polizei in der Schweiz grundsätzlich im Kompetenzbereich der Gemeinden liegt, nehmen viele der Gemeinden beispielsweise im Kanton Zürich die Möglichkeit wahr, die Erbringung der Polizeiaufgaben der Kantonspolizei (KaPo) zu überlassen. Diese ist zentral organisiert und für die verschiedenen gesetzlichen Aufgaben im gesamten Kantonsgebiet zuständig (Sicherheitsdirektion Kanton Zürich, 2023).

Im Kanton Zürich gibt es 38 kommunale Polizeikorps, welche für 67 Gemeinden die gemeindepolizeilichen Aufgaben erfüllen, inklusive der Stadtpolizeien Zürich und Winterthur. Einige dieser Korps haben sich durch verschiedene interkommunale Formen der Zusammenarbeit zusammengeschlossen (Kommunale Polizeikorps des Kantons Zürich, 2024), was gemäss § 3 Abs. 1 des Polizeiorganisationsgesetzes (POG) zulässig ist (Kantonsrat Zürich, 2022). In einigen Gemeinden gibt es vermehrt Überlegungen zu den Chancen und Risiken einer Einführung einer Gemeindepolizei. Die Dezentralisierung von Polizeiaufgaben durch die Schaffung einer Gemeindepolizei stellt dabei für Gemeinden eine Möglichkeit dar, spezifische Bedürfnisse und Herausforderungen direkt vor Ort anzugehen und diese öffentliche Dienstleistung näher bei den Einwohnerinnen und Einwohnern zu erbringen. Jedoch ist auffällig, dass zahlreiche Gemeinden im Kanton diese Polizeiaufgaben nicht alleine für Ihre Gemeinde erbringen, sondern sich im Rahmen von interkommunaler Zusammenarbeit (IKZ) zu Zusammenschlüssen, Zusammenarbeiten oder Verbünden zusammengeschlossen haben (Scheffler, 2012, S. 94).

Vor diesem Hintergrund stellt sich nun die Frage, welche spezifischen Chancen und Risiken sich aus der Organisation von Polizeiarbeit in einer IKZ im Vergleich zur Erbringung durch die Kantonspolizei ergeben, implizieren doch beide Formen eine geringere Autonomie für die Gemeinden selbst. Weist eine IKZ trotz der übergemeindlichen Erbringung ähnliche Vorteile in Bezug auf lokale Autonomie und Nähe zu den Einwohnenden auf, wie eine eigene Gemeindepolizei? Im Gegenzug kann basierend auf der Theorie des Fiskalföderalismus vermutet werden, dass eine Erbringung durch mehrere dezentrale Polizeizusammenschlüsse höhere Kosten verursacht als eine zentralisierte kantonale Erbringung. Ziel dieses Artikels ist es herauszuarbeiten, welche Kostenfolgen eine Erbringung der Polizeidienstleistung durch IKZ im Vergleich zu einer kantonalen Erbringung hat und welcher Nutzen für die Gemeinden aber auch die Bevölkerung diesen Kosten gegenübergestellt werden kann.

Die Erkenntnisse dieser Arbeit basieren auf Fallstudien mit Gemeinden innerhalb einer vertragsbasierten IKZ sowie einer Gemeinde mit kantonaler Polizei. Empirische Daten wurden mittels Dokumentenanalyse und ExpertInneninterviews erhoben und qualitativ ausgewertet. Die Analyse zeigt, dass ein Zusammenschluss zur gemeinsamen Erbringung von Polizeidienstleistungen für die Gemeinden kostspieliger ist als der Anschluss an die kantonale Polizei, gleichzeitig aber auch eine höhere Gemeindemitsprache und Nähe zu den Einwohnenden erreicht werden kann.

2 Literaturüberblick

Eine Entscheidung über die Ebene auf der, und die Organisationsform in der, öffentliche Dienstleistungen erbracht werden, wird in der wissenschaftlichen Literatur in zwei Forschungssträngen thematisiert. Das etwas weiter gefasste Forschungsfeld des (Fiskal-)Föderalismus beschäftigt sich mit der Frage danach, auf welcher Ebene öffentliche Dienstleistungen am effizientesten und effektivsten erbracht werden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Erkenntnisse zu IKZ im Speziellen.

2.1 (Fiskal-)Föderalismus

Im Schweizer Föderalismus nehmen die Gemeinden eine sehr wichtige Rolle bei der Erbringung von öffentlichen Gütern und Dienstleistungen ein. Die Autonomie der Gemeinden gemäss Bundesverfassung (BV, Art. 50) “ist nach Massgabe des kantonalen Rechts gewährleistet” (Schweizer Eidgenossenschaft, 2024). Auch sind es die Kantone, die Aufgaben, welche nicht per Bundesverfassung an den Bund delegiert sind, an die Gemeinden weitergeben können (Vatter, 2016, S. 443).

In der (Fiskal-)Föderalismusliteratur wird genau diese Frage nach der idealen Ebene der Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung diskutiert. Das bekannte “Dezentralisierungs-Theorem” (Oates, 2005) argumentiert, dass diejenige Ebene eine öffentliche Dienstleistung am effizientesten erbringen kann, deren Wirkungskreis (lokal, kantonal, national) sich mit dem Nutzen der Dienstleistung am besten deckt. Effizienz wird hier im Sinne der Wohlfahrtsmaximierung verstanden, also als bestmögliche Erfüllung der Präferenzen derjenigen, die von dieser Dienstleistung profitieren (Oates, 2005, S. 351). Somit ergibt sich als der wichtigste Nachteil der Zentralisierung eine Dienstleistungserbringung, welche Präferenzunterschiede von lokalen und regionalen Bevölkerungen nicht berücksichtigen kann. Bei der Dezentralisierung besteht der wichtigste Nachteil darin, dass Wirkungen einer Dienstleistung über die eigene territoriale Einheit entstehen können und nicht ausreichend internalisiert werden. Während dieses Theorem aus vielen verschiedenen Richtungen kritisiert wurde (z.B. Vernachlässigung des politischen Prozesses und von Informationsasymmetrien) (Oates, 2005, S. 351), so scheint die grundsätzliche Feststellung, dass territorial unterschiedliche Präferenzen gegenüber der Internalisierung externer Effekte abgewogen werden müssen (Besley & Coate, 2003), weiterhin als relevant.

Als weiteres fiskalföderales Argument wird angebracht, dass eine dezentrale Erbringung von Dienstleistungen dazu führen kann, dass staatliche Budgets wachsen und so dezentrale Dienstleistungserbringung teurer ist als zentrale. Rodden (2003) hat jedoch gezeigt, dass dieses Argument nur gilt, wenn sich die Budgets der unteren Ebenen aus Finanzzuweisungen der höheren Ebenen zusammensetzen. Da in der Schweiz sowohl die Kantone als auch die Gemeinden über weitgehende Besteuerungskompetenzen verfügen (Vatter, 2016, S. 444, 451), kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der öffentliche Sektor aufgrund von Wettbewerb zwischen den Gemeinden per se erhöht.

An diesem Punkt fällt auf, dass in dieser Literatur zwischen einer Zentralisierung auf Bundesebene und einer Dezentralisierung auf einer (nicht genauer benannten) unteren Ebene unterschieden wird. Die Internalisierung externer Effekte über territoriale Einheiten könnten jedoch auch durch den Zusammenschluss einzelner territorialer Einheiten zur Erbringung einzelner Dienstleistungen erreicht werden, also mit IKZ.

2.2 Interkommunale Zusammenarbeit

IKZ ist ein bekanntes Phänomen in der Schweiz (Steiner & Kaiser, 2018; Strebel & Bundi, 2022) und international (Bel et al., 2024). “Unter interkommunaler Zusammenarbeit versteht man die Erfüllung einer öffentlichen Gemeindeaufgabe durch eine einzelne Gemeinde, gemeinsam durch mehrere Gemeinden oder durch eine dritte juristische Person, wobei die Aufgabenerfüllung mindestens zwei Gemeinden gleichzeitig dient und sich die beteiligten Gemeinden direkt (‘leistend’) oder indirekt (‘ordnend’) daran beteiligen.” (Steiner, 2016). Damit vereint die IKZ die Vorteile der dezentralen Leistungserbringung in der Nähe der Einwohnenden mit einer Internalisierung von externen Effekten. Ein weiteres Argument für IKZ ist die effizientere und kostengünstigere Erbringung von Aufgaben durch und für mehrere Gemeinden im Gegensatz zu einer Aufgabenerbringung durch jede Gemeinde separat durch die Nutzung von Skaleneffekten (Steiner & Kaiser, 2018). Jüngst steht auch die These im Raum, dass IKZ zu einer besseren Qualität der öffentlichen Dienstleistung führt (Bel et al., 2024).

Während also die (Fiskal-)Föderalismus Literatur keine finale Antwort darauf hat, ob eine zentrale oder dezentrale Leistungserbringung nun effizienter oder kostengünstiger ist, beschäftigt sich die IKZ-Literatur primär mit der Frage, ob eine IKZ Aufgaben effizienter, kostengünstiger und hochwertiger erbringen kann als eine einzelne Gemeinde. Was bisher noch nicht betrachtet wurde ist die Abwägung, ob eine Aufgabe effizienter, kostengünstiger und hochwertiger auf einer zentralen (oder regionalen, in der Schweiz also kantonalen) Ebene oder im Rahmen einer IKZ erbracht wird. Denn klar ist, dass sowohl die kantonale Ebene als auch die IKZ näher an den Einwohnenden sind als der Bund, das höhere Potential für Skaleneffekte aufweisen als Gemeinden und externe Effekte potentiell internalisieren kann. Vor diesem Hintergrund untersucht dieser Beitrag die Chancen und Risiken der IKZ verglichen mit einer regionalen (d.h. kantonalen) Erbringung der öffentlichen Dienstleistung Polizei.

3 Methodisches Vorgehen

Die Forschungsfrage wird mittels eines qualitativen Forschungsdesigns untersucht. Im Rahmen von qualitativer Forschung ist es möglich, spezifische Chancen und Risiken für eine kleine oder mittlere Anzahl von Fällen herauszuarbeiten. Die Generalisierbarkeit dieser Ergebnisse wird im Schlusskapitel diskutiert und reflektiert.

Polizeiliche Aufgaben sind in der Schweiz gemäss des Residualrechts mehrheitlich in der Kompetenz der Kantone und werden nur zu einem geringen Teil durch den Bund erbracht (Schweizer Eidgenossenschaft, 2024 Art. 57; Vatter, 2016, S. 447). Diese können sie innerhalb ihrer territorialen Zuständigkeit an die Gemeinden delegieren (Kanton Zürich, 2005 Art. 100). Demzufolge kann es gesamtschweizerisch zu unterschiedlichen Regelungen zwischen Kanton und Gemeinden kommen. Aus diesem Grunde fokussiert sich dieser Beitrag auf einen Kanton. Die Auswahl mehrere Fälle innerhalb eines Kantons erlaubt es, die gesetzlichen Rahmenbedingungen konstant zu halten. Der Kanton Zürich wurde ausgewählt, da es sich bei ihm um den bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz handelt und folglich eine relevante Anzahl von Gemeinden existieren, die für eine hohe Bevölkerungszahl Polizeidienstleistungen erbringen.

Innerhalb des Kantons Zürich wurden mittelgrosse Gemeinden (5’000 bis 12’000 Einwohnende) ausgewählt, da sich insbesondere für diese Gemeindegrösse die Frage nach IKZ stellt. Bei sehr kleinen Gemeinden ist es eher unwahrscheinlich, dass diese die finanziellen und organisatorischen Kapazitäten für die Einführung einer eigenen Gemeindepolizei haben. Sehr grosse Städte und Gemeinden, wie beispielsweise die Städte Zürich und Winterthur, verfügen längst über eine eigene Gemeindepolizei und sind nicht auf die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden angewiesen.

Innerhalb dieser Gruppe wurden zwei gemäss Gemeindetypologie (Bundesamt für Statistik, 2023) vergleichbare Gemeinden ausgewählt, welche sich in der Form ihrer Polizeiorganisation unterscheiden. In Gemeinde K werden die Polizeiaufgaben durch die Kantonspolizei erbracht und die Gemeinde besitzt keine eigene Polizei. In dieser Gemeinde wurden der/die GemeindeschreiberIn und der/die zuständige ChefIn der Regionalabteilung der Kantonspolizei interviewt. Bei Gemeinde A handelt es sich um die Anschlussgemeinde im Rahmen eines interkommunalen, vertragsbasierten Zusammenschlusses. In dieser Untersuchung wurde eine Gemeinde mit einer vertragsbasierten IKZ gewählt, denn diese Form der IKZ ist diejenige, welche im Kanton Zürich am häufigsten anzutreffen ist. Im Kanton Zürich existieren insgesamt neun vertragsbasierte Zusammenschlüsse mit jeweils einer Sitzgemeinde und mehreren Anschlussgemeinden, welche sich ihrerseits teilweise mit anderen Gemeinden oder Gemeindezusammenschlüssen in einem Verbund gegenseitig weiter unterstützen (Kommunale Polizeikorps des Kantons Zürich, 2024). Wir konzentrieren uns hier jedoch auf die Reinform des Zusammenschlussvertrags. Zweckverbände im Polizeibereich existieren lediglich zwei im Kanton Zürich (Kommunale Polizeikorps des Kantons Zürich, 2024). Somit finden sich im Kanton Zürich eine deutlich höhere Anzahl von Anschlussgemeinden, weshalb dies in der vorliegenden Untersuchung als Fall gewählt wurde. In der untersuchten Anschlussgemeinde wurden der/die Abteilungsleiter/in Sicherheit einer Anschlussgemeinde sowie der/die Polizeichef/In der Sitzgemeinde befragt (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1

Übersicht Gemeinden und InterviewpartnerInnen.

FORM DER ERBRINGUNG DER POLIZEIDIENSTLEISTUNGENGEMEINDEINTERVIEWPARTNERINNEN
KantonspolizeiGemeinde KK1: GemeindeschreiberIn
K2: ChefIn Regionalabteilung Kantonspolizei
ZusammenschlussAnschlussgemeinde AA1: Abteilungsleitung Sicherheit Anschlussgemeinde
A2: PolizeichefIn Sitzgemeinde

Mit dieser Auswahl soll ein möglichst umfassendes Bild der Chancen und Risiken der Erbringung durch die Kantonspolizei und in vertragsbasierter IKZ erhoben werden. Durch die Auswahl der InterviewpartnerInnen aus Gemeindeverwaltung und Polizei werden beide Sichtweisen berücksichtigt.

Die Datenerhebung stützt sich auf eine Dokumentenanalyse und Interviews. Im Rahmen der Dokumentenanalyse wurde in den relevanten rechtlichen Bestimmungen sowie den Jahresrechnungen der Gemeinden versucht herauszuarbeiten, welche Kosten die Erbringung von Polizeidienstleistungen durch die Kantonspolizei und im Rahmen einer IKZ verursachen (würden). Darüber hinaus wurden vier ExpertInneninterviews in den zwei Gemeinden geführt, um die spezifischen Chancen und Hürden aus Sicht der Gemeinden und der Polizeiorganisationen zu analysieren. Dazu wurden halbstandardisierte Leitfadeninterviews durchgeführt, diese transkribiert und mittels Inhaltsanalyse ausgewertet.

4 Die Erbringung von Polizeiaufgaben im Kanton Zürich

Die polizeilichen Aufgaben im Kanton Zürich sind im POG festgelegt (Kantonsrat Zürich, 2022). Im Allgemeinen ist die Polizei gemäss § 7 POG für die öffentliche Sicherheit, Ruhe und Ordnung zuständig. Diese soll mittels präventiver und repressiver Massnahmen sichergestellt werden.

Die polizeilichen Aufgaben sind in drei Bereiche aufgeteilt: kriminalpolizeiliche, sicherheitspolizeiliche und verkehrspolizeiliche Aufgaben. Die Zuständigkeit der Kriminalpolizei umfasst gemäss § 8 Abs. 1 POG die Verhinderung strafbarer Handlungen, die Feststellung von Straftaten und deren Aufklärung nach Massgabe der Strafprozessordnung. Der Bereich der Sicherheitspolizei umfasst nach § 9 POG die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, Ruhe und Ordnung. Die Verkehrspolizei ist gemäss § 10 lit. a. bis c. ebenfalls für die Sicherheit und Ordnung zuständig, jedoch nur im Verkehr auf den öffentlichen Strassen und Gewässern. Darüber hinaus müssen sie vorbeugende Massnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit treffen und Verstösse gegen das Verkehrsrecht, auch auf dem Schienennetz, verfolgen. Grundsätzlich liegt die gesetzliche Zuständigkeit für alle diese Aufgaben im Kanton Zürich bei den Gemeinden. Dazu kann die Gemeinde entweder eine eigene Gemeindepolizei einrichten oder gemäss POG § 3 Abs. 3 diese durch die Kantonspolizei erbringen lassen.

4.1 Aufgaben der Kantonspolizei

Das Polizeiorganisationsgesetz regelt die Zuständigkeiten und Kompetenzen der einzelnen Polizeiorgane. Gemäss § 11 POG ist die Kantonspolizei generell auf dem gesamten Kantonsgebiet zum Handeln befugt und ist gleichzeitig für den Kanton die Kriminal-, Sicherheits- und Verkehrspolizei. Hinzu kommt die Bereithaltung von Interventions- und Unterstützungselementen zur Bewältigung ordentlicher und ausserordentlicher Ereignisse, wobei sie auf die Bedürfnisse der Gemeinden Rücksicht nehmen muss.

Gemäss § 13 Abs. 1 POG stellt die Kantonspolizei im Bereich der kriminalpolizeilichen Aufgaben die entsprechende Grundversorgung sicher, mit Ausnahme der Zuständigkeiten der Stadtpolizeien Zürich und Winterthur. Das POG regelt verschiedene sicherheitspolizeiliche Aufgaben mittels § 14 Abs. 1 bis 5. Die folgende Aufzählung ist nicht abschliessend. Unter anderem übernimmt die Kantonspolizei Notrufe und trifft anschliessend die notwendigen Massnahmen. Des Weiteren liegen die Polizeigefängnisse in der Zuständigkeit der Kantonspolizei. Ebenfalls obliegt ihr die Verantwortung der Überwachungen des Post- und Fernmeldeverkehrs bei der Suche von Verurteilten. Gemäss § 15 Abs. 1 bis 2 POG fungiert die Polizei im Kanton Zürich als verantwortliche Instanz für die polizeiliche Betreuung der verkehrspolizeilichen Aufgaben. In ihrem Zuständigkeitsbereich obliegt ihr die Verantwortung für Autobahnen und -strassen, den Eisenbahnverkehr sowie für Gewässer. Jenseits der Städte Zürich und Winterthur nimmt die Kantonspolizei die weiteren verkehrspolizeilichen Aufgaben war, wenn die Gemeinde keine Gemeindepolizei hat.

4.2 Aufgaben der Gemeindepolizei

Die Handlungsbefugnisse der kommunalen Polizei gemäss § 12 POG beschränkt sich auf das eigene Gemeindegebiet. Bei Zusammenschlüssen oder Zusammenarbeiten unter den Gemeinden, erweitert sich das Gebiet gemäss entsprechenden Vereinbarungen untereinander.

Das POG regelt in den §§ 17 bis 20 nebst der Kantonspolizei auch die Befugnisse und Verantwortlichkeiten der Gemeindepolizei. Gemäss § 13 Abs. 1 POG obliegt die Ausführung der kriminalpolizeilichen Aufgaben in der Zuständigkeit des Kantons (siehe oben). Somit erfüllt eine Gemeindepolizei regulär keine Aufgaben in diesem Gebiet. In Bezug auf sicherheitspolizeiliche Aufgaben regelt § 19 POG, dass eine Gemeinde jegliche Übertretungen auf dem eigenen Zuständigkeitsgebiet feststellen und bestrafen muss. Gemäss § 17 POG steht im sicherheitspolizeilichen Bereich der Gemeindepolizei die Erfüllung der entsprechenden Aufgaben zu, sofern diese nicht unter die Zuständigkeit der Kantonspolizei fallen. Die Gemeindepolizei ist zudem vorrangig für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, Ruhe und Ordnung in der Gemeinde verantwortlich. In Bezug auf die verkehrspolizeilichen Aufgaben gemäss §§ 18 bis 18 a. POG stehen der Gemeindepolizei mehr Verantwortung als im sicherheitspolizeilichen Bereich zu. Im Allgemeinen ist sie verpflichtet den ruhenden Verkehr, die Fussgänger und Radfahrer zu überwachen. Zusätzlich beaufsichtigt sie den gesamten Verkehr auf den Gemeindestrassen. Sie erfasst zudem Verstösse gegen die Verkehrsregeln und sanktioniert diese entsprechend. Lediglich bei Unfällen mit Verletzten oder tödlichen Folgen liegt die Zuständigkeit bei der Kantonspolizei.

Selbst wenn im Polizeiorganisationsgesetz die Kompetenzen der Sicherheits- und Verkehrspolizei für die Gemeindepolizei genau festgelegt sind, wenn keine gemeindeeigene Polizei existiert oder wenn diese Aufgaben nicht erfüllt werden können, obliegen diese Kompetenzen der Kantonspolizei (Tschäppeler, 2006, S. 79).

4.3 Gesetzliche Grundlage interkommunaler Zusammenarbeit

Gemäss POG § 3 Abs. 1 haben die Gemeinden die Möglichkeit Polizeidienstleistungen im Rahmen von interkommunaler Zusammenarbeit zu erbringen. Die interkommunale Zusammenarbeit orientiert sich an den vorgeschriebenen Rechtsformen des Gemeindegesetzes (GG), wobei den Gemeinden unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Kommunen haben die Möglichkeit untereinander Anschluss- oder Zusammenarbeitsverträge abzuschliessen oder einen Zweckverband, eine Anstalt oder eine juristische Person des Privatrechts zu gründen (§§ 71–75 GG) (Gemeindeamt Kanton Zürich, 2023b). Die Übertragung oder Übernahme der gemeindepolizeilichen Aufgaben im Rahmen eines Anschluss- oder Zusammenarbeitsvertrags erscheint dabei als effizientere Lösung, denn die juristischen Rechtsformen sind mit einem erheblichen Aufwand und spezifischen Vorschriften gemäss §§ 76 bis 80 GG verbunden.

5 Empirische Analyse

Zunächst werden die Kostenfolgen der Erbringung der Polizeiaufgaben durch die Kantonspolizei oder im Rahmen einer IKZ gegenübergestellt, bevor weitere spezifische Vor- und Nachteile der beiden Formen untersucht werden.

5.1 Kostenfolgen von Kantonspolizei und IKZ

Die Regelungen der Kosten für gemeindepolizeilichen Aufgaben, welche die Kantonspolizei übernimmt, sind im Polizeiorganisationsgesetz in §§ 31 und 32 geregelt. Gemäss diesen Bestimmungen legt der Regierungsrat die Grundsätze für Entschädigungen und den Umfang fest. Gemeinden, die ihre polizeilichen Aufgaben entweder nicht oder nur teilweise selbst erfüllen, bezahlen der Kantonspolizei als Entschädigung einen jährlichen Betrag.

Die Verordnung über die Entschädigung für gemeindepolizeiliche Aufgaben regelt die Entschädigungspauschalen (Regierungsrat Zürich, 2022; Kantonsrat Zürich, 2022). Die folgende Tabelle (siehe Tabelle 2) zeigt die Berechnungsgrundlagen der jährlichen Abgaben an die Kantonspolizei. Diese werden gemäss Einwohnerzahlen des Statistischen Amts Zürich, mit Stichtag am 31. Dezember des Vorjahres berechnet und setzen sich gemäss § 2 der Verordnung über die Entschädigung für gemeindepolizeiliche Aufgaben zusammen (Regierungsrat Zürich, 2022).

Tabelle 2

Pauschalansätze gemäss Verordnung über die Entschädigung für gemeindepolizeiliche Aufgaben durch die Kantonspolizei.

EINWOHNERZAHL PER 31. DEZEMBERENTSCHäDIGUNGSPAUSCHALE PRO EINWOHNER PRO JAHR
Bis zu 2’999CHF 10
3’000 bis 5’999CHF 14
6’000 bis 8’999CHF 18
Mehr al 9’000CHF 22

Basierend auf diesen Pauschalsätzen können nun die Kostenfolgen von Gemeinden für die Nutzung der Kantonspolizei zur Erbringung von Polizeiaufgaben gemäss Einwohnerzahl berechnet werden. Um die Datenbasis etwas zu verbreitern, wurden diese Werte an dieser Stelle für alle Gemeinden im ausgewählten Gemeindezusammenschluss berechnet (Tabelle 3, Spalte 3).

Tabelle 3

Vergleich Kosten für IKZ und Kantonspolizei in Anschlussgemeinden.

GEMEINDEEINWOHNERZAHL1KOSTEN FüR KANTONSPOLIZEI2KOSTEN FüR IKZ3HöHERE KOSTEN IKZ4
Anschlussgemeinde A5’200–5’700CHF 72’800–79’800CHF 155’5001.95-fach
Anschlussgemeinde B6’500–7’000CHF 117’000–126’000CHF 384’8003.05-fach
Anschlussgemeinde C11’200–11’700CHF 246’400–257’400CHF 621’3002.41-fach

[i] Quellen: Eigene Berechnung.

§§ 3 und 4 der Entschädigungsverordnung ermöglichen den Gemeinden einen Abzug des Beitrags an die Kantonspolizei unter spezifischen Bedingungen. Eine solche Situation tritt ein, wenn die Gemeinde ihre gemeindepolizeilichen Aufgaben sowohl durch die eigene Gemeindepolizei als auch durch die Kantonspolizei erfüllt. Bei der Berechnung der Entschädigung erfolgt dabei ein Abzug von 3’000 Einwohnerinnen und Einwohner pro 100 Stellenprozente einer Polizeikraft in der Gemeinde. Bei einem Gemeindezusammenschluss werden die EinwohnerInnenzahlen der Gemeinden addiert und darauf basierend die Stellenprozente berechnet. In unserem Fall entfällt der Beitrag an die Kantonspolizei für alle Gemeinden im Zusammenschluss.

Die Kostenregelung bei einer IKZ erfolgt mit einem Anschlussvertrag. Die Aufwendungen der Polizei werden auf alle beteiligten Gemeinden verteilt. Das Budget sowie die abschliessende Abrechnung werden von der Sitzgemeinde erstellt und gemäss den Bestimmungen im Anschlussvertrag auf die beteiligten Gemeinden aufgeteilt. Dem gegenüber können Busseneinnahmen insbesondere im Bereich Verkehrspolizei als Einnahmen verbucht werden, da sie denjenigen Gemeinden zustehen, auf deren Gemeindegebiet das Vergehen begangen wurde (Interview A1).

Basierend auf den uns zur Verfügung stehenden Daten, können wir die Kosten für eine IKZ mit denen der Erbringung von Polizeidienstleistungen durch die Kantonspolizei direkt vergleichen (Tabelle 3). Dabei zeigt sich, dass in unserem Fall die Kosten für eine IKZ in den Anschlussgemeinden höher ausfallen als die hypothetischen Kosten für die Kantonspolizei. Dies Kosten sind dabei zwischen ca. 2 und 3-fach hoher als bei der Nutzung einer Kantonspolizei.

Diese Berechnung verdeutlicht, das IKZ vermutlich deutlich höhere Kosten für die Gemeinden mit sich bringen als eine Dienstleistungserbringung durch die Kantonspolizei. Das hier dargestellte Ergebnis muss jedoch vorsichtig interpretiert werden. Inwiefern es generalisiert und verallgemeinert werden kann, müsste in einer grösser angelegten Untersuchung mit einer höheren Anzahl von Gemeinden und weiteren Zusammenschlussverbänden eruiert werden.

6 Nutzen der Interkommunalen Zusammenarbeit

In den Interviews wurde jeweils die Sicht der Einwohnenden, die Sicht der Gemeinde und die Sicht der Polizei auf die Frage nach der Polizeiorganisation abgefragt. Die Ergebnisse werden in diesem Kapitel erläutert und in Tabelle 4 zusammengefasst.

Tabelle 4

Übersicht Interviewergebnisse.

OPTIKKRITERIENKANTONSPOLIZEIZUSAMMENSCHLUSS
EinwohnendeErreichbarkeitgeringhoch
Ortskenntnisgeringhoch
Zugänglichkeitgeringhoch
Reaktionszeitmittel – hochhoch
GemeindenEinflussmöglichkeitgeringhoch
Bedürfnisorientierungmittelhoch
Erreichbarkeitmittelhoch
Zusammenarbeithochhoch
PolizeiKosten (Einschätzung)mittelHoch
RessourcenhochSitzgemeinde: hoch
Anschlussgemeine: gering
Zusammenarbeithochhoch
Koordination der Polizeiarbeithochhoch

[i] Quelle: eigene Erhebung.

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die Organisation der Polizei im Kanton Zürich als allgemein positiv bewertet wird. Dennoch zeigen sich Unterschiede zwischen der Kantonspolizei und der IKZ. Die Kantonspolizei unterhält verschiedene Polizeiposten in den Gemeinden. Die Gemeindepolizei in IKZ verfügt über einen Posten in ihrer Sitzgemeinde (zuständig für 4 Gemeinden). Deshalb wird die Erreichbarkeit der Polizeiposten der Kantonspolizei aus Sicht der Einwohnenden als begrenzt betrachtet (Interview K1, A2). Auch kann die Kantonspolizei nicht die gleiche Ortskenntnis haben, wie eine Gemeindepolizei dies kann (Interview A2). Ebenso wird berichtet, dass die Gemeindepolizei als zugänglicher beschrieben wird, da die Bevölkerung die PolizistInnen oft persönlich kennt, und so Hürden für den Kontakt zur Polizei abgebaut werden (Interview A1, A2). Die Reaktionszeit der Kantonspolizei wird dennoch als gut angesehen, da die Kantonspolizei auf das gesamte Kantonsgebiet verteilt ist und regelmässig patrouilliert (Interview K1, K2, A1, A2).

Aus Sicht der Gemeinden ist die Einflussmöglichkeit der Gemeinden auf die Polizei bei einer Gemeindepolizei in einer IKZ höher als bei der Kantonspolizei. Zwar besteht hier keine formal-rechtliche aber eine informell-politische Einflussmöglichkeit, da die Gemeinde den Zusammenarbeitsvertrag mit gegründet hat und unter Umständen auch wieder verlassen könnte (Interview A2). Durch den verstärkten direkten Einfluss der Gemeinden auf die Gemeindepolizei, können die Bedürfnisse und der politische Wille des Gemeinderats effizienter und zeitnaher berücksichtigt und umgesetzt werden, als dies bei der Kantonspolizei der Fall ist (Interview K2, A2). Die Zusammenarbeit zwischen der Kantonspolizei und den Gemeinden wird als gut bewertet, sie erfolgt über Netzwerktreffen und Polizeivorstandskonferenzen, welche sehr geschätzt werden. Zudem informiert die Kantonspolizei die Gemeinden bei aussergewöhnlichen Ereignissen (Interview K1, K2). Demgegenüber pflegt die Gemeindepolizei mit den Anschlussgemeinden einen engeren, direkteren und regelmässigeren Austausch (Interview A1, A2), weshalb die Erreichbarkeit in Form eines individuellen Ansprechpartners bei der IKZ als höher beurteilt wird.

Die Kostenregelung unterscheidet sich zwischen der Kantonspolizei, die gesetzlich vorgesehene Abgaben erhält, und der Gemeindepolizei, bei der Aufwendungen gleichmässig auf alle angeschlossenen Gemeinden verteilt werden (siehe 5.1, Interview K2, A1). Die Kosten werden von den Interviewpartnerinnen und -partnern für die Gemeindepolizei in IKZ als sehr hoch eingeschätzt (Interview A1, A2). Um die Funktionsfähigkeit der Polizei sicherzustellen, müssen sowohl personelle als auch infrastrukturelle Ressourcen bereitgestellt werden. Hierzu zählen nicht nur das notwendige Material und die Ausrüstungen, sondern auch die umfassende Ausbildung und Schulung der Einsatzkräfte. Darüber hinaus müssen geeignete Räumlichkeiten für die Polizeiposten zur Verfügung stehen, welche von der Gemeindeverwaltung örtlich getrennt sein müssen (unterschiedliche IT-Leitungen). Zudem gilt es entsprechende Polizeifahrzeuge bereitzustellen und die regelmässigen Wartungen gehören dazu (Interview K2, A2). Aus Sicht der Polizeikorps wird die Zusammenarbeit zwischen der Kantons- und Gemeindepolizei von den Befragten sehr geschätzt und regelmässig in Anspruch genommen (Interview K2, A2). Die gute Zusammenarbeit hat dazu geführt, dass es keine Zwei-Klassen-Polizei gibt, sondern eine akzeptierte Aufgabenteilung und -zuweisung. Die Kooperation auf Kantonsstufe ist im Bereich Materialaustausch und -beschaffung weit fortgeschritten, und die Kantonspolizei betont klar, dass sie ohne die Unterstützung der Gemeindepolizeien nicht auskommen könnte (Interview K2, A2). Aufgrund des einheitlichen Notrufsystems im Kanton Zürich erfolgt die zentrale Koordination der Polizeiarbeit sowohl bei Notfällen als auch im Nachtdienst effizient, selbst in Gemeinden mit eigener Polizei, was zu einer positiven Bewertung führt (Interview A2).

Zusammenfassend zeigt sich also, dass es aus Sicht der Einwohnenden sowie der Gemeinden selbst grosse Vorteile bei der Erbringung der Dienstleistungen durch eine Gemeindepolizei in IKZ ergeben. Obwohl auch hier Polizeiaufgaben nicht direkt und ausschliesslich in und für die eigenen Gemeinden erbracht werden, sondern durch die Polizei der Sitzgemeinde, ist doch eine grössere Nähe zu den Einwohnenden und eine bessere Orientierung an den Bedürfnissen der Gemeinde in Bezug auf Art und Weise der Dienstleistungserbringung erkennbar. Auch in den Interviews bestätigt sich wiederum der Faktor Kosten als grosser Vorteil einer Erbringung der Dienstleistung durch die Kantonspolizei. Dies bestätigt, dass in jeder Entscheidungssituation die Kosten einerseits gegenüber dem Nutzen für Einwohnende und Gemeinde abgewogen werden muss.

7 Schlussfolgerung

Viele Schweizer Gemeinden erbringen einen Teil ihrer Aufgaben im Rahmen einer IKZ. Auch im Bereich Polizei gibt es Gemeinden, die diese Aufgabe im Rahmen eines Zweckverbands, Zusammenschlusses oder Verbunds erstellen. Theoretisch gibt es Argumente dafür, dass eine gemeinsame Aufgabenerbringung durch mehrere Gemeinden gegenüber einer zentralen Aufgabenerbringung durch den Bund oder einer rein dezentralen Erbringung durch jede Gemeinde separat Vorteile mit sich bringt. Eine dezentrale oder gar lokale Aufgabenerbringung sollte eine grössere Nähe zu den Einwohnenden aufweisen als eine zentrale Erbringung. Durch den Zusammenschluss mehrerer Gemeinden sollten Effizienzgewinne durch Skaleneffekte und die Internalisierung externer Effekte realisiert werden können. Doch welche Vor- und Nachteile weisen verschiedene Formen der regionalen Erbringung von Aufgaben auf? Bezogen auf das föderale System der Schweiz: Wie ist eine IKZ zwischen mehreren Gemeinden im Vergleich zu einer kantonalen Erbringung von Dienstleistungen aus Sicht der Gemeinden zu bewerten? Ziel dieses Beitrags war es, am Beispiel der Polizei im Kanton Zürich diese Frage zu beantworten.

Gemeinden im Kanton Zürich haben die Möglichkeit, sämtliche Polizeiaufgaben, welche auf ihrem Gemeindegebiet anfallen, durch die Kantonspolizei erbringen zu lassen und diese dafür monetär zu entschädigen, oder sie richten eine eigene Gemeindepolizei ein. Mittelgrosse Städte haben jedoch oft nicht die finanziellen und personellen Kapazitäten für eine solche Gemeindepolizei. Sie schliessen sich daher mit Nachbargemeinden zu einer IKZ zusammen. Dieser Beitrag hat anhand von zwei Fallstudien und mittels Dokumentenanalyse und ExpertInneninterviews die spezifischen Chancen und Risiken dieser beiden Formen der Polizeiorganisation miteinander verglichen.

Dabei zeigte sich, dass die Kosten für eine Erbringung im Rahmen einer IKZ für Anschlussgemeinden vermutlich teurer ist, als wenn diese Dienstleitung durch den Kanton erbracht wird. Gleichzeitig ergeben sich aber auch verschiedene Nutzen, welche diesen höheren Kosten gegenübergestellt werden müssen. Unsere Analyse hat neben dem klassischen Argument der Nähe zu den Einwohnenden, welche bei der Erbringung in IKZ aufgrund einer besseren Erreichbarkeit, Ortskenntnis und Zugänglichkeit eindeutig gegeben ist, aufgezeigt, dass sich auch aus Sicht der Selbstbestimmung der Gemeinden Vorteile ergeben. Bei einer Erbringung in IKZ haben die Gemeinden eine bessere Einflussmöglichkeit auf und Erreichbarkeit der Polizei, ausserdem kann die Polizei sich stärker an den Bedürfnissen der spezifischen Gemeinde orientieren.

Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist jedoch zu beachten, dass hier nur die Gemeinden und Polizeien selbst befragt wurden. Die Aussagen zur Nähe zu den Einwohnenden basieren also auf deren Einschätzungen und z. T. von ihnen wahrgenommenen Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Weitere Forschung sollte die Einschätzung der Bevölkerung durch eine direkte Befragung dieser in den Blick nehmen. Darüber hinaus wurden in diesem Beitrag lediglich Gemeinden im Kanton Zürich untersucht. IKZ im Polizeibereich existieren in der gesamten Schweiz. Daher kann vorsichtig angenommen werden, dass ähnliche Effekte auch in anderen Kantonen beobachtbar sind. Jedoch können kantonale Regelungen, insbesondere Vergütungssätze für die Kantonspolizei, zu anderen Ergebnissen insbesondere im Bereich der finanziellen Kosten führen.

Somit ergänzt unser Beitrag die bestehende Literatur in zwei Aspekten. Zunächst einmal analysieren wir die spezifischen Chancen und Risiken von IKZ nicht im Kontext von bundesstaatlicher Erbringung (wie es die Föderalismusliteratur tut) oder im Vergleich zu einer Eigenerstellung durch die Gemeinden separat (wie es die IKZ-Literatur tut), sondern im Vergleich zu einer kantonalen Erstellung. Zweitens identifizieren wir neben der Nähe zu den Einwohnenden, welche bei IKZ besser realisiert wird, und den Kosten, welche für eine Erbringung durch die Kantonspolizei niedriger sind, die Gemeindeautonomie als eine weitere Dimension, welche in dieser Debatte nicht vernachlässigt werden sollte.

Notes

[4] Zur Wahrung der Anonymität der Gemeinden und interviewten Personen, wird hier nur eine Bandbreite an Einwohnenden angegeben, innerhalb derer sich die Gemeinde befindet.

[5] Berechnet gemäss Liste Entschädigungspauschale.

[6] Eigene Berechnung: Anschlussgemeinde: Entschädigung an Gemeinden und Zweckverbände für Polizei plus Verkehrssicherheit minus die eingenommenen Verkehrsbussen gemäss Jahresrechnung, verifiziert in https://www.zh.ch/de/steuern-finanzen/gemeindefinanzen/zahlen-gemeindefinanzen/gemeindefinanzportrait-hrm2.html.

[7] Kosten IKZ/Kosten Kantonspolizei (höchster Wert).

Acknowledgements

Die Autorinnen bedanken sich sehr herzlich bei den Interviewpartnern für ihre Zeit und die wertvollen Informationen, ohne die diese Forschung nicht möglich gewesen wäre.

Konkurrierende Interessen

Die Autoren haben keine konkurrierenden Interessen anzugeben.

DOI: https://doi.org/10.5334/ssas.218 | Journal eISSN: 2632-9255
Language: German
Submitted on: Aug 7, 2024
Accepted on: Oct 28, 2024
Published on: Nov 25, 2024
Published by: Ubiquity Press
In partnership with: Paradigm Publishing Services
Publication frequency: 1 issue per year

© 2024 Ladina Thaler, Yvonne Hegele, published by Ubiquity Press
This work is licensed under the Creative Commons Attribution 4.0 License.