1. Einleitung und Ausgangslage
Partizipation1 und Mitsprache sind nicht nur Schlüsselelemente der Schweizer Demokratie, sondern auch Erfolgsfaktoren der öffentlichen Verwaltung und der Politik. Sie werden innerhalb der Verwaltung von Mitarbeitenden und extern von Bürger:innen und weiteren Anspruchsgruppen (Unternehmen, Nonprofit Organisationen usw.) zunehmend gefordert (Kels & Kaudela-Baum 2018: 27, 51; Lévesque & Michl 2018: 44f.; Lévesque & Vonhof 2018: 16; Mergel & Ney 2022: 30). Innerbetriebliche Partizipation bedarf es nicht nur, um die Arbeitgeberinnenattraktivität (insbesondere gegenüber jüngeren Generationen) zu erhöhen (Bösch 2019: 3; Ruthus 2014) und die Dienstleistungsqualität der öffentlichen Verwaltung zu verbessern (Mader et al. 2020: 12). Darüber hinaus erfordert die VUCA2-Welt mit ihrer steigenden Komplexität und Wandlungsintensität (Kels & Kaudela-Baum 2018: 17ff.; Lévesque & Vonhof 2018; Wolan 2016: 15ff.) vermehrte Vernetzung und Dialog mit der Innen- und Aussenwelt von Organisationen. Sowohl die Bevölkerung als auch die Mitarbeitenden erwarten heutzutage eine respektvolle Kommunikation auf Augenhöhe und eine effektive Beteiligung an Entscheidungsprozessen (Bartonitz et al. 2018: V; Musati 2022: 42). Die Ideen und Kompetenzen der Bevölkerung und der Mitarbeitenden können prinzipiell und gezielt miteinbezogen werden in die Entwicklung von innovativen Lösungen und bei der öffentlichen Leistungserbringung (Mergel 2016: 516, 521; Musati 2022: 39). Dadurch wird der Zugang zu wertvollen Ressourcen erweitert, die ansonsten unbeachtet blieben und keinen direkten Mehrwert schaffen würden. Grundsätzlich steigen die Erwartungen an das systemische Management und die Resilienz von öffentlichen Verwaltungen.
Im folgenden Text stehen Gemeindeverwaltungen im Fokus, auch wenn viele Aussagen generell auf die öffentliche Verwaltung bezogen werden können. In einer Selbsteinschätzung zu den drängenden Herausforderungen von Schweizer Gemeinden kommen folgende Themen zur Sprache: zu komplizierte Prozesse, fehlende operative Freiheiten, lange Entscheidungswege, Personalmangel, schwierige Zusammenarbeit und eine grosse Distanz zu den Bürger:innen (Steiner et al. 2020: 133). Zusammengefasst stehen die Gemeindeverwaltungen in der Schweiz, insbesondere auch nach der Erfahrung einer globalen Pandemie, vor grossen politischen, strategischen und operativen Herausforderungen.
Ausgehend von der Hypothese, dass sich agile Ansätze und Methoden nur unter bestimmten Voraussetzungen in Organisationen gewinnbringend einsetzen lassen, prüfen die Autor:innen mithilfe einer Literaturanalyse, ob und wie das Konzept der Agilität einen Beitrag leisten kann, die vielfältigen Herausforderungen von Gemeindeverwaltungen mittels erhöhter Partizipation zu bewältigen. Die Antwort auf diese Hauptforschungsfrage hängt unter anderem davon ab, wie Agilität definiert wird. Folglich lautet die erste Unterfrage: Was heisst Agilität, woher stammt dieses Konzept und was macht es aus? Der vorliegende Beitrag präsentiert ein spezifisches Verständnis von Agilität mit dazugehörigen Prinzipien, einem Mindset und Methoden, die Gemeindeverwaltungen dazu dienen können, ihre Herausforderungen besser zu bewältigen. Die zweite Unterfrage lautet: Inwiefern werden ein agiles Mindset, agile Prinzipien und agile Methoden in Luzerner Gemeinden im Arbeitsalltag angewendet? Aus den Erkenntnissen zu diesen beiden Fragestellungen werden praxisorientierte Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Der vorliegende Beitrag ist entlang der beiden Unterfragen aufgebaut. Nachdem die Ausgangslage skizziert wurde, erörtert das folgende zweite Kapitel das Konzept der Agilität und seine theoretische Einbettung. Das dritte Kapitel widmet sich dem Stand der Agilität in Luzerner Gemeinden. Die Erkenntnisse werden im vierten Kapitel zusammengeführt, um Handlungsempfehlungen abzuleiten. Das abschliessende fünfte Kapitel wagt einen Blick in die Zukunft.
2. Das Konzept der Agilität und seine theoretische Einbettung
Um zu beantworten, ob das Konzept der Agilität geeignet ist, Gemeindeverwaltungen für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu stärken, muss zuerst geklärt werden, was Agilität heisst. Woher stammt dieses Konzept und was macht es aus?
Der Diskurs in der Praxis und eine Literaturanalyse zeigen, dass das Konzept der Agilität nicht einheitlich definiert wird und daher sehr unterschiedlich und oftmals nur oberflächlich verstanden wird. Auch wenn vereinzelt agile Initiativen in Gemeindeverwaltungen oder generell in öffentlichen Verwaltungen umgesetzt werden, sind Unwissen, Zurückhaltung und Unsicherheiten bezüglich agiler Organisationsformen und Arbeitsweisen stark verbreitet (vgl. Golzner & Beyer 2022; Majkovic et al. 2019; Musati 2022). Zudem kursiert in der Praxis das Vorurteil, Agilität sei in öffentlichen Verwaltungen auf Grund der rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen sowie der oft vorherrschenden sehr hierarchisch geprägten Verwaltungskultur3 nicht umsetzbar.
Das Konzept der Agilität fusst einerseits massgeblich in der Praxis (vgl. Manifest für agile Softwareentwicklung von 2001, Schwaber & Sutherland 2020) und bezieht andererseits Aspekte unterschiedlicher Organisationstheorien mit ein. Im ersten Teil dieses Kapitels (2.1.) wird eine Begriffsklärung vorgenommen und ein praxisorientiertes Verständnis von Agilität vorgestellt. Im zweiten Kapitel 2.2. wird das theoretische Fundament von Agilität erläutert.
2.1. Was heisst Agilität?
Etymologisch stammt der Begriff Agilität vom Lateinischen “agilis” ab und bedeutet “leicht beweglich, lenksam, behend” (Pfeifer et al. 1993: Agilität). Im heutigen Kontext wird Agilität häufig im Sinne von “flexibel” verwendet (Förster & Wendler 2012: 2). Es bestehen jedoch zahlreiche unterschiedliche Arbeitsdefinitionen von Agilität. Ihnen gemeinsam ist, dass agiles Arbeiten klare Zielvorgaben, ein schlankes und lösungsorientiertes Vorgehen mit schneller Reaktion auf Umweltveränderungen und die Zentralität der Ressource Mensch sowie eine hohe Kundenzentrierung beinhaltet (Förster & Wendler 2012: 7f.; Lévesque & Vonhof 2018: 18; Würzburger 2019: 41ff.). Aus Sicht der Organisationslehre kann Agilität als “eine Form der flexiblen, schlanken, kundenorientierten Organisationsgestaltung” (Förster & Wendler 2012: 1) bezeichnet werden.
Ein Vorteil von Agilität als vielschichtiges, mehrdeutiges und teilweise vages Konzept ist, dass sich der Agilitätsbegriff kontextspezifisch aktuellen Gegebenheiten anpassen und vielseitig verwenden lässt. Gleichzeitig wird unter das Agilitätskonzept Vieles und Unterschiedliches subsumiert und Agilität wird oft nur oberflächlich verstanden oder gar missverstanden (vgl. u.a. Bartonitz et al. 2018; Förster & Wendler 2012: 7, 13). Ein Grund für die Verwirrung rund um Agilität liegt darin, dass oft nicht präzisiert wird, worauf sich Agilität bezieht. Wenn wir in diesem Beitrag von Agilität sprechen, meinen wir
– erstens agile Prinzipien (auf der Ebene der Normen, der Strategie und der Kultur einer Organisation);
– zweitens ein agiles Mindset (auf den Ebenen der individuellen Haltung und der kollektiv geteilten Kultur) und
– drittens eine agile Aufbau- und Ablauforganisation im Sinne von agilen Prozessen und Projektmanagementmethoden (auf der Struktur- und Prozess-Ebene) (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1
Konzept der Agilität (eigene Darstellung).
Im Folgenden erläutern wir unser Verständnis der Agilität in Bezug auf diese drei Ebenen.
2.1.1. Agile Prinzipien
Prinzip bedeutet “Grundsatz, Regel oder Richtschnur”, wobei ein Prinzip die Regel meint, die an erster Stelle steht und Vorrang hat (Pfeifer et al. 1993: Prinzip). Agile Prinzipien sind Handlungsgrundsätze, die für die Umsetzung von Agilität Orientierung bieten (Scheller 2017: 212). Im Jahr 2001 verfassten Softwareentwickler aus dem Silicon Valley das agile Manifest mit 12 Prinzipien der Agilität, welche viel Beachtung fanden und das Konzept der Agilität bis heute prägen (vgl. Schwaber & Sutherland 2020). Im Folgenden fassen wir die 12 Prinzipien der Agilität zusammen und adaptieren sie auf Gemeindeverwaltungen (angelehnt an Michl 2018: 6ff.). Einzelne Prinzipien und Aussagen erscheinen auf den ersten Blick unrealistisch oder kritisch im Kontext von öffentlichen Verwaltungen und Politik. Als Richtschnur sind sie jedoch – in Ergänzung zu den traditionellen Prinzipien der Verwaltung wie Rechtsstaatlichkeit, Regelgebundenheit und Gleichbehandlung – wertvoll und sollen die Entwicklung der Verwaltung in Richtung Dienstleistungsorientierung, kundenzentrierter Zusammenarbeit und Partizipation anregen.
Unsere höchste Priorität ist es, unsere Kund:innen4 durch rasche und kompetente Dienstleistungen zufrieden zu stellen. Deshalb holen wir früh und stetig die Rückmeldungen der Kund:innen ein und scheitern lieber früh und schnell als später und langsam. Wir entwickeln und optimieren unsere Dienstleistungen iterativ.
Wir heissen veränderte Anforderungen unserer Kund:innen jederzeit willkommen. Das Ziel besteht darin, für und mit den Kund:innen zu jedem Zeitpunkt maximalen Nutzen zu stiften.
Wir liefern funktionierende Dienstleistungselemente regelmässig und bevorzugen dabei kürzere Zeitspannen (vgl. Prinzip 1).
Fachleute aus verschiedenen Bereichen innerhalb der Verwaltung arbeiten möglichst täglich zusammen. Wir sprechen uns ab, koordinieren unsere Arbeit und unterstützen uns gegenseitig. Die Politik (Exekutive und Parteien) sowie weitere Anspruchsgruppen werden systematisch in die Verwaltungsprozesse miteinbezogen.
Projekte entstehen rund um motivierte Individuen. Wir geben unseren Mitarbeitenden das Umfeld und die Unterstützung, die sie benötigen und vertrauen darauf, dass sie ihre Aufgaben kompetent erledigen. Gemäss unserem Menschenbild sind Mitarbeitende von sich aus motiviert. Sie benötigen ein geeignetes Umfeld und Raum für Eigenständigkeit und Entwicklung anstatt Kontrolle. Führung wird – auch wenn sie hierarchisch strukturiert ist – zu dienender und dialogischer Führung auf Augenhöhe.
Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen auszutauschen, ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Da Agilität primär bei komplexen Aufgaben zur Anwendung kommt, die besonders “störungsanfällig” und schwierig planbar sind, pflegen wir so oft wie möglich die direkte Kommunikation, um allfällige Missverständnisse möglichst rasch aus der Welt zu schaffen und das gemeinsame Verständnis auf der persönlichen und fachlichen Ebene laufend zu vertiefen.
Funktionierende Dienstleistungen und zufriedene Kund:innen sind unsere wichtigsten Qualitätsindikatoren. Sie stehen über einer korrekten, umfassenden Dokumentation und einem exakten Reporting.
Agile Prozesse fördern eine nachhaltige Entwicklung. Ein kontinuierlicher, gleichmässiger Arbeitsrhythmus ist gesünder und erzeugt bessere Ergebnisse als falsches Heldentum durch Verausgabung.
Es liegt ein ständiges Augenmerk auf fachlicher Exzellenz und gut gestalteten Arbeitsabläufen. Dazu muss jedes Teammitglied über einen hohen Grad an fachlichem, sozialem und organisatorischem Können verfügen.
Einfachheit als die Kunst, die Menge nicht getaner Arbeit zu maximieren, ist essenziell. Das Ziel besteht darin, Nutzen zu stiften und unnötige Arbeiten zu vermeiden. Es gilt, Dinge möglichst einfach zu halten und nichts nur aus Tradition zu tun.
Die besten Ideen, Projekte und Dienstleistungen entstehen durch selbstorganisierte Teams. Agile Teams sind möglichst cross-funktional zusammengestellt. Da die Teammitglieder über die nötige Expertise verfügen, sollen sie möglichst selbstorganisiert und eigenverantwortlich arbeiten können.
In regelmässigen Abständen reflektieren unsere Teams, wie sie effektiver werden können und passen ihr Verhalten entsprechend an. Wir reflektieren unsere Zusammenarbeit, Methoden, Prozesse und Strukturen und möchten uns ganzheitlich verbessern. Wir suchen keine Perfektion, sondern die für den Moment beste Lösung.
Wie oben erwähnt, gründen die 12 Prinzipien auf Schwaber & Sutherland 2020 und deren Bezug auf die öffentliche Verwaltung ist eng angelehnt an Michl 2018: 6ff.
Um Agilität besser verständlich und greifbarer zu machen, verdichten wir die 12 Prinzipien der Agilität zu drei Kernanliegen der Agilität und beschreiben darin, was agile Verwaltungen ausmacht. Dabei lehnen wir uns an die Publikationen von Bösch 2019; Buxmann 2019; Kels & Kaudela-Baum 2018: 20ff.; Lévesque & Michl 2018: 47ff.; Lévesque & Vonhof 2018: 17ff. sowie Mader et al. 2020: 45 an.
– Zusammenarbeit in interdisziplinären, cross-funktionalen und weitgehend selbstorganisierten Teams fördern: Komplexität ist nicht sinnvoll reduzierbar, aber kann gemeinsam von verschiedenen Fachpersonen und aus verschiedenen Blickwinkeln (u.a. dank verschiedener fachlicher Hintergründe) erfasst und bearbeitet werden. Zusammenarbeit bedeutet nicht Denken in Zuständigkeiten und die Zerteilung komplexer Aufgaben in Einzelhäppchen, sondern beispielsweise departementsübergreifende Kollaboration und Integration von externen Anspruchsgruppen. Die soziale Dimension der Arbeit hat dabei einen hohen Stellenwert und ist zentraler Bestandteil für den Erfolg von Projekten. Den selbstorganisierten Teams wird möglichst viel Selbstbestimmung, Gestaltungsraum und Entscheidungskompetenz verliehen. Nur dank solch kurzen Entscheidungswegen können Verwaltungen schnell und flexibel – eben agil – reagieren.
– Kund:innenzentrierte Innovation kultivieren und Kund:innen systematisch einbeziehen: Es gilt, Betroffene zu Beteiligten zu machen sowie regelmässig und früh Rückmeldungen einzuholen, wenn immer es praktisch möglich und rechtlich zulässig ist. Denn der Nutzen für die Kund:innen hat Priorität. Agile Prinzipien fordern und fördern die Partizipation. Die Arbeit in Gemeindeverwaltungen wird einerseits eng an den eigenen Mitarbeitenden und andererseits nahe an den Kund:innen ausgerichtet. Dank kontinuierlicher Kommunikation (nicht Information!) und in angemessenen Iterationsschlaufen werden deren Erwartungen und Ideen eingeholt.
– Experimentier- und Lernmodus etablieren: Agiles Arbeiten kann auch nach Versuch und Irrtum verlaufen anstatt nach umfangreichen Plänen. Entsprechend wichtig sind regelmässige Feedbacks und stetige, kritische und wertschätzende Reflexion. Es gilt zwar auch, systematisch zu planen, doch der Plan steht nicht über allem und er wird anpassungsfähig gestaltet. Impulse von aussen werden aufgenommen, Neues wird ausprobiert, die damit gemachten Erfahrungen schnell ausgewertet, Erfolgreiches verstärkt, Wirkungsloses verworfen und so das System immer angemessener gemacht.
2.1.2. Agiles Mindset
Um die Agilität und dadurch die Partizipation in Gemeindeverwaltungen zu erhöhen, bedarf es, nebst agilen Prinzipien eines agilen Mindsets. Auf Deutsch übersetzt bedeutet der Begriff Mindset “Denkweise” oder “Haltung”. Die Denkweise bezieht sich weniger auf bewusste mentale Prozesse, sondern eher auf einen “Glauben” oder ein “Verständnis”. Haltung bedeutet “innere Grundeinstellung” oder “Gesinnung”, die massgebend ist für das Denken, Erleben und Handeln einer Person (Wirtz 2021). Auch die Haltung beeinflusst (meist automatisch und unbewusst), mit welcher Wertung jemand auf Personen oder Situationen reagiert. Da sie nur teilweise durch den “angeborenen Charakter” geprägt wird und von den eigenen Erfahrungen und deren Bewertung abhängt, ist sie veränderbar (Nowotny & Lasnia 2018: 41). Zusammengefasst bedeutet Mindset, wie wir unsere Wahrnehmungen und Gedanken sortieren und entsprechend die Welt sehen (unser Weltbild), unsere Aufgaben in Organisationen angehen (unser Organisationsverständnis) und auf unerwartete Situationen oder Begegnungen (unser Menschenbild) reagieren. Das Mindset operiert hauptsächlich im Unterbewusstsein, kann aber durch bewusste Reflexion darüber, wie unsere Denkweise und unsere Haltungen unser Leben und unsere Handlungen bestimmen, in den Vordergrund gestellt werden. Ein agiles Mindset lässt sich aus den agilen Prinzipien ableiten. Wir ergänzen die drei Kernanliegen der Agilität am Ende von Abschnitt 2.1.1. um ausgewählte Aspekte, die uns aus der eigenen Praxiserfahrung relevant scheinen und von anderen Autor:innen ähnlich diskutiert werden (vgl. für die drei Kernanliegen Lévesque & Michl 2018: 47ff.; Lévesque & Vonhof 2018: 17ff.; Mader et al. 2020: 45; Michl 2018; Schwaber & Sutherland 2020).
– Die Zusammenarbeit in Teams als zentrales Merkmal von Agilität verläuft stets auf Augenhöhe und mit einer Grundhaltung von Respekt, Offenheit und Vertrauen. Damit selbstorganisierte Teams ihre Entscheidungskompetenz wahrnehmen können, müssen die Vorgesetzten Verantwortung delegieren und die Mitarbeitenden Verantwortung übernehmen sowie für die Konsequenzen ihrer Entscheidungen geradestehen. Von Vorgesetzten und Mitarbeitenden wird gleichermassen aktives, engagiertes und motiviertes Mitdenken erwartet anstatt Dienst nach Vorschrift.
– Um den Fokus auf die Kund:innen zu legen, gilt es, als Mitarbeitende einer Gemeindeverwaltung nicht um sich selbst zu kreisen. Dazu bedarf es wiederum Offenheit, Demut und Lernbereitschaft sowie eine Begegnung auf Augenhöhe mit allen Menschen. Verwaltungsmitarbeitende müssen fähig sein, aktiv zuzuhören und zu versuchen, das Gesagte (und Gefühlte) zu verstehen und hierzu die eigenen Vorstellungen und Überzeugungen zumindest für einen Moment “in der Schwebe” zu halten oder gar loszulassen. Es geht nicht darum, selbst möglichst viel zu wissen und, ohne das Zutun von anderen, allein zu können.
– Der Experimentier- und Lernmodus betont die Bedeutung von organisationalem und individuellem Lernen. Auch hierzu bedarf es Offenheit, Selbstreflexion und Bereitschaft, um sich persönlich, die Organisation und die Gesellschaft in einem ganzheitlichen Sinn ständig weiterzuentwickeln. Darüber hinaus braucht es den Mut, sichere (alte) Pfade zu verlassen, Neues auszuprobieren und dabei auch zu scheitern (was durch Reflexion wiederum Lernen ermöglicht).
Ein agiles Mindset erhöht grundsätzlich die Partizipation der Mitarbeitenden und der Bevölkerung, weil es Kommunikation, Vernetzung und Dialog wertschätzt und systematisch darauf ausgerichtet ist. Eine Führungsperson mit einem agilen Mindset fokussiert auf Einstellungs- und Haltungsänderungen, welche bei den Mitarbeitenden, aber auch bei anderen Führungskräften stattfinden müssen, damit eine agile Arbeitsweise die erwünschten Resultate hervorbringt (Mergel 2016: 521; Nowotny 2016: 63). Ein agiles Mindset stellt hohe Anforderungen an Mitarbeitende und Führungspersonen. Sie bedürfen nicht nur fachlicher und methodischer Kompetenzen, sondern ebenso bedeutsam sind ausgeprägte Selbst- und Sozialkompetenzen (Kauffeld 2006). Diese Kompetenzen müssen nicht von Anfang an vorhanden sein, sondern können “on the job” durch gemeinsame Reflexion, Coaching und Weiterbildung entwickelt werden. Zudem können und müssen nicht alle Mitarbeitenden das gesamte Spektrum an Kompetenzen abdecken, sondern sich sinnvoll ergänzen.
Entsprechende Prinzipien und Mindset sind massgeblich für die Qualität der Zusammenarbeit und damit auch für die Agilität an sich. Denn Agilität ist in erster Linie ein tiefgreifender Wandel auf der Ebene der Organisationskultur, der im Arbeitsalltag der Verwaltung und im Kontakt mit den Kund:innen spürbar wird (Michl & Steinbrecher 2018: 27; Mollet, Kaudela-Baum & Kummler 2021: 1). Die isolierte Anwendung agiler Methoden, die im Folgenden beschrieben werden, ohne ein entsprechendes Mindset führt oftmals nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Das Experimentieren mit agilen Formen der Aufbau- und Ablauforganisation kann jedoch zu einem Kulturwandel beitragen. Agile Prinzipien, Mindset und Methoden befruchten sich gegenseitig, umso mehr, wenn sie bewusst gemeinsam entwickelt und reflektiert werden.
2.1.3. Agile Aufbau- und Ablauforganisation
Die meisten öffentlichen Organisationen sind sowohl von der Aufbau- als auch von der Ablauforganisation her klassisch hierarchisch als top-down Pyramide aufgebaut. Bei dieser Aufbauorganisation ist die oberste Ebene die normativ-strategische Ebene, die mittlere Ebene die konzeptionelle Ebene und die unterste Ebene diejenige der Umsetzung. Die Strategie “ergiesst” sich als hierarchischer “Wasserfall” von der obersten Leitung (und in der öffentlichen Verwaltung auf der Basis gesetzlicher Grundlagen) über die Abteilungen auf die ausführenden Mitarbeitenden (Nowotny & Lasnia 2018: 49). Selbstorganisation in interdisziplinärer, bereichsübergreifender Teamarbeit ist nur teilweise mit starren Hierarchien vereinbar. Es kann hilfreich sein, temporär agil arbeitende Teams aus dem offiziellen Organigramm auszugliedern, um dezentrale Entscheidungskompetenz und eine schnelle Reaktion zu gewährleisten. Im Rahmen einer Projektorganisation kann so gezielt mit agilen Methoden experimentiert werden. Mit der Zeit kann die Aufbauorganisation – zumindest teilweise – angepasst werden in Richtung Matrix-, Netzwerk- und Projektorganisation. Mit der Skalierung von agilen Projektmanagementmethoden in der ganzen Organisation – parallel zum beschriebenen Mindset- und Kulturwandel – können auch Modelle wie Soziokratie5 oder Holokratie6 entstehen.
Die Ablauforganisation einer Gemeindeverwaltung, als Teil der strukturellen Ebene von Organisationen, beinhaltet Prozesse und Methoden. Agilität eignet sich insbesondere zur Bearbeitung komplexer Problemstellungen, die oft nicht mit Standardprozessen zu lösen sind. Zu fokussieren sind primär “schwach strukturierte” Prozesse, über die komplexe Herausforderungen mit unklarem Lösungsweg bearbeiten werden. Sie zählen meist zu den kund:innenorientierten Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, dem “Service Public”. Beispiele für schwach strukturierte Prozesse und Aufgaben in Gemeindeverwaltungen sind u.a. Strategieentwicklungsprozesse, Gemeinde- und Organisationsentwicklung, Personalführung, Schulentwicklung, Gestaltung der Zusammenarbeit bei sozialen Dienstleistungen, Zusammenarbeit mit Vereinen sowie Kommunikation und generell öffentlicher Dialog. Aber auch stark strukturierte Prozesse, mit i.d.R. einfachen Bearbeitungsschritten mit wenig Variation und standardisierten Prozessen, bieten Gestaltungsspielräume für Agilität, ohne die Rechtskonformität und Gleichbehandlung zu gefährden (Michl & Steinbrecher 2018: 28ff.).
Agilität und agile Prozesse werden oft auf agile Methoden wie Scrum,7 Design Thinking,8 Lean Management9 oder Kanban10 reduziert. Diese verfolgen einen anderen Ansatz als traditionelle “Wasserfallmethoden”, mit einem im Vorneherein geplanten, klar definierten Ablauf, demgemäss das Projekt in einzelnen, voneinander abgegrenzten Schritten bearbeitet wird. Am Prozessende von “Wasserfallmethoden” steht die “Auslieferung” an Kund:innen, die i.d.R. vorher nicht einbezogen wurden (Sutherland 2014: 8). Solche Projektmanagementmethoden machen Sinn, wenn ein Projekt vorhersehbar ist und unter stabilen Rahmenbedingungen stattfindet. Im Gegensatz dazu funktionieren agile Projektmanagementmethoden auch, wenn die Fachleute und die Kund:innen (noch) nicht genau wissen, was sie wollen, die Umsetzenden nicht abschliessend wissen, wie sie ein Problem oder einen Auftrag am besten lösen und sich die Rahmenbedingungen während des Projektverlaufs ändern können (Lévesque & Vonhof 2018: 15f.). Diese Rahmenbedingungen finden auch Gemeindeverwaltungen immer öfter vor (Stichwort VUCA-Welt, siehe oben).
2.2. Worauf bezieht sich Agilität: Das theoretische Fundament
Agilität als Praxisansatz ist nicht im luftleeren Raum entstanden und nicht so revolutionär, wie es manchmal den Anschein hat. Stattdessen bezieht sich das Konzept auf unterschiedliche Theorien und Ansätze, die ihren Ausgangspunkt im frühen 20. Jahrhundert nahmen. Bevor der Agilitätsbegriff von der Softwareindustrie Ende der 1990er Jahre aufgenommen wurde, war agiles Gedankengut seit den 1930er Jahren in den System- und Selbstorganisationstheorien, in Governance-Ansätzen, im Human Relations Ansatz, im Human Resources Ansatz und in der Teamtheorie angelegt (Förster & Wendler 2012: 13, 33). Im Folgenden werden diese Theorien und Ansätze mit Bezug zu Agilität in Gemeindeverwaltungen kurz zusammengefasst.
Die Grundlage aller agilen Ansätze ist ein systemisches Verständnis von Organisationen. Aus systemtheoretischer Sicht sind Gemeindeverwaltungen komplexe und selbstorganisierte soziale Systeme. Sie sind über die Zeit gewachsen und organisieren sich – mehr oder weniger intensiv im Austausch mit der Umwelt – mehrheitlich selbst. Ordnung entsteht aus dem System selbst heraus als Ergebnis der Interaktionen aller Systemelemente. Von aussen können Gemeindeverwaltungen also nicht direkt gesteuert oder gar determiniert werden (Luhmann 1984 und 1997; Altherr 2018: 414). Das bedeutet auch, dass Organisationen keine trivialen Gebilde sind, in die man einen Steuerungsimpuls rein gibt und voraussagen kann, was herauskommt. Ursachen-Wirkungszusammenhänge lassen sich bestenfalls rückblickend rekonstruieren und verstehen (Altherr 2018: 413). Entsprechend können Führungskräfte und Mitarbeitende in Gemeindeverwaltungen lediglich Anstösse geben, indem sie agile Prinzipien und ein agiles Mindset thematisieren respektive vorleben sowie agile Methoden einführen und anwenden. Sie tun gut daran, qualifizierte und selbstreflektierte Mitarbeitende einzustellen, die bereit sind, Eigenverantwortung zu übernehmen und diesen weitgehende Partizipations- und Mitsprachemöglichkeiten zu verleihen. Grösstmögliche Transparenz durch interne und externe Information und Kommunikation ist zentral, damit sich alle Akteure aktiv einbringen können. Vorgesetzte mit einem systemischen Organisations- und Führungsverständnis versuchen nicht, die Mitarbeitenden zu kontrollieren, sondern schenken ihnen Vertrauen. Sie geben das “was” vor (die Ziele, Aufgaben, Kompetenzen etc.), aber nicht das “wie” (wie diese erreicht werden, der Prozess) (vgl. v.a. die agilen Prinzipien 5 und 11, Abschnitt 2.1.1.). Dazu passende Führungsstile sind dienende Führung, laterale Führung, partizipative Führung oder transformationale Führung (Förster & Wendler 2012: 16ff.; Kels & Kaudela-Baum 2018: 27ff.; Musati 2022).
Selbstorganisation als Element der Systemtheorie zählt zu den populärsten Organisations- und Managementtheorien (Weik & Lang 2003) und wird insbesondere in den letzten Jahren intensiv diskutiert. Selbstorganisation als zentraler Bestandteil von Systemen (vgl. obiger Abschnitt) ist ein emergentes Phänomen und nie ausschliesslich das Resultat einer bewussten Gestaltungshandlung (Altherr 2018: 414). Selbstorganisation meint eine flexible, selbstbestimmte Gestaltung der Organisation und der Aufgaben durch ihre Mitglieder, die sich an der Strategie und den Zielsetzungen der Organisation orientieren. Voraussetzung dafür sind Handlungsspielräume, welche den Mitarbeitenden bewusst zur selbstverantwortlichen Gestaltung gegeben werden und deren Partizipation nicht nur erlauben, sondern einfordern. Grössere Handlungsspielräume erlauben es, schneller und flexibler, und damit agiler zu (re-)agieren, lassen sich allerdings kaum mit starren Hierarchien – und v.a. nicht mit einem an Kontrolle und Mikromanagement orientierten Führungsverständnis – vereinbaren (vgl. Altherr 2018). Entsprechend lautet das erste Kernanliegen der Agilität aus der Sicht der Selbstorganisation, Zusammenarbeit in interdisziplinären, cross-funktionalen und weitgehend selbstorganisierten Teams zu fördern und diesen möglichst viel Selbstbestimmung, Gestaltungsraum und Entscheidungskompetenz zu verleihen (vgl. 2.1.1.).
Governance-Ansätze bauen auf der Systemtheorie auf und betonen, dass unterschiedliche Systeme voneinander abhängen und sich wechselseitig beeinflussen. So sind Gemeindeverwaltungen mit dem System der Politik, der Wirtschaft und der Wissenschaft eng verwoben (Luhmann 1984 und 1997). Sie orientieren sich an einem politisch vorgegebenen, gesetzlich legitimierten Auftrag, sollten wirtschaftlich haushalten und sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren. Die Gemeindeverwaltung bildet, zusammen mit der Politik, der Wirtschaft und der Wissenschaft, ein komplexes Mehrebenensystem mit zahlreichen Akteuren. “Mehrebenensysteme (…) entstehen, wenn zwar die Zuständigkeiten nach Ebenen aufgeteilt sind, die Aufgaben aber interdependent sind, wenn also Entscheidungen zwischen Ebenen koordiniert werden müssen” (Benz 2004: 127). Dies ist bei Gemeindeverwaltungen vielfach gegeben. So muss beispielsweise die Volksschulbildung gemeinsam durch die Schulverwaltung, die Schulbehörde, die Schulleitung und die Lehrpersonen gesteuert, koordiniert und umgesetzt werden. Dabei sind diese Akteure, sowie die vielzähligen weiteren in das Bildungssystem involvierten Akteure (wie Erziehungsdirektorenkonferenz, Kantons-, Regierungs- und Gemeinderat, politische Parteien, Lehrpersonen, Eltern Schüler:innen) voneinander abhängig und richten ihre Handlungen aneinander aus (Kussau & Brüsemeister 2007: 28; Maag Merki 2014). Es bedarf der Handlungskoordination zwischen diesen Akteuren, da Bildung (und viele andere Politikfelder) nicht top-down gesteuert oder verordnet werden kann. Handlungskoordination als lösungsorientierte Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist auch eine zentrale Grundlage von Agilität, wobei diese den Fokus zusätzlich auf die Kund:innen (hier die Schüler:innen und Eltern) legt und deren Partizipation konsequent einfordert (vgl. vorrangig die agilen Prinzipien 1, 4 und 6 in Abschnitt 2.1.1.).
Agilität bezieht sich auch auf wichtige Ansätze aus dem Personalmanagement, nämlich den Human Relations und den Human Resources Ansatz. Der Human Relations Ansatz (vertreten u.a. von Mayo und Roethlisberger ab den 1930er Jahren) fokussiert, als Reaktion auf den Taylorismus, den Faktor Mensch als wichtigste Ressource. Nebst betrieblichen Zielen und ökonomischer Effizienz stehen die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden im Zentrum des Organisations- und Führungsgeschehens, die als soziale Wesen mit individuellen Werten, Gefühlen und Erfahrungen verstanden werden. Der Human Relations Ansatz anerkennt die Bedeutung von Gruppen (Zusammenarbeit vermittelt Zugehörigkeit) sowie von Führung. Er plädiert für teilautonome Gruppen, die selbstbestimmt grössere Aufgabenbereiche bewältigen und rückt das wechselseitige Lernen in Teams in den Vordergrund (Förster & Wendler 2012, S. 14ff.). Zusammenarbeit, erhöhte Selbstbestimmung und Lernen sind auch Kernbestandteile von Agilität. Agiles Arbeiten beinhaltet Zusammenarbeit in Teams, die sich wesentlich durch einen Lernmodus mit regelmässiger Reflexion kennzeichnet (vgl. agile Prinzipien (v.a. 4, 5, 8 und 12) und agile Kernanliegen (v.a. 1 und 3) in Abschnitt 2.1.1.). Der Human Resources Ansatz (u.a. vertreten von Maslow, Herzberg und McGregor) als Weiterentwicklung des Human Relations Ansatzes strebt nach einem noch effizienteren und effektiveren Einsatz der Mitarbeitenden (Humanressourcen) unter Einbezug der formalen Organisationsgestaltung und der Psychologie. Strukturen und Prozesse, die im Human Relations Ansatz als gegebenes Rahmengefüge betrachtet wurden, werden als aktiv gestalt- und formbar verstanden. Der Human Resources Ansatz kritisiert strikten Regelgehorsam, welcher die Eigeninitiative und das Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeitenden verhindern und sie demotiviert. Er befürwortet neue Organisationsformen mit flacheren Hierarchien, dezentraler Entscheidungsfindung und einer Kultur geteilter Verantwortung (Förster & Wendler 2012: S. 15f.). Agiles Arbeiten soll möglichst viele Gestaltungsräume eröffnen und selbstorganisiert funktionieren. Dementsprechend wird in diesem Ansatz darauf geachtet, dass die Organisationsstruktur und die Führung dem nicht im Weg steht, sondern förderlich wirkt.
Die Teamtheorie (u.a. von Marschak & Radner ab den 1970 er-Jahren entwickelt) fokussiert auf die Organisation innerhalb von Teams mit einem besonderen Interesse für Strukturen und Organisationsformen. Den unterschiedlichen Teammodellen gemeinsam ist die Bedeutung von Kommunikation und Entscheidungsfindungsprozessen, welche möglichst in der Verantwortung selbstorganisierter Teams liegen sollen (Förster & Wendler 2012: 18ff.). Auch die Teamtheorie ist zentral für Agilität, zumal agiles Arbeiten immer mehr oder weniger in Teams stattfindet.
Alle in diesem Abschnitt aufgeführten Ansätze und Theorien entstanden zeitlich vor dem Konzept der Agilität und enthalten sowohl Elemente, die mit dem heutigen Agilitätsverständnis kongruent sind als auch solche, die damit nichts zu tun haben. Zudem ist an dieser Stelle in Erinnerung zu rufen, dass alle Theorien und Modelle – auch das Konzept der Agilität – ihre Grenzen haben und nur unter bestimmten politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Bedingungen Sinn machen (Förster & Wendler 2012: 22, 30). Während das Konzept der Agilität in der Privatwirtschaft punktuell angekommen ist, ist dieses im öffentlichen Sektor noch wenig verbreitet. Doch auch im öffentlichen Sektor ist mehr Dynamik und Kund:innenzentrierung möglich, sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Diese werden im folgenden Kapitel skizziert.
2.3. Voraussetzungen für Agilität in Gemeindeverwaltungen
Unsere Praxiserfahrung und die Forschung zeigen, dass Agilität auch im öffentlichen Sektor möglich ist (Mader et al. 2020: 46), ohne die Vorzüge des Bürokratiemodells von Max Weber – Rechtskonformität, Gleichbehandlung, Sicherheit und Verlässlichkeit – zu gefährden (Musati 2022: 39).
Schawel und Billing (2018: 24) nennen folgende Voraussetzungen für Agilität, die auf Gemeindeverwaltungen adaptiert werden können:
– Bereitschaft des Managements, Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung an cross-funktionale und interdisziplinäre Teams abzugeben und Hierarchien abzubauen.
– Bereitschaft der Mitarbeitenden, mehr Verantwortung im Team zu übernehmen, weniger auf hierarchische Weisungen zu warten und mehr Eigeninitiative zu zeigen.
– Bereitschaft des Gemeinderates (Exekutive) und schlussendlich auch der (Stimm-)Bevölkerung, neue Wege der Zusammenarbeit zu ermöglichen und damit etablierte und gewohnte Strukturen und Prozesse weiterzuentwickeln.
– Schnelle Feedbackmechanismen, um Probleme effektiv und konstruktiv zu adressieren.
Zudem bedingt Agilität eine ausgeprägte Lernorientierung und -freude. Sie setzt ein hohes Mass an Kommunikationsfähigkeit und persönlicher Entwicklungsbereitschaft aller Beteiligten voraus. Die Einführung von Agilität in einer Organisation muss individuell gestaltet und begleitet werden, mit auf den Kontext und die jeweilige Organisation abgestimmten Massnahmen zur Entwicklung von Mitarbeitenden und Teams (Altherr 2018: 425). Auffällig ist, dass diese Voraussetzungen für Agilität sehr ähnlich sind wie diejenigen, die für die Förderung von Innovationsfähigkeit genannt werden (vgl. u.a. Hammerschmidt 2018; Schomaker et al. 2022).
2.4. Chancen und Risiken von Agilität
Agilität bringt – wie jedes andere Konzept – Chancen und Risiken mit sich. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass das Konzept der Agilität nicht alle bisherigen produktiven Haltungen und wirkungsvollen Ansätze ersetzt, sondern eine Ergänzung vieler heutiger Verwaltungspraktiken darstellt. Zudem soll Agilität bewusst und gezielt eingeführt werden, damit sie anschlussfähig ist und nicht zu Überforderung führt. Erst wenn die oben genannten Bedingungen möglichst umfassend erfüllt sind, können sich die Chancen von Agilität entfalten. Dementsprechend steigen die Risiken, wenn dies nicht der Fall ist.
Chancen von Agilität sind ein höheres Engagement und eine grössere Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Denn die Handlungsspielräume, welche durch die Verantwortungsübergabe an die Mitarbeitenden entstehen, motivieren und setzen Kreativität frei (vgl. die agilen Prinzipien 4, 5 und 11 in Kapitel 2.1.1.). Agilität kann zudem – im Sinne des Lean Managements – zu höherer Produktivität und weniger Verschwendung führen. Massgeblich dafür sind weniger überflüssige Meetings, weniger repetitive Planung, die Reduktion übermässiger Dokumentation sowie die stetige Optimierung von Prozessen und Abläufen (vgl. die agilen Prinzipien 9 und 10 in Abschnitt 2.1.1.). Der Einbezug von Kund:innen und weiteren Anspruchsgruppen, das regelmässige Einholen von Feedbacks und eine stetige und schnelle Anpassung an (neue) Bedürfnisse sollten überdies eine höhere Zufriedenheit der Anspruchsgruppen bewirken (vgl. agile Prinzipien 1, 2 und 7 in Kapitel 2.1.1.). Zudem erhöhen Kommunikation auf Augenhöhe und kontinuierliche Zusammenarbeit die Qualität der Arbeit (verschiedene Fachpersonen bringen verschiedene, sich ergänzende Sichtweisen ein) und stärken Zugehörigkeitsgefühle sowie Sinnerfüllung bei den Mitarbeitenden. Selbstorganisierte Teams haben überdies mehr Raum für innovative Ideen und Dienstleistungen mit einem höheren Mehrwert für Kund:innen (Rigby, Sutherland & Takeuchi 2017: 15). Bei all diesen potenziellen Chancen ist zu beachten, dass Agilität kein Selbstzweck ist, sondern stets Mittel zum Zweck. Ein wichtiges Ziel, das mit Agilität einhergeht, ist eine höhere Zufriedenheit der Mitarbeitenden und der Kund:innen.
Eines der grössten Risiken von Agilität besteht darin, dass die erhöhte Gestaltungsfreiheit und die erweiterte Verantwortungsdelegation Vorgesetzte und Mitarbeitende überfordern kann. Wenn versucht wird, agile Aufbau- und Ablauforganisationen, ein agiles Mindset und agile Prinzipien einzuführen, ohne dass entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind (siehe Kapitel 2.3.), kann das Konzept der Agilität nicht Fuss fassen und führt zu Frustrationen und Irritationen. Zudem wird Agilität oft missverstanden, im Sinne von “niemand trägt Verantwortung” oder “alle dürfen alles mitbestimmen”. Entgegen diesen Vorurteilen fordert auch Agilität klar geregelte Verantwortlichkeiten, die jedoch deutlich breiter und flexibler verteilt sind und auch in Frage gestellt werden sollen. Die Entscheidungskompetenzen verschieben sich tendenziell von den Vorgesetzten zu den Mitarbeitenden. Das müssen alle Beteiligten verstehen und wollen, was oft nicht gegeben ist. Wenn keine bewussten Auseinandersetzungen auf der individuellen und der kollektiven Ebene mit Macht- und Vertrauensfragen stattfinden, steigt das Risiko, dass agile Prinzipien die Organisation nicht durchdringen und das Potenzial der Agilität nicht ausgeschöpft wird. Die Angst vieler Vorgesetzten – gerade in der regelorientierten, hierarchischen öffentlichen Verwaltung – vor dem Kontrollverlust ist eine grosse Barriere zur Förderung der Agilität (vgl. u.a. Keuper & Sommerlatte 2016). Vor diesem Hintergrund ist auch die Diskussion über Rechtsstaatlichkeit, Regelgebundenheit, Gleichbehandlung und Verlässlichkeit zu situieren. Konzepte der Agilität müssen diese grundlegenden, staatstragenden Prinzipien integrieren und entsprechende Rahmen setzen (vgl. Musati 2022). Ein weiteres Risiko von Agilität ist, dass die Zusammenarbeit in cross-funktionalen Teams zu Zersplitterung führen und den gesamtorganisationalen Zusammenhalt gefährden kann. Um dem entgegenzuwirken, macht es Sinn, dass Mitarbeitende parallel in mehreren Teams mitarbeiten. Zudem gilt es, mit agilen Prinzipien sowie einem agilen Mindset Machtkämpfen vorzubeugen (Eugster Stamm & Kägi 2019: 259; Wehner & Vollmer 2018: 34).
3. Agilität in Luzerner Gemeinden
Nachdem der Begriff und das Konzept der Agilität geklärt und theoretisch eingebettet wurden, erweitert dieses Kapitel die theoretischen und konzeptionellen Erkenntnisse um empirische Befunde aus einer Masterthesis der Hochschule Luzern Wirtschaft. Diese untersuchte, ob und wie Agilität im Alltag von Gemeindeverwaltungen gelebt wird (Flury 2022). Dazu wurde je ein Vertreter der fünf grössten Gemeinden des Kantons Luzern in einem Leitfadeninterview befragt. Die fünf untersuchten Gemeinden weisen, bezogen auf die finanzielle Situation, das politische Umfeld, die Bevölkerungsdichte, Demographie und Standortfaktoren, ähnliche Rahmenbedingungen auf (Flury 2022). Die Erkenntnisse aus den fünf Luzerner Gemeinden wurden zusätzlich verglichen mit den Agilitäts-Erfahrungen einer Gemeinde aus einem anderen Kanton mit einer Top-Platzierung im jüngsten Städtemonitor (ZHAW & KPMG 2021: 11) und andererseits mit den Aussagen zweier Agilitäts-Experten. Die beiden Agilitäts-Experten bringen Fachwissen und Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung mit, einmal aus einem Beratungsunternehmen und einmal aus einer Hochschule (Flury 2022).
3.1. Aktueller Stand der Agilität in Luzerner Gemeinden
Alle Interviewpartner haben Agilität primär mit agilen Methoden gleichgesetzt und sich wenig zu einem agilen Mindset und agilen Prinzipien geäussert. Generell wird in allen untersuchten Gemeinden wenig interdisziplinär und abteilungsübergreifend zusammengearbeitet (was zentral wäre für Agilität). Insgesamt wenden die untersuchten Gemeinden agile Methoden nicht bis kaum an, was vergleichbar ist mit einer Studie aus Deutschland, gemäss derer lediglich 37% der befragten Personen innerhalb der Verwaltung mit agilen Methoden in Berührung gekommen sind (Looks, Schön & Thomaschewski 2018: 420). Konkret werden in zwei von fünf Gemeinden keine agilen Methoden eingesetzt und eine dieser beiden Gemeinden führt erst jetzt ein klassisches Projektmanagement ein (nach der sogenannten “Wasserfallmethode”, die keineswegs agil ist) (Flury 2022: 42). In einer der fünf Gemeinden kommen kaum agile Methoden zum Einsatz, mit gewissen Unterschieden zwischen den Abteilungen. Eine weitere Gemeinde verwendet Kanban in der Bauabteilung, wo bereits ein fortgeschrittenes Projektmanagement betrieben wird (Flury 2022: 42) und eine der Gemeinden verwendet Kanban teilweise bereits intensiv (u.a. in der IT) und überprüft aktuell zusätzlich, Scrum in gewissen Projekten einzusetzen. Die Interviews zeigen, dass zwischen den Gemeinden deutliche Unterschiede beim Einsatz agiler Methoden bestehen, trotz ihrer vergleichbaren Grösse und Ausgangslage (Flury 2022: 37).
3.2. Voraussetzungen für Agilität in Luzerner Gemeindeverwaltungen
Die Masterthesis untersuchte auch, unter welchen Voraussetzungen agile Prinzipien, ein agiles Mindset und agile Methoden in Gemeindeverwaltungen anwendbar sind (Flury 2022: 3).
Die Kaderebene spielt gemäss den Interviewpartnern für einen gelingenden Change-Prozess Richtung mehr Agilität eine Schlüsselrolle (Flury 2022: 48ff.). Einstimmig wurde erkannt, dass die Vorgesetzten bereit sein sollten, agile Prinzipien anzuwenden, ihr Mindset zu reflektieren und sich in Richtung Agilität weiterzuentwickeln, auch um als Vorbilder voranzugehen. Zudem müssen sie die Bereitschaft haben, Teile ihrer Macht, Verantwortung und Entscheidungskompetenz abzugeben. Es gelte, den Mitarbeitenden Freiheiten zu gewähren und den damit einhergehenden Kontrollverlust auszuhalten. Auch offene Kommunikation und erhöhte Transparenz wurden als wichtige Bestandteile von Agilität genannt. Eine Blockade der Kaderebene verhindere agile Vorhaben bereits im Ansatz (Flury 2022: 48).
Darüber hinaus seien alle Mitarbeitenden gezielt in den Veränderungsprozess einzubeziehen. Diese benötigen die Bereitschaft, sich auf Agilität einzulassen, Neues auszuprobieren und mehr Verantwortung zu übernehmen. Mitarbeitende müssen sich gemäss den Interviewpartnern aktiv einbringen und die nötigen Fähigkeiten besitzen, um agil zu arbeiten. Entsprechende Weiterbildungen seien empfehlenswert. Es sei zudem zentral, sich als Gemeinde seiner gestaltenden Rolle bewusst zu sein, sich klar zu positionieren und eine konkrete Entwicklungsvision zu haben (Flury 2022: 49).
In engem Zusammenhang dazu stehen die Werte und die Arbeitskultur einer Gemeinde, die idealerweise zu agilen Prinzipien und einem agilen Mindset passen. In den Interviews genannt wurden etwa ein gesunder Menschenverstand, die Bereitschaft, mit der Routine zu brechen und der Mut, Neues auszuprobieren, ohne sich auf Reglemente zu stützen. Generell gehe es darum, vorhandene Freiheiten mit Experimentierfreude zu nutzen und kreativ zu sein (Flury 2022: 44). Eine besondere Rolle spiele dabei die Fehlerkultur. Es gelte, Fehler offen anzusprechen und sie als Lernmöglichkeiten zu sehen. Vorgesetzte sollten dabei mit gutem Beispiel vorangehen. Weiter empfehle es sich, die Wertediskussion gemeinsam mit allen Mitarbeitenden zu führen (Flury 2022: 45–52).
Für mehr Agilität in Gemeindeverwaltungen spielen nebst den Vorgesetzten, den Mitarbeitenden und der Arbeits- und Fehlerkultur weitere Aspekte eine Rolle. Wie jeder Change-Prozess benötigt eine umfassende Einführung von Agilität finanzielle und zeitliche Ressourcen. Zusätzlich gelte es, die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Gemeinde daraufhin zu prüfen, welcher Raum für Veränderung und individuelle Ausgestaltung der Prozesse vorhanden sei. Die Politik müsse den Wandel Richtung Agilität befürworten und dessen Umsetzung unterstützen. Hierzu sei es hilfreich, wenn Gemeinden nach New Public Management Prinzipien arbeiten und eine klar geregelte Aufgabenteilung zwischen Politik und Verwaltung bestehe (Flury 2022: 50 & 59ff.).
Im folgenden vierten Kapitel werden, auf der Basis des aktuellen Forschungsstandes (Kapitel 2) und den empirischen Erkenntnissen der Masterarbeit (Kapitel 3), praxisorientierte Handlungsempfehlungen für mehr Agilität in Gemeindeverwaltungen abgeleitet.
4. Handlungsempfehlungen für die Praxis
Agilität soll unter anderem zu mehr Partizipation und zu mehr organisationaler Dynamik führen, die die internen und externen Anspruchsgruppen ins Zentrum der Bemühungen stellt. Agilität den Mitarbeitenden top-down aufzuzwingen, wäre ein logischer Widerspruch und zum Scheitern verurteilt. Gleichzeitig braucht es in einer traditionell hierarchischen Organisation, wie eine Gemeindeverwaltung das ist, klare Führungsentscheide hin zu mehr Agilität. Der Anstoss, die Anregung zu mehr Agilität kann von irgendwo herkommen. Doch die strategische Ausrichtung der Veränderung und der Veränderungsprozess sollten von der politischen (Gemeinderat/Exekutive) und der strategisch-operativen Führungsebene (Verwaltungskader) sowohl verstanden als auch glaubwürdig vertreten werden. Als wichtigste Voraussetzung für mehr Agilität in Gemeindeverwaltung bezeichnen wir somit die Überzeugung und den Veränderungswillen möglichst vieler Führungspersonen in der Organisation. Die oberste Verwaltungsleitung muss ihre eigenen Muster hinterfragen wollen, damit sich die Führungskultur und die Verwaltungspraxis tatsächlich verändern.
Es gibt keinen “Best-Practice-Ansatz” für mehr Agilität in Gemeindeverwaltungen. Jede Gemeinde verfügt über eine eigene Geschichte und benötigt aufgrund der spezifischen Ausgangslage und der beteiligten Menschen eine andere Herangehensweise. Je nachdem kann es sich für eine Gemeinde lohnen, externe Unterstützung zur Beratung, für Schulungen oder für Coachings einzuholen. Die nachfolgenden sieben Handlungsempfehlungen können die Gemeindeverwaltungen Schritt für Schritt agiler machen. Die Kategorien lehnen sich stark an Überlegungen des Forums Agile Verwaltung (2022) an.11 In den sieben Handlungsempfehlungen fliessen die kulturellen und strukturellen Aspekte der Veränderung ineinander. Agile Prinzipien und ein agiles Mindset haben jedoch Vorrang vor einer agileren Aufbau- und Ablauforganisation mit entsprechenden Organigrammen, Prozessen und Methoden. Denn sie sind die Grundlage für agiles Handeln – auch wenn Strukturen und Prozesse noch traditionell aufgebaut sind.
Handlungsempfehlung 1: Das Ganze in den Blick nehmen
Der Entwicklungsprozess zu mehr Agilität benötigt ganzheitliche Perspektiven, die systematisch eingenommen werden müssen. D.h., dass Analyse der Ausgangslage und die Gestaltung des angestrebten Veränderungsprozess es vielfältige und auch widersprüchliche Wahrnehmungen integrieren sollten, indem zumindest die Perspektiven der wichtigsten Anspruchsgruppen miteinbezogen werden. Gleichzeitig sind gerade in der unübersichtlichen VUCA-Welt Visionen, Leitbilder und Strategien elementar bei der Ausrichtung der Organisation und um die Mitarbeitenden sowie die Bevölkerung zu orientieren. Zu Beginn gilt es herauszufinden, ob und wo mehr Agilität sinnvoll ist und wo nicht. Hilfreich dafür sind folgende Fragen:
– Wo steht die Gemeinde heute in Bezug auf die Dimensionen der Agilität (Prinzipien, Mindset, Aufbau- und Ablauforganisation, Methoden)?
– Was ist der Gemeinde wichtig und wohin möchte sie sich entwickeln (Werte, Prinzipien, Leitbilder, Strategie, Mindset)?
– Welche Voraussetzungen für mehr Agilität erfüllt die Gemeinde? Verfügt die
– Kaderebene über das nötige Mindset oder zumindest den Willen zur Veränderung? Sind genügend finanzielle und zeitliche Ressourcen für die Lancierung der geplanten Veränderungsprozesse vorhanden (vgl. Kapitel 2.3. & 3.2.)?
In dieser Analyse- und Reflexionsphase ist der Wille massgeblich, die Kund:innen- und Mitarbeitendensicht aktiv einzunehmen sowie eigene Verhaltensmuster und das eigene Mindset zu hinterfragen. Das Interesse am Lernen, Verändern und Entwickeln kann nicht verordnet werden, und doch ist es die erste Handlungsempfehlung. Die Führung sollte mit gutem Beispiel vorangehen und Rollenmodell sein.
Handlungsempfehlung 2: EinE neue Führungskultur entwickeln
Die Transformation zu einer agileren Verwaltung bedeutet auch, dass eine Gemeinde ihre Hierarchie zumindest ein Stück weit aufbrechen muss. Dafür ist eine – zumindest für viele neue – veränderte, vertrauensbasierte Führungskultur auf Augenhöhe notwendig. Bei der Führung in einer agilen Organisation geht es nicht um die Ausstattung einer Funktion mit “Macht”, sondern um die Verteilung von Aufgaben und Rollen (Hofert 2021: 51), die im Sinne der Kund:innen und Mitarbeitenden mit Leben gefüllt werden. Auch wenn – zumindest in der ersten Veränderungsphase – die klassische Gemeinde-Organisation bestehen bleibt, sollten, je nach Team- und Arbeitskonstellation, Führungsaufgaben delegiert werden, um Entscheidungen und Arbeitsprozesse voranzubringen (Nowotny 2016: 298) sowie die Führungskultur im Alltag zu verändern.
Die neue Führungskultur lässt sich aus dem agilen Mindset und den drei zusammenfassenden Kernanliegen der Agilität ableiten (siehe 2.1.2.). Falls die Voraussetzungen zur Umsetzung dieser Kernanliegen in einer Gemeindeverwaltung nicht vorhanden sind, sollten gezielte Entwicklungsmassnahmen identifiziert und eingeleitet werden (Workshops, Weiterbildungen, Coaching usw.). Die heutigen systematisch Führungskräfte in Gemeindeverwaltungen sollten ihre eigenen Verhaltensweisen und Muster hinterfragen und auf die Kernanliegen des agilen Mindsets hin überprüfen, um – im Dialog mit Expert:innen und den Mitarbeitenden – entsprechende Lern- und Entwicklungsschritte einzuleiten.
Handlungsempfehlung 3: Mit überschaubaren Veränderungen experimentieren
Die Aufgaben einer Gemeinde sind vielfältig und die Ablauforganisation ist unterschiedlich stark vorgegeben. Die verschiedenen Abteilungen haben demzufolge unterschiedlich grosse Handlungsspielräume, wenn es um das Experimentieren mit neuen Ideen und Ansätzen geht. Anstatt die Transformation zur agilen Gemeindeverwaltung mit der Gesamtorganisation in Angriff zu nehmen, empfiehlt es sich, mit überschaubaren Veränderungen zu experimentieren. So können mit besonders motivierten Mitarbeitenden in geeigneten Leistungsbereichen der Verwaltung (siehe Handlungsempfehlung 6) erste Erfahrungen gesammelt werden. Wichtig sind dabei regelmässige Retrospektiven im Entwicklungsprozess sowie Feedbacks und kritische, wertschätzende Reflexion. Die Erkenntnisse dieser Experimente resp. Pilotprojekte dienen dazu, weitere Abteilungen und die restlichen Mitarbeiten und, je nach Aufgabenbereich weitere Anspruchsgruppen und die Bevölkerung, mit auf den Weg zu nehmen. Nach und nach kann die gesamte Gemeinde zu mehr Agilität geführt werden. Hierzu ist es zentral, die Wahrnehmungen, Ideen und Wünsche von Mitarbeitenden und Kund:innen ernst zu nehmen, diese bewusst zu integrieren und kreative Vorschläge umzusetzen. Impulse von aussen werden aufgenommen, Neues wird ausprobiert, die damit gemachten Erfahrungen schnell ausgewertet, Erfolgreiches verstärkt, Wirkungsloses verworfen und so das System immer angemessener gemacht.
Handlungsempfehlung 4: Cross-funktionale, selbstverantwortliche Teams bilden
Weg von Hierarchien hin zu Netzwerken: Dieser in der Theorie vielfach beschriebene Erfolgsfaktor sollte in der Verwaltungspraxis zu cross-funktionalen, selbstverantwortlichen Teams führen. Viele Gemeinden verfügen über eine lange Tradition des Zuständigkeitsdenkens und der klaren Abgrenzungen zwischen Abteilungen, Fachbereichen und Teams (Stichwort “Silo-/Gärtchen-Denken”). Immer wieder wird versucht, die steigende Komplexität mit zusätzlichen Vorgaben und Reglementen in den Griff zu bekommen. Lösungen werden oft innerhalb eines Politikfeldes respektive innerhalb einer Abteilung gesucht. Durch die Bildung von cross-funktionalen Teams vernetzen sich Abteilungen untereinander, die Mitarbeitenden profitieren von ergänzenden Kompetenzen und Synergien werden sichtbar. Auch externe Anspruchsgruppen sollten in diese Teams integriert werden. So entstehen Lösungen, die einerseits multiperspektivisch und ganzheitlicher sind. Andererseits werden die Lösungen von den Mitarbeitenden und weiteren Anspruchsgruppen besser “mitgetragen”, da diese an der Entstehung beteiligt waren. Die Zusammenarbeit in Teams auf Augenhöhe und mit einer Grundhaltung von Respekt, Offenheit und Vertrauen ermöglicht, dass selbstorganisierte Teams ihre Kompetenzen und Ressourcen einbringen können. Dazu müssen die Vorgesetzten Verantwortung delegieren und die Mitarbeitenden Verantwortung übernehmen sowie für die Konsequenzen ihrer Entscheidungen geradestehen. Diese Veränderung ist für Vorgesetzte und Mitarbeitende gleichermassen anspruchsvoll.
Handlungsempfehlung 5: Die Anspruchsgruppen dialogisch miteinbeziehen
Die Vielfalt der externen Kund:innen und internen Anspruchsgruppen von Gemeinden kann nur durch einen gezielten, systematischen und strategischen Dialog erfasst und berücksichtigt werden. Dadurch werden Information, Kommunikation und die Vernetzung innerhalb der Gemeinde gestärkt, was wiederum die Transparenz und das Vertrauen erhöht. Das Instrument der Stakeholder-Analyse ist weit verbreitet, doch wie ein strukturierter und gleichzeitig flexibler Stakeholderdialog gestaltet werden kann, der zu mehr Partizipation und verbesserten Beziehungen führt, muss vielerorts noch gelernt werden. Der erste Schritt ist der “radikale Respekt” (Bohm 2014) gegenüber allen Beteiligten und die wertschätzende Perspektivenübernahme im Dialog auf Augenhöhe.
Handlungsempfehlung 6: regelmässige Feedback-, Coaching- und Reflexionsschlaufen etablieren und kontinuierlich lernen
Die Null-Fehler-Kultur vieler Verwaltungen und die Suche nach Schuldigen, wenn Fehler gemacht werden, führen dazu, dass zu oft nicht über Fehler oder Unsicherheiten gesprochen wird. Und vor allem wird nicht oder zu wenig gelernt. In der öffentlichen Verwaltung ist dies seit Jahren ein Thema und doch verändert sich in vielen Gemeinden wenig. Um dem entgegenzuwirken, sollten regelmässige Feedback-, Coaching- und Reflexionsschlaufen zentraler Bestandteil der neuen Führungs- und Organisationskultur werden. Eine Kultur des individuellen und kollektiven Lernens ist das Ziel. Ein hilfreiches Instrument dafür ist die Scrum-Retrospektive, welche je nach Gemeinde und Situation angepasst werden kann. Die Idee hinter der Retrospektive ist, am besten im Team bewusst zu reflektieren, was bei der Arbeit gut läuft und beibehalten werden soll (continue), was nicht gut läuft und beendet werden soll (stop), was nicht optimal läuft und zu verändern ist (change) und was neu ausprobiert werden sollte (start) (vgl. Wagner 2018: 119ff.). Nebst dem stärkeren Einbezug der Mitarbeitenden, sind auch externe Anspruchsgruppen mittels regelmässigen Feedbacks zu involvieren. Partizipation führt zu mehr Kommunikation, die genutzt werden soll, um sich besser zu verstehen und voneinander respektive miteinander zu lernen.
Handlungsempfehlung 7: Das Gesamtsystem laufend optimieren
Wenn die obigen Handlungsempfehlungen umgesetzt werden, führt dies zu einer laufenden Optimierung des Gesamtsystems. Die Zusammenarbeit in cross-funktionalen, selbstorganisierten Teams, der erhöhte Kund:innenfokus und der Experimentier- und Lernmodus führen zu einer Dynamik innerhalb der Verwaltung, die positiv ausstrahlt. Die Anspruchsgruppen werden die Veränderung wahrnehmen und entsprechende Feedbacks ins System zurückmelden. Im Sinne des systemischen Mindsets gilt es, eine gelassene Engagiertheit und professionelle Verbindlichkeit zu kultivieren: “Wir haben nicht alles im Griff, aber wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam angemessene Lösungen entwickeln können.”12 Das bedeutet auch, dass Agilität nie erreicht oder abgeschlossen ist. Umso wichtiger ist es, konkrete und erreichbare Zwischenziele zu verfolgen und Erreichtes zu würdigen und zu feiern.
5. Fazit und Ausblick
Der vorliegende Artikel beantwortet die Frage, ob und wie das Konzept der Agilität einen Beitrag leisten kann, die vielfältigen Herausforderungen von Gemeindeverwaltungen – und der öffentlichen Verwaltungen generell – mittels erhöhter Partizipation zu bewältigen. Wenn Gemeindeverwaltungen Orte sein sollen, “an denen Selbstwirksamkeit, Wertschätzung, sinnzentrierter Alltag und aktive Mitgestaltung zählen” (Weiss 2022), kann Agilität eine wichtige Rolle einnehmen. Erweiterte Handlungsspielräume und Entfaltungsmöglichkeiten sowie eine veränderte Führungs- und Organisationskultur werden elementar sein, um in einer VUCA-Welt dynamisch, inklusiv, lösungsorientiert und rasch (re-)agieren zu können. Nicht nur die jüngeren Generationen suchen mehrheitlich nach Partizipationsmöglichkeiten und respektvoller Transparenz, um im Austausch mit anderen ihre Autonomie- und Anerkennungsbedürfnisse zu befriedigen. Agilität ist ein Ansatz, der über das Potenzial verfügt, die Arbeitgeberattraktivität von Gemeindeverwaltungen zu erhöhen. Wenn das nicht gelingt, wird die Problematik des Fachkräftemangels zu einer unüberwindbaren Hürde auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen Staat.
Agile Prinzipien, ein agiles Mindset und eine agile Aufbau- und Ablauforganisation mit entsprechenden Methoden lassen sich unkompliziert und niederschwellig im kleinen oder grösseren Rahmen thematisieren oder ausprobieren. Als Richtschnur sind sie – in Ergänzung zu den traditionellen Prinzipien der Verwaltung wie Rechtsstaatlichkeit, Regelgebundenheit und Gleichbehandlung – wertvoll und sollen die Entwicklung der Verwaltung in Richtung Dienstleistungsorientierung, kund:innenzentrierter Zusammenarbeit und Partizipation anregen. Umfassendere Veränderungsprozesse mit Anpassungen oder Erneuerungen von Werten, Strategien, Strukturen, Prozessen und Arbeitsformen sind komplex, aufwendig und anspruchsvoll. Grundsätzlich kann Agilität in keiner Organisation, geschweige denn in Gemeindeverwaltungen, von heute auf morgen eingeführt werden. Ob sich eine Verwaltung auf diese Prozesse einlässt, hängt von vielen Beteiligten ab. Doch bei den Führungspersonen liegt eine grosse Verantwortung. Gemeinsam mit den Mitarbeitenden und weiteren Anspruchsgruppen sollten sie Agilität primär bei komplexen Aufgaben zur Anwendung bringen, da diese besonders “störungsanfällig” und schwierig planbar sind. Diese komplexen Problemstellungen, die immer öfter Politik und Verwaltung prägen, sind nicht mit Standardprozessen zu lösen. Doch auch stark strukturierte Prozesse, mit tendenziell einfachen Bearbeitungsschritten mit wenig Variation und viel Standardisierung, bieten Gestaltungsspielräume für Agilität, ohne die Rechtskonformität und Gleichbehandlung zu gefährden.
Bei der Weiterentwicklung von Gemeindeverwaltungen geht es vordergründig um Kund:innen- und Anspruchsgruppenorientierung sowie um Qualität, Kosten, Effizienz und Effektivität. Doch um in einer mehrheitlich hierarchischen und bürokratischen Verwaltungstradition tatsächlich das Konzept der Agilität einzuführen, führt kein Weg daran vorbei, individuelle Selbstverständnisse, Menschenbilder sowie Organisations- und Führungsverständnisse zu hinterfragen und gezielt zu verändern. Die nächsten Jahrzehnte werden zeigen, ob und wie sich das Konzept der Agilität in der öffentlichen Verwaltung etablieren kann.
Reproduzierbarkeit
Die Daten der Masterarbeit können auf Nachfrage eingesehen werden soweit sie anonymisiert vorliegen.
Ethik und Einwilligung (falls zutreffend)
Die ethische Vertretbarkeit war stets gegeben und den involvierten Parteien entstanden keine physischen oder psychischen Risiken. Zudem war die Integrität der Teilnehmenden jederzeit gewährleistet. Deshalb wurde kein formales Ethikgesucht eingereicht. Im Folgenden wird dennoch der Umgang mit relevanten ethischen Aspekten in der Masterarbeit kurz dargelegt.
Es wurden acht Personen in qualitativen Interviews befragt. Die Befragten wurden mündlich über den Zweck der Befragung, die Freiwilligkeit, die Anonymität und das Vorgehen im Interview informiert. Sie wurden nicht für die Interviews vergütet und die Freiwilligkeit der Teilnahme wurde gewährleistet. Zudem konnten den Teilnehmenden durch Nicht-Teilnahme keine Nachteile entstehen. Es wurde weder die physische noch die psychische Integrität der Teilnehmenden tangiert. Von den Interviews wurden Audioaufnahmen gemacht und in den Interviews wurden personenbezogene Daten erhoben (Name der Organisationseinheit und Funktion). Dabei wurde der Datenschutz stets eingehalten. Alle Daten, die Rückschlüsse auf Personen erlauben, wurden anonymisiert. Dokumente mit sensiblen Daten wurden nur lokal gespeichert und stets über geschützte Übertragungswege (HSLU-Emailadressen) verschickt. Die fertige Masterarbeit wurde den Befragten zur Information per Email zugestellt. Da dieses Vorgehen ethisch unbedenklich ist, wurde kein offizieller Ethikantrag eingereicht.
Notes
[1] Gemäss der etymologischen Bedeutung wird Partizipation verstanden als Beteiligung, Teilhabe, Mitwirkung oder Einbeziehung (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2022).
[2] VUCA steht für Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity. Diese Begriffe beschreiben die Arbeits- und Lebenswelt 4.0, die sich auf Grund von Megatrends wie Digitalisierung, Globalisierung, Internationalisierung und Individualisierung grundlegend von der Arbeits- und Lebenswelt von früheren Generationen unterscheidet (vgl. u.a. Lévesque & Vonhof 2018).
[3] König et al. (2014) halten fest, dass der “Begriff der Verwaltungskultur” “mehrdimensional und dadurch schwer eingrenzbar” ist. Wir stützen uns auf ein Kulturverständnis, welches alle manifesten, sichtbaren, expliziten sowie alle unausgesprochenen, unsichtbaren, impliziten Ebenen der Wahrnehmung und des Verhaltens umfasst. Die Verwaltungs- oder Organisationskultur ist ein soziales Konstrukt, welches sich in der alltäglichen Erfahrung verdichtet, die die Mitarbeitenden und alle anderen Personen machen, die in Kontakt mit der öffentlichen Verwaltung kommen.
[4] Wir verwenden der Einfachheit halber den Begriff der “Kund:innen” und meinen damit alle Anspruchsgruppen, die im Kontakt mit der Gemeindeverwaltung resp. der öffentlichen Verwaltung sind. Das sind Einzelpersonen (Bürger:innen), aber auch die Politik, Unternehmen, Quartiervereine, Kirchengemeinden und andere Nonprofit Organisationen, die lokalen Medien und viele mehr.
[5] Soziokratie (von Kees Boeke) geht von der Gleichberechtigung aller an einer Organisation beteiligten Individuen aus. Es besteht keine Hierarchie im herkömmlichen Sinn, sondern die Organisation ist in gleichberechtigte “Kreise” gegliedert, wobei jeder Kreis eine:n Repräsentant:in in andere Kreise delegiert. Entscheidungen werden u.a. so gefällt, dass eine Entscheidung angenommen ist, solange niemand einen schwerwiegenden und begründeten Einwand vorbringt (Konsent-Verfahren). Das bessere Argument gewinnt und die Mehrheit hat weniger Macht (bspw. im Gegensatz zum Konsensprinzip oder zu Mehrheitsentscheiden). Zentrale Werte der Soziokratie sind Gleichwertigkeit, Transparenz, Fairness und Feedback (Altherr 2018: 419).
[6] Holokratie ist eine kommerzialisierte Variante von mehrheitlich soziokratischen Elementen mit einem Fokus auf Hierarchieabbau. Brian Robertson ist als Gründer der Holokratie überzeugt, dass soziokratische Elemente nicht isoliert umgesetzt werden sollen, sondern dass Holokratie als integrales Organisationskonzept (mit dazugehöriger Software etc.) eingeführt werden sollte, um wirksam zu sein (Altherr 2018: 420).
[7] Die agile Projektmanagementmethode Scrum ist ein Rahmenwerk für die Zusammenarbeit von Teams und basiert auf definierten Rollen (anstatt Hierarchien), Events (festgelegte Austauschformate) und Artefakten (Werkzeuge in der Form von Listen, die für maximale Transparenz sorgen und einen gemeinsamen Wissensstand gewährleisten) (Schwaber & Sutherland 2020).
[8] Design Thinking versucht in (meistens) sechs Phasen ein Problem mit engem Bezug zu den Bedürfnissen der Zielgruppe zu verstehen (Phasen 1-3) und dann eine Lösung zu erarbeiten (Phasen 4-6). Design Thinking funktioniert, wie Scrum, in kurzen Zyklen (Iterationen), in denen Lösungsideen in Prototypen sicht- und verstehbar gemacht, der Zielgruppe zum Feedback vorgelegt und laufend verworfen, verbessert oder neu entwickelt werden. Bei Design Thinking in der Gemeindeverwaltung fungieren Bürger:innen und andere Kund:innen als Ideengeber:innen, Entscheider:innen und Expert:innen (Vonhof 2018: 169ff.).
[9] Lean Management kommt ursprünglich aus der Industrie und basiert auf automatisierter, just in time-Produktion mit reduzierten Lagerbeständen, schnellen Durchlaufzeiten und rascher Fehlererkennung (vgl. ‘Toyota-Ansatz’). Zentral ist zudem der kontinuierliche Verbesserungsprozess mit der Haltung, laufend ein wenig besser zu werden. Kaizen wird dabei die Denkweise genannt, die den Respekt gegenüber allen Beteiligten in den Vordergrund stellt (vgl. Jordan 2018: 55ff.). Anders formuliert, bedeutet Lean Management “Werte ohne Verschwendung schaffen”. Ziel ist es, alle Aktivitäten, die für die Wertschöpfung notwendig sind, optimal aufeinander abzustimmen und überflüssige Tätigkeiten zu eliminieren (vgl. mit den 12 Prinzipien).
[10] Kanban bezeichnet die Visualisierung des Arbeitsflusses über sogenannte Kanban-Boards (physisch und/oder digital), auf denen Arbeitselemente bspw. mit Post-its dargestellt werden und sichtbar gemacht wird, welche Projekte und Aufgaben offen, in Arbeit oder erledigt sind (Jordan 2018: 55ff.).
[11] Für weitere Informationen zum Forum Agile Verwaltung: https://agile-verwaltung.org/was-bedeutet-agile-verwaltung/was-heisst-agile-verwaltung/. Quelle aller Icons: designed by Freepik from Flaticon.
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